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Die untersuchten exogenen Metabolisierungssysteme „S9-Mix“ und die „Zelllinie HepaRG®“ konnten den gesetzten Anforderungen nicht gerecht werden und wurden unter den Voraussetzungen der vorliegenden Arbeit als nicht ausreichend geeignet beurteilt. Daraus resultiert, dass das kombinierte Testverfahren zur Prüfung genotoxischer Substanzen noch weiterer Entwicklungszeit bedarf, welche besonders die metabolische Aktivierung der Testsubstanzen betrifft. Zur Prüfung genotoxischer Substanzen im Allgemeinen stellt sich dabei die Frage, ob Genotoxizitätstests, wie beispielsweise Mikrokern- oder Chromosomenabberationstests, insgesamt besser geeignet wären. Jedoch wird in diesen Tests

„nur“ ein genetischer Schaden der Zelle, d. h. ein sehr früher Endpunkt in der In-vitro-Transformation der Zellen, bestimmt, und eine metabolische Aktivierung von Prokanzerogenen bleibt außerdem unberücksichtigt. Eine Veränderung der Wachstumseigenschaften, wie sie im BALB/c-3T3-Zelltransformationstest nachgewiesen wird, tritt erst in einer späteren Phase der Transformation auf. Daher scheint die Vermutung zulässig, dass diese Eigenschaft bildlich gesehen einen Schritt näher an den lifetime rodent bioassay herankommt als die zur Verfügung stehenden Genotoxizitätstests. Für nicht-genotoxische Substanzen kann aufgrund der in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Erkenntnisse mit dem kombinierten Testverfahren grundsätzlich die Bestimmung zweier morphologischer Endpunkte erfolgen. Doch auch hier sind noch einige Verbesserungen, die besonders den Arbeitsaufwand und die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse betreffen, notwendig. Nicht zuletzt, da vergleichbare Systeme zur Prüfung nicht-genotoxischer Substanzen fehlen, besitzen die Zelltransformationstests in diesem Bereich eine besondere Bedeutung (VANPARYS et al. 2012).

Ein Faktor, der zu diesem Zeitpunkt besonders die Anwendung mit hohen Probenvolumina entscheidend beeinträchtigt, ist der erhebliche Arbeitsaufwand und das zellkulturtechnische Geschick, das mit der Kombination der beiden In-vitro-Verfahren verbunden ist. Dabei sind u. a. das Ansetzen des Weichagars, das Ablösen und Zählen der Zellen sowie die Einsaat in den Weichagar als sehr aufwändige Arbeitsschritte zu nennen. Eine Methode, die diese

Tätigkeiten teilweise reduzieren kann, ist die Verwendung eines automatisierten Pipettier-Roboters. Ein entsprechendes Protokoll wurde bereits von THIERBACH und STEINBERG (2009) veröffentlicht.

Grundsätzlich muss aber auch der Einsatz des Bhas-42-Zelltransformationstests in Betracht gezogen werden, da sich dieser in neuesten Studien als gleichwertige Alternative zum BALB/c-3T3-Zelltransformationstest erweist und eine verkürzte Testdauer (21 bis 24 Tage) zulässt. Ein zukünftiges Protokoll für die Prüfung nicht genotoxischer Substanzen könnte folgendermaßen aussehen: Zunächst werden die Zellen im BALB/c-3T3-Zelltransformationstest oder alternativ im Bhas-42-BALB/c-3T3-Zelltransformationstest (Initiations- oder Promotionstest) mit der zu testenden Substanz behandelt und transformiert. Die Dauer der beiden Tests unterscheidet sich nur minimal, wenn die Zellen an Tag 22 bis 30 aus dem erst genannten Testsystem in den Weichagar überführt werden. Anschließend erfolgt die Ablösung und Zählung der Zellen. Diese Arbeitsschritte könnten noch optimiert und möglicherweise automatisiert werden. Danach könnte der Weichagar-Koloniebildungstest mit Hilde eines Pipettier-Roboters durchgeführt werden.

Zelltransformationstests könnten ein nützliches Werkzeug zur Prüfung potenziell kanzerogener Substanzen sein. Dabei kann ihnen besonders dann, wenn Tierversuche verboten sind, wie beispielsweise bei der Prüfung von Kosmetika oder einer großen Anzahl von Chemikalien, wie im Rahmen von REACH gefordert, eine große Bedeutung zugesprochen werden. Besonders ihre Kapazität, nicht-genotoxische Substanzen zu detektieren, stellt dabei eine wichtige und aufgrund fehlender Alternativen einmalige Eigenschaft dar. Zelltransformationstests werden daher gegenwärtig vielfach eingesetzt, um z. B. schwach positive Ergebnisse aus Genotoxizitätstests zu überprüfen oder bestimmte Substanzklassen zu beurteilen, die in anderen In-vitro-Verfahren nicht zuverlässig untersucht werden können (CORVI et al. 2012). Im Rahmen der Prävalidierungsstudie der ECVAM wurde u. a. für den BALB/c-3T3-Zelltransformationstest ein verbessertes, standardisiertes Protokoll entwickelt, das reproduzierbare Ergebnisse liefert (CORVI et al. 2012). Die anhand dieses Protokolls generierten Daten sollen die Anerkennung des BALB/c-3T3-Zelltransformationstests als OECD-Testrichtlinie und Alternativmethode zum Tierversuch in naher Zukunft ermöglichen. Die Notwendigkeit einer solchen allgemeingültigen Arbeitsanweisung wurde auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit deutlich. Der Vergleich

