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7. Nachhaltigkeitsmanagement in Finanzunternehmen

7.4. Nutzen des Nachhaltigkeitsmanagements und Durchsetzungsbarrieren

7.4.2. Durchsetzungsbarrieren

Nutzen des Nachhaltigkeitsmanagements und Durchsetzungsbarrieren

are judged by customers, suppliers and the world at large is a useful discipline” (Economist 2005b, S. 10).

6%

30%

34%

23%

27%

70%

2%

34%

23%

5%

50%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

Sonstige Zunehmender Wettbewerb bei ökol. und soz. Issues Neue geschäftliche Chancen

Prozess- und Produktinnovationen Dialog mit Anspruchsgruppen Top-Management-Unterstützung Autonomie des Nachhaltigkeitsmanagements

Unternehmenswerte / -kultur Ansprüche von individuellen und institutionellen Investoren

Offene Unternehmenskultur Öffentlicher Druck

NM (n=128)

Abbildung 37: Faktoren, die nach Ansicht von Nachhaltigkeitsmanagern nachhaltige Maßnahmen in Unternehmen unterstützen (drei mögliche Nennungen)

Die Unterstützung durch das Top-Management war mit 70 Prozent der Nennungen bei dem Fragebogen der Faktor, der nach Meinung der Nachhaltigkeitsmanager am stärksten die Nachhaltigkeitsmaßnahmen in Unternehmen unterstützt (Abbildung 37). An zweiter Stelle (50 Prozent) liegt die Auffassung, dass interne Aktivitäten vor allem durch öffentlichen Druck gefördert werden. Deutlich seltener werden die Faktoren wie Unternehmenswerte bzw.

-kultur, neue geschäftliche Chancen sowie zunehmender Wettbewerb bei ökologischen und sozialen Issues genannt. Auch bei der gesonderten Betrachtung der Nennungen der acht Nachhaltigkeitsmanager aus Finanzunternehmen findet sich der gleiche Trend. Mit großem Abstand nehmen die Nachhaltigkeitsmanager öffentlichen Druck (sieben Nennungen), Geschäftschancen (sechs Nennungen) sowie Top-Management-Unterstützung (fünf Nennungen) als maßgebende Umstände zur Unterstützung des CSM wahr.

Eine inhaltliche Überschneidung liegt bei den Faktoren der Top-Management-Unterstützung sowie der Unternehmenswerte bzw. -kultur vor. Denn die Unternehmenskultur wird durch das Top-Management und dessen Handeln geprägt und das Top-Management wiederum durch die

Nutzen des Nachhaltigkeitsmanagements und Durchsetzungsbarrieren

Unternehmenskultur (vgl. Kapitel 4.2.6). Auch die Interviewpartner sehen daher die Unternehmenskultur als einen essenziellen Faktor an:

„If the culture is not receptive it will not happen. … Sustainability needs to be leveraged by the culture” (Interview E1).

„Wir haben als Versicherer einen leichten Zugang zu dem Thema Nachhaltigkeit, da man es gewohnt ist, mit Risiken umzugehen. Die Kultur des Unternehmens ist Neuem gegenüber relativ aufgeschlossen und man ist flexibel. Risiken, vor allem im Bereich Umwelt, sind uns sehr vertraut. Wir müssen mit den Risiken umgehen - von daher leben wir in einer Kultur bzw. Risikolandschaft und dass diese Art von Risiken in unser Umfeld mit eingeschlossen sind” (Interview A30).

