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Lungenentwicklung und profibrotisches Remodeling:

1. Einleitung

1.5. Lungenentwicklung und profibrotisches Remodeling:

Bedeutung von TGF-ß, Smad3 und LPA

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in der Mäuselunge

Die Lunge als Organ mit großer Oberfläche und Gasaustauschfunktion ist ständig schädigenden physikalischen, chemischen und biologischen Noxen ausgesetzt. Bei Lungenverletzungen gehen epitheliale Zellen zugrunde und die Barrierefunktion bricht somit auf. Als Reparaturmechanismus zum Erhalt der Lungenfunktion wandern im Optimalfall Vorläuferzellen in den Defekt ein, proliferieren und differenzieren sich, um die verletzte Oberfläche zu r e e p i t h e l i a l i s i e r e n . E i n e L u n g e n fi b r o s e k a n n a l s a b n o r m a l e r Regenerationsprozess gesehen werden, bei dem es nicht mehr möglich ist, die normale Lungenstruktur wiederherzustellen (Fehrenbach, 2001). Studien über die Lungenentwicklung sowie Reparaturmechanismen und Fibroseentwicklung in der Lunge legen zum jetzigen Zeitpunkt dar, dass viele Faktoren, die für die normale Lungenentwicklung eine Rolle spielen, auch eine Schlüsselfunktion bei der Entstehung der Lungenfibrose einnehmen (Geiser, 2003). Ein bedeutsames

Beispiel hierfür ist der Transforming Growth Factor (TGF)-ß-Signalweg. Ein normaler TGF-ß-Spiegel ist für viele Aspekte in der normalen Lungenentwicklung ebenso wie für die pulmonale Immunfunktion wichtig (Warburton et al., 2013). Der Wachstumsfaktor TGF-ß bindet an seinen Rezeptor auf der Zelloberfläche und aktiviert auf diese Weise eine nachgeschaltete Gruppe von intrazellulären Proteinen, sogenannte Smad-Proteine (siehe auch Abkürzungsverzeichnis), welche sich in den Nucleolus verlagern und hier die vorgegebene Genexpression aktivieren (Shi et al., 2003).

Der TGF-ß-Signalweg ist für die Entwicklung des embryonalen Lungenmesenchyms sowie das postnatale Wachstum des Lungenepithels verantwortlich. Aus einer Überaktivierung von TGF-ß resultiert allerdings eine Fibroseentwicklung (Shi et al., 2009). Nach einem Gewebeschaden wandern alpha-smooth muscle actin (α-SMA)-positive Myofibroblasten in den Defekt ein, um den mechanischen Stress zu entlasten, was aber wiederum zu einer beeinträchtigten Organstruktur und -funktion führt. Eben diese Myofibroblastengeneration scheint unter anderem vor allem durch aktiviertes TGF-ß begünstigt zu sein. Bei der reifen Lunge ist das pathologische Kennzeichen für eine Überexpression von TGF-ß somit eine schwere progressive Fibrose. In der unreifen Lunge kommt es hingegen zu einer schweren Hypoplasie, die im klinischen Bild der bronchopulmonalen Dysplasie bei menschlichen Frühgeborenen resultiert. Ebenso führt ein Smad-Defekt zu einer defekten Elastinstruktur und gestörten Lungenalveolarisation in der Knockout (KO)-Maus (Shi et al., 2009).

Also scheinen TGF-ß und Smad-3 Faktoren zu sein, die sich Schlüsselrollen sowohl im Rahmen der Lungenentwicklung als auch in der pulmonalen Fibroseentstehung teilen. Hier können in der Zukunft Ansätze für medikamentöse Strategien gefunden werden. Ob Lysophosphatidic Acid (LPA)1

in diesem Zusammenhang ebenso eine wichtige Rolle spielt, gilt es im Rahmen dieser Dissertation zu klären.

1.5.1. TGF-ß und Smad3

In einer Studie von Chen et al. (2005) wurde eine abnormale Lungenalveolarisation durch eine Smad3-Defizienz beschrieben, welche die Erscheinungsform eines zentrilobulären Emphysems aufweist. Der TGF-ß-Signalweg spielt eine entscheidende regulatorische Rolle während der Lungenentwicklung und -umgestaltung. Smad3 ist ein wichtiger nachgeschalteter intrazellulärer Signalgeber in der TGF-ß-Kaskade von Zellmembran zu Nukleus. In Smad3-KO-Mäusen wird eine retardierte Lungenalveolarisation von Tag 7 bis Tag 28 postnatal beobachtet mit anschließender Ausbildung eines zentrilobulären Emphysems ab Tag 28.

