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7. Nachhaltigkeitsmanagement in Finanzunternehmen

7.3. Organisation des Nachhaltigkeitsmanagements

7.3.2. Verantwortung des Vorstands für das Nachhaltigkeitsmanagement 159

Organisation des Nachhaltigkeitsmanagements

Aus diesen Beispielen jedoch einen Strategie-Struktur-Zusammenhang herzuleiten ist schwierig, da die Organisation von Zentralbereichen von verschiedenen Situationsvariablen wie Unternehmensgröße, Führungsphilosophie etc. abhängig ist (vgl. Kapitel 4.3). Auch die organisatorische Eingliederung des Nachhaltigkeitsmanagements in die Unternehmenszentrale als eigenständige oder einem Zentralbereich angeschlossene Abteilung wird demnach keine entscheidende Rolle für eine effektive organisatorische Ausgestaltung des Nachhaltigkeitsmanagements spielen. Die nachfolgenden Kapitel zeigen, dass hierfür insbesondere die personelle Besetzung der Nachhaltigkeitsmanagementbereiche, die Verantwortlichkeit des Top-Managements sowie die Integration des Nachhaltigkeitsmanagements in die Konzernzentrale und die Linienorganisation durch Ausschüsse von zentraler Bedeutung sind.

Tabelle 10: Führungskräfte, denen das CSM in den Finanzunternehmen unterstellt ist

Unternehmen Funktion

Globale Finanzunternehmen

ABN AMRO Member of Executive Board (Mitglied des Vorstandes) Allianz Group Vorstandsvorsitzender

Bank of America Head of Public Affairs (kein Mitglied des Vorstandes)

Citi Group Senior Vice President of Global Communication (kein Mitglied des Vorstandes)

Credit Swiss Group Chief Executive Officer (Vorstandsvorsitzender) Dresdner Bank Chief Risk Officer (Mitglied des Vorstandes)

Fleet Boston Financial Chief of Risk Review Department (kein Mitglied des Vorstandes) HVB Group Generalsekretär (kein Mitglied des Vorstandes)

ING Group Member of Executive Board (Mitglied des Vorstandes) Morgan Stanley Chief Operating Officer (Mitglied des Vorstandes)

Rabobank Chairmen of the Executive Committee (Vorstandsvorsitzender) Swiss Re Chief Risk Officer (Mitglied des Vorstandes)

Kleine Finanzunternehmen

Friends Provident Member of Executive Committee (Mitglied des Vorstandes) Sarasin Bank Mitglied des Vorstandes

Storebrand Member of the Executive Group Management (Mitglied des Vorstandes)

ZKB Mitglied des Vorstandes

Finanzunternehmen mit öffentlichem Auftrag

IFC Executive Vice President (Vorstandsvorsitzender) KfW Umwelt-Vorstand (Mitglied des Vorstandes)

In der Mehrzahl der Firmen ist das Nachhaltigkeitsmanagement in der Hierarchie hoch eingeordnet, denn von 18 untersuchten Unternehmen ist in fünf das CSM dem Vorstandsvorsitzenden und in neun einem Mitglied des Vorstandes unterstellt (Tabelle 10). In vier großen internationalen Finanzkonzernen berichten Nachhaltigkeitsmanager nicht direkt an ein Mitglied des Vorstandes. Dies sagt aber nicht viel darüber aus, wie direkt die Anbindung des CSM an die Leitungsspitze der Unternehmen wirklich ist. So untersteht bei der HVB Group das Nachhaltigkeitsteam dem Generalsekretär, der nicht dem Vorstand angehört, aber als „rechte Hand“ des Vorstandsvorsitzenden wichtige Zentralbereiche wie das Beteiligungsmanagement, Compliance, Geldwäsche, Firmenstrategie etc. leitet. Es ist jedoch zu erwähnen, dass in drei der vier untersuchten US-amerikanischen Konzernen - Bank of America, Citigroup und Fleet Boston Financial - die Mitarbeiter des Nachhaltigkeitsmanagements nicht direkt an den Vorstand berichten. Insbesondere in einem dieser Unternehmen wird bemängelt, dass keine Verbindung zum Vorstand besteht und eine Unterstützung von dort nicht wahrgenommen wird: „We do not know if they [the members of the board] are committed. We cannot assess where the board is, as there is no interaction”

(Interview A1).

