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3. Empirie: Vermögensverteilungen in ausgewählten EU-Ländern

3.2. Messverfahren und Datenbasis

Aufgrund der fehlenden bzw. erst kürzlich publizierten Daten zur Vermögensverteilung ist es (noch) nicht möglich, ein fundiertes Gesamtbild über die Vermögensverteilung zu kreieren.

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit weiterer Forschung. Durch das steigende Interesse der Öffentlichkeit, der Politik sowie von Forschungseinrichtungen gibt es großes Potential, den Wissensstand der Vermögensverteilung auszubauen. Beispielsweise sind Steuerbelege und Vermögensverzeichnisse, je nach betrachtetem Land, länger oder kurzfristiger vorhanden.

Historische und wirtschaftspolitische Prozesse geschehen differenziert und führen ebenfalls zu Unterschieden in der Verteilung von Vermögen. Als problematisch stellt sich auch die

3 Nach Selbsteinschätzungen, zählt sich die Mittelschicht oft zu den vermögenderen Personen bzw. Haushalten.

29 Erfassung der hohen Vermögen heraus. Nicht immer kann vollständige Information, Richtigkeit und Transparenz bei Erhebungen gewährleistet werden.

Durch die Verbesserung computergestützter Auswertungsmethoden sowie allgemein durch die steigende Verfügbarkeit von Erhebungsdaten, lassen sich die Ungleichheiten in der Verteilung von Vermögen zusehends besser erfassen (Eckerstorfer et al. 2013a). Im Folgenden werden Institutionen bzw. Einrichtungen, die sich mit der Verteilung von Vermögen befassen, kurz vorgestellt. Auf die Ergebnisse ihrer Forschungen wird in Kapitel drei zurückgegriffen.

3.2.1. Der Household Finance and Consumption Survey 2013

Der Household Finance and Consumption Survey (HFCS Report) der europäischen Zentralbank (EZB) stellt die erste umfassende Erhebung zu Vermögen privater Haushalte in 15 EU-Ländern (mit Ausnahme von Irland und Estland), darunter auch Österreich, Frankreich und Deutschland, dar und erlaubt damit einen bislang nicht möglichen Einblick in die Vermögenssituation der Privathaushalte. Somit ermöglicht der HFCS Report erstmalig eine genaue Analyse der Vermögensbestände (Sachvermögen, Finanzvermögen, Verbindlichkeiten und Ausgaben privater Haushalte) bzw. der Vermögensverteilung im Euroraum (Eckerstorfer et al.; 2013a).

Der HFCS Report ist ein gemeinsames Datenerhebungs- und Forschungsprojekt der EZB und der nationalen Notenbanken der Eurozone. Der HFCS Report wurde im Zeitraum von 2008 bis Mitte 2011 durchgeführt und liegt seit April 2013 vor (Andreasch et al. 2013). Vor allem die prinzipielle Vergleichbarkeit der Daten lässt wertvolle Vergleiche zwischen den EU-Ländern zu (Eckerstorfer et al. 2013a). Das Hauptziel des HFCS ist es, Informationen zur Struktur der Vermögensbestandteile und Verbindlichkeiten der Haushalte zu erlangen (ÖNB, 2015).

Dennoch muss erwähnt werden, dass trotz der weitgehenden Harmonisierung der Daten einige Unterschiede aufgrund nationaler Besonderheiten zu berücksichtigen sind.

Insbesondere spielen historische, institutionelle und methodische Unterschiede der verschiedenen Länder eine wichtige Rolle (Andreasch et al. 2013). Hinzu kommt, dass die Befragungen auf freiwilliger Ebene erfolgten und somit die Gefahr von Informationsdefiziten entstehen können bzw. auch realistisch sind, sodass beispielsweise die Oberschicht (auch als oberer Rand bezeichnet) und die Verteilung von Finanzvermögen nur unzureichend abgedeckt werden können (Andreasch et al. 2012).

30 Durch den HFCS Report gibt es, wie bereits erwähnt, erstmalig Daten zur Vermögensverteilung. Dies zeigt, dass das Thema Vermögensverteilung wissenschaftlich und wirtschaftspolitisch bisher kaum von Bedeutung war. Auch die Debatte um Steuern (siehe Kapitel vier) interagiert mit dem Thema der ungleichen Vermögensverteilung. Weiters lässt sich vermuten, dass die Bevölkerung nur wenig über die tatsächliche Verteilung von Vermögen weiß (für mehr Informationen dazu siehe Andreasch et al. 2012.).