Außerdem ist die periphere Lungenzellproliferation reduziert im Vergleich zu Wildtyp (WT)-Mäusen zwischen dem 7. und 28. postnatalen Tag. Weitere Veränderungen ab dem 28. postnatalen Tag bestehen bei den Smad3-KO-Mäusen in einer reduzierten Expression auf mRNA-Level von Tropoelastin, einem Grundbaustein der elastischen Fasern. Hinzu kommt eine erhöhte Expression und Aktivität von Matrixmetalloprotease (MMP)-9 sowohl im Lungengewebe als auch in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit. MMP-9 ist ein Enzym, welches die Spaltung von Peptidbindungen in Proteinen z.B. in der extrazellulären Matrix katalysiert. Smad3 scheint somit nicht nur positive regulatorische Auswirkungen auf die neonatale Lungenalveolarisation zu haben, sondern auch eine schützende Funktion gegenüber dem Auftreten eines zentrilobulären Emphysems im späteren Leben.

TGF-ß gehört zur Familie der Wachstumsfaktoren, die Zellproliferation, Differenzierung, Apoptose, Migration und Synthese von extrazellulären Matrixproteinen regulieren (Sporn et al., 1991). Extrazelluläres TGF-ß bindet an seinen verwandten Rezeptorkomplex an der Zelloberfläche. Die so aktivierte Rezeptorkinase phosphoryliert Smad2- und Smad3-Proteine, die vom Rezeptor dissoziieren und mit dem Komediator Smad4 in den Nucleus translozieren, um dort die Expression unterschiedlicher TGF-ß-Zielgene zu induzieren oder zu unterdrücken (Attisano et al., 2000; Massague, 1998; Shi et al., 2003). Darüber hinaus scheint es auch noch Smad-unabhängige Signalwege von der Zellmembran zum Nucleus zu geben (Derynck et al., 2003). Das Abschalten

der Smad3-Funktion scheint eine Bleomycin-induzierte Lungenfibrose in Mäusen abzuschwächen und die Wundheilung zu beschleunigen (Ashcroft et al., 1999; Zhao et al., 2002). Die TGF-ß-Signalkaskade spielt eine wichtige Rolle in der Regulierung der fetalen Lungenmorphogenese, im postnatalen Lungenwachstum, in Lungenreparatur und -umgestaltung. Eine Stimulation führt zur Entstehung einer bronchopulmonalen Dysplasie und Lungenfibrose (Gauldie et al., 2003; Zhao et al., 2002), eine Verminderung verursacht eine reduzierte Lungenalveolarisation mit anschließendem Emphysem (Morris et al., 2003; Neptune et al., 2003; Sterner-Kock et al., 2002).

In der Studie von Chen et al. (2005) wurde die postnatale Alveolarisation und das Lungenwachstum zwischen Smad3-KO- und WT-Mäusen verglichen. Der Verlust der Smad3-Funktion scheint eine reduzierte pulmonale Zellproliferation mit einer retardierten Alveologenese in der neonatalen Mäuselunge zu verursachen, gefolgt von einem zentrilobulären Emphysem, welches auch im Erwachsenenalter weiter fortschreitet. In der Smad3-KO-Maus sei beginnend am 7. postnatalen Tag die pulmonale Alveologenese retardiert, gekennzeichnet durch eine Erweiterung der peripheren Lufträume. Des Weiteren sei eine reduzierte Zellproliferation ab dem 7. postnatalen Tag im peripheren Lungenparenchym zu verzeichnen. Es käme aber keine vermehrte Apoptose im Vergleich zu WT-Mäusen zur Darstellung. Am 28. postnatalen Tag läge das Bild eines typischen zentrilobulären Emphysems mit Erweiterung peripherer Lufträume distal des terminalen Bronchiolus vor. Die Größe der Alveolen sei im Vergleich zu WT-Mäusen um 58% angestiegen. Dieser Phänotyp persistiere und verschlechtere sich sogar noch zur typischen Emphysemlunge in den KO-Mäusen im Alter von 4 Wochen. Am 28. postnatalen Tag falle außerdem eine reduzierte Expression von Tropoelastin bis ins Erwachsenenalter auf, diese sei aber noch nicht in der frühen postnatalen Phase zwischen Tag 1 und 7 zu verzeichnen. Die Smad3-KO-Maus besäße zwar weniger elastische Fasern, aber diese hätten dennoch eine normale Struktur in der histologischen Färbung. Dies lässt Chen et al. zu folgenden Schlussfolgerungen kommen: Ein Verlust der Smad3-Genexpression behindere in der Mäuselunge die frühe Phase der Alveolarisation durch reduzierte Zellproliferation in der Lungenperipherie. Am Ende der Alveolarisation komme es zu einer

progressiven zentrilobulären Emphysemstruktur der Lunge, die mit einer erhöhten MMP-9-Expression und -Aktivität einhergehe ebenso wie mit einer verminderten Tropoelastinexpression. Somit vereine die Smad3-KO-Maus eine gestörte Alveolarisation mit einem destruktiven Prozess, welcher im weiteren Verlauf zu einem Lungenemphysem führe. Darüber hinaus sei die TGF-ß-Smad3-Signalkaskade wichtig für ein postnatales Lungenwachstum und die pulmonale Reifung.