Organisation des Nachhaltigkeitsmanagements

23%

5%

5%

12%

29%

26%

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%

Sonstige Kommunikation / Öffentlichkeitsarbeit Strategie und Innovation Exekutivausschuss Mitglied des Vorstandes Vorstandsvorsitzender

NM (n=129)

Abbildung 33: Führungskräfte oder Zentralbereiche, an die Nachhaltigkeitsmanager berichten

Die CSM-Mitarbeiter der durch Interviews untersuchten Banken und Versicherungen berichten häufiger direkt an ein Vorstandsmitglied als die Nachhaltigkeitsmanager anderer Branchen. Werden nur die großen Finanzunternehmen betrachtet, so ist dort das Nachhaltigkeitsmanagement überdurchschnittlich oft einem Mitglied des Vorstandes unterstellt - in acht von zwölf Unternehmen (Tabelle 10) - wie ein Vergleich mit den Fragebogenergebnissen zeigt. Die Umfrage unter den Nachhaltigkeitsmanagern verschiedener Branchen ergibt, dass diese zu über 67 Prozent Mitgliedern des Vorstandes berichten (siehe Abbildung 33) - hiervon 26 Prozent an den Vorstandsvorsitzenden, 29 Prozent an ein Vorstandsmitglied und zwölf Prozent an einen Exekutivausschuss des Vorstandes. Jeweils fünf Prozent berichten an Strategie / Innovation sowie an den Bereich Kommunikation / Öffentlichkeitsarbeit und 23 Prozent an einen anderen Bereich. Die Einschätzungen der insgesamt acht Nachhaltigkeitsmanager aus Finanzunternehmen (die in den NM-Daten schon berücksichtigt wurden) weichen in ihrem Trend von diesem Ergebnis nicht ab. Vier der Befragten berichten an ein Mitglied des Vorstandes, zwei direkt an den Vorstandsvorsitzenden und nur zwei sind einem Manager unterstellt, der nicht dem Vorstand angehört.

7.3.3. Integration des Nachhaltigkeitsmanagements in Aktivitäten und Abläufe des Unternehmens

Das Nachhaltigkeitsmanagement besitzt keine Entscheidungsmacht gegenüber den Geschäftsbereichen und hat in der Regel nur wenige Mitarbeiter (vgl. Kapitel 7.3.4). Die Integration der CSM-Abteilungen in die Aktivitäten und Abläufe des Unternehmens wird

daher als essenziell für dessen Effektivität angesehen. Ein Unternehmensberater hob daher hervor: „Das Hauptproblem der Sustainability-Units ist, dass sie zu wenig von unten und oben im Business bzw. in der Strategie integriert sind“ (Interview D1). Zudem besteht bei den internen Aufgaben des Nachhaltigkeitsmanagements ein Konfliktpotenzial zwischen CSM und den Linienmitarbeitern, wie die Interviews zeigen. Ein Linienmanager im Corporate Banking sagte beispielsweise, dass er es sich nicht vorstellen könne, dass die Nachhaltigkeitsmitarbeiter seines Unternehmens die Schlüsselfaktoren des Kreditgeschäftes kennen. Dadurch sei eine Auseinandersetzung über die Nachhaltigkeits-Issues des Geschäftsbereiches schwierig: „The sustainability officer covers another working field. If he comes with an unreasonable request I will tell him. In the end there is always the higher management level to complain” (Interview A24).

In den meisten der untersuchten Unternehmen wird deshalb durch organisatorische Maßnahmen wie Komitees und Ausschüsse versucht, die CSM-Zentralbereiche in die Ablauforganisation der Unternehmenszentrale und der Linienorganisation einzubinden, um sie so in ihrer Arbeit zu unterstützen. Es handelt sich um überwiegend fest installierte Ausschüsse, in denen Strategien sowie Maßnahmen zu ihrer Umsetzung entwickelt und abgestimmt werden. In einigen der Unternehmen existieren keine derartigen Komitees, sondern es bestehen nur temporäre Arbeitsgruppen, die sich mit speziellen Themen wie Klimawandel oder Energieeinsparmaßnahmen auseinander setzen. Die Gruppen werden nach dem Auslaufen der Projekte aufgelöst und setzen sich nicht explizit mit den Nachhaltigkeitsstrategien und ihrer Umsetzung im Konzern auseinander.

