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1. Einleitung

1.7. LPA und Lungenfibrose (Mausmodell)

Bei der idiopathischen Lungenfibrose kommt es als Reaktion auf den Lungenschaden zu einer gesteigerten epithelialen Zellapoptose, deren molekularer Ablauf bislang noch nicht vollständig verstanden ist. In einer Studie von Funke et al. (2012) wurde festgestellt, dass LPA über den LPA1-Rezeptor eine epitheliale Zellapoptose nach Injektion von Bleomycin in die Mäuselunge veranlasst. Die Anzahl der apoptotischen Zellen im Alveolar- und Bronchialepithel sei am 3. Tag nach Bleomycin-Instillation im Vergleich zu Wildtypmäusen in LPA1-KO-Mäusen deutlich reduziert. Dies treffe ebenso für die Caspase-3-Aktivität zu. Auch Tager et al. (2008), wiesen in einer Studie n a c h , d a s s d i e A b w e s e n h e i t v o n L PA1 z u e i n e r r e d u z i e r t e n Fibroblastenchemotaxis und reduzierten vaskulären Schäden führt, wohingegen das Leukozyten-Rekruitment in der ersten Woche nach Verletzung anhält.

Wiederholte Lungenverletzungen und abnormale Wundheilung tragen zur Pathogenese der idiopathischen Lungenfibrose bei. Gewebsverletzungen induzieren eine Reihe von Prozessen in der Wundheilung. Ziel ist eine Wiederherstellung des normalen Gewebes mit seiner Funktion. Es wird vermutet, dass eine gestörte Wundheilung in der Pathogenese der IPF eine Rolle spielt (Selman et al., 2001).

Fibrotische Lungenerkrankungen weisen eine hohe Mortalität auf und sind refraktär gegenüber aktuellen pharmakologischen Therapien. Daher ist eine genaue Identifikation der Pathogenese der Erkrankung wichtig, um neue therapeutische Ansatzpunkte für diese finden zu können.

Bei der IPF wandern Fibroblasten in das fibrinreiche Exsudat ein, welches sich nach einem Lungenschaden in den Lufträumen bildet (Kuhn et al., 1989). Diese chemotaktische Fibroblastenaktivität korreliert mit der Schwere der Erkrankung (Behr et al., 1993). Das heißt, chemotaktische Mediatoren, die die Fibroblastenaktivität beeinflussen, werden in den Lufträumen generiert - insbesondere bei Patienten mit IPF. Das Ausmaß ihrer Aktivität korreliert invers zur totalen Lungenkapazität und zur Vitalkapazität der betroffenen Patienten.

LPA, welches über einen spezifischen G-Protein-gekoppelten Rezeptor wirkt, n ä m l i c h L PA1, i s t d a b e i e i n v o r h e r r s c h e n d e r M e d i a t o r f ü r d i e Fibroblastenmigration (Tager et al., 2008; Ahluwalia et al., 2016). LPA vermittelt Signalkaskaden über spezifische G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, mindestens fünf, von denen LPA1-5 gut definiert sind (Choi et al., 2010). Bei f e h l e n d e r L PA1- E x p r e s s i o n k o m m t e s i n d e r M ä u s e l u n g e t r o t z Bleomycininstillation zu keiner Akkumulation von Fibroblasten.

LPA1-KO-Mäuse sind vor Fibrose und Mortalität signifikant geschützt bei Bleomycin-induzierter Lungenfibrose (Tager et al., 2008). Intratracheale Bleomycininjektion beim WT führt zum raschen Zelltod von Bronchial- und Alveolarepithelzellen, nach einer frühen Phase schließt sich in der 2. Woche nach Injektion eine weitere Apoptosephase an (Hagimoto et al., 1997).

Eine erhöhte Gefäßpermeabilität ist ein weiteres Kennzeichen bei Gewebsverletzungen (Martin, 1997). Gewebstraumata können eine direkte Gefäßschädigung auslösen, aber auch bioaktive Mediatoren können indirekt zu einer gesteigerten Gefäßpermeabilität führen. Diese Gefäßpermeabilität ist vor allem erhöht in der frühen Reparaturphase nach Gewebsverletzung (Dvorak, 1986). LPA wirkt über den LPA1-Rezeptor der endothelialen Zellen und führt so zu gesteigerter Gefäßpermeabilität (Tager et al., 2008). Sekundär wird über die gesteigerte Gefäßpermeabilität erneut zur Fibroseentwicklung beigetragen.

