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3. Nachhaltiger Business Case

3.4. Bewertung von Business Cases

Bewertung von Business Cases

wenig fahren, Umweltversicherungen oder SRI-Fonds für den Markt nachhaltigkeitsbewusster Anleger. Zweitens können Finanzunternehmen in ihrer Rolle als Intermediär am Finanzmarkt Fremd- oder Eigenkapital für nachhaltige Projekte bereitstellen, wie Schadstoffreduktionsmaßnahmen oder Umwelttechnologien. Drittens besteht die Möglichkeit, Finanzprodukte mit einem „guten Zweck“ zu verbinden. Beispiele hierfür sind

„Grüne“-Kreditkarten, Beteiligungen an Mikrokreditprogrammen in Entwicklungsländern oder an multilateralen Fonds wie dem Prototype Carbon Fund. Finanzielle Werte für Finanzinstitute können hierbei zum einen direkt durch Einnahmen in Form von Zinsen, Versicherungsprämien, Rückflüssen aus Investments oder Honorareinnahmen entstehen.

Zudem wird davon ausgegangen, dass durch Produkte mit einem guten Zweck oder Image die Reputation verbessert wird und immaterielle Werte geschaffen werden.

Darüber hinaus ist ebenfalls der Literatur zu entnehmen, dass Kredit-, Beratungs- und Versicherungsprodukte mit Risiken verbunden sein können, die wegen ökologischer und sozialer Probleme entstehen. Beispielsweise können Altlasten auf Grundstücken zur Zahlungsunfähigkeit von Schuldnern führen und somit zu einem Komplett- oder Teilausfall von Krediten. Im Beratungs- und Vermittlungsgeschäft des Investment Banking können für die Finanzkonzerne Haftungsrisiken aufgrund der Nichtbeachtung von relevanten Umweltrisiken entstehen und für Versicherungen können Umweltschäden, wie zum Beispiel beim Transport von Gefahrengütern, zu hohen Zahlungsverpflichtungen führen. In Finanzunternehmen werden verschiedene spezielle Risikomanagementmethoden in Verbindung mit Nachhaltigkeitsrisiken eingesetzt. So gibt es Umweltchecklisten und -Ratings, Umweltverträglichkeitsprüfungen oder Umwelt-Due-Diligence-Checks (vgl. Tarna

2001, S. 160).

trade-offs between costs and benefits” (Walley und Whitehead 1994a, S. 50). Da Nachhaltigkeits-Issues ökonomische Werte schaffen oder zerstören können, liegt die Herauforderung darin, die Probleme so anzugehen, dass es zu einer Steigerung der Nachhaltigkeitsperformance kommt und der größtmögliche Gewinn für ein Unternehmen entsteht oder erhalten bleibt.

Daher sind die gegenwärtigen oder zukünftigen Kosten sowie der ökonomische Wert der Strategien fallspezifisch gegenüberzustellen.

Direkte Kosten entstehen beispielsweise durch Personal, Produktentwicklungsprozesse, Marketingmaßnahmen bei SRI-Fonds oder durch die Übernahme von Haftungsrisiken bei Versicherungen. Auch Risikomanagementprozesse (z.B. bei der Versicherung von Umweltschäden) erfordern Personalaufwand sowie die Entwicklung aufwändiger Managementwerkzeuge. Zudem entstehen durch die Bindung von Managementkapazitäten oder Kapital indirekt Opportunitätskosten, da weniger Zeit oder finanzielle Mittel für andere Aktivitäten zur Verfügung stehen, die unter Umständen eine größere Wertschöpfung erreichen würden (vgl. Walley und Whitehead 1994b, S. 49).

Ökonomische Werte entstehen einerseits direkt durch Einnahmen wie durch Prämieneinnahmen bei Umwelthaftpflichtversicherungen oder Managementgebühren bei SRI-Fonds. Andererseits sind Kosteneinsparungen möglich, indem der Elektrizitäts- oder Heizenergieverbrauch in Büroräumen gesenkt wird. Zudem können immaterielle Werte („Intangibles“) entstehen. Allgemein werden Intangibles als ein Anspruch auf zukünftige Gewinne definiert, die keine materielle oder finanzielle Form haben (vgl. Lev 2001, S. 5).

Generell besteht Übereinstimmung darin, dass Intangibles für den gesamten Unternehmenswert wichtig sind. Die Investmentbank Goldman Sachs merkt beispielsweise in ihrem Jahresbericht 2002 an, dass das Unternehmen vor allem deshalb erfolgreich ist, weil es hochqualifizierte Mitarbeiter rekrutieren kann (vgl. GS 2003, S. 16). Bis jetzt besteht jedoch keine allgemeine Übereinstimmung darüber, was genau unter immateriellen Werten zu verstehen ist. In der Nachhaltigkeitsdiskussion sind dies insbesondere der Markenwert und die Reputation („Brand and Reputation“), aber auch die Akzeptanz der Gesellschaft gegenüber dem Unternehmen und dessen Wachstum („Licence to Operate and to Grow“), Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen („Innovation of Products and Services“) sowie die Attraktivität des Unternehmens für Arbeitnehmer und deren Zufriedenheit („Attraction of Talent / Employee Satisfaction“) (vgl. Reed 2001, S. 14ff; Gilding, Hogarth et al. 2002, S. 14).

