• Keine Ergebnisse gefunden

Vergleich zwischen Mäuse- und Menschenlunge

1. Einleitung

1.3. Lungenentwicklung

1.3.2. Vergleich zwischen Mäuse- und Menschenlunge

Die menschliche Lunge besteht bei der Geburt aus schätzungsweise 50 - 100 Millionen Alveoli (Dunnill, 1962; Thurlbeck, 1982; Moore et al., 2013). Die postnatale Lungenentwicklung setzt sich aus einem alveolären Stadium, einem Stadium der mikrovaskulären Reifung sowie höchstwahrscheinlich einem Stadium der späten Alveolarisation („late alveolarization“) zusammen (Narayanan et al., 2012; Schittny et al., 2008). Das Alveolenstadium ist bei Menschen- und Nagetierlungen wie Ratten und Mäusen ähnlich. Die Basis des Septums der unreifen Alveolen bilden ein doppeltes Kapillarbett und eine zentrale Bindegewebsschicht. Interalveoläre Septen entstehen durch Aussprossen einer der beiden kapillären Schichten. In beiden Spezies findet diese Alveolarisation rasch und im großen Umfang statt, so dass sie auch als

„bulk alveolarization“ bezeichnet wird (Zeltner et al., 1987). Während und nach der Alveolarisation entsteht im Rahmen des Reifungsprozesses aus dem doppelten Kapillarbett ein einschichtiges. Dies passiert in der Phase der mikrovaskulären Reifung. Danach tritt die Lunge in eine Wachstumsphase ein, während der das kapilläre Wachstum durch Einstülpung für den Gasaustausch eine wichtige Rolle spielt. Es scheint sich somit sowohl in Nagetier- als auch

Menschenlungen das Stadium einer späten Alveolarisation abzuzeichnen (Burri, 2006).

In der Ratte sprechen Tschanz und Mitarbeiter von einer 2. „bulk alveolarisation“, welche mindestens bis zum 50. postnatalen Tag anhält und somit ohne Vorhandensein eines doppelten Kapillarnetzes fortschreitet (Tschanz et al., 2014).

Auch beim Menschen gibt es mittlerweile eine gute Evidenz, dass die Alveolenzahl bis ins junge Erwachsenenalter ansteigt und somit nicht mit Abschluss der Reifung des Kapilarbettes im Alter von ca. 2-3 Jahren stoppt (Narayanan et al., 2012).

Die embryonale Phase der Lungenentwicklung beginnt mit einer ventralen Ausstülpung des Vorderdarms, welche dann eine rechte sowie linke Lungenknospe hervorbringt. Ausgehend von den Lungenknospen beginnt ein kontinuierlicher Prozess von Verästelung und Wachstum in das umgebende Parenchym. In der embryonalen Phase, die vom 26. bis 49. Tag nach der Befruchtung beim Menschen und vom 9,5. bis 12. Tag nach der Befruchtung bei der Maus andauert, startet also die Organentstehung mit Bildung der Hauptluftwege. Ein epithelialer tubulärer Ast penetriert das umgebende Mesenchym, ein lockeres dreidimensionales kapilläres Netzwerk ist im Mesenchym lokalisiert (Schittny et Burri, 2008).

Die fetale Phase unterteilt sich in ein pseudoglanduläres, kanalikuläres und sakkuläres Stadium. Im pseudoglandulären Stadium formt sich der Bronchialbaum aus und große Anteile des zukünftigen respiratorischen Parenchyms sowie der Azinus entstehen. Beim Menschen findet diese Phase am 35. bis 119. Tag nach der Befruchtung, bei der Maus am 12. bis 16,5. Tag nach der Befruchtung statt. Im kanalikulären Stadium (Mensch: 112.-182. Tag nach Befruchtung; Maus: 16,5.-17,5. Tag nach Befruchtung) werden die luftführenden Atemwege fertiggestellt, es kommt zur epithelialen Differenzierung, zur ersten Blut-Luft-Schranke sowie zum Beginn der Surfactantproduktion. Im Rahmen des sakkulären Stadiums kommt es zur

Exp a n si o n d e r d i sta l e n L u fträ u me d u rch Ab tre n n u n g e n . D i e ser Entwicklungsabschnitt liegt beim Menschen zwischen dem 168. bis 266. Tag nach Befruchtung, bei der Maus zwischen dem 17,5. Tag nach Befruchtung und dem 4. postnatalen Tag vor (Schittny et Burri, 2008).

