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Die Vermögensverteilung in Österreich

3. Empirie: Vermögensverteilungen in ausgewählten EU-Ländern

3.6. Die Vermögensverteilung in Österreich

Kurzes Länderprofil

Österreich ist ein demokratischer Bundesstaat und weist eine Fläche von 83.878,99 km2 auf.

Im Jahr 2014 betrug das BIP 328.996 Millionen Euro. In Österreich leben 8.477.230 Menschen (Stand 2013) (Statistik Austria, 2015).

Für Österreich liegen derzeit Daten über die Vermögensverteilung in den Jahren 2009 bis 2015 vor.

Im Jahr 2014 gab es 4600 neue Millionäre in Österreich zu verzeichnen, trotz niedrigem Wirtschaftswachstum, niedrigster Sparzinsen und hoher Arbeitslosigkeit. Durch die boomenden Kapitalmärke und den starken Immobilienmarkt ist dies möglich. 82.300 Österreichische Millionäre besitzen mehr als ein Drittel (262 Mrd. Euro, plus 17 Prozent) des gesamten privaten Finanzvermögens (ohne eigengenutzte Immobilien). Zehn Prozent der Bevölkerung besitzen zwei Drittel des Finanzvermögens. Reinhard J. Berger, Vermögensexperte und Präsident des Investmenthauses Valluga AG aus Liechtenstein sagt, dass die Vermögensschere immer größer wird und dies zu einem wesentlichen Thema wird, mit dem man sich politisch stärker befassen muss um Maßnahmen zu setzen. Trotzdem spricht sich Berger indirekt gegen eine Vermögenssteuer (siehe Kapitel 4) aus, die würde

„nur“ 500 Millionen bis eine Milliarde Euro pro Jahr bringen, nicht wie behauptet zwei bis vier Milliarden. Um reich zu werden, bieten sich Erbschaften, Heirat oder die Gründung eines Unternehmens an. Interessant ist auch, dass die Vermögen der Milliardäre schneller wachsen (plus zwei Prozent) als die der Millionäre (Salzburger Nachrichten Tageszeitung, 23.05.2014).

Mit dem HFCS Report (2013) (siehe Messverfahren und Datenbasis) gibt es für Österreich erstmals eine Datenaufbereitung, die Sachvermögen, Finanzvermögen und Verschuldung der privaten Haushalte in einem Datensatz enthält und somit eine umfassende Darstellung der Vermögensverteilung in Österreich zulässt (Andreasch et al. 2012). Die derzeitige Datenlage wird veranschaulicht und soll einen Einblick in die Ergebnisse des HFCS Reports geben. Ausgewählte Abbildungen sollen hierbei die Vermögenssituation in Österreich besser visualisieren.

Im Rahmen des HFCS Reports wurden in Österreich 2.380 Haushalte erfolgreich interviewt (d. h. dass die Informationen effizient verwertet werden konnten) und bilden somit die

47 Nettostichprobe (Eckerstorfer et al. 2013a). Wie bereits erwähnt, kann es aufgrund der Freiwilligkeit der Befragung immer zu Verzerrungen der Daten kommen.

Das Ergebnis des HFCS Reports (2013) zeigt, dass die vermögensreichsten fünf Prozent der Haushalte fast die Hälfte des gesamten Bruttovermögens halten, während die untere Hälfte der Haushalte vier Prozent des Bruttovermögens ihr Eigen nennen kann. Genauer gesagt bedeutet das, dass es sich bei der unteren Hälfte zum größten Teil (ca. 83 Prozent) um Mieter handelt, deren Vermögen (Median Nettovermögen ca. 11.000 Euro) vor allem aus einem Auto und einem Sparbuch besteht. Im Gegensatz dazu verfügen die vermögensreichsten Haushalte in der Vermögensverteilung über rund 1,7 Millionen Euro (gemessen im Median) an Nettovermögen (Andreasch et al. 2012).

Betrachtet man die Selbsteinschätzung der Österreicher zur Position des eigenen Haushaltes in der Vermögensverteilung, wird klar, dass sich die Haushalte hinsichtlich der relativen Bedeutung ihres Vermögens in der Gesellschaft stark verschätzen. Die selbst wahrgenommene Vermögensungleichheit erweist sich als deutlich geringer als die erhobene und tatsächliche Ungleichheit in der Vermögensverteilung (für mehr Informationen dazu siehe Andreasch et al. 2012).

Abbildung 17 ermöglicht die Veranschaulichung der tatsächlichen Ungleichheit in der Vermögensverteilung. Hier wird die Verteilung der Nettovermögen im Jahre 2010 dargestellt.