Die Ausgestaltung der Komitees und Ausschüsse, die der Integration des Nachhaltigkeitsmanagements dienen, ist unterschiedlich:

Allianz Group: Die Verantwortung für die Nachhaltigkeitsstrategie und deren Ausrichtung obliegt dem internationalen „Strategie-Team”, dem Vertreter des Managements aus Unternehmensteilen angehören, die den Konzern bilden. Das achtköpfige Team trifft sich zweimal im Jahr, um sich über die Umsetzung der CSM-Strategie zu verständigen und unternehmensspezifische Fragen zu Nachhaltigkeits-Issues zu diskutieren. Unterstützt wird das Strategie-Team von der „Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit”. Ihr gehören Vertreter aus allen wichtigen Gesellschaften (Versicherung, Vermögensberatung und Bank) der Allianz Group an, die in den Bereichen Kommunikation, Risikomanagement und Umweltschutz arbeiten. Sie treffen sich mehrmals im Jahr und erarbeiten Vorschläge für die Strategieentwicklung und informieren das Strategie-Team über Schwachstellen und mögliche Business Cases (vgl. Allianz 2004b).

HVB Group: Die Münchner Bank hat ein „Erweitertes Nachhaltigkeits-Team“, dem Bereichsleiter und -vorstände aus allen relevanten Geschäftsfeldern angehören. Die Aufgabe des Teams ist es, Arbeitsprogramme anhand der Nachhaltigkeitsziele der einzelnen Bereiche aufzustellen und in den einzelnen Geschäftsfeldern der Bank als

„Multiplikatoren“ Meinungsbildung zu betreiben, um somit Rückhalt für das CSM zu

Organisation des Nachhaltigkeitsmanagements

schaffen. Dem Nachhaltigkeits-Team sind verschiedene Arbeitskreise („Strategie und Kommunikation“, „Nachhaltige Bankprodukte / Kredit- und Immobilienbereich“,

„Nachhaltige Bankprodukte / Asset Management“ etc.) unterstellt, deren Aktivitäten das Team koordiniert und vierteljährlich die Fortschritte kontrolliert (vgl. HVB 2002, S. 18f).

Swiss Re: Die Divisionsleitungen, die die einzelnen Geschäftsbereiche führen, ernennen jeweils einen verantwortlichen Manager, der die Division im „Lenkungsausschuss Nachhaltigkeit“ vertritt, dem obersten CSM-Aufsichtsgremium auf Gruppenebene.

Aufgabe des Lenkungsausschusses ist es, die Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns festzulegen und für die einzelnen Bereiche auszuarbeiten. Für die Umsetzung sind Projektteams der Geschäftsbereiche und der Unternehmenszentrale zuständig, die von den verantwortlichen Managern und den CSM-Mitarbeitern unterstützt und koordiniert werden (vgl. Swiss-Re 2003, S. 5).

Friends Provident: Bei dem britischen Versicherer ist ein „steering committee”

verantwortlich für die Strategie des Nachhaltigkeitsmanagements. Dem Komitee gehören ein Vorstandsmitglied, der Verantwortliche des Risikomanagements, der Personalchef, der Direktor des Gebäudemanagements, der Leiter des SRI-Investmentbereichs sowie der Nachhaltigkeitsmanager an, der die Treffen vorbereitet. Das Komitee trifft sich vierteljährlich, um strategische und operative Themen zu diskutieren und Entscheidungen herbeizuführen.