1.5.2. LPA und seine Rezeptoren

LPA entsteht vor allem extrazellulär mittels eines Plasmaenzyms Autotaxin ( AT X ) , w e l c h e s m i t H i l f e s e i n e r Ly s o p h o s p h o l i p a s e D - A k t i v it ä t Lysophospholipide in LPA umwandelt (Okudaira et al., 2010). LPA ist ein Phospholipid aus einer Phosphatkette, Glycerol und Fettsäure (Tokumara, 1995; Moolenaar, 1999; Tigyi et al., 2003). LPA vermittelt Zellproliferation und -migration, Neuritenretraktion, Plättchenaggregation, Kontraktion der glatten Muskulatur, Formation von Stressfasern sowie die Sekretion von Zytokinen und Chemokinen (van Meeteren et al., 2007). Sie verhindert Apoptose in Fibroblasten und kommt reichlich im Serum vor. LPA spielt darüber hinaus eine Rolle bei der Hirnentwicklung (Contos et al., 2000), neuropathischen Schmerzen (Inoue et al., 2004), Embryoimplantation (Ye at al., 2005), Haarwachstum (Pasternack et al., 2008; Shimomura et al., 2008) und Blutgefäßbildung (Tanaka et al., 2006; van Meeteren et al., 2006). LPA übt seine Wirkung über G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (LPA1-5) aus, die spezifisch für LPA sind (Aoki et al., 2008). Der LPA1-Rezeptor ist strukturell ä h n l i c h d e n s p h i n g o s i n e 1 - p h o s p h a t e ( S 1 P ) - R e z e p t o r e n u n d Kannabinoidrezeptoren. Seine in vivo Funktion besteht in Gehirnentwicklung, n e u r o p a t h i s c h e m S c h m e r z , L u n g e n - u n d N i e r e n fi b r o s e s o w i e Krebsmetastasierung (Contos et al., 2000; Inoue et al., 2004; Tager et al., 2008;

Pradere et al., 2007; Liu et al., 2009). LPA1 ist häufig mit Gi-Protein gekoppelt, was zu einer Erhöhung von cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) und zur Aktivierung von Ras, Rac, ERK und Akt (siehe Abkürzungsverzeichnis) führt.

cAMP ist ein second messenger der zellulären Signaltransduktion und führt zur Aktivierung von Proteinkinasen, welche die Aktivität von Enzymen oder

Transkriptionsfaktoren regulieren (Hecht et al., 1996; An et al., 1998; Contos et al., 2002). Ein weiterer Kopplungsmechanismus an G12/13 aktiviert kleine GTPasen wie Rho (siehe Abkürzungsverzeichnis), welche eine Umordnung im Zytoskelett und Zellmigration bewirken (Contos et al., 2002). Die Aktivierung des LPA-Rezeptors ist abhängig von der Fettsäureart (Yoshida et al., 2003;

Hayashi et al., 2001; Tokumara et al., 1994; Jalink et al., 1995). LPA1 wird stark exprimiert im Nervensystem (Hecht et al., 1996). LPA1-KO-Mäuse weisen unter anderem Abnormalitäten in der Hirnentwicklung auf (Contos et al., 2000), es wurde zum Beispiel eine erniedrigte Anzahl neuronaler Zellen detektiert (Inoue et al., 2004). LPA1 ist außerdem verantwortlich für eine LPA-induzierte Zellmigration unterschiedlicher Zelltypen inklusive Krebszellen (Hama et al., 2004). Der Rezeptor spielt eine entscheidende Rolle bei pulmonaler und renaler Fibrose, zumal es die Migration und Invasion von Fibroblasten und Myofibroblasten fördert und auf der anderen Seite im Bleomycin-Modell die Apoptose von alveolären Epithelzellen fördert, diejenigen von Fibroblasten jedoch hemmt (Tager et al., 2008; Pradere et al., 2007). LPA kommt im Serum, in Follikelflüssigkeit (Tokumara et al., 1999), in Speichel (Sugiura et al., 2002) und in Sperma (Hama et al., 2002) vor. Auch einige Zellarten wie Ovarialkrebszellen oder Blutplättchen können LPA freisetzen (Mauco et al., 1978; Gerrard et al., 1989; Eichholtz et al., 1993).