• Keine Ergebnisse gefunden

Thomas Piketty: Plädoyer einer (globalen) Vermögenssteuer

4. Wirtschaftspolitische Maßnahmen in Form der Besteuerung

4.4. Thomas Piketty: Plädoyer einer (globalen) Vermögenssteuer

Im vorliegenden Abschnitt wird die (globale) Vermögenssteuer, die nach Piketty (2014) durch die zunehmende Ungleichheit zur Notwendigkeit wird, vorgestellt. Diese könnte u. a. die Dynamiken der Vermögensentwicklung unter die Kontrolle der Öffentlichkeit bringen, für Transparenz sorgen sowie den individuellen Aufstieg erleichtern. Pikettys (2014) pragmatischer Ansatz beinhaltet den Beginn mit niedrigen Steuersätzen (aufsteigend je nach Höhe des Vermögens). Konkret heißt das: Vermögen bis 200.000 Dollar mit 0,1 Prozent zu besteuern, Vermögen zwischen 200.000 Dollar bis einer Million Dollar mit 0,5 Prozent zu

61 besteuern. Für Personen die ein Vermögen über einer Million Dollar besitzen, wäre ein Prozent notwendig, ab fünf Millionen Dollar zwei Prozent, bis hin zu einer Milliarde Dollar die schließlich mit fünf bis zehn Prozent besteuert werden sollte (Piketty, 2014).

Bekräftigt werden diese hohen Steuersätze dadurch, dass Besitzer von sehr hohen Vermögen steuerlich leistungsfähiger sind (also eine höhere Steuerlast tragen können), da sie nur einen geringen Anteil ihres Vermögens (Einkommens) für Konsum verwenden. Die Lebensgewohnheiten der Vermögenden würden sich nach Piketty (2014) nicht radikal ändern. Weiters hängen hohe Vermögen (bzw. Einkommen) nicht mehr von der Leistung und der Produktivität der jeweiligen Person ab.

Für Österreich bedeutet eine Vermögenssteuer der ungleichen Vermögensverteilung entgegenzuwirken sowie die Steuerentlastung von Arbeit mitzufinanzieren. Da in Österreich die Steuergrundlage Arbeit geringer wird, und die andere, das Vermögen zunimmt, wäre es sinnvoll letztere stärker zu besteuern (Arbeit & Wirtschaft, 08.07.2014b). Der Glaube, dass eine Vermögenssteuer schlecht für den Wirtschaftsstandort wäre, kann verworfen werden.

Würde Österreich eine Vermögenssteuer einführen, wäre es eines der wenigen Ländern, welches in der Lage wäre, sämtliche seiner Schulden zu bezahlen. Dadurch würden folgende Effekte eintreten: der Zinssatz für österreichische Staatsanleihen sinkt, es würde mehr Veranlagungskapital nach Österreich fließen und Österreich wäre solvent (Matzer und Reiter, 2013).

Laut Piketty (2014) sind (globale) Vermögenssteuern nicht nur eine Frage des ökonomischen logischen Denkens, sondern sie sichern auch das demokratische System. Ein wesentlicher Vorteil einer solchen Steuer besteht darin mehr und präzisere Erkenntnisse und Informationen über die Höhe der Vermögen und ihre Verteilung zu generieren (Piketty, 2014;

Arbeit & Wirtschaft, 08.07.2014b).

Im vierten Teil seines Buches erörtert Piketty (2014) die Regulierung von Kapital im 21.

Jahrhundert. Piketty (2014) sieht das aktuelle progressive Steuersystem in den Nationalstaaten als nicht überlebensfähig, da der Steuerwettbewerb eine effiziente Höhe der Besteuerung verhindere. Für den Autor sind Steuern ein liberales Mittel der Umverteilung, da sie nach seinem Denken Anreize setzen aber gleichzeitig Freiheit und Eigentum nicht einschränken. Als Lösung für die von ihm prognostizierte steigende Vermögenskonzentration (vgl. dazu Kapitel drei), sollte Vermögen in seiner Substanz (mit ein bis zwei Prozent) besteuert werden, um eine egalitäre Gesellschaft zu schaffen.