Hier wird ersichtlich, dass zehn Prozent der Haushalte über ein Nettovermögen von weniger als rund 1.000 Euro verfügt und zehn Prozent über ein Vermögen von mehr als 542.000 Euro verfügt. Rund die Hälfte der Haushalte besitzen weniger als 76.000 Euro.

Abbildung 17: Verteilung der Nettovermögen in Österreich 2010 (Quelle: Andreasch et al. 2012, S.256)

48 Eine andere Möglichkeit, um die Verteilung der österreichischen Vermögen zu zeigen, gelingt durch die Darstellung von Vermögensklassen auf Basis der HFCS Daten (2013) (siehe Abbildung 18). Die Balken zeigen an, in welcher Vermögenskategorie/Gruppe sich die Bevölkerung befindet. Die oberste Vermögensklasse findet sich hier bei einem Nettovermögen von 500.000 Euro ein und umfasst mehr als 11 Prozent der Bevölkerung (Eckerstorfer et al. 2013a, b).

Abbildung 18: Vermögensverteilung in Österreich nach Vermögensklassen (Quelle: Eckerstorfer et al. 2013a, S.11)

Teilt man die Haushalte der HFCS Stichproben in vier Gruppen nach ihrer Position in der Bruttovermögensverteilung, kommt man zu folgendem Ergebnis (Andreasch et al. 2012):

1 Gruppe der Unteren Hälfte (0-50): Haushalte, die weniger Vermögen besitzen, als der mittlere Haushalt bzw. der Median. Das Vermögen dieser Gruppe beträgt rund 93.000 Euro.

Das heißt, dass die gesamte untere Hälfte der Haushalte über rund vier Prozent des gesamten Bruttovermögens verfügt (Andreasch et al. 2012).

2 Gruppe die Obere Mitte (51-80): Haushalte, die über mehr Vermögen als der mittlere Haushalt verfügen, aber nicht zum Top-Fünftel gehören. Das Vermögen dieser Gruppe beträgt rund 93.000 Euro bis 331.000 Euro. Das heißt, dass die obere Mitte (30 Prozent der Haushalte) rund 22 Prozent des gesamten Bruttovermögens hält (Andreasch et al. 2012):

49 3 Gruppe die Vermögenden (80-95): Haushalte die zum Top-Fünftel, aber nicht zu den Top fünf Prozent gehören (331.000 Euro bis 979.000 Euro). Das heißt, dass die Vermögenden (15 Prozent der Haushalte) rund 29 Prozent besitzen (Andreasch et al. 2012):

4 Gruppe die Top fünf Prozent: Haushalte besitzen mehr als 979.000 Euro an Bruttovermögen. Das heißt, dass die top fünf Prozent rund 45 Prozent des gesamten Bruttovermögens besitzen. Oder anders ausgedrückt, die kleinste Gruppe besitzt fast die Hälfte des gesamten Bruttovermögens (während die größte Gruppe, die untere Hälfte, nur einen minimalen Anteil am gesamten Bruttovermögen hat) (Andreasch et al. 2012).

Abbildung 19 visualisiert die oben genannten vier Gruppen und zeigt, dass sich die Spitze der Bevölkerung mit 45 Prozent einen relativ großen Anteil des Bruttovermögens gesichert hat (Stand 2010).

Abbildung 19: Die Verteilung der Bruttovermögen in Österreich 2010 (Quelle: Andreasch et al. 2012, S.261; Darstellung AK Wien)

Die Gini Koeffizienten (siehe Kapitel zwei) für das Sachvermögen, das Finanzvermögen, das Bruttovermögen, die Verschuldung und für das Nettovermögen werden in Tabelle 5 dargestellt. Beim Finanzvermögen ist von einer besonders starken unzureichenden Erfassung im oberen Bereich auszugehen, da es über die Vermögen der besonders Reichen nur wenig zugängliche oder wahrheitsgetreue Informationen gibt (Andreasch et al. 2012).

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Tabelle 5: Gini Koeffizienten der Vermögenskomponenten (Quelle: Andreasch et al. 2012, S.257)

In welchem Ausmaß und nach welchen Kriterien Vermögen gemessen wird, ist nicht immer ganz einfach. Eine erste Beurteilung von Vermögensverteilungen stellt die Qualität der Vermögensdaten dar. Nach Schürz (2012) müssen bei wirtschaftspolitischen Beurteilungen die Ergebnisse detailgenau und pluralistisch bei den Zugängen analysiert werden. Schürz (2012) argumentiert weiters, dass bloße Länderrankings nach dem Gini Koeffizienten zum Nettovermögen in ihrer Aussagekraft eher dürftig ausfallen. Bei Verteilungsfragen ist es grundsätzlich trügerisch, exakte Urteile auf Basis von Faktenevidenzen zu ziehen. Besser ist es, die empirische Reichweite der Daten auszuweisen und die eigenen Normen zu explizieren (Schürz, 2012).

