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5.1 Epoxidierung mit perrhenatbasierten ionischen Flüssigkeiten

5.1.3 Kinetische Beschreibung durch ein modifiziertes enzymkinetisches Modell

5.1.3.2 Untersuchungen zum Einfluss des Stofftransports

In der Zweiphasenkatalyse ist der Übergang des Edukts in die Katalysatorphase Voraussetzung für den Ablauf der Reaktion. Aus diesem Grund ist es vor der Bestimmung der chemischen (intrinsischen) Kinetik wichtig, zu wissen, ob die Reaktion unter den gewählten Versuchsbedingungen einer Stofftransportlimitierung unterliegt. Zu diesem Zweck wurden Versuche zum Einfluss der Rührer-drehzahl und der Temperatur auf die Reaktionsrate durchgeführt.

Variation der Rührerdrehzahl und Tropfengröße

Experimente mit variierender Rührerdrehzahl erlauben es, den Einfluss des äußeren Stofftransports auf die untersuchte Reaktion zu beurteilen. Eine Erhöhung der Rührerdrehzahl sorgt dabei für größere Scherkräfte in der Umgebung des Rührers, die den Tropfenzerfall begünstigen und somit für eine grö-ßere Phasengrenzfläche a sorgen (vgl. Kapitel 2.4.2). Im kinetisch limitierten Bereich, d. h. in Abwe-senheit von Stofftransporteinflüssen, ist die Reaktionsrate r demnach unabhängig von der Rührdreh-zahl. Dies wird aus Abbildung 5.15 ersichtlich, die die experimentell ermittelten Reaktionsraten in Abhängigkeit von der Rührerdrehzahl n zeigt.

Bei niedrigen Rührerdrehzahlen unter ca. 700 min-1 wird die organische Phase nicht in der wässrigen Phase dispergiert, es liegen zwei getrennte Phasen vor. Der lineare Anstieg der Reaktionsrate in

die-resultierenden geringeren Filmschichtdicke an der Phasengrenze her. Im anschließenden Übergangsbe-reich zwischen 700 und 1000 min-1 wird die Phasengrenze aufgebrochen und ein Teil der organischen Phase als Tropfen dispergiert. Bei Rührerdrehzahlen über 1000 min-1 ist das Reaktionsgemisch mil-chig-weiß und über die gesamte Füllhöhe gut durchmischt. Die Auftragung zeigt, dass bei diesen Rüh-rergeschwindigkeiten fast keine Änderung der Reaktionsrate mehr beobachtet wird. Die maximale Rührerdrehzahl von 1250 min-1 ist daher geeignet für die Bestimmung der intrinsischen Kinetik der Reaktion.

Abbildung 5.15: Reaktionsrate r in Abhängigkeit von der Rührerdrehzahl n bei Referenzbedingungen (vgl. Kapitel 4.1.2).

Für eine Modellierung des Stofftransportes ist eine Abschätzung der Tropfengrößen der dispergierten Phase bei hohen Rührerdrehzahlen wünschenswert. Dies ist allerdings problematisch, da systematische Untersuchungen zu diesem Thema in der Literatur nicht für Magnetrührer durchgeführt wurden. Zu erwarten ist überdies eine relativ breite Tropfengrößenverteilung, da in den Experimenten aufgrund der kleinen Reaktordimensionen keine Strombrecher verwendet werden konnten und der Volumenan-teil der dispersen organischen Phase mit ca. 50 % hoch ist, was die Tropfenkoaleszenz begünstigt. Zur groben Abschätzung der Tropfengrößen kann angenommen werden, dass bei milchig-trüben Emulsio-nen mit mittleren Tropfendurchmessern zwischen 1 mm und 0,1 µm zu rechEmulsio-nen ist [86]. Die geplanten Untersuchungen der Epoxidierung im Schlaufenreaktor (vgl. Kapitel 5.3) sollen durch einen geringe-ren Volumenanteil der organischen Phase (ca. 1 %) und eine engere Tropfengrößenverteilung auch eine detaillierte Beschreibung des Stofftransportes ermöglichen.