62 Optimalerweise, so schreibt Piketty (2014), würde eine (globale) Vermögenssteuer die zunehmende Ungleichheit in den Griff bekommen. Die globale Ebene spielt dabei eine wichtige Rolle um Steuerflucht zu vermeiden. Er argumentiert, dass die USA und die Euro-Zone jeweils rund ein Viertel der globalen Wertschöpfung erwirtschaften. Würden diese beiden Wirtschaftsmächte mit einer globalen Vermögenssteuer beginnen, würden andere Länder nachziehen. Zu beachten ist auch, dass es in einigen Ländern bereits Vermögenssteuern gibt, die vereinheitlicht werden könnten. Auch das Bankengeheimnis11 müsste aufgehoben werden, da eine globale Vermögenssteuer nur funktioniert, wenn es einen automatischen Austausch von Bankeninformationen zwischen allen Ländern gebe. So würde sichergestellt werden, dass ein Land die Vermögenssteuer auch dann einheben kann, wenn der Bürger ihr Geld im Ausland lagert. Dadurch würden auch Kapitalerträge (wie jetzt in Österreich auch die Arbeitseinkommen) automatisch und personalisiert an das Finanzamt weitergegeben werden (Gegen Blende, 02.06.2014).

Ein gemeinsamer Entschluss aller Staaten der Welt kann jedoch als utopisch betrachtet werden. Jedoch könnten sich Gruppen von einzelnen Ländern z. B. die Europäische Union auf eine solche Vermögenssteuer einigen. Bei einer richtigen Umsetzung einer (globalen) Vermögenssteuer würde es Normalverdienern den Vermögensaufbau erleichtern und gleichzeitig die Konzentration des Reichtums beim obersten Prozent limitieren. Im Konkreten bedeutet das, dass Personen mit weniger als 300.000 Dollar keine Vermögenssteuer entrichten müssten. Über 300.000 Dollar hinaus sollte die (globale) Vermögenssteuer progressiv ansteigen. Das bedeutet, dass Vermögen von 300.000 Dollar bis einer Million Dollar mit einem Prozent besteuert werden. Die (globale) Vermögenssteuer wäre nach Pikettys Auffassung ein gutes Instrument, um die wachsende Ungleichheit einzudämmern.

Auch die soziale Mobilität würde durch eine Vermögenssteuer erleichtert werden (Piketty, 2014).

4.4.1. Fazit

Vermögensbezogene Steuern sowie Erbschafts- (und Schenkungssteuern) haben im Laufe der Vergangenheit in ihrer Gewichtung abgenommen. Diese Entwicklung ist vor allem auf wirtschaftspolitisches Handeln zurückzuführen. Obwohl es von einigen Ökonomen und Experten sinnvolle Vorschläge für Steuern auf Vermögen gibt. Auch die Arbeiterkammer Wien fordert eine Erbschafts- bzw. eine Vermögenssteuer und argumentiert, dass aufgrund

11Österreich wird in Pikettys Buch im Zusammenhang mit dem Bankengeheimnis erwähnt.

63 der hohen Vermögenskonzentration ein Großteil der Bevölkerung von der jeweiligen Steuer gar nicht betroffen wäre.12

Wie eine Erbschaftssteuer bzw. Vermögenssteuer tatsächlich die Vermögensverteilung beeinflusst, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Es kann aber erwartet werden, dass diese Steuerarten dämpfend auf die Vermögenskonzentration wirken und somit eine Umverteilung gewährleistet werden kann. Ein essenzielles Argument für die Erbschaftssteuer bzw. für die Vermögenssteuer im Kontext der Verteilungsungleichheit hinsichtlich Vermögen, ist die Verringerung der hohen Vermögenskonzentration. Der kritische Punkt liegt auch hier bei den negativen Konsequenzen der Vermögenskonzentration auf politischer Ebene, denn es besteht die Gefahr, dass Eliten durch ihre ökonomische Macht die demokratischen Entscheidungen zu ihren Gunsten lenken können. Beispielsweise können Medien von den Eliten beeinflusst werden. Langfristig kann hier eine Erbschaftssteuer bzw. Vermögenssteuer korrigierend wirken und in diesem Zusammenhang ausreichende institutionelle Barrieren, die zu Machtpositionen führen, erstellen (Brunner, 2014).

12 Mehr Informationen dazu unter http://wien.arbeiterkammer.at. [Zugriff im Juli 2015].

64