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Die Vermögensverteilung in Deutschland

3. Empirie: Vermögensverteilungen in ausgewählten EU-Ländern

3.5. Die Vermögensverteilung in Deutschland

Kurzes Länderprofil

Die Bundesrepublik Deutschland (größte Volkswirtschaft Europas) ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat und weist eine Fläche von 357.340,08 km2 auf. Im Jahr 2014 betrug das BIP 2.903,79 Milliarden Euro. In Deutschland leben derzeit 80,925 Millionen Menschen (Stand 30.06.2014) (Statistisches Bundesamt, 2015; Statista, 2015).

Die Studie zur Vermögensverteilung in Deutschland wurde von Private Haushalte und ihre Finanzen (PHF) der deutschen Bundesbank (nationale Notenbank in Deutschland) im Rahmen des HFCS Reports durchgeführt.

Der Vermögenszuwachs der deutschen Millionäre betrug im Jahr 2010 177 Milliarden Euro.

Der Valluga D.A.CH Vermögensreport (2011) verzeichnet ein Wachstum der Euro-Millionäre in Deutschland im Zeitraum 2003-2010 von 50.700 (das entspricht einem Plus von 6,5 Prozent) (Valluga D.A.CH-Vermögensreport 2011).

Die reichsten zehn Deutschen besitzen insgesamt 104,8 Milliarden Euro (Stand 2011).

Tabelle 2 zeigt, auf welche Personen bzw. Familien sich dieser Betrag verteilt und offenbart die Quellen der Kapitalakkumulationen (Valluga D.A.CH-Vermögensreport 2011).

Tabelle 2: Vermögen der zehn reichsten Deutschen 2011 (Quelle: Valluga D.A.CH Vermögensreport, 2011, S.16)

41 Tabelle 3 zeigt, in welchen deutschen Bundesländern die Vermögenden (Basisjahre 2009 und 2010) zuhause sind. Es wird ersichtlich, dass zwischen den Jahren 2009 und 2010 in allen Bundesländern ein Zuwachs der Millionäre stattgefunden hat.

Tabelle 3: Anzahl der Millionäre in Deutschland in den jeweiligen Bundesländern (Quelle: Valluga D.A.CH Vermögensreport, 2011, S.30)

Nach den HFCS Daten (2013) besitzt das reichste Prozent der Deutschen etwa 24 Prozent des gesamten Privatvermögens. Nach Bofinger et al. (2015) sind die Vermögen in Deutschland sehr stark auf das obere Prozent der Bevölkerung konzentriert. Aufgrund der freiwilligen Erhebung des HFCS Reports könnte das Vermögen, nach Schätzungen, auch bis zu einem Drittel beim reichsten Prozent liegen. Geschöpft wird das Vermögen durch Immobilien als Kapitalanlage, Unternehmensbeteiligungen und die Verfügung über Anleihen, Aktien, Fonds und risikobehaftete Investments. (Hans Böckler Stiftung, 2015).

Dass eine anhaltend hohe Vermögensungleichheit in Deutschland herrscht ist eine Tatsache. Auch das DIW Berlin (2014) kommt in seinem Wochenbericht zu dieser Sachlage.

Seit den 1950er Jahren ist die Vermögensungleichheit in Deutschland stark gestiegen und verblieb in den letzten Jahren auf einem sehr hohen Niveau (DIW Berlin, 2009). Auch die Zeit Online (24.04.2014) schrieb, das in keinem anderen Euro-Land das Vermögen so ungleich verteilt ist wie in Deutschland. Dieses Bild bestätigt sich auch im internationalen Vergleich (Frankfurter Allgemeine, 11.03.2013).

42 DIW Berlin veröffentlicht regelmäßig Untersuchungen zur Vermögensverteilung (DIW Berlin, 2009). Das Nettovermögen belief sich im Jahr 2012 auf 6,3 Billionen Euro der privaten Haushalte (das entspricht 83.000 Euro je Einwohner), wobei Grund- und Immobilienbesitz den überwiegenden Anteil ausmacht. 28 Prozent der erwachsenen Bevölkerung verfügten über kein bzw. über ein negatives Vermögen (Schulden). Betrachtet man den Gini Koeffizienten (Basisjahr 2012, siehe Kapitel zwei), der einen Wert von 0.78 aufweist, kann gesagt werden, dass in Deutschland ein hohes Maß an Vermögensungleichheit herrscht.

Auch zwischen West- und Ostdeutschland gibt es ein großes Gefälle (das Nettovermögen der Ostdeutschen war 2012 um mehr als die Hälfte niedriger als das der Westdeutschen) (DIW Berlin 2014).

Abbildung 14 gibt einen Überblick über die Vermögensverteilung in den Jahren 2002 bis 2007. Hier wird die Bevölkerung in sogenannte Zehntel-Gruppen (Dezilsverteilung) eingeteilt, die reichsten zehn Prozent bis zu den ärmsten zehn Prozent bilden jeweils eine Gruppe (DIW Berlin, 2009).