Auch bei der Frage, welches die größten Barrieren für ökologische und soziale Initiativen im Unternehmen sind, benennen die Führungskräfte aus Finanzunternehmen (GM-Finanz) als das wichtigste Hindernis mit 53 Prozent die ablehnende Haltung von Managern und an zweiter Stelle die Unternehmenskultur mit 43 Prozent (Abbildung 38). Diese beiden Faktoren schätzen die Nachhaltigkeitsmanager (NM) und die anderen Manager (GM-Andere) ebenfalls als die maßgeblichen Barrieren für ökologische und soziale Maßnahmen ein. Weiterhin wird von den Befragten mangelndes Interesse von Kunden als ein weiteres wesentliches Hindernis angesehen. Deutlich seltener werden genannt:

das Fehlen von Managementwerkzeugen und -prozessen

Wissens- und Erfahrungsdefizite bei Managern

Widerstand oder fehlendes Interesse der Investoren

gesetzliche Vorgaben

Einen auffälligen Wahrnehmungsunterschied zwischen Managern und Nachhaltigkeitsmitarbeitern gibt es jedoch bei den Barrieren „Fehlen von Managementwerkzeugen und -prozessen“ und „Wissens- und Erfahrungsdefizite des Managements“. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Führungskräfte stärker als die Nachhaltigkeitsexperten der Unternehmen davon überzeugt sind, dass die vorhandenen Managementwerkzeuge und -prozesse sowie das bestehende Know-how ausreichen und kein Hindernis für ökologische und soziale Maßnahmen im Finanzgeschäft darstellen.

42%

45%

58%

31%

46%

22%

20%

40%

25%

53%

15%

43%

10%

23%

30%

26%

38%

16%

38%

14%

36%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

Fehlende Managementwerkzeuge und -prozesse Mangelndes Interesse von Kunden Wissens- und Erfahrungsdefizite des Managements Ablehnende Haltung des Managements Widerstand / fehlendes Interesse von Investoren Unternehmenskultur Gesetzliche Vorgaben

GM-Andere (n=474) GM-Finanz (n=40) NM (n=129)

Abbildung 38: Barrieren für ökologische und soziale Initiativen in Unternehmen (bei unbegrenzten Mehrfachnennungen)

Um die Einstellung von Managern gegenüber Nachhaltigkeit bewerten zu können und eine Aussage darüber zu erhalten, ob eine positive oder negative Einstellung deren Wahrnehmung und Handeln in Bezug auf ökologische und soziale Issues beeinflussen kann, wurden die Probanden in der Fragebogenerhebung mit vier verschiedenen Aussagen konfrontiert und mussten ihre Übereinstimmung hiermit bewerten. Während das erste „Statement“ Milton Friedmans oft zitierte Worte „The Business of Business is doing Business“ aufgreift und eine ablehnende Einschätzung gegenüber Nachhaltigkeitsthemen und -aktivitäten formuliert, zeichnen die folgenden drei Aussagen ein jeweils positiveres Bild. So sollen ökologische und soziale Initiativen verfolgt werden, weil sich Nachhaltigkeit in einzelnen Win-win-Situationen auszahlt (Aussage 2), langfristig zu kompetitiven Vorteilen führt (Aussage 3) oder auch ohne ökonomischen Vorteil Unternehmen wegen ihrer gesellschaftlichen Rolle eine moralische Verpflichtung haben (Aussage 4):

Aussage 1: „The business of business is business. So companies should comply with the law, but going beyond the law would only sacrifice profits."

Aussage 2: „Profit always comes first for companies. There are win-win situations in which companies can achieve financial, environmental and social goals at the same time.

In these situations, it makes sense for companies to go beyond what the law requires.”

Nutzen des Nachhaltigkeitsmanagements und Durchsetzungsbarrieren

Aussage 3: „Companies should consider social and environmental issues/expectations, and try to actively integrate them into their strategies because, by doing so, they gain long-term competitive advantage.”

Aussage 4: „As part of their role in the „global society,” companies should engage in social and environmental initiatives, even if long-term competitive advantage cannot be proven.”