gewonnener Daten fiel aufgrund unterschiedlichster Versuchsprotokolle recht schwer. Das standardisierte Protokoll lag zu Beginn der vorliegenden Arbeit noch nicht vor, so dass es nicht für die Entwicklung des kombinierten Testsystems berücksichtigt werden konnte.

Dennoch wäre die Kombination dieses Protokolls mit dem Weichagar-Koloniebildungstest durchaus denkbar.

Obgleich die auf diese Weise gewonnenen Daten nicht im Rahmen der Forderungen der ECVAM zu verwenden sind, könnte das kombinierte Testprotokoll dennoch in der Gesamtheit der In-vitro-Testbatterie ein hilfreiches Werkzeug sein, das kanzerogene Potenzial von Testsubstanzen zu ermitteln. Besonders die Bestimmung zweier wachstumsassoziierter Endpunkte macht es einzigartig. Die In-vitro-Testbatterie zur Prüfung des kanzerogenen Potenzials von Chemikalien enthält mittlerweile eine Vielzahl an Testsystemen, die jedes für sich seinen Teil dazu beitragen können, das kanzerogene Potenzial von Chemikalien auch ohne die Verwendung von Versuchstieren bis zu einem gewissen Grad vorhersagen zu können. Obgleich die Zelltransformationstests oder der Weichagar-Koloniebildungstest den Tierversuch nicht vollständig ersetzen werden, könnten sie doch in Kombination oder auch einzeln einen großen Beitrag zur Reduzierung der Anzahl an Tierversuchen im Rahmen der Kanzerogenitätsprüfung von Chemikalien leisten.

7 Zusammenfassung

Maria Daniela Brauneis

„Entwicklung eines In-vitro-Testsystems zur Prüfung des kanzerogenen Potenzials von Chemikalien“

Die Verwendung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch steht in der Prüfung und Risikobewertung von Chemikalien u. a. im Hinblick auf die gesetzliche Entwicklung der letzten Jahre zunehmend im Vordergrund. Der BALB/c-3T3-Zelltransformationstest und der Weichagar-Koloniebildungstest sind zwei bekannte In-vitro-Testverfahren zur Bestimmung des kanzerogenen Potenzials von Chemikalien. Mit Hilfe von Zelltransformationstests können in einem vereinfachten Modell verschiedene Phasen der Kanzerogenese simuliert und Veränderungen des zellulären Wachstums durch die Exposition mit verschiedenen potenziell kanzerogenen Chemikalien bestimmt werden. Dabei besteht der anhand der Bildung von Zellherden (Foci) ermittelte wachstumsassoziierte Endpunkt in einem Verlust der Zell-Zell-Kontaktinhibition. Ein Nachteil dieser Testsysteme ist jedoch, dass ihre metabolische Kapazität stark limitiert ist und somit die adäquate Prüfung von Prokanzerogenen nicht gewährleistet werden kann. Aus diesem Grund wurden in der vorliegenden Arbeit zunächst zwei verschiedene exogene metabolisierende Systeme getestet, die mit dem BALB/c-3T3-Zelltransformationstest kombiniert wurden. Ein zweiter wachstumsassoziierter Endpunkt, der für maligne transformierte Zellen charakteristisch ist, besteht in der Fähigkeit der Zellen anheftungsunabhängig zu proliferieren, und wird im Weichagar-Koloniebildungstest untersucht. Die Kopplung beider In-vitro-Testsysteme sollte eine effektivere und präzisere Bestimmung des kanzerogenen Potenzials von Chemikalien ermöglichen, und die Sensitivität des BALB/c-3T3-Zelltransformationstest erhöhen.