Durch persistierende vaskuläre Leckage kommt es zur extravaskulären Koagulation, die ebenfalls zur Fibroseentwicklung beisteuern kann (Idell, 2003;

C h a m b e r s e t a l . , 2 0 0 2 ) . E i n i g e P r o t e a s e n d e r e x t r i n s i s c h e n Koagulationskaskade wie Thrombin vermitteln über Protease-aktivierte Rezeptoren und die daraus folgende Induktion von Mediatoren wie Platelet Derived Growth Factor (PDGF) (Chambers et al., 2002) eine Fibrinproduktion.

Auch vaskuläre Defekte sind in LPA1-KO-Mäusen deutlich abgeschwächt. Um die Relevanz für die IPF beim Menschen aufzuzeigen, sind im Gegensatz dazu die LPA-Spiegel im bronchoalveolären Sekret von Patienten mit IPF erhöht, zusätzlich wird LPA1 von Fibroblasten vermehrt exprimiert (Tager et al., 2008).

Plättchenaktivierung und Hydrolyse der Surfactantphospholipide in den Luftwegen können ebenfalls zu erhöhten LPA-Spiegeln führen (Honda et al., 1988). Die LPA-Aktivität ist außerdem reguliert durch die Proteinbindungen, die die Bindung an den Rezeptor steigern (Albumin) oder erniedrigen (Plasmagelsolin) können (Goetzl et al., 2000).

Patienten mit IPF weisen eine gesteigerte Zellapoptose von Alveolar- und Bronchialepithelzellen auf (Kuwano et al., 1996; Plataki et al., 2005).

Es wurden in Zellkulturen die Auswirkungen von LPA auf normale Bronchialepithelzellen (NHBE) und auf R3/1-Rattenalveolarepithelzellen untersucht. Hier wurde festgestellt, dass der programmierte Zelltod über die Lösung von Zellen aus ihrer Verankerung induziert wird (Frisch et al., 1994).

Fokale Adhäsion wird durch LPA bei NHBE-Zellen verhindert, ein ähnlicher Effekt ist auch bei den R3/1-Zellen zu sehen (Gilmore et al., 2009; Cheng et al.,

2004). Es kommt folglich zur Förderung der Zellapoptose durch Inhibierung fokaler Zelladhäsion und Aktinfilamentbewegung und -formation.

Neben LPA induziert auch TGF-ß, ein Signalmolekül, welches eine wichtige Rolle in der Differenzierung von Zellen und Geweben spielt, Apoptose in Lungenepithelzellen (Rahimi et al., 2007; Hagimoto et al., 2002; Solovyan et al., 2006) und induziert Apoptoseresistenz in Lungenfibroblasten (Zhang et al., 1999; Horowitz et al., 2007).

Induktion des Zelltods von Lungenepithelzellen in Mäusen durch Freisetzung von anti-Fas-Antikörpern (siehe Abkürzungsverzeichnis) (Hagimoto et al., 1997;

Matute-Bello et al., 2007) oder durch Überexpression von TGF-ß (Lee et al., 2004) führt zur Entwicklung von Lungenfibrose, wie es gewöhnlich die gezielte Schädigung von Alveolarepithelzellen hervorruft (Sisson et al., 2010).

P r o s t a g l a n d i n E 2 ( P G E 2 ) , e i n P r o s t a g l a n d i n , w e l c h e s i n Entzündungsgeschehen involviert ist, hat eine entgegengesetzte Wirkung zu LPA und TGF-ß, es schützt Alveolarepithelzellen Typ II vor Apoptose (Maher et al., 2010). Die IPF ist assoziiert mit einer Erhöhung von LPA und TGF-ß sowie einer Erniedrigung von PGE2. Hier könnte ein weiterer therapeutischer Ansatzpunkt bei idiopathischer Lungenfibose liegen, zum Beispiel durch Antagonisierung des LPA1-Rezeptors.

