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Untersuchungen zur Zelllinie HepaRG ® als metabolisierendes System

6.2 Erweiterung des BALB/c-3T3-Zelltransformationstests um ein metabolisierendes

6.2.2 Untersuchungen zur Zelllinie HepaRG ® als metabolisierendes System

Ein großer Nachteil der Leberhomogenate ist, dass zu deren Gewinnung weiterhin Versuchstiere eingesetzt werden. Als eine vielversprechende Alternative wurden daher in der vorliegenden Arbeit die HepaRG®-Zellen, eine humane hepatische Zelllinie, auf ihre Eignung als exogenes metabolisierendes System hin untersucht. Als permanente Zelllinie sind sie jederzeit verfügbar, und die Variabilität zwischen verschiedenen Spendern entfällt, da die Zellen aus dem Lebergewebe einer einzigen Patientin isoliert und weiter kultiviert werden konnten (GRIPON et al. 2002). Zudem exprimieren sie dauerhaft und stabil eine Vielzahl fremdstoffmetabolisierender Enzyme (ANTHERIEU et al. 2010). Das unterscheidet sie von anderen hepatischen Zelllinien und auch von primären Hepatozyten, die bis dato als Standardmethode für Studien zum Fremdstoffmetabolismus und zur Toxizität von Substanzen sowie potenziellen Arzneimitteln genutzt werden (ANINAT et al. 2006; GUILLOUZO et al.

2007).

Die Übertragung des Mediumüberstandes, der die Testsubstanz AFB1 und potenzielle Metabolite enthielt, folgte der Überlegung, dass die HepaRG®-Zellen das AFB1 in toxische Metabolite umwandeln und diese schließlich in das Zellkulturmedium abgeben. So sollte sichergestellt werden, dass insbesondere die kurzlebigen und instabilen Metabolite des AFB1 möglichst schnell in Kontakt mit den BALB/c-3T3-Zellen als Zielzellen kommen.

Unabhängig von der Inkubationsdauer der HepaRG®-Zellen mit AFB1 zeigten sowohl die Lösungsmittelkontrolle als auch der Überstand, der die Testsubstanz und potenzielle Metabolite enthielt, ein transformierendes Potenzial. Möglicherweise hat das Differenzierungsmedium, dessen Inhaltsstoffe für die stabile Expression der fremdstoffmetabolisierenden Enzyme in den HepaRG®-Zellen essentiell sind, eine negative Wirkung auf die BALB/c-3T3-Zellen, was sich in einem ausgeprägten transformierenden Effekt der Lösungsmittelkontrolle widerspiegelt. Möglicherweise wird dieser Effekt durch Mediumzusätze wie Dexamethason oder den Wachstumsfaktor epithelial growth factor (EGF) ausgelöst. Für Dexamethason, das eigentlich die Zelldifferenzierung fördert, ist

bekannt, dass es die Expression des Transkriptionsfaktors PPARγ (Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor γ) induziert (ZILBERFARB et al. 2001). PPARs regulieren als Transkriptionsfaktoren eine Vielzahl von Genen, wobei jedoch eher der Subtyp PPARβ/δ, eine Rolle bei der Zellproliferation spielt (MICHALIK et al. 2006). Über die Aktivierung von Signalmolekülen ist EGF als Wachstumsfaktor an der Regulation beispielsweise der Zellproliferation oder der Zelldifferenzierung beteiligt (HERBST 2004). Tendenziell ist das transformierende Potenzial des Mediumüberstandes der HepaRG®-Zellen nach sechs Stunden Inkubation jedoch niedriger, was u. a. auf die kürzere Inkubationsdauer zurückzuführen sein könnte. Dies kann durch eine höhere Stichprobenanzahl möglicherweise statistisch belegt werden. Dennoch ist das transformierende Potenzial der Testsubstanz mit der Zelllinie HepaRG® als metabolisierendes Aktivierungssystem in paradoxer Weise geringer als in der Kontrolle, in der keine metabolische Aktivierung des AFB1 stattfand. Aufgrund der Expression von Phase-I- und Phase-II-Enzymen in den HepaRG®-Zellen (ANINAT et al.

