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Ionische Flüssigkeiten als Tenside in der mizellaren Katalyse

2.3 Mizellare Katalyse

2.3.4 Ionische Flüssigkeiten als Tenside in der mizellaren Katalyse

Ihrem Aufbau nach können viele ionische Flüssigkeiten entsprechend der Definition in Kapitel 2.3.1 als ionische Tenside angesehen werden: Sie sind aus Ionen aufgebaut, wobei entweder das Kation oder das Anion in der Regel über (wenigstens) eine längere Alkylkette verfügt. Es ist daher zu erwarten, dass ILs in wässriger Lösung Tensideigenschaften besitzen und insbesondere Mizellen bilden.

In der Tat beschäftigen sich viele Studien in der Literatur mit der Bildung von Mizellen aus ionischen Flüssigkeiten. Eine grundlegende Arbeit auf diesem Gebiet stammt von Blesic et al. [115]. Die Auto-ren konnten zeigen, dass 1-Alkyl-3-Methylimidazolium-Salze mit unterschiedlichen Alkylkettenlän-gen und GeAlkylkettenlän-genionen (Cl-, PF-, NTf-) Mizellen bilden, indem sie wässrige Lösungen dieser ILs zur

CMC-Bestimmung mit den drei folgenden Methoden untersuchten: Messung der Grenzflächenspan-nung durch Analyse der Tropfenform, Fluoreszenzspektroskopie mit Pyren und 1 H-NMR-Spektroskopie. Es zeigte sich, dass erst ILs mit Alkylresten, die mehr als acht C-Atome besitzen, ein für Tenside typisches Verhalten zeigen, während sich ILs mit kürzeren Alkylketten wie einfache Salze verhalten. In Kombination mit dem kommerziellen Tensid Natriumdodecylsulfat (SDS) können ILs mit langen Alkylketten Mischmizellen ausbilden. Neben Chloriden [11, 115 - 120] wurden insbeson-dere die Bromide [11, 121 - 123] und die Tetrafluoroborate [119, 120, 122, 124 - 126] untersucht. Eine häufig verwendete Messmethode ist neben der Messung der Leitfähigkeit und der Oberflächenspan-nung die isotherme Titrationskalorimetrie (ITC). Einen Überblick über gemessene CMC-Werte und die verwendeten Messmethoden für Chloride, Bromide und Tetrafluoroborate von verschiedenen 1-Alkyl-3-Methylimidazolium-Salzen gibt Tabelle 2.2. In Abbildung 2.4 sind die CMC-Werte gemäß Gleichung (2.1) aufgetragen.

1-Alkyl-3-Methylimidazolium-ILs sind die am intensivsten untersuchten Tensid-ILs; es finden sich aber auch Studien zu ILs mit anderen Kationen wie z. B. Pyridiniumsalze [127]. Systematische Unter-suchungen zu anionischen IL-Tensiden finden sich fast ausschließlich zu Octylsulfaten [118, 119].

Die meisten Publikationen, die sich mit den Tensideigenschaften von ILs befassen, begnügen sich mit einer ausführlichen Analyse ihrer Thermodynamik. Obwohl ILs weite Verbreitung als Lösungsmittel gefunden haben, ist ihre Verwendung in der mizellaren Katalyse bisher erst wenig untersucht.

Desset et al. verwendeten 2007 verschiedene 1-Alkyl-3-Methylimidazolium-ILs als Tenside für die Hydroformylierung höherer Olefine (C6 bis C10) mit Rh/TPPTS-Katalysatoren und beobachteten eine deutliche Erhöhung der Katalysatoraktivität im Vergleich zum tensidfreien System [13, 128]. Aller-dings führen die Autoren die Verbesserung hauptsächlich auf eine Herabsetzung der Grenzflächen-spannung und damit eine bessere Emulsionsbildung bei der Zugabe von IL zurück. Bei der Hydro-formylierung von 1-Octen unter Zugabe von [OMIM]Br fanden die Autoren, dass die gemessene TOF bei Konzentrationen oberhalb der CMC über einen weiten Konzentrationsbereich an [OMIM]Br linear ansteigt. Dies spricht für eine Beteiligung von Mizellen, da sich die Grenzflächenspannung bei Kon-zentrationen oberhalb der CMC nicht mehr wesentlich verändert.

