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7. Nachhaltigkeitsmanagement in Finanzunternehmen

7.1. Externe Aufgaben des Nachhaltigkeitsmanagements

7.1.3. Kommunikation: Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichterstattung

In allen der interviewten Finanzkonzerne, die Umwelt- oder Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen, ist das CSM dafür verantwortlich oder zumindest dann stark eingebunden.

Mehrheitlich tendieren die untersuchten Unternehmen zu kombinierten Umwelt- und Sozialberichten, so haben 13 der 18 interviewten Firmen einen derartigen Nachhaltigkeits-,

Corporate-Social-Responsibility- oder Global-Citizenship-Bericht (Tabelle 6).14 Vier der Unternehmen geben einen Umweltbericht heraus. Von den amerikanischen Unternehmen erstellt nur die Citibank einen Nachhaltigkeitsbericht, während die Bank of America und Fleet Boston Umweltberichte veröffentlichen. Morgan Stanley publiziert keinen Bericht, der sich mit Umwelt- und Sozialthemen des Unternehmens auseinander setzt, sondern nur einen

„Charitable Report“, der ausschließlich auf Wohltätigkeitsaktivitäten der Bank eingeht. Die Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen mit ihren ökologischen und sozialen Themen sind eine neue Erscheinung. Vor 2002 bzw. 2003 veröffentlichten u.a. ABN AMRO, Allianz Group, HVB Group, Swiss Re oder Storebrand nur Umweltberichte.

Tabelle 6: Umwelt- und Sozialberichte der untersuchten Unternehmen (veröffentlicht zwischen 2001 und 2003)

Unternehmen Bezeichnung des Berichts

Globale Finanzunternehmen

ABN AMRO Sustainability Report

Allianz Group Corporate Responsibility Journal Bank of America Environmental Progress Report

Citi Group Global Citizenship Report

Credit Swiss Group Sustainability Report

Dresdner Bank Corporate Responsibility Journal Fleet Boston Financial Environmental Report

HVB Group Nachhaltigkeitsbericht

ING Group Corporate Social Responsibility Report

Morgan Stanley Charitable Report

Rabobank Responsibility and Sustainability Report

Swiss Re Nachhaltigkeitsbericht

Kleine Finanzunternehmen

Friends Provident Corporate Responsibility Report

Sarasin Bank Umweltbericht

Storebrand Corporate Social Responsibility Report

ZKB Nachhaltigkeitsbericht Finanzunternehmen mit öffentlichem Auftrag

IFC Sustainability Review

KfW Umweltbericht

Den Inhalt der Berichte stellt das Nachhaltigkeitsmanagement zusammen. Es sind Informationen über nachhaltige Business Cases im Finanzgeschäft und hiermit verbundene Maßnahmen - Fortbildungen über Umweltrisiken, nachhaltige Produkte oder Risikomanagementprozesse -, die aus den verschiedenen Geschäftsbereichen zusammengetragen werden oder schon vorliegen, da sie den CSM-Mitarbeitern wegen ihrer internen Koordinierungs- und Controlling-Aufgaben ohnehin zugehen (vgl. Kapitel 7.2). Für

14 Kombinierte Umwelt- und Sozialberichte, die von den Unternehmen als Nachhaltigkeits-, Corporate-Social- Responsibility-, Global-Citizenship-Bericht etc. bezeichnet werden, werden im Folgenden unter dem Begriff des

„Nachhaltigkeitsberichts“ zusammengefasst.

Externe Aufgaben des Nachhaltigkeitsmanagements

die Kennzahlen des betrieblichen Umweltschutzes - Elektroenergie-, Heizenergie-, Papierverbrauch, Abfallaufkommen und CO2-Emissionen - wird auf ökologiebezogene Informations- und Kontrollsysteme (die zumeist an das UMS gekoppelt sind) zurückgegriffen, die im Zuge der aufkommenden Umweltberichterstattung schon Mitte der 1990er Jahre eingeführt wurden. Im Rahmen der ergänzenden Serviceleistungen der Unternehmen wird berichtet über Kooperationen und Sponsoringmaßnahmen, die Unterstützung von Umweltschutzinitiativen, Mikrokreditprogrammen oder Mitgliedschaften in wichtigen Organisationen wie der UNEP-FI. Auch gesellschaftliche Entwicklungsprogramme („Community Development Programmes”) und Kultursponsoring-Initiativen werden dargestellt, wobei das Nachhaltigkeitsmanagement zumeist keinen Einfluss auf diese Aktivitäten hat. Bei vielen kombinierten Berichten wird zudem über interne Sozialaspekte wie Weiterbildungsangebote, Chancengleichheit für Mitarbeiter oder Gesundheitsförderung informiert. Die Verantwortung für diese Themen und Maßnahmen liegt jedoch eindeutig bei dem Personalwesen bzw. dem „Human Resource Management” (HR):

„Die Nachhaltigkeitsabteilung hält sich aus HR-Dingen raus“ (Interview A9).