Die Ergebnisse zeigen, dass im Mittel (M = 2.15; SD = 1.16) nur wenige Finanzmanager der ersten Aussage zustimmen, dass Firmen nur soweit mit Nachhaltigkeitsaktivitäten gehen sollten, wie es das Gesetz vorschreibt (Abbildung 39). Die Mittelwerte der Zustimmung zu den anderen Statements, die eine proaktivere Haltung widerspiegeln, sind deutlich höher. So hat Aussage 2 einen Mittelwert von M = 3.23 (SD = 1.37), Aussage 3 von M = 3.96 (SD = .92) und Aussage 4 von M = 3.48 (SD = .97). Eine signifikante Abweichung der Mittelwerte zwischen Führungskräften aus der Finanzindustrie und denen aus anderen Branchen liegt nicht vor.

3,96 3,23

2,15

3,46

4,11 3,42

1,95

3,48

0 1 2 3 4 5

Aussage 4: „Part of their role in global society"

Aussage 3:· „Long-term competitive advantage"

Aussage 2: „Single Win-win situations"

Aussage 1: „Business of business is business"

GM-Andere (n=852) GM-Finanz (n=80)

Abbildung 39: Mittelwerte der Zustimmung von Managern zu verschiedenen Aussagen über Nachhaltigkeitsthemen und -aktivitäten

Mit Hilfe der Faktorenanalyse können die zuvor dargestellten Variablen der Zustimmung zu einzelnen Statements auf relevante Faktoren reduziert werden. Hierzu wurde eine Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation durchgeführt. Analysiert man den Screeplot der Finanzmanager (GM-Finanz) zeigt sich ein dominanter erster Eigenwert und dann ein Knick in der Eigenwertkurve (siehe Abbildung 40). Hiernach läuft die Kurve relativ flach aus.

Die ersten zwei Komponenten besitzen einen Eigenwert größer eins und klären insgesamt 74 Prozent der Varianz auf (Erklärte Varianz 1 = 47 Prozent, Erklärte Varianz 2 = 27 Prozent).

Somit legen der Scree-Test und das Kaiser-Guttmann-Kriterium eine zweifaktorielle Lösung

nahe. Auf dem ersten Faktor (F1) besitzen die letzten beiden Fragen ihre höchste Ladung (vgl.

Tabelle 11). Dieser Faktor bildet daher eine „positive Einstellung“ gegenüber Nachhaltigkeitsthemen und -aktivitäten ab. Auf den zweiten Faktor (F2) laden die beiden ersten Fragen am stärksten, der daher eine „zurückhaltende Einstellung“ widerspiegelt. Ein vergleichbares Ladungsmuster - mit einer 2-Hauptkomponentenlösung - ergibt sich auch für die Aussagen der Manager aus anderen Branchen (GM-Andere) wie Abbildung 40 und Tabelle 11 zeigen.

0 0,5 1 1,5 2

1 2 3 4

Faktornummer

Eigenwert

GM-Andere GM-Finanz

Abbildung 40: Grafische Darstellung des Eigenwertverlaufes (Scree Plot)

Tabelle 11: 2-Hauptkomponentenlösung der Varimax-Rotation

GM-Finanz GM-Andere

Aussagen

F1 F2 F1 F2

Aussage 1: „Business of business is business“ -.62 .54 -.58 .43

Aussage 2: „Single Win-win situations“ .23 .87 .14 .90

Aussage 3: „Long-term competitive adavantage“ .84 .10 .83 .11 Aussage 4: „Part of their role in global society“ .86 .17 .74 .12

Die Reduzierung der Variablen in zwei Faktoren erlaubt es nun, den Zusammenhang zwischen diesen und Fragebogenangaben zu untersuchen, die eine Aussage über die Wahrnehmung und das Verhalten der Führungskräfte zulassen. Die Korrelationsanalyse18 zeigt, dass bei Finanzmanagern und anderen Führungskräften ein signifikanter Zusammenhang zwischen F1 („positive Einstellung”) und der Beurteilung darüber besteht, in wie weit das Unternehmen mit dem Konzept der Nachhaltigkeit vertraut ist (GM-Finanz: r =

Nutzen des Nachhaltigkeitsmanagements und Durchsetzungsbarrieren

.51, p = .00; GM-Andere: r = .29, p = .00). Zudem besteht eine signifikante positive Korrelation zwischen F1 und der wahrgenommenen Integration von Nachhaltigkeits-Issues in Geschäftsprozesse und -vorgänge (GM-Finanz: r = .40, p = .00; GM-Andere: r = .35, p = .00).