2006) besteht die Möglichkeit, dass das gebildete toxische Epoxid direkt durch die Einwirkung von Phase-II-Enzymen, wie beispielsweise der GST, entgiftet wird und so keine Wirkung mehr zeigt. Des Weiteren kann die hydrolytische Öffnung des Epoxidrings durch Epoxidhydrolasen zu einer Detoxifizierung der Metabolite und damit zu den vorliegenden Ergebnissen führen (JOHNSON et al. 1997). Eine weitere Überlegung ist, dass die hepatischen Zellen die Metabolite zwar bilden, diese jedoch nicht aus der Zelle heraustreten und so keinen Effekt auf andere Zellen haben. Kommt es nur zur für das AFB1 typischen Adduktbildung in den Zellen, wäre das denkbar. Dagegen sprechen allerdings eine Reihe von Studien zur Expression fremdstoffmetabolisierender Enzyme, in denen u. a. Metabolite der Substanzen Phenacetin (CYP 1A2), Midazolam (CYP 3A4) oder auch AFB1, die von differenzierten HepaRG®-Zellen gebildet wurden, anhand analytischer Verfahren (HPLC/MS) erfolgreich im Mediumüberstand nachgewiesen werden konnten (ANINAT et al. 2006;

KANEBRATT u. ANDERSSON 2008; ANTHERIEU et al. 2010).

Ein zytotoxischer Effekt des Mediumüberstandes konnte nur in einem geringen Maße nachgewiesen werden, was einerseits auf die geringe Bildung zytotoxischer Metabolite durch die HepaRG®-Zellen hinweist und andererseits auch Angaben aus der Literatur bestätigt.

LEREAU et al. (2012) konnten bis zu einer Konzentration von 10 µM AFB1 keine Toxizität in Leberzellen nachweisen. Allerdings wurden die Zellen in dieser Studie nur über vier

Stunden mit der Substanz inkubiert. ANINAT et al. (2006) dagegen zeigten, dass differenzierte HepaRG®-Zellen aufgrund ihrer metabolischen Kapazität sehr stark auf AFB1

reagierten, so dass die Zellviabilität nach 24 Stunden nur noch bei 50 % lag.

Um den Kontakt der potenziell gebildeten Metabolite mit den Zielzellen noch enger zu gestalten, wurde in einem weiteren Versuchsansatz der Einsatz eines Transwell-Systems untersucht. Indem sich die metabolisierenden Zellen im oberen Kompartiment der durch eine semipermeable Membran geteilten Kammer und die BALB/c-3T3-Zellen im Unteren befanden, standen die beiden Zelllinien über das Zellkulturmedium in direktem Kontakt zueinander. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Formate sind die Ergebnisse der BALB/c-3T3-Zelltransformationstests mit dem Mediumüberstand der HepaRG®-Zellen und der Verwendung des Transwell-Systems miteinander vergleichbar. Positiv zu vermerken ist, dass im Transwell-System die Lösungsmittelkontrolle negativ ist, was möglicherweise mit einem geringeren Einfluss des Differenzierungsmediums, das sich zunächst nur im oberen Kompartiment befand, auf die Zielzellen in Verbindung gebracht werden kann. Dennoch ist das transformierende Potenzial des nicht aktivierten AFB1 weiterhin höher als das, welches durch die HepaRG®-Zellen metabolisch aktiviert wird.

Anhand der vorliegenden Ergebnisse, in denen das transformierende Potenzial der Testsubstanz durch die fremdstoffmetabolisierenden HepaRG®-Zellen nicht erhöht werden konnte, und unter Berücksichtigung der niedrigen Stichprobenzahlen muss die Eignung dieser humanen Leberzelllinie als metabolisierendes Aktivierungssystem zur Kopplung an den BALB/c-3T3-Zelltransformationstest als sehr kritisch bewertet werden. Höhere Stichprobenzahlen müssten diese These jedoch bestätigen. Neben der langen Vorkultivierung der Zellen, die notwendig ist, um die hepatozytenähnlichen Funktionen vollständig zu entwickeln, muss noch ein weiterer Nachteil der Zelllinie HepaRG® bedacht werden. Nach Angaben in der Literatur exprimieren HepaRG®-Zellen auf mRNA-Ebene eine Vielzahl an fremdstoffmetabolisierenden Enzymen, z. B. CYP 1A2, 3A4, 2A6, 2C9 oder 2D6. Dennoch wird beispielsweise CYP 2E1, das u. a. die Bioaktivierung von DMN katalysiert, in den HepaRG®-Zellen kaum exprimiert (ANTHERIEU et al. 2010). Dies würde wiederum eine adäquate Prüfung von einer Reihe von unbekannten, v. a. niedermolekularen Substanzen einschränken.

6.3 Prüfung von Tumorpromotoren im