Die untersuchten exogenen Metabolisierungssysteme „S9-Mix“ und die „Zelllinie HepaRG®“, die unter bestimmten Kulturbedingungen die einzigartige Fähigkeit besitzt,

fremdstoffmetabolisierende Enzyme dauerhaft und stabil zu exprimieren, wurden unter den Voraussetzungen der vorliegenden Arbeit als nicht ausreichend geeignet beurteilt. Zwar konnte mit dem S9-Mix im Fall der Prokanzerogene Benzo[a]pyren, Aflatoxin B1 (AFB1) und Dimethylnitrosamin im Vergleich zu den Ergebnissen ohne metabolische Aktivierung ein erhöhtes transformierendes Potenzial nachgewiesen werden, jedoch führte auch die Kontrolle, in der die Zellen ausschließlich mit S9-Mix inkubiert wurden, zu einer Focibildung. Des Weiteren führte die Testsubstanz und ihre potenziell gebildeten Metabolite in beiden Modellen, in denen die HepaRG®-Zellen in den BALB/c-3T3-Zelltransformationstest integriert wurden, nicht zu einem im Vergleich zur Kontrolle erhöhten transformierenden Effekt. Mit dem kombinierten Testsystem, das den BALB/c-3T3-Zelltransformationstest und den Weichagar-Koloniebildungstest koppelt und somit die Bestimmung zweier wachstumsassoziierter Endpunkte der Kanzerogenese ermöglicht, wurden die genotoxische Modellsubstanz AFB1 und die nicht-genotoxischen Substanzen Natriumarsenat, Okadasäure und Natriumsaccharin auf ihr kanzerogenes Potenzial hin untersucht. Nach einer Kultivierungsdauer von sieben Tagen im Weichagar weisen die im BALB/c-3T3-Zelltransformationstest mit den verschiedenen Testsubstanzen behandelten Zellen ein im Vergleich zur Lösungsmittelkontrolle kontinuierlich erhöhtes Zellwachstum auf.

Aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit resultiert, dass das kombinierte Testverfahren zur Prüfung genotoxischer Substanzen noch weiterer Entwicklungszeit bedarf, in der insbesondere die metabolische Aktivierung der Testsubstanzen optimiert werden muss. Im Fall nicht-genotoxischer Substanzen kann aufgrund der in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Erkenntnisse mit dem kombinierten Testverfahren grundsätzlich die Bestimmung zweier morphologischer, wachstumsassoziierter Endpunkte erfolgen. Doch auch hier sind noch einige Verbesserungen, die besonders den Arbeitsaufwand und die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse betreffen, notwendig. Nicht zuletzt, da vergleichbare Systeme zur Prüfung nicht-genotoxischer Substanzen fehlen, besitzen die Zelltransformationstests in diesem Bereich eine besondere Bedeutung. In der Gesamtheit der In-vitro-Testbatterie könnte das kombinierte Verfahren ein hilfreiches Werkzeug sein, das kanzerogene Potenzial von Chemikalien zu ermitteln und einen Beitrag zur Reduzierung der Zahl an Tierversuchen im Rahmen der Kanzerogenitätsprüfung zu leisten.

8 Summary

Maria Daniela Brauneis

„Development of an in vitro test system for the analysis of the carcinogenic potential of chemicals“

Within the framework of the actual legal requirements to bring out chemicals the use of alternative methods in carcinogenicity testing of chemical compounds is gaining increasing interest. The BALB/c-3T3 cell transformation assay and the soft agar colony formation assay are two well known in vitro methods to test the carcinogenic potential of chemicals. By means of the BALB/c-3T3 cell transformation assay one can simulate certain stages of the carcinogenesis process and identify alterations in cellular growth due to the exposure to potentially carcinogenic chemicals. The cell growth associated endpoint of this test system is the loss of cell-cell contact inhibition, which results in the formation of so-called foci.

Because of their limited metabolic capacity a major drawback of the cell transformation assays is the examination of chemical compounds, which initially require a metabolic transformation to gain their full genotoxic potential. Because of this limitation, in a first step two different exogenous drug metabolizing systems coupled to the BALB/c-3T3 cell transformation assay were tested in this study. The second in vitro method, the soft agar colony formation assay, is used to study another cell growth associated endpoint. The ability to grow in a semisolid medium is also a characteristic feature of malignantly transformed cells.

The coupling of these two in vitro test systems in a second step of this study should facilitate a more effective and precise determination of the carcinogenic potential of chemicals and increase the sensitivity of the BALB/c-3T3 cell transformation assay.

The two exogenous drug metabolizing systems, the “S9 mix” and the human cell line HepaRG®, which expresses a multiplicity of drug metabolizing enzymes, could not meet the requirements of this study. However, there was a transforming effect with the metabolically

activated compounds benzo[a]pyrene, aflatoxin B1 (AFB1), and dimethylnitrosamine in comparison to the data obtained in the absence of a drug metabolizing system. But there was also a transforming effect due to the exposure of the cells to the S9 mix alone, without any chemical compound added. The combination of the two in vitro test methods, the BALB/c-3T3 cell transformation assay and the soft agar colony formation assay, facilitates the determination of two cell growth associated morphological endpoints in one single test system.

The genotoxic model substance AFB1 and the non-genotoxic substances sodium arsenate, okadaic acid, and sodium saccharin, known to be so-called tumour promoters, were tested in the new in vitro test system. After a cultivation time of seven days in the soft agar the cells, which were previously exposed to the test compound in the BALB/c-3T3 cell transformation assay, show an increase in colony formation compared to the solvent control, which reflects the ability of the cells to grow unattