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Verkehrslärm – ein Raumnutzungskonflikt

Im Dokument Lärm und Gesundheit (Seite 112-116)

Inhalt:

Raumnutzungskonflikt durch Verkehrslärm, Möglichkeiten und Grenzen des Lärmschutzes, Handeln im politischen Diskurs

Materialien und Medien:

M 11: Wie laut sind Straßengeräusche?, S. 103 M 15: Flugblatt: Aufruf zur Demonstration

M 16: Verkehrslärm – ein Raumnutzungskonflikt am Beispiel der Berthastraße Zeitrahmen:

Ca. 1 – 2 Unterrichtsstunden

Vorschlag für die Unterrichtsgestaltung:

Konfrontation: Aufruf zur Demonstration

Am Beispiel von Beschwerden und Forderungen der „Bürgerinitiative Berthastra-ße“ erörtern die Schülerinnen und Schüler den Verkehrslärm als einen Raumnut-zungskonflikt. Bei diesem Fall handelt es sich um ein aus tatsächlichen Ereignis-sen abstrahiertes Beispiel.

Die Schülerinnen und Schüler lesen zunächst das Material M 15: „Flugblatt: Auf-ruf zur Demonstration“. Sie werden dazu aufgefordert zu beschreiben, welcher

„Lärm-Tatbestand“ für sie erfüllt sein müsste, damit sie an einer solchen Demonstration teilnehmen würden. Dabei beziehen sie auch das Foto zur Abschätzung des Geräuschpegels mit ein.

Vermittlung: Versachlichung durch Information

Danach lesen die Schülerinnen und Schüler die Informationen des Materials M 16:

„Verkehrslärm – ein Raumnutzungskonflikt am Beispiel der Berthastraße“. Sie nennen die unterschiedlichen Funktionen des Straßenraums bzw. die mit diesem Raum verbundenen Nutzungsinteressen. Die Lehrkraft sammelt diese Nennun-gen und schreibt sie als stichwortartige Liste an die Tafel. Aus diesen Stichwor-ten wird an der Tafel ein Verträglichkeitsraster der Raumfunktionen entwickelt (+ = gut; +/- = bedingt verträglich; - = unverträglich). Da über die Funktion „Arbei-ten“ in M 16 keine Angaben gemacht werden, wird ihre Bedeutung für das Raster im Unterrichtsgespräch erarbeitet.

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In höheren Klassenstufen kann für die Raumnutzungsmuster (s. Klammern in der Kopfzeile der Tabelle) auch der Begriff Daseinsgrundfunktionen eingeführt werden.

Die Schülerinnen und Schüler erkennen aus dem Raster, dass die Verkehrsfunktion neben der Funktion „Arbeiten“ die am häufigsten störende Raumfunktion ist.

Sie formulieren den Raumnutzungskonflikt:

Durch die zunehmende Verkehrsbelastung werden die vielfältigen Funktionen der Berthastraße einseitig durch die Verkehrsfunktion beeinträchtigt. Die Straße verliert damit für viele Betroffene ihre Aufenthaltsqualität.

Es sollte aber auch herausgearbeitet werden, dass die Verkehrsfunktion an sich eine wichtige Raumfunktion und z.T. eine unverzichtbare Voraussetzung für andere Raumfunktionen (z.B. Arbeit) darstellt. Somit können sowohl Vor- als auch Nachteile durch die gute Verkehrslage der Berthastraße entstehen.

Die Höhe des gemessenen Geräuschpegels in der Berthastraße liegt bei 75 dB (A) am Tag und damit über dem Grenzwert für ein reines und allgemeines Wohn-gebiet [Grenzwert tags 59 dB (A), nachts 49 dB (A)] und auch über denen für ein Kern-, Dorf-, oder Mischgebiet [Grenzwerte tags 64 dB (A), nachts 54 dB (A)].

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Betriebe Anwohner Mütter/Väter Kinder Alte Leute Autofahrer wollen wollen in mit Kindern, wollen und wollen Waren der alte Leute spielen Anwohner eine empfangen Wohnung wollen wollen schnelle und ungestört einkaufen spazieren Verbindung versenden sein gehen (Wohnen/ gehen

(Arbeiten) (Wohnen) (Versorgen) Erholen) (Erholen) (Verkehr) Betriebe wollen

Tab. 15: Raumnutzungskonflikte und Daseinsfunktionen.

Hinweis:

Diskutiert werden sollte, dass die oben genannten Lärmgrenzwerte nach der Verkehrsschutzverordnung für verschiedene Siedlungsgebiete nur für die Pla-nung neuer Verkehrswege gelten. Dies stellt aber keine rechtliche Grundlage für die Lärmsanierung bei bestehenden Straßen dar. Die Rechtsprechung hat jedoch einen Anspruch auf Lärmsanierung anerkannt, wenn die Immissionswerte 70 dB (A) am Tag und 60 dB (A) in der Nacht überschreiten, s. Verkehrslärm, S. 52. Die-ser Anspruch steht jedoch unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haus-haltsmitteln zur Sanierung.

Die Schülerinnen und Schüler erkennen durch die Überschreitung der Grenzwerte, dass dringend Maßnahmen gegen den Verkehrslärm ergriffen werden müssen.

Sie überprüfen, inwieweit die Vorschläge der Bürgerinitiative zur Begrenzung des Lärms tatsächlich zu der gewünschten Minderung der dB (A)-Werte führen, indem sie ihre Messergebnisse heranziehen (Gegenüberstellung der Messergebnisse Tempo-30-Straße und Durchgangsstraße; Straße mit und ohne Fahrbahnverengungen).