Außerdem ist festzuhalten, dass bei Managern aus Nicht-Finanzunternehmen auch ein schwacher, aber signifikant positiver Zusammenhang zwischen F1 und der Einschätzung der weiteren Entwicklung des Konzeptes der Nachhaltigkeit im jeweiligen Unternehmen besteht (GM-Andere: r = .24, p = .00). Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse ist davon auszugehen, dass ein Zusammenhang zwischen der Einstellung gegenüber Nachhaltigkeit und der Wahrnehmung besteht und bei einer postiven Haltung die Bedeutung von Nachhaltigkeitsansätzen und von Integrationsmaßnahmen höher eingeschätzt wird.

Ergibt sich auch ein Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Einstellungen und dem Verhalten von Führungskräften? Es liegt bei den Finanzmanagern keine signifikante Korrelation des Faktors F1 mit der Häufigkeit der Zusammenarbeit mit Nachhaltigkeitsverantwortlichen vor, so wie dies bei Managern aus anderen Branchen der Fall ist (GM-Andere: r = .18, p = .00) - wenngleich zu beachten ist, dass die Zusammenhangsstärke mit r = .18 sehr gering ist. Jedoch zeigt sich ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen F1 und der Aussage, dass eine intensivere Zusammenarbeit mit Nachhaltigkeitsmanagern zu ökologischeren und sozialeren Geschäftsvorgängen führen würde (GM-Finanz: r = .33, p = .00; GM-Andere: r = .26, p = .00). Zudem ist auch F2 im Falle der Finanzmanager negativ mit dieser Frage korreliert (GM-Finanz: r = -.28, p = .01).

Führungskräfte aus Banken und Versicherungen mit einer „zurückhaltenden Einstellung gegenüber Nachhaltigkeit" gehen somit davon aus, dass eine Zusammenarbeit mit Nachhaltigkeitsverantwortlichen ihrer Unternehmen nur bedingt zu ökologischeren oder sozialeren Geschäftsprozessen führt. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass Manager mit einer positiveren Einstellung gegenüber Nachhaltigkeitsthemen eher die Zusammenarbeit mit Nachhaltigkeitsmitarbeitern suchen und die Umsetzung konkreter Aktivitäten unterstützen.

Auf die Unterstützung durch den Vorstand ihrer Unternehmen können sich einige der Nachhaltigkeitsmanager verlassen - wie die Interviews zeigen - und haben daher den nötigen Rückhalt, um weitreichende interne und externe Initiativen durchzuführen: „Our chief executive officer has a strong believe in Corporate Social Responsibility, so I do not have to come forward with a real business case” (Interview B5). Andere Nachhaltigkeitsmanager müssen sich hingegen stark um die Aufmerksamkeit und Unterstützung des Top-Managements bemühen, um Maßnahmen durchführen zu können: „We do not know if they [the members of the board] are committed. We cannot assess where the board is, as there is no interaction” (Interview A1). Dennoch kann sich das CSM nicht allein auf den Rückhalt durch den Vorstand verlassen, denn mit einem neuen Vorstand kann sich zwar nicht die

18 Die Korrelationstabellen sind in den Abschnitten XI und XII im Anhang dokumentiert.

Unternehmenskultur grundlegend ändern, doch die Prioritäten können sich signifikant verschieben. Ein Linienmanager merkte in diesem Zusammenhang an: „Alles andere ist wichtiger und das Thema [Nachhaltigkeitsmanagement] wird völlig ausgebremst und selbst wenn ein Teilerfolg möglich war, wird er retrospektiv wieder eliminiert. Das heißt, ein Vorstand sagt ‚ja’, kommt ein anderer Vorstand ‚nein, gibt es nicht’ und dann ist es wieder weg“ (Interview A8).