Wie bereits bei der Begriffsdefinition festgehalten wurde, wird Vermögen aus verschiedenen Sichtweisen betrachtet. Abbildung 7 zeigt die Vermögensbilanz der privaten Haushalte nach dem HFCS Report. Das Sachvermögen setzt sich unter anderem aus Immobilien, Fahrzeugen und Wertgegenständen zusammen. Das Finanzvermögen beinhaltet unter anderem Sparbücher, Lebensversicherungen und Wertpapiere.

Abbildung 7: Vermögensbilanz der privaten Haushalte nach dem HFCS Report (Quelle: Andreasch et al. 2012, S.255)

31 3.2.2. Der D.A.CH Vermögensreport

Die Valluga AG betreibt internationale Vermögensforschung, welche sich insbesondere den Millionären und deren Vermögen widmet. Basierend auf der Forschung wird jährlich4 der sogenannte D.A.CH Vermögensreport erstellt (Valluga AG, 2015). Der D.A.CH Report (D für Deutschland, A für Austria und CH für Schweiz) erforscht die Anzahl und das Vermögen der Millionäre in den oben genannten Ländern, wobei für die vorliegende Arbeit nur Österreich und Deutschland relevant und von Interesse sind. Ein Millionär im Sinne des Reports weist ein Finanzvermögen von mindestens einer Million Euro auf (ohne eigengenutzte Immobilien).

Die statistische Auswertung erfolgt unter anderem durch folgende Inhalte: Vermögen als reines Finanzvermögen, Investmentverhalten der Millionäre und modifizierte Lorenzkurven-Modelle (hierbei werden die Gini Koeffizienten für die Einkommensverteilungen der jeweiligen Länder herangezogen), die die Vermögensverteilung der Bevölkerung berechnen (Valluga D.A.CH-Vermögensreport 2011).

3.2.3. Das Sozio-ökonomische Panel

Das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) ist eine repräsentative, jährlich wiederholte Befragung (seit 1985), die im Auftrag des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin stattfindet. Hierbei werden in Deutschland etwa 30.000 Personen unter anderem über ihre Vermögensbestände befragt (DIW Berlin, 2015a).

3.2.4. Thomas Piketty und Das Kapital im 21. Jahrhundert

Thomas Piketty (2014) schuf mit seinem Werk „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ eine herausragende historische Datenbasis zur Vermögensverteilung. In der vorliegenden Arbeit wird auf die Daten zu Großbritannien und Frankreich zurückgegriffen. Er untersuchte die Veränderungen der Vermögensverteilungen seit dem 18. Jahrhundert.

Bevor mit der Darlegung der einzelnen EU-Länder begonnen wird, soll darauf hingewiesen werden, dass mit anhaltender hoher Vermögensungleichheit auch weitere Ungleichheiten entstehen können. Dies zeigt sich dadurch, dass dem individuellen Vermögen laut Hauser (2007) eine Vielzahl an Funktionen zukommen. Dadurch lässt sich auch das ökonomische und gesellschaftliche Interesse an Vermögen und dessen Verteilung ableiten (DIW Berlin, 2014).

4Der D.A.C.H Vermögensreport für die Jahre 2012 und 2013 ist nur per Anfrage an die Valluga AG erhältlich.

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 Die Einkommensfunktion: Durch Vermögenserträge kann zusätzliches Einkommen erwirtschaftet werden (Hauser, 2007).

 Die Nutzungsfunktion: Wohneigentum kann beispielsweise weiteren Nutzen schaffen (Hauser, 2007).

 Die Sicherungsfunktion: Das Vermögen kann bei Einkommensausfällen dienen (zum Beispiel alltäglicher Konsum) (Hauser, 2007).

 Die Machtfunktion: Hohe Vermögen können wirtschaftliche und politische Macht verleihen (Hauser, 2007).

 Die Vererbungsfunktion: Vermögen kann als Instrument der intergenerationalen Übertragung dienen (Hauser, 2007).