2012 führten Bica et al. erstmals Diels-Alder-Reaktionen in wässrigen IL-Lösungen als mizellarem Medium durch [10]. Als Tenside dienten in diesem Fall 1-Alkyl-3-Methylimidazoliumchloride mit Kettenlängen zwischen acht und zwölf C-Atomen. Längere Kettenlängen führten dabei zu höheren Reaktionsraten, was mit der zunehmend niedrigeren CMC und somit der größeren Zahl an Mizellen begründet wird. Erstaunlicherweise waren die verwendeten ILs in dieser Reaktion besser geeignet als herkömmliche Tenside wie CTAB, SDS oder das zwitterionische Tensid Empigen.

Tabelle 2.2: Übersicht über literaturbekannte CMC-Werte von 1-Alkyl-3-Methylimidazolium-ILs mit Kettenlängen von 6 bis 16 C-Atomen und Cl-, Br- oder BF4- als Gegenion bei 25 °C.

Nur CMC-Messungen mit gängigen Methoden wurden aufgenommen. a OS/GS: Ober-flächenspannung/Grenzflächenspannung; NMR: NMR-Spektroskopie; Fluoreszenz:

Fluoreszenzspektroskopie; ITC: Isotherme Titrationskalorimetrie. b Werte in [mmol kg-1]; Umrechnung unter Annahme der Dichte von 1 kg L-1. c Messung bei 35 °C.

Abbildung 2.4: Auftragung der literaturbekannten CMCs aus Tabelle 2.2 für Chlorid-, Bromid- und Tetrafluoroborat-ILs nach Gleichung (2.1)

In einer weiteren Arbeit wurde der Einfluss des gewählten IL-Anions auf eine nukleophile Substituti-onsreaktion untersucht, wobei hier als Kation 1-Dodecyl-3-Methylimidazolium ([DoMIM]+) zum Ein-satz kam; die besten Ergebnisse wurden bei IL-Konzentrationen etwas oberhalb der jeweiligen CMCs für die Halogenide mit Cl- und Br- erhalten. Begründet wird dies mit der unterschiedlich ausgeprägten Tendenz der Anionen, von der Mizelloberfläche zu dissoziieren und in Lösung zu gehen. Zudem zeig-te sich auch hier eine deutliche Abhängigkeit der Reaktionsrazeig-te von der jeweiligen IL-Konzentration.

Zur Verwendung von ionischen Flüssigkeiten in der mizellaren Katalyse für die Olefinepoxidierung wurde lediglich ein Beispiel in der Literatur gefunden: In einer Arbeit aus dem Jahr 2013 wurde das bei Raumtemperatur viskose Zwitterion 1-Dodecyl-3-(3-Sulfopropyl)-imidazolium als Tensid in der katalytischen Epoxidierung von Cycloocten mit einem Polyoxometallat eingesetzt [129]. Zum Ver-gleich wurden auch die herkömmlichen Tenside CTAB und SDS für die Reaktion getestet, die aller-dings deutlich geringere Aktivitäten zeigten. Dies wurde damit begründet, dass CTAB mit dem Po-lyoxometallat unter den lösungsmittelfreien Bedingungen einen schwerlöslichen Feststoff bildet, wäh-rend SDS wegen der gleichen (negativen) Ladung wie das Polyoxometallat dieses von der Mizellober-fläche abstößt, sodass der Kontakt zwischen Edukt und Katalysator deutlich erschwert wird. Das Zwit-terion hingegen bildet unter diesen Bedingungen inverse Mizellen in der organischen Phase aus, was einen guten Stofftransport beider Edukte (Cycloocten und H2O2) zum Katalysator ermöglicht und so-mit eine hohe Aktivität selbst bei 0 °C gewährleistet.

6 8 10 12 14 16

0,01 0,1 1 10 100 1000

BF-4-ILs

Br--ILs

Cl--ILs

CMC in mmol L-1

Alkylkettenlänge n