Den Beispielen ist zu entnehmen, dass die großen Konzerne Allianz Group, HVB Group und Swiss Re zweigliedrige Strukturen mit einem Strategie-Team und nachgeordneten Komitees aufgebaut haben, die für die Vorbereitung der Strategiethemen und die Umsetzung der Maßnahmen verantwortlich zeichnen. Hierdurch soll eine Integration des CSM von oben („Top Down“) und von unten („Bottom Up“) gewährleistet werden. Das kleinere Versicherungsunternehmen Friends Provident hingegen hat nur ein Steuerungskomitee, das sowohl Strategien erarbeitet als auch deren Umsetzung vorantreibt. Diese Struktur wird als angemessen erachtet, da das Nachhaltigkeitsmanagement wegen der Überschaubarkeit des Unternehmens in engem Kontakt mit den Geschäftsbereichen steht und somit Maßnahmen einfacher als bei großen Konzernen koordiniert werden können.

Die Fragebogenerhebung ergibt, dass Koordinationskomitees, die der Diskussion und Unterstützung strategischer CSM-Entscheidungen dienen, der Mehrheit des Managements nicht bekannt sind. Nur 26 Prozent der Manager aus Finanzinstituten (GM-Finanz) nehmen die Komitees wahr. In der Automobil-, Luftverkehr- und Technologiebranche sind diese Werte noch niedriger. In der Chemie- und Energieindustrie sind die Manager dagegen mit jeweils 40 Prozent über das Vorhandensein von Komitees informiert. Im Vergleich hierzu gaben 56 Prozent der Nachhaltigkeitsmanager (NM) an, dass strategische Koordinationsausschüsse in ihrem Unternehmen vorliegen. Dieser deutlich höhere Prozentsatz ist dadurch zu erklären, dass die Nachhaltigkeitsmanager Mitglieder der Komitees

sind oder aber eng mit diesen zusammenarbeiten und daher - im Gegensatz zu einer Reihe von Managern - über deren Existenz informiert sind.

26%

24%

31%

38%

40%

40%

23%

25%

56%

31%

26%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

GM-Sonstige (n=150) GM-Technologie (n=159) GM-Pharma (n=55) GM-Nahrungsmittel (n=110) GM-Energie (n=166) GM-Chemie (n=58) GM-Luftfahrt (n=71) GM-Automobil (n=65) NM (n=129) GM-Andere (n=834) GM-Finanz (n=77)

Abbildung 34: Wahrnehmung der Existenz von Koordinationskomitees auf Konzernebene, die strategische CSM-Entscheidungen diskutieren und unterstützen

Neben expliziten organisatorischen Strukturen ist auch die Bedeutung informeller Netzwerke hervorzuheben. Eine Voraussetzung für die Implementierung von Maßnahmen in der Organisation ist, so betonte ein Nachhaltigkeitsmanager, dass „Mitstreiter” im Unternehmen gefunden werden (Interview A9), vor allem in den Bereichen, die den Nachhaltigkeitsthemen des CSM durch ihr Aufgabenfeld nahestehen und dadurch ihnen gegenüber aufgeschlossener sind. Dies sind insbesondere das Projektfinanzierungs-, Immobilienkredit- und Umwelthaftpflichtversicherungsgeschäft, die SRI-Investmentabteilungen sowie die Bereiche Personal und Kommunikation. In allen untersuchten Finanzunternehmen bestätigen die Nachhaltigkeitsmanager, dass enge Verbindungen insbesondere zu Mitarbeitern der Kommunikations- und Personalabteilungen bestehen und diese das CSM stark unterstützen.

Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass das Nachhaltigkeitsmanagement bei Fortbildungsmaßnahmen mit dem Personalwesen eng zusammenarbeitet und dass das Personalwesen auch eine entscheidende Rolle bei der Kommunikation unternehmensinterner sozialer Themen in den Nachhaltigkeitsberichten übernimmt: „Corporate communications and human resources understand the need that our bank has to communicate with stakeholders. They know that we have to develop a report” (Interview A2). Dagegen bestehen kaum informelle Kontakte zu Strategie- oder Finanzabteilungen der Unternehmen. Das bestätigt ebenfalls die schon geäußerte Feststellung, dass keine Einbindung des

Organisation des Nachhaltigkeitsmanagements

Nachhaltigkeitsmanagements in das strategische Management der Finanzunternehmen vorliegt.