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Design-basierte Stereologie mit geometrischen Parametern und

2. Literaturübersicht - Stereologie

2.4. Design-basierte Stereologie mit geometrischen Parametern und

Anhand von zweidimensionalen Schnitten ist es möglich, globale Parameter eines zu untersuchenden Organs zu berechnen. Dreidimensionale (3D) Parameter eines Organs sind Volumen oder Größe, wohingegen die Oberfläche zweidimensional (2D), die Länge oder Dicke einer Struktur eindimensional (1D) und die Anzahl ausgewählter Strukturen nulldimensional (0D) sind (Ochs, 2006;

Weibel et al., 2007; Cruz-Orive et al., 1990). Somit kann mit Hilfe von Testpunkten (0D) das Volumen (3D) eines Körpers ermittelt werden, mit Testlinien (1D) die Oberfläche (2D), mit Testfeldern (2D) die Länge (1D) und mittels des bereits gewonnenen Testvolumens (3D) die Zahl (0D) des Körpers bzw. seiner einzelnen Strukturen.

In der Stereologie werden bestimmte Volumina, Oberflächen, Längen oder die Anzahl von Strukturen quantifiziert. Auf zweidimensionalen Schnitten geht stets eine Dimension der Strukturen verloren, das heißt, aus einem Volumen wird eine Fläche, aus einer Oberfläche eine Linie und aus einer Länge ein Punkt.

Die Anzahl einer Struktur spiegelt sich auf einem zweidimensionalen Schnitt nicht wider und ist somit an Schnitten nicht zu ermitteln - hierfür bedarf es eines Testvolumens. Projiziert man zufällig einen Testpunkt auf den Schnitt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Punkt auf eine Struktur fällt, direkt proportional zur Fläche, welche diese Struktur auf dem Schnitt einnimmt und somit proportional zur Volumendichte der Struktur innerhalb des Organs. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Testlinie einen Schnittpunkt mit einer durch eine Oberfläche erzeugten Linie generiert, ist direkt proportional zur Länge der Testlinie und zur Volumendichte innerhalb des Organs. Die Identifikation solcher Zählereignisse erfolgt durch Punkte, die auf ausgewählte Strukturen fallen, durch Linien, welche Schnittpunkte mit wechselnden Geweben darstellen, oder durch Gitter, welche bestimmte Strukturen mittels Rahmen eingrenzen (Mayhew, 1991). Besondere Bedeutung kommt dem

Referenzvolumen zu, weil damit ein Absolutwert wie das Gesamtvolumen eines Organs festgelegt werden kann. Es bietet die Grundlage aller weiteren Berechnungen und kann mittels Flüssigkeitsverdrängung (Scherle, 1970) oder mittels der Cavalieri Methode (Gundersen et al., 1987, Ochs et al., 2004; Michel et al., 1988) bestimmt werden.

Bei der Flüssigkeitsverdrängung gemäß der Scherle-Methode werden alle Strukturen, die nicht zum Referenzvolumen gehören wie z.B. extrapulmonale Luftwege, Flüssigkeit, extrapulmonale Gefäße und Ösophagus, entfernt und die extrapulmonalen Luftwege ligiert. Die so präparierte Lunge wird in ein Becherglas mit Wasser getaucht mit Hilfe einer Hebelbühne, wobei das Becherglas nicht berührt werden darf. Die Gewichtsänderung zwischen Becherglas, Wasser, Hebelbühne und Becherglas, Wasser, Hebelbühne, Lunge wird notiert und das Volumen berechnet, indem das gemessene Gewicht durch die Wasserdichte geteilt wird (Scherle, 1970; Mühlfeld et al., 2013). Die genannte Methode erfordert eine vorsichtige Präparation des Organs.

Verbliebene Substanzen wie Fixationsflüssigkeit an der Lungenoberfläche oder Strukturen wie extrapulmonales Gewebe können zu falsch hohen Messwerten führen. Falsch niedrige Messwerte entstehen durch Eindringen von Flüssigkeit in innere Hohlräume, z.B. über die Luftwege der Lunge. Außerdem können im Gegensatz zur Cavalieri-Methode keine Subkompartimente bestimmt werden (Tschanz et al., 2014).