Die Webpage www.verteilung.at gibt einen konstruktiven Überblick über die Situation der Verteilungsfragen in Österreich und versucht durch eine einfache Sprache und leicht verständliche Abbildungen dem Leser ein klares Bild über diese Thematik zu verschaffen.

Österreich gehört zu einem der reichsten Länder der Welt, doch die Verteilung von Vermögen zeigt, dass Österreich zu den Ländern mit einer sehr großen ungleichen Vermögensverteilung gehört (siehe Abbildung 20). Die „ärmsten“ 50 Prozent der Bevölkerung besitzen 2,81 Prozent des gesamten Vermögens. Die reichsten 50 Prozent verfügen über 97 Prozent des Vermögens (Stand 2013) (verteilung.at, 2015).

Abbildung 20: Vermögensverteilung in Österreich 2013 (Quelle: www.verteilung.at)

51 Die reichsten Österreicher besitzen laut Erste Bank 2015 ein Vermögen von 138 Milliarden, das sind rund 8 Milliarden mehr als 2014. Für Ende 2015 ist ein Wachstum von weiteren sieben Prozent prognostiziert und somit steigt das Vermögen der reichsten Österreicher auf 147 Milliarden Euro. Derzeit verfügen 82.000 Österreicher über mehr als eine Million Euro.

Trotz der Finanzkrise (2007/2008) und dem damit verbundenen Einbruch der Kapitalmärkte geht es steil bergauf. Laut Wolfgang Traindl, Leiter des Private Bankings der Erste Bank, liegen 43 Prozent des Gesamtvermögens in Wien (format.at, 26.03.2015). Laut dem Wealth Report 2015 (Knight, 2015) leben rund 1460 Menschen mit einem Vermögen über 27,5 Millionen Euro in Österreich, mit steigender Tendenz. Tabelle 6 zeigt die sechs vermögendsten Österreicher im Jahre 2014 sowie Unternehmen und Aktivitäten, mit denen die Vermögen generiert wurden.

Tabelle 6: Die vermögendsten Personen und Familien in Österreich (Quelle: www.format.at, 26.03.2015)

Im Jahr 2010 ist das Vermögen der Millionäre aufgrund der positiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (steigende Export- und Investitionsmöglichkeiten, florierender Kapital-, Rohstoff- und Immobilienmarkt etc.) deutlich gestiegen. Österreich gewinnt somit 5.000 Millionäre im Zeitraum von 2003-2010 (entspricht einem Plus von 7,2 Prozent). Mit einem Gesamtvermögen von 230 Milliarden Euro sind Österreichs Millionäre so reich wie nie zuvor.

Die reichsten zehn Österreicher besitzen zusammen 63,5 Milliarden Euro (Valluga D.A.CH-Vermögensreport 2011).

Tabelle 7 zeigt die österreichische Bundesländerverteilung nach der Anzahl ihrer Millionäre in den Jahren 2009 und 2010. Auch hier gab es, wie in Deutschland, in besagter Zeitspanne einen Zuwachs der Millionäre (Valluga D.A.CH-Vermögensreport 2011).

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Tabelle 7: Anzahl der Millionäre in Österreich in den jeweiligen Bundesländern (Quelle: Valluga D.A.CH Vermögensreport, 2011, S.30)

3.6.1. Fazit für Österreich und Deutschland

Laut dem Valluga D.A.CH Vermögensreport (2011) sind die zukünftigen Entwicklungen für die Reichen optimal. Das Vermögen der Reichen wird in den kommenden Jahren dreimal so stark wachsen wie die Gesamtwirtschaft (BIP) der D.A.CH Regionen. Hinzu kommt, dass sich die reiche Bevölkerung sehr ausgewählt in ihren Investments bewegt. Die Durchschnittsbevölkerung investiert in traditionelle und ihnen vertraute Sach- und Finanzanlagen (Hauptwohnsitz, Fahrzeuge, Sparbuch, Bausparer, Lebensversicherungen).

Hingegen investiert der Kreis der Vermögenden in wesentlich breitere und gewinnträchtigere Möglichkeiten. Somit wachsen die Vermögen der Reichen zwei bis dreimal so stark als jene der restlichen Bevölkerung (z. B. besitzen die österreichischen Millionäre mehr Gold (320 Tonnen) als die ÖNB (280 Tonnen)) (Valluga D.A.CH-Vermögensreport 2011).