„A diversity officer exists. But it is part of HR and should come from the top. I pull together information to present on it” (Interview A15).

„Mitarbeitermanagement ist ganz normales Management ... HR ist schon etabliert. Wenn man versucht zu wildern, holt man sich eine blutige Nase“ (Interview A5).

Das Nachhaltigkeitsmanagement trägt also dazu bei, dass über Aufgaben anderer Abteilungen informiert wird: „Bei vielen Themen ist man nicht der ‚Owner’ des Themas, aber man muss koordinieren und den Vorstand informieren“ (Interview A27). Hierbei besteht manchmal die Tendenz, Sachverhalte besser darzustellen als sie sind. So wurde in einem Interview berichtet, dass die Gleichstellungsbeauftragte keine Erfolge im Unternehmen vorweisen konnte. Die direkte Verantwortung hierfür lag zwar beim Personalwesen, das CSM-Team war jedoch im Nachhaltigkeitsbericht daran interessiert, dass der Status quo möglichst so dargestellt wird, dass kritische Bemerkungen über die Unternehmensperformance so weit wie möglich vermieden werden (Interview A29).

Das Verfassen der Reporte gestaltet sich unterschiedlich. In einer Reihe von Unternehmen werden die Reporte von CSM-Mitarbeitern selbst geschrieben, in anderen sind Mitarbeiter des Kommunikationsbereiches in den Erstellungsprozess mit eingebunden. In anderen Firmen werden externe Dienstleister, wie Price Waterhouse Coopers oder Deloitte & Touche, beauftragt, Berichte zu schreiben. Die Strukturen der Nachhaltigkeitsberichte sind sehr unterschiedlich. Es wird zumeist über den Aufbau des Nachhaltigkeitsmanagements in den Unternehmen (Organsiation, Managementsysteme, Leitbilder etc.) sowie über bestehende nachhaltige Business Cases (Altlasten in der Kreditprüfung) und auch neuere nachhaltige Geschäftspotenziale (Reputationsrisiken in der Projektfinanzierung und Einführung der Equator Principles oder Projekte im Rahmen des Emissionshandels sowie der

EU-Umwelthaftung) in den Geschäftsbereichen berichtet (vgl. HVB 2002; ING 2002; Credit-Swiss 2002a; Credit-Swiss-Re 2004a).

Sowohl von externen Experten als auch von Unternehmensvertretern wird kritisiert, dass Nachhaltigkeitsberichte oftmals sehr allgemein gehalten sind (Interview D5 und C7). In den meisten Fällen werden weder konkrete Zielvorgaben noch Wege dahin aufgezeigt, Misserfolge werden nicht erwähnt und nur selten werden Performanceindikatoren präsentiert, die im Zusammenhang mit dem Finanzgeschäft stehen. So weisen auch nur wenige Unternehmen darauf hin, dass für die kombinierten Umwelt- und Sozialberichte neue Berichterstattungsstrukturen für Nachhaltigkeitsindikatoren aufgebaut wurden oder werden.

Die Rabobank versucht zum Beispiel, ökologische und soziale Kriterien wie Energie, Biodiversität und Kinderarbeit in bestehende Management-Informationssysteme des Finanzgeschäftes zu integrieren. Als Ausgangspunkt für die ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsindikatoren dienen zumeist die „Environmental Perfomance Indicators” (EPI) und „Social Performance Indicators” (SPI)15, die von mehreren Finanzunternehmen entwickelt wurden und als sektorspezifische Ergänzungen („Sector Supplements“) Eingang in die Richtlinien der „Global Reporting Initiative” (GRI) gefunden haben (vgl. Schmid-Schönbein und Braunschweig 2000, S. 11ff; Schmid-Schmid-Schönbein, Braunschweig et al. 2002, S.

