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Unzureichende Finanzierung von Forschung und Lehre

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Eine weitere wesentliche Ursache für die fehlende Qualität im Wissen-schaftssystem ist die nicht ausreichende Finanzierung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Diese erfolgt hauptsächlich aus dem Staats-haushalt und beträgt etwa 0,84 % des BIP für das Hochschulwesen (zu-sammen mit den strukturellen Fonds aus der Europäischen Union) und 0,36 % für die Wissenschaft (Kudrycka 2011). Für eine(n) Studierende(n) gibt Polen etwa 5 500 US-Dollar pro Jahr aus. Dies hat einen Einfluss auf den Verdienst der Hochschulangestellten sowie auf die Ausstattung

der Hochschulen. Darüber hinaus deckt der Zuschuss lediglich 75 % der Lohnkosten ab, die fehlenden Mittel erlangen die Hochschulen durch ge-bührenpflichtige Bildungsformen, hauptsächlich aus den Studiengebüh-ren für das Fernstudium (Miłosz/Stefaniak 2007). Zudem wird die Einfüh-rung der allgemeinen Gebührenpflicht des Studiums ernsthaft diskutiert.

Eine Hürde für das Erreichen einer hohen Qualität an den polni-schen Hochschulen ist auch die Ausweitung der Beteiligungsmöglichkeiten an der Hochschulbildung – ohne ein entsprechendes Wachstum der Mit-tel. In Polen gibt es 458 Hochschulen – 132 öffentliche und 326 private –, die insgesamt 1,93 Millionen Studierende ausbilden, davon 660 000 an privaten Hochschulen. Im Hochschulwesen sind etwa 170 000 Personen beschäftigt, davon 100 000 akademische Lehrer(innen), die hauptsächlich an öffent lichen Hochschulen arbeiten (84 000).1 Das Entstehen zahlreicher privater Hochschulen ist nicht mit den Erfordernissen des Arbeitsmarkts akkordiert gewesen, sodass das Problem der Frustration wegen nicht er-füllter Ambitio nen bei der Beschäftigung der Akademiker(innen) entstand.

Die wachsende Anzahl der Vorschriften zur Regulierung des Hoch-schulbereichs führt zu einem Ausbau des Verwaltungspersonals an den Hochschulen. Dieser Ausbau erfolgt auch zulasten des Lehrpersonals; teil-weise haben Hochschulen bereits mehr Verwaltungsangestellte als wissen-schaftliche Beschäftigte.

Ein detailliert beschriebenes Prozedere der Qualitätskontrolle be-deutet noch lange nicht, dass in der Praxis ein zufriedenstellendes Ergeb-nis der Bildung oder Forschung erreicht wird. In der Praxis kommen die Vorschriften recht unterschiedlich zur Anwendung. In Erwartung einer ho-hen Bildungsqualität muss man entsprecho-hende Bedingungen sichern. Dazu kann man folgende, leider nicht erfüllte, Punkte zählen:

O Kleine Studierendengruppen,

O ausreichende Zahl didaktisch geschulter Lehrender,

O Aufhebung der Widersprüche zwischen der Erwartung hoher Qualität der Lehre einerseits und der Bewertung der Leistung der Wissenschaftler(innen) hauptsächlich anhand von Publikationen und akquirierten Forschungsprojekten andererseits,

O reduzierte Lehrverpflichtung von jungen Assistent(inn)en und Dokto rand(inn)en,

O anständige Löhne der Angestellten, welche nicht dazu führen, dass zusätzliche Beschäftigung vonnöten ist,

1 Siehe http://www.nauka.gov.pl/szkolnictwo-wyzsze/dane-statystyczne-o-szkolnictwie-wyzszym/

O Berücksichtigung eventueller Familienwünsche insbesondere jun-ger Mitarbeiter(innen),

O Stabilisierung der Beschäftigung, was es jungen Mitarbeiter(inne)n ermöglicht, einer plausiblen Lebensplanung zu folgen,