Die Tropfengröße hängt neben der Rührdrehzahl gemäß der Weber-Zahl We (Gleichung (2.19)) auch von der Grenzflächenspannung der beiden nichtmischbaren Phasen ab. Da die IL grenzflächenaktiv ist, wird die Grenzflächenspannung in Gegenwart einer IL deutlich erniedrigt. Über eine einfache Metho-de (vgl. Anhang A.2) kann Metho-der Einfluss Metho-der IL auf die Grenzflächenspannung abgeschätzt werMetho-den: So

0 200 400 600 800 1000 1200 1400

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0

Reaktionsrate r in mol L-1 h-1

Rührerdrehzahl n in min-1

keine Durchmischung

gute Durchmischung

verringert sich die Grenzflächenspannung zwischen Cycloocten und wässrigem H2O2 durch Zugabe der IL von 19 auf 1,4 mN m-1. Den Effekt, den die IL auf die Grenzflächenspannung und somit auch auf die Emulsionsbildung hat, illustriert Abbildung 5.16. Im linken Bild ist die Durchmischung der Reaktionsphasen ohne IL gezeigt; die Durchmischung ist inhomogen und zeichnet sich durch große Tropfen der organischen Phase aus. Nach Zugabe von IL (rechts) wird das Reaktionsgemisch bei an-sonsten gleicher Zusammensetzung milchig-trüb und es ist keine Phasengrenze mehr erkennbar. Für die Aufarbeitung des Reaktionsansatzes hat dies keinerlei Konsequenzen, da sich die Phasen auch mit IL gut und zügig trennen, sobald der Rührer angehalten wird.

Abbildung 5.16: Reaktionsansatz ohne (links) und mit (rechts) IL bei 70 °C und einer Rührer-drehzahl von 1250 min-1 bei Referenzbedingungen (vgl. Kapitel 4.1.2).

Variation der Temperatur

Neben der Variation der Rührdrehzahl dient eine Variation der Reaktionstemperatur dazu, Einflüsse auf die Reaktion durch Stofftransporteffekte zu erkennen bzw. eine Stofftransportlimitierung auszu-schließen. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden Versuche in einem Temperaturbereich von 20 °C bis 80 °C bei im Übrigen konstanten Bedingungen durchgeführt. Hinweise auf den Einfluss des Stofftransports erhält man über die logarithmische Auftragung der Reaktionsgeschwindigkeitskonstan-ten gegen die reziproke Temperatur nach Arrhenius (Kapitel 2.4.2). Für die Berechnung der effektiven Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten keff wird nach Gleichung (5.7) eine Reaktion (pseudo)erster Ordnung für das organische Edukt Cycloocten angenommen. Da die Konzentration des Katalysators konstant ist und H2O2 in wässriger Phase in hoher Konzentration (und somit ebenfalls näherungsweise konstant) vorliegt, beinhaltet keff die konstanten Konzentrationen dieser beiden Komponenten.

org CE, N org

CE,

eff c k K c

k

r   (5.7)

Die graphische Auswertung in Abbildung 5.17 basiert überdies auf der Annahme eines konstanten Verteilungskoeffizienten KN, über den man die effektive Konzentration an Cycloocten in wässriger Phase erhält. Der lineare Verlauf der Messdaten bestätigt, dass der Stofftransport unter den gewählten

gleichsgeraden, was als Hinweis auf eine einsetzende Limitierung bei höherer Temperatur gewertet werden kann. Eine Erweiterung der Messreihe zu höheren Temperaturen mit dem Ziel, die Stofftrans-portlimitierung nachzuweisen, war allerdings wegen der stärker werdenden H2O2-Zersetzung nicht möglich und daher auch nicht sinnvoll. Die errechnete Aktivierungsenergie EA von 49 kJ mol-1 spricht zudem dafür, dass im untersuchten Temperaturbereich die intrinsische Reaktionsrate gemessen wurde, und befindet sich im Bereich intrinsischer Aktivierungsenergien aus der Literatur (34 - 50 kJ mol-1) für Epoxidierungsreaktionen, die für verschiedene Katalysatoren in der Gas- oder Flüssigphase bestimmt worden sind [156 - 159].

Abbildung 5.17: Arrhenius-Diagramm von k (Gl. (5.7) bei Reaktionstemperaturen von 20 bis 80 °C mit IL 7 und Referenzeinwaagen (vgl. Kapitel 4.1.2). Gefüllte Symbole:

KN = const = 6,38 ∙ 10-5. Offene Symbole: Die Temperaturabhängigkeit von KN

wurde durch Interpolation der Messwerte bei 20 °C und 70 °C berücksichtigt.

Da KN von der Temperatur abhängt, wurde die Auswertung nach Gleichung (5.7) auch mit einem temperaturkorrigierten Verteilungskoeffizienten vorgenommen, indem die experimentell ermittelten Werte für KN bei 20 °C und 70 °C linear interpoliert wurden. Das Ergebnis ist ebenfalls in Abbildung 5.17 dargestellt und zeigt, dass sich eine geringfügig kleinere Aktivierungsenergie von 43 kJ mol-1 ergibt. Auch in diesem Fall sprechen weder die Aktivierungsenergie noch der Verlauf der Auftragung für eine Limitierung der Reaktionsrate durch Stofftransporteffekte, weshalb im Folgenden davon aus-gegangen wird, dass die gemessenen Reaktionsraten unter den gewählten Versuchsbedingungen den intrinsischen Raten entsprechen.