10ff; GRI 2002a; GRI 2005).

In Bezug auf die Standardisierung der Reporte wird die „Global Reporting Initiative” (GRI) als wesentlich angesehen. Die durch die GRI-Leitlinien vorgegebene Struktur erbringt einen großen Gewinn, da hierdurch „Leitplanken” geschaffen werden. Kritisiert wird jedoch, dass die Leitlinien und sektorspezifischen Ergänzungen zu abstrakt und zu detailliert sind. Es wurde daher mehrmals darauf hingewiesen, dass die GRI-Vorgaben für die Reporting-Aufgaben des CSM angepasst werden müssen: „The initiative [GRI] is important. Yet, you have to make your own choices without exactly doing what they want” (Interview A26). Die Einschätzung, dass die GRI-Richtlinien bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten zwar hilfreich, die vorliegenden GRI-Dokumente aber zu lange und zu unübersichtlich sind, findet sich auch in den Untersuchungen von Loew und Ankele (2004, S. 81) und Steger (2003) wieder. Letzterer stellt in einer Umfrage unter 47 Nachhaltigkeitsmanagern fest, dass 59 Prozent der Unternehmen „gemischte“ und nur 35 Prozent „gute“ und 6 Prozent „sehr gute“

Erfahrungen mit der Anwendung von GRI-Standards gemacht haben.

Vor diesem Hintergrund sind in der Weiterentwicklung der Umwelt- und Sozialberichte durch das Nachhaltigkeitsmanagement zwei Trends zu erkennen. Einerseits wird eine Annäherung an die übliche Geschäftsberichterstattung angestrebt. Im Rahmen dieser wertorientierten Berichterstattung wird versucht, möglichst viele quantitative und qualitative Indikatoren aufzuzeigen, die den Nutzen ökologischer und sozialer Maßnahmen für messbare wie auch immaterielle Unternehmenswerte dokumentieren. Andererseits wird angestrebt, sich von den

15 Auf SPI und EPI wird näher im Rahmen der internen Controlling-Aufgaben (Kapitel 7.2.4) eingegangen.

Externe Aufgaben des Nachhaltigkeitsmanagements

wertorientierten Nachhaltigkeitsreporten und der GRI-Struktur abzugrenzen, indem Fakten über das CSM sowie als wichtig eingeschätzte interne Umweltmanagement-, EPI- und SPI-Kennzahlen im Internet präsentiert werden. Andere Nachhaltigkeitsthemen werden in lockerer Form anhand themenorientierter Artikel oder Reportagen in einem „Corporate Responsibility Journal” präsentiert, wie dies beispielsweise bei der Allianz Group und der Dresdner Bank erfolgt (vgl. Allianz 2002), da nach Ansicht einiger Unternehmen die üblichen Umwelt- und Nachhaltigkeitsreporte keine Leser finden.

Die externe Kommunikation und insbesondere die Berichterstattung ist eine der zentralen Aufgaben des CSM in den befragten Unternehmen - wenn nicht sogar die zentrale Aufgabe - und beansprucht einen Großteil der Ressourcen der Nachhaltigkeitsabteilungen. Jedoch wurde auch in den Interviews angemerkt, dass als Folge der Nachhaltigkeitsbemühungen kaum über neue Maßnahmen, sondern vielmehr umfassender über schon bestehende Initiativen berichtet wird: „As the result of the Triple Bottom Line movement banks did not create new social initiatives. The organisations do now communicate about their already existing social programmes. … Better communication and transparency is a result of the Triple Bottom Line movement” (Interview A25). Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen auch Gilding und Murray (2002, S. 8): „Too many companies now seem to view reporting as their strategy on sustainability, rather that as a starting point and a tool for self-awareness and eductaion, both internally and externally. They seek out ways to show that what they’re doing creates social and environmental benefits so they can tell the world about them. Reporting, however, rarely drives companies to aggressively seek new activities that create social and environmental value. Therefore reporting is predominantly a communications strategy - an important and effective one. But it is not business strategy.”