O von jungen akademischen Lehrenden soll nicht verlangt werden, dass sie schnell akademische Titel erlangen,

O Hochschulen sollen nicht hauptsächlich aus dem Grund gegründet werden, dass Professor(inn)en die Möglichkeit haben, zusätzlich Geld zu verdienen,

O die Beförderung der Professor(inn)en soll nicht aufgrund von deren Teilnahme in verschiedenen Komitees, Vereinen und Kommissionen entschieden werden, welche meistens nicht mit Forschung und Leh-re verbunden sind. ZahlLeh-reiche Pflichten der Professor(inn)en bewir-ken, dass sie in der Lehre oft von jungen Mitarbeiter(inne)n vertreten werden müssen.

Wir sprechen von Qualität als höchstem Kriterium in Bildung und Wissen-schaft. Dennoch werden oft Kriterien jenseits der Qualität herangezogen.

Beispiel ist die mehrmalige Feststellung der polnischen Wissenschafts-ministerin Barbara Kudrycka, dass es nicht wichtig sei, ob eine Hochschule öffentlich oder privat sei – es sei wichtig, ob sie gut ist. Gleichzeitig schreibt das Ministerium in der Begründung der Verordnung (Entwurf einer Ver-ordnung des MNiSW 2011) von der Notwendigkeit zum Schutz und zur Erhaltung der privaten Hochschulen auf dem Bildungsmarkt vor dem Hin-tergrund der demografischen Entwicklung. Ob dieser „Schutz“ ein richtiges Ziel ist, kann man anhand der Ausarbeitung der Polnischen Akkreditie-rungskommission aus dem Jahr 2010 (Pan´stwowa Komisja Akredytacyjna 2011) bewerten, nach der etwa 93 % der untersuchten öffentlichen Hoch-schulen eine positive Bewertung erhalten haben, jedoch lediglich 77 % der privaten.

Die bürokratischen Abläufe haben einen großen Schwachpunkt, den Faktor menschlichen Handelns. Oft fehlt es am notwendigen Verantwor-tungsbewusstsein und an der Anwendung ethischer Normen. Dies führt zur Reduzierung der Lebensqualität, auch der Bildung und der Wissenschaft, und muss geändert werden.

Bei der Beobachtung der Handlungsweise der Regierenden in mei-nem Land kann ich sowohl Elemente der Nachahmung von Ländern, die wirtschaftlich leistungsfähiger sind, erkennen und die Anpassung an allge-meine Prozedere feststellen, wie auch originelle Ideen, die bei uns vielleicht

getestet werden. Die europäischen Wissenschaftsministerinnen und -minis-ter treffen sich doch regelmäßig und sprechen ihre Handlungsweise ab.

Literatur

Instytut Bada´n nad Gospodarkũ Rynkowũ (2001): Szkolnictwo wyǜsze w Polsce. Uwarunkowania, ocena i rekomendacje.

Kudrycka, Barbara (2011): Interpelacja w sprawie poziomu finansowania nauki i szkolnictwa wyǜszego. Nr. 19901, Warschau.

Miłosz H., Stefaniak J. (2007): Algorytm podziału dotacji. Forum Akademickie nr 2/2007. Pa´nstwowa Komisja Akredytacyjna (2011): Działalno´s´c Pa´nstwowej Komisji Akredytacyjnej w

2010 roku, Warschau.

Polnisches Wissenschaftsministerium (Ministerstwo Nauki i Szkolnictwa Wyǜszego 2010): Kra-jowe Ramy Kwalifikacji w szkolnictwie wyǜszym jako narzŽdzie poprawy jako´sci kształcenia, Warschau.

Schlesische Technische Hochschule (2009): KsiŽga systemu zapewnienia jako´sci kształcenia. Po-litechnika ´Slũska, Gliwice.

Studierendenzentrierung in Lehre und Studium –

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