In der Studie von Funke et al. (2012) wurde die Frage untersucht, ob LPA zu einem gesteigerten epithelialen Zelltod führt. Hierbei wurden Lungen von WT-Tieren und LPA1-KO-Mäusen nach intratrachealer Bleomycininjektion miteinander verglichen. Die frühe Apoptosephase stellte sich dabei bei den LPA1-KO-Tieren deutlich abgeschwächt dar und lässt vermuten, dass LPA über LPA1 in vivo einen epithelialen Zelltod veranlasst. Fibroblasten und M y o fi b r o b l a s t e n s c h e i n e n z u d e m e x t r e m r e s i s t e n t g e g e n ü b e r Apoptoseinduktion bei IPF zu sein (Chang et al., 2010).

Die Mechanismen, die zu einer Bleomycin-induzierten Lungenfibrose führen, scheinen somit zum einen die epitheliale Zellapoptose und zum anderen die

gleichermaßen bestehende Fibroblastenresistenz gegenüber Apoptose in der Lunge - vermittelt über die LPA-LPA1-Signalkaskade - zu sein. So kommt es zur paradoxen Apoptose-Abnormität bei idiopathischer Lungenfibrose (Thannickal et al., 2006). In der LPA1-KO-Maus ist die frühe Phase der Alveolar- und Bronchialepithelapoptose abgeschwächt. Somit ist zu vermuten, dass LPA über LPA1 eine Apoptose im Lungenepithel nach Trauma verursacht. Beim WT können erhöhte LPA-Konzentrationen drei Tage nach Bleomycininjektion in der bronchoalveolären Flüssigkeit nachgewiesen werden.

Die Studie von Tager et al. (2008) zeigte auf, dass LPA durch Fibroblastenrekruitment und vaskulärer Leckage zur Entwicklung einer Lungenfibrose nach Trauma beiträgt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass LPA nach Injektion von Bleomycin einen wichtigen Mediator für ein profibrotisches Milieu darstellt. Sie veranlasst Fibroblastenrekruitment und Gefäßundichtigkeit im Mausmodell. Des Weiteren vermittelt sie eine Induktion von Fibroblasteneinwanderung bei Patienten mit IPF und ist ein wichtiger Regulator beim Überleben oder bei Apoptose verschiedener Zelltypen. Über den LPA1-Rezeptor vermittelt LPA die Apoptose von menschlichen Bronchialepithelzellen. Außerdem wird der programmierte Zelltod durch Lösung von adhärenten Zellen aus ihrer Verankerung veranlasst und die Resistenz der Lungenfibroblasten gegenüber Apoptose gefördert. Somit reguliert möglicherweise dieser Signalweg die Entwicklung einer pulmonalen Fibrose nach Lungenverletzung. Die IPF ist gekennzeichnet durch einen gesteigerten epithelialen Zelltod, kombiniert mit einer gesteigerten Resistenz der Fibroblasten gegenüber Apoptose. Bei Patienten mit IPF ist darüber hinaus LPA in der bronchoalveolären Lavage erhöht und eine LPA1-Inhibition reduziert die Fibroblastenaktivität. Der LPA-LPA1-Signalweg ist möglicherweise die molekulare Ursache für die genannten Mechanismen, denn es wird epithelialer Zelltod über LPA begünstigt, aber Fibroblasten zeigen sich gegenüber dieser Apoptose resistent, was möglicherweise für die Lungenfibrose nach pulmonaler Verletzung verantwortlich ist. Dieser Signalweg mag somit als therapeutischer Ansatz- oder Zielpunkt bei fibrosierenden Lungenerkrankungen wie IPF dienen. Ein

therapeutisches Target wäre dabei der LPA1-Rezeptor. Prinzipiell wird aktuell diskutiert, dass Programme, welche in der Lungenentwicklung von Bedeutung sind, im Rahmen der Entwicklung der Lungenfibrose aktiviert werden (Selman et al., 2008). Ein prominentes Beispiel ist der Wnt/ß-Catenin (siehe Abkürzungsverzeichnis)- aber auch der bereits diskutierte TGF-ß/Smad-3-Pfad.

Inwieweit dieses auch für LPA-LPA1 zutrifft, ist aktuell unklar.