Die herausragende Bedeutung, die die Nachhaltigkeitsberichte für die Unternehmen und das CSM haben, lässt sich neben den angestrebten Reputationsgewinnen vor allem auf zwei weitere Sachverhalte zurückführen. Erstens erlaubt diese Form der Kommunikationsarbeit ein

„greifbares“ Produkt in Form der Nachhaltigkeits- oder Umweltberichte zu erstellen, bei dem sich die Unternehmen an Standards wie dem GRI und an den Reporten anderer Konzerne orientieren und messen können. „Admist all the confusion on what do about sustainability, many have gravitated to social and environmental reporting. This is hardly surprising, as reporting is a practical and specific action that brings significant benefits compared to the costs of doing it” (vgl. Gilding, Hogarth et al. 2002, S. 8). Hierbei scheint es ein „Me Too”-Syndrom (also die Eigenschaft, das haben/tun zu wollen, was auch andere haben/tun) zu geben (Interview C6). Vor allem beim Herausgeben der Berichte, die im Gegensatz zu den unternehmensinternen Aktivitäten einfacher für die Öffentlichkeit wahrzunehmen sind, wollen die Unternehmen ihren Konkurrenten nicht nachstehen. Zudem werden die Berichte regelmäßig in Rankings verglichen, wie z.B. in einer seit 1994 alle zwei Jahre stattfindenden Benchmarking-Studie, die gemeinsam von einer Beratungsgesellschaft und dem United Nations Environmental Program (UNEP) - seit 2004 zudem in Kooperation mit einer

bekannten Kreditratingagentur - durchgeführt wird (vgl. SustainAbility und UNEP 2004, S.

1ff).

3,06 2,78

3,33

3,21 3,13 2,76

3,27

3,30

1 2 3 4

Öffentlichkeitsarbeit Verstärktes Anhören

von Ideen und Feedback

Spenden Größere Transparenz

(z.B. durch Berichterstattung)

GM-Andere (n=845) GM-Finanz (n=79)

Abbildung 17: Mittelwerte verschiedener Möglichkeiten (Transparenz durch Reporte, Spenden, Anhörung von Ideen sowie Öffentlichkeitsarbeit), die nach Meinung der Manager Beziehungen mit externen Anspruchsgruppen verbessern

Der zweite Sachverhalt ist das schärfere Hervortreten des Risikoprofils der Unternehmen. Die Nachhaltigkeitsmanager führen in den Interviews eine gestiegene Nachfrage nach Berichten und Informationen über Nachhaltigkeits-Issues an (Interview A3 und A4). Diese verstärkte Nachfrage nach mehr Transparenz haben vor allem NGOs und SRI-Fonds ausgelöst und bekannte Kreditratingagenturen verweisen seit kurzem ebenfalls auf den Nutzen von „Non-Financial Reports“. Die Umwelt- und Sozialberichte helfen, das Risikoprofil von Unternehmen besser zu bestimmen: „We are not social activists; we’re independent risk assessors ... The information in non-financial reports contributes to building up a company’s risk profile” (Economist 2004c, S. 71). Auch Regulierer und Politiker interessieren sich verstärkt für die Umwelt- und Sozialberichte und die britische Regierung plant, derartige Berichte für große börsennotierte Unternehmen vorzuschreiben (vgl. Economist 2004b, S.

13). So kommt auch in der Fragebogenerhebung zum Ausdruck, dass eine „größere Transparenz (z.B. durch Reporte)“ als der effektivste Ansatz sowohl von Finanzmanagern (GM-Finanz) als auch von Führungskräften aus anderen Branchen (GM-Andere) angesehen wird, um die Beziehungen mit Anspruchsgruppen zu verbessern (Abbildung 17). Anhand der Transformation der ordinalen Antwortkategorien in eine proportionale Skala („Am wenigsten effektiv” = 1, „Geringfügig effektiv” = 2, „Deutlich effektiv” = 3, „Am effektivsten” = 4) lässt sich mit Hilfe der Mittelwerte aufzeigen, dass die Öffentlichkeitsarbeit sowie das verstärkte Anhören von Ideen und Feedback als weniger wirksam betrachtet werden als eine

Externe Aufgaben des Nachhaltigkeitsmanagements

größere Transparenz. Die mit Abstand geringste Leistungsfähigkeit wird Spenden zugerechnet. Bei diesen Einschätzungen ist kein signifikanter Unterschied zwischen Finanzmanagern und anderen Führungskräften festzustellen. Umwelt- und Sozialberichte sind also ein Instrument, dass vom Management als wirksam angesehen wird, um die Transparenz und die Beziehungen zu externen Anspruchsgruppen zu verbessern.