Bei der Volumenberechnung gemäß der Cavalieri-Methode erfolgt das Schneiden des Gewebes in gleich große Stücke, wobei die Schneiderichtung frei bestimmt werden kann, und die Orientierung und Position der ersten Schnittebene zufällig ausgewählt wird. Danach wird in größenkonstanten Intervallen systematisch fortgefahren. Auf die einzelnen Stücke wird nun eine Folie mit einem Punktegitter gelegt, um das Volumen zu bestimmen. Gezählt werden die Punkte, die auf die Schnittfläche des auszuwertenden Gewebes fallen. Ein Punkt, der nicht auf dem betreffenden Gewebe zu liegen kommt, wird nicht gezählt. Anschließend werden alle Punkte der einzelnen Flächen summiert und mit dem Intervallabstand zwischen den Flächen sowie der Fläche pro Punkt, definiert als das Produkt der Abstände zu den benachbarten

Punkten, multipliziert (Gundersen et al., 1987; Howard et al., 2005). Diese Methode ist geeignet für Lungen, die ähnlich groß wie die einer Nagetierlunge sind. Bei kleineren Lungen wie die von neonatalen Mäusen sollte eine andere Messmethode zur Anwendung kommen (s.u.) (Mühlfeld et al., 2013). Denn die Cavalieri-Methode fordert eine hohe technische Fertigkeit an die Präparation.

Um „unbiased“ Ergebnisse zu erzielen, werden konstante Schnittdicken von Gewebescheiben benötigt, wobei Form und Größe der Gewebescheiben variieren können. Allerdings ist abhängig vom Charakter des Organs das Erstellen von konstant dicken Scheiben schwierig. Insbesondere die sichere Identifikation der Gewebeschnittflächen in kleinen Organen stellt sich kompliziert dar, was zu Verzerrungen durch Überprojektionen führen kann (Tschanz et al., 2014).

Nachdem die Volumenberechnung eines Organs wie der Lunge mittels oben aufgeführter Methoden stattgefunden hat, können verschiedene Parameter auf lichtmikroskopischer Ebene differenziert werden. Die Unterscheidung zwischen Parenchym und Nicht-Parenchym erfolgt mit Punktezählverfahren. Im Anschluss können dann auch einzelne Komponenten des Parenchyms gezählt werden. Die Zahl von Komponenten eines Organs gibt Hinweise auf Entwicklung und Funktion desselben. Um eine Komponentenzahl stereologisch anhand von zweidimensionalen Gewebeschnitten zu ermitteln, wird zwischen der Absolutzahl des zweidimensionalen Profils der Flächeneinheit (NA) und der wahren Zahl des dreidimensionalen Objektes per Volumenunit des Gewebes (NV) unterschieden. Sterio etabliert 1984 eine Methode, mit der die wahre Anzahl eines Objektes in einem begrenzten Volumen (NV) mit Hilfe einer virtuellen dreidimensionalen (3D) Probe quantifiziert werden kann, dem sog.

„Disector-Prinzip“. Hierzu werden zwei aneinander liegende Gewebeschnitte mit bekanntem Abstand zueinander benötigt, das sogenannte „Disector Paar“.

Der dreidimensionale Disector beinhaltet einen Zählrahmen („Counting Frame“) von definierter Größe, welche in die Berechnung des Volumens mit einfließt (Gundersen et al., 1988). Gezählt werden Veränderungen bzw. Komponenten auf dem Referenzschnitt, die auf dem Suchfeld nicht zu sehen sind. Dabei werden die beiden Schnitte bzw. Felder mittels spezieller Software virtuell übereinander gelegt, damit es sich um die exakt gleiche Stelle handelt. Der

Zählrahmen besteht aus roten und grünen Linien, wobei ein Zählereignis, welches über eine rote Linie tritt, nicht dokumentiert werden darf, wohingegen Zählereignisse, die die grüne Linie überschreiten, als positiv gewertet werden.

So ist es möglich, mit Hilfe des Physical Disectors Objekte korrekt zu zählen, ohne ihre Größe, Form oder Orientierung zu kennen.