Sollten keine Messwerte für diese Straßentypen vorliegen, so können der Lern-gruppe folgende Informationen gegeben werden:

Geschwindigkeitsbeschränkungen von 50 km/h auf 30 km/h können eine Lärm-minderung von 2,5 dB (A) bewirken.

Konsens/Dissens über durchzuführende Maßnahmen

Die Schülerinnen und Schüler formulieren, dass die von der Bürgerinitiative vor-geschlagenen „Maßnahmen zur Begrenzung von Lärm und Luftschmutz durch den Verkehr“ für viele Betroffene einen Kompromiss darstellen. Sie erkennen, dass erst ein Bündel von Maßnahmen eine wirkliche Verbesserung der Lärmsitu-ation erbringen kann.

In der Schlussphase (Vertiefung) diskutieren sie den Aufruf zur Demonstration als Mittel zur Durchsetzung von berechtigten Bürgerinteressen, hier den Schutz vor dauerhaften Schäden durch Verkehrslärm. Dabei verweist die Lehrkraft darauf, dass eine Verminderung von Verkehrslärm in der Regel nicht durch Einzelmaßnahmen, sondern nur durch verkehrsplanerische Gesamtkonzepte zu erreichen ist. Diese sind aber nachträglich für bereits gebaute Verkehrswege nur schwer durchzusetzen. Hier können Demonstrationen also durchaus ein Druckmittel der Betroffenen sein, um über Zunahme der öffentlichen Resonanz auf entsprechende Missstände eine Hand-lungsbereitschaft für die Veränderung von politischen Rahmenbedingungen bzw.

eine erhöhte Kooperationsbereitschaft der Fachbehörden zu stimulieren.

Hinweise für die Nutzung der Materialien und Medien

Materialangebot M 15: Aufruf zur Demonstration

Das Materialangebot besteht aus einem fiktiven Demonstrationsaufruf und einem Foto, das eine nicht genannte Wohn- und Durchgangsstraße zeigt, die fiktiv als „Berthastraße“ bezeichnet wird. Alternativ können auch aktuelle Fall-beispiele aus den Medien herangezogen werden.

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Das Materialangebot dient dazu, von der technischen Seite des Verkehrslärm-Problems zur gesellschaftspolitischen überzuleiten:

Verkehrslärm ist ein Raumnutzungskonflikt (vgl. M 16: „Verkehrslärm – ein Raumnutzungskonflikt am Beispiel der Berthastraße“). Im Straßenraum kon-kurrieren verschiedene Nutzungen, die sich teilweise behindern oder gar aus-schließen. Es ist die Aufgabe der Politik für solche Raumnutzungskonflikte durch angemessene Maßnahmen einen Interessenausgleich herbeizuführen.

Geschieht dies nicht, bestehen Handlungsspielräume für Bürgerinitiativen.

Sie können durch geeignete Maßnahmen auf den politischen Handlungsbe-darf aufmerksam machen, z.B. durch Demonstrationen. Als Betroffene brin-gen die Bürger in die Bürgerinitiativen neben hoher Bereitschaft zum Enga-gement z.T. auch erstaunliche Sachkenntnis von den örtlichen Problemen ein.

Aus dem Text des Demonstrationsaufrufs lassen sich Vermutungen ableiten, wie die Bürger bisher versucht haben das Lärmproblem zu lösen (Eingaben an die Stadtverwaltung, Hinweise an die örtliche Presse).

Aus dem Foto lassen sich konkrete Probleme der Betroffenen formulieren:

• Zwei Fahrzeugkolonnen in jeder Fahrtrichtung möglich, daher hohes Ver-kehrsaufkommen, z.T. mit besonders lauten Fahrzeugen (Lkw, Lieferwagen).

• Noch nicht ausgewachsene Bäume bieten nicht genügend akustischen und optischen Schutz, daher relativ lauter Verkehrslärm in den Wohnungen.

• Häuser stehen dicht am Fahrbahnrand, daher keine Spielbereiche für Kinder und kein Platz für Radwege (dadurch auch: relativ lauter Verkehrslärm in den Wohnungen).

• Es sind Ladengeschäfte im Erdgeschoss einiger Häuser der rechten Stra-ßenseite vorhanden, diese benötigen Lieferverkehr.

• Glatter Asphaltbelag mindert zumindest die Rollgeräusche.

Die genannten Merkmale der Straße lassen auf einen hohen Verkehrsgeräusch-grundpegel von 70 bis 80 dB (A) am Straßenrand schließen (vgl. mit M 12 – 14:

„Messbogen zur Messung von Verkehrsgeräuschen“ und „Beispiele für Mess-punkte von Verkehrsgeräuschen in Berlin-Mitte“, S. 110).

M 16: Verkehrslärm – ein Raumnutzungskonflikt am Beispiel der Berthastraße Das Materialangebot besteht aus einem Arbeitsbogen, der über die Probleme und Wünsche der Anwohner informiert.

Das Material ist fiktiv. Es sollte nach dem Einstieg mit dem Foto aus M 15: „Flug-blatt: Aufruf zur Demonstration“ in der Informationsphase eingesetzt werden.

Der Text führt die Schülerinnen und Schüler zur Beschreibung der funktionalen Überlastung des Straßenraums im dicht besiedelten Stadtraum bzw. zur Domi-nanz der Verkehrsfunktion im Straßenraum der Städte. Sie können die Daseins-grundfunktionen (sich erholen, sich versorgen, arbeiten, Verkehr) aus dem Text heraus benennen und ableiten, dass einige zueinander in Konkurrenz stehen. Da die Funktion „arbeiten“ im Text nicht angesprochen wird, führt die Lehrkraft den Begriff ein.

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Im Dokument Lärm und Gesundheit (Seite 112-116)