Geschöpft wird das Vermögen der Vermögenden durch Immobilien als Kapitalanlage, Unternehmensbeteiligungen und die Verfügung über Anleihen, Aktien, Fonds und risikobehaftete Investments. In Österreich erzielt die Mehrheit der Bevölkerung ihr Einkommen aus Arbeit. Das oberste Prozent der Vermögenden in Österreich bezieht ihr Einkommen bis zu einem Drittel aus Kapitalanlagen. Somit sind die Vermögenseinkommen noch ungleicher verteilt als die Arbeitseinkommen (Hans Böckler Stiftung, 2015). Allgemein kann gesagt werden, dass die Geld- und Sachvermögen im Vergleich zu den Einkommen wesentlich ungleicher verteilt sind (Sachverständigenrat – Jahresgutachten 2009/2010). Die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen sind im Vergleich zu den Arbeitnehmerentgelten überdurchschnittlich gestiegen und konzentrieren sich vor allem auf

53 das oberste Dezil der Einkommensbezieher. Am stärksten sind jedoch die Vermögen auf die obersten Perzentile der Verteilung konzentriert (DIW Berlin, 2014). Diese Tatsache kann zusätzlich auf den Anstieg der Vermögensungleichheit zurückgeführt werden.

Ein weiterer Faktor, der bei der Generierung von Vermögen mitspielt, sind Erbschaften. Je vermögender ein Haushalt ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, in den Genuss einer Erbschaft zu kommen. In Österreich erbten etwa 70 Prozent der reichsten zehn Prozent der Bevölkerung. Hier beträgt eine Erbschaft im Schnitt 300.000 Euro. Im Gegenzug erbte unter den ärmsten zehn Prozent nur jeder zehnte Haushalt circa. 20.000 Euro (Hans Böckler Stifung, 2015). Auch Piketty (2014) kommt in seinen empirischen Analysen zu dem Ergebnis, dass es deutlich wahrscheinlicher ist, große Vermögen durch Erbschaften zu konzentrieren als durch Arbeit.

3.6.2. Entwicklungstrends in Österreich

Durch die Visualisierung des Datenmaterials zur Vermögenssituation in Österreich wurde klar, dass sich der Trend der Vermögensungleichheit weiter verstärken wird. Einige der hier vorgestellten Studien (der HFCS Report 2013, Österreichische Nationalbank, der Valluga D.A.C.H Vermögensreport 2011) kommen zu dem Schluss, dass die Vermögen in Österreich weiter wachsen werden. Ein überschaubarer Bevölkerungsanteil hält einen Großteil der Vermögen.

Arbeiterkammer-Experte Matthias Schnetzer kritisierte in einem Standard-Interview (Der Standard Online, 12.12.20146) die besonders ungerechte Vermögensverteilung in Österreich. Die reichsten zehn Prozent halten einen hohen Anteil am Gesamtvermögen und eine Änderung diesbezüglich ist nicht in Sicht. Nach Schnetzer stellt dies nicht nur ein moralisches Problem dar sondern hemme auch das Wirtschaftswachstum. Er fordert eine höhere Besteuerung des Vermögens.

Auch eine neue Untersuchung der OECD (In It Together: Why less Inequality Benefits All, 2015b) zeigt, dass die Vermögen in Österreich zwar im internationalen Vergleich nicht besonders hoch sind, auffällig sind jedoch die sehr ungleichen Verteilungen. Österreich liegt hier an dritter Stelle. Betrachtet man den Anteil der reichsten zehn Prozent der Haushalte (diese Gruppe hält 60 Prozent des Gesamtvermögens) nimmt Österreich den zweiten Platz in der ungleichen Vermögensverteilung ein. Auch nach Michael Förster (OECD-Ökonom) ist

6vgl. dazu: http://derstandard.at/2000009331925/Vermoegensverteilung-in-Oesterreich-ungerecht (Zugriff im Juni 2015 ].

54 die Besteuerung von Vermögen und Erbschaften eine Überlegung wert (Der Standard, Tageszeitung 22.05.2015).

Kapitel vier befasst sich mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Form der Besteuerung. Die Erbschaftssteuer könnte beispielsweise ein Instrument im Kampf gegen die Vermögensungleichheit darstellen. Laut Piketty (2014) liegt der einzig sinnvolle Ansatz in einer progressiven Vermögenssteuer. Beide Steuerarten werden im nachstehenden Kapitel diskutiert.

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