Die postnatale Phase unterteilt sich in ein alveoläres Stadium, in ein Stadium der mikrovaskulären Reifung und in eines des normalen Lungenwachstums (Schittny et Burri, 2008). Das alveoläre Stadium beginnt beim Menschen am 252. Tag nach Befruchtung und dauert 1 bis 2 Jahre nach Geburt an. Hier liegt eine Alveolarisation durch Formation des Sekundärseptums vor: Das Primärseptum beinhaltet ein doppeltes Kapillarbett. Vorstufen von Muskelzellen, elastische Fasern sowie Kollagenfasern sammeln sich im unreifen Septum an Lokalisationen, wo ein neues, sogenanntes Sekundärseptum entsteht. Eine Schicht des Kapillarbettes klappt sich auf, das so entstandene Sekundärseptum unterteilt die bestehenden Lufträume und lässt so neue Alveolen entstehen. Auch das Sekundärseptum enthält ein doppelschichtiges Kapillarbett. Während der Alveolarisation liegt also ein dickes unreifes Septum mit einem doppelten Kapillarbett vor, welches ein Sekundärseptum formen kann. Die Maus befindet sich vom 4. bis 14.

postnatalen Tag in diesem Stadium. Im Stadium der mikrovaskulären Reifung formen sich das interalveoläre Septum und das Kapillarbett um und bauen sich aus. Die Septumreifung funktioniert dabei wie folgt: Die doppelte Kapillarschicht im Septum ist durch eine bindegewebige Schicht getrennt. Während der Reifung verdichtet sich das Bindegewebe und dünnt aus, so dass das doppelte Kapillarbett miteinander verschmilzt. Nun existiert nur noch ein einschichtiges Kapillarbett. Der Mensch befindet sich vom 0. bis 3. Lebensjahr im Stadium der mikrovaskulären Reifung, die Maus vom 14. bis 21. postnatalen Tag. Es existiert eine große Überlappung zwischen dem Stadium der Alveolarisation und der mikrovaskulären Reifung. Am Ende des Stadiums der mikrovaskulären Reifung existiert noch immer in bis zu 20% der Septa ein doppeltes Kapillarbett.

Nun schließt sich die Phase des normalen Lungenwachstums an, beim Menschen vom 2. Lebensjahr bis zum jungen Erwachsenenalter sowie bei der Maus von der 4. Woche nach Geburt bis zum Erwachsenenalter. Die Lungenoberfläche, die Anzahl der Segmente sowie das bestehende kapilläre

Netzwerk wachsen dann durch Insertion des transluminalen Gewebes, welches im vorbestehenden Lumen eine säulenartige Form annimmt. Bezeichnet wird dieser Vorgang als intussuszeptives mikrovaskuläres Wachstum (Caduff et al., 1986; Djonov et al., 2000). Es wird vermutet, dass sich eine Form der späten Alveolarisation anschließt (siehe 1.3.3). Dabei werden zwei mögliche Mechanismen dieser sogenannten „late alveolarization“ gefordert, zum einen die Formung aus einem unreifen Septum mit doppelter Kapillarschicht in Erwachsenenlungen, zum anderen ein bisher undefinierter Mechanismus im reifen Septum, bei dem sich aus einer einschichtigen Kapillarschicht mittels Ausstülpung eine neue Alveole formt (Schittny et al., 2008).