Abbildung 14: Überblick der Vermögensungleichheit 2002 bis 2007 in Deutschland (Quelle: DIW Berlin, 2009, S.59)

Die obige Abbildung 14 zeigt eine sehr starke Konzentration der Vermögen an. Die reichsten fünf Prozent der deutschen Bevölkerung besaßen im Jahr 2007 46 Prozent des privaten Gesamtvermögens, das reichste Prozent besaß rund 23 Prozent. Grabka und Frick (DIW

43 Berlin, 2009) erwähnen weiters, dass die Vermögenskonzentration realistisch gesehen noch stärker sei (aufgrund von fehlenden Daten bzw. Informationen). Dennoch versuchte das DIW Berlin (2009) mit zusätzlichen Daten die besonders hohen Vermögen zu berücksichtigen, siehe Tabelle 4.

Tabelle 4: Vermögensverteilung 2007 mit Berücksichtigung der Topvermögen (Quelle: eigene Darstellung, DIW Berlin ,2011, S.11) Gesamtvermögens besaßen. Die Top 0,5 Prozent besitzen gemeinsam circa soviel Vermögen wie die unteren 90 Prozent (DIW Berlin, 2011).

Die Entwicklung der privaten Nettovermögen in Deutschland über die Jahre 1991 bis 2012 spiegelt ein stetiges Wachstum wider (Abbildung 15). Lag das private Nettovermögen 1991 noch bei 4,0 Billionen Euro, ist es bis zum Jahre 2012 um mehr als fünf Billionen Euro angewachsen.

Abbildung 15: Entwicklung Nettovermögen in Deutschland (Quelle: Hans Böckler Stiftung, 2014, S.2)

44 Abbildung 16 zeigt die individuellen (Personen ab 17 Jahren in privaten Haushalten) Nettovermögen nach ausgewählten Perzentilen. Das reichste Zehntel der Bevölkerung (p90) besaß 2012 ein Nettovermögen von mindestens 217.000 Euro. Bei den reichsten 0,1 Prozent (p99) lag das Nettovermögen bei 817.000 Euro und stieg sowohl zwischen 2002 und 2007 als auch zwischen 2007 und 2012 (DIW Berlin, 2014).

Abbildung 16: Individuelles Nettovermögen nach Perzentilen in Deutschland (Quelle: DIW Berlin, 2014, S.156)

Durch Pikettys Buch wurde unter anderem klar, dass es unter deutschen Ökonomen bisher wenig Bereitschaft gab, dem Thema der steigenden Ungleichheit die Ernsthaftigkeit entgegenzubringen, die angemessen wäre (Bofinger et al. 2015).

Neue Berechnungen des DIW Berlin (2015b) kommen zu dem Ergebnis, dass die Superreichen in Deutschland noch mehr Geld als angenommen besitzen. Nach Schätzungen hält das reichste Prozent der Bevölkerung rund ein Drittel des gesamten Privatvermögens.

Dem reichsten Tausendstel (0,1 Prozent) gehören zwischen 14 und 16 Prozent des Gesamtvermögens (Der Spiegel Online, 11.02.2015)

Westermeier und Grabka schreiben weiters im DIW Berlin Wochenbericht (2015b), dass es große statistische Unsicherheiten beim Anteil der Top-Vermögenden in Deutschland gibt.

Nach Westermeier und Grabka (DIW Berlin, 2015b) untererfassen die Analysen der Vermögensungleichheit auf Basis von Bevölkerungserhebungen die Top-Vermögenden.

Allerdings ist speziell dieser Personenkreis von besonderer Bedeutung, weil er einen beträchtlichen Anteil des Gesamtvermögens besitzt. In ihrer Studie versuchten Westermeier und Grabka (DIW Berlin, 2015b) mittels ökonomischer Schätzverfahren den obersten Rand der Vermögensverteilung zu simulieren. Das Ergebnis zeigt, dass sich das aggregierte Nettogesamtvermögen aller privaten Haushalte in Deutschland 2012 zwischen einem Drittel bis etwa 50 Prozent bewegt und somit erhöht. Unterschiedliche Befragungen, Analysen und

45 Szenarien zeigen, dass das wahre Ausmaß an Vermögensungleichheit unterschätzt wird (Westermeier und Grabka, DIW Berlin 2015b).

Das Problem liege laut Westermeier und Grabka (DIW Berlin, 2015b) darin, dass besonders wohlhabende Personen in den Stichproben faktisch nicht vorkommen. Laut dem Forbes-Magazin hielten 2012 die 55 deutschen Dollar-Milliardäre ein Vermögen von 190 Milliarden Euro. Für das Jahr 2013 hielten diese Dollar Milliardäre rund 230 Milliarden Nettovermögen.

Das entspricht einer Erhöhung von 30 Prozent. Eine weitere Simulation von Westermeier und Grabka (DIW Berlin, 2015b) zeigte, dass das reichste Prozent zwischen 31 und 34 Prozent des Gesamtvermögens besitzt (DIW Berlin Wochenbericht 2015b). Im Wealth Report 2015 (Knight, 2015) lässt sich nachschlagen, dass ca. 8800 Superreiche (diese besitzen laut Knight (2015) mindestens 30 Millionen Dollar) in Frankfurt leben (format.at, 26.03.2015).

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