Einen ökonomischen Wert für die Unternehmen bilden auch die Risikomanagementpotenziale von gegenwärtigen oder zukünftigen Risiken, die vermieden, vermindert oder diversifiziert werden können (vgl. Rücker 1999, S. 129; Reed 2001, S. 12ff). So können Banken bei der Überschreibung eines Grundstückes als Sicherheit mögliche Risiken vermeiden, indem sie überprüfen, ob dieses durch Altlasten verseucht und somit wertlos ist. Zusätzlich kann das Risiko eines Ausfalls der Kreditsicherheit bzw. des Kredites durch den Abschluss einer Versicherung vermindert werden. Weiterhin werden Verlustgefahren dadurch diversifiziert,

Bewertung von Business Cases

dass Kredite nicht nur an Branchen vergeben werden, in denen große Altlastenprobleme vorliegen, sondern auch an Kreditnehmer aus anderen Sektoren. Bei Finanzunternehmen sind verschiedene Risikovarianten zu unterscheiden: Kredit-, Markt-, Kommissions- (Off-balance-sheet-), Versicherungs-, Operations-, Strategie- sowie Reputationsrisiken (Abbildung 5).

Diese Kategorien überschneiden sich teilweise und bedingen, dass Risiken teilweise wechselseitig abhängig sind. Insbesondere Reputationsrisiken können nicht unabhängig von den anderen Risiken kontrolliert werden (vgl. Doering 2000, S. 22f; Jorion 2001, S. 651;

UBS 2001, S. 64f). Das Management von Risiken beruht auf Fakten, Wahrnehmungen und Erwartungen und damit sowohl auf quantitativen als auch auf qualitativen Beurteilungen.

Risikomanagement wird daher umschrieben als „part science, part art“ (vgl. Doering 2000, S.

3ff).

Strategy Risk

= Risk of losses from not choosing „to do the right thing“

Credit Risk

= Risk of losses from borrowers not meeting their

obligations

Commission and Fee Risk

= Risk of losses from business volume changes Market Risk

= Risk of losses from value changes of financial instruments

Insurance Underwriting

Risk

= Risk of losses from unexpected insurance claims

volume

Operational Risk

= Risk of losses from not „doing things right “ Reputation Risk

= Risk of losses by not meeting stakeholders‘ expectations

Abbildung 5: Risikokategorien in Finanzkonzernen Quelle: Doering (2000, S. 22)

Zur Bewertung eines issue-spezifischen Business Case müssen die Kosten den ökonomischen Werten gegenübergestellt werden. Liegen für die rückwirkende Bewertung historische Einnahme- und Kostendaten vor, so ist dies problemlos möglich. Oftmals ist jedoch eine direkte und unkomplizierte Bewertung eines Business Case nicht möglich, da sich Kosten und finanzieller Nutzen erst in der Zukunft materialisieren. Es müssen daher Annahmen über zukünftige Entwicklungen getroffen werden, die letztendlich zutreffen können oder nicht.

Diese Annahmen beruhen teils auf qualitativen Einschätzungen und Erfahrungen des Managements, teils auf quantitativen Analysen. Wenn es möglich ist, werden auch Daten aus der Vergangenheit zur Bewertung zukünftiger Ereignisse herangezogen. So beurteilen Versicherungen zu versichernde zukünftige Risiken meist anhand statistischer Wahrscheinlichkeits- und Kostendaten (vgl. Reed 2001, S. 13f; Luttmer 2002, S. 54ff).

Am schwierigsten sind jedoch die Business Cases zu bewerten, die sich aus Intangibles ergeben. Zum einen muss die Größe eines immateriellen Wertes in der Zukunft abgeschätzt werden, zum anderen muss aufgezeigt werden, ob und wie zukünftig Intangibles zur Generierung von Gewinnen beitragen. Die Entstehung immaterieller Werte spiegelt sich nämlich nicht automatisch in zukünftigen finanziellen Werten wider, wie viele Beispiele aus der Praxis belegen (vgl. Reed 2001, S. 22). So muss beispielsweise im Falle der Reputationsbildung durch ökologische und soziale Aktivitäten deutlich aufgezeigt werden, wie dies zur Bindung von Kunden und letztendlich zu Erträgen führt oder wie sich bei einem Reputationsverlust die Erträge verringern. Der Zusammenhang zwischen Intangibles und finanziellen Werten ist daher stark branchenabhängig und kann nicht allgemeingültig formuliert werden (vgl. Gilding, Hogarth et al. 2002, S. 18f).

Wegen der Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen und des nur bedingt aufzeigbaren finanziellen Erfolgs ist die Bewertung von Business Cases durch Intangibles schwierig und oftmals nicht direkt möglich. Es ist daher davon auszugehen, dass eine auf Finanzwerten basierende Analyse durch relative Bewertungsmethoden wie den Kapitalwertansatz oder neuere Bewertungsmethoden wie Risikoanalysen, Realoptionen, Competitive-Advantage-Analyse etc. in der Praxis nicht immer durchgeführt wird. Es ist auch möglich, dass ein nachhaltiger Business Case ausschließlich anhand qualitativer Kosten- und Nutzeneinschätzungen gebildet wird (vgl. Reed 2001, S. 5ff; Loderer, Jörg et al. 2002, S. 41).

Auf die Bewertung des ökologischen und sozialen Nutzens der Business Cases kann in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden, da sie im Gegensatz zur ökonomischen Beurteilung äußerst kompliziert ist (vgl. Stahlmann und Clausen 2000, S. 25; Korhonen 2003, S. 25). Dies liegt vor allem an einem fehlenden gemeinsam akzeptierten Standard: „There is no agreement on what progress on the environment, or progress in the social sphere, actually mean - not, at least, if you are trying to be precise about it. In other words, there are no yardsticks by which different aspects of environmental protection can be compared even with each other, let alone with other criteria. And the same goes for social justice” (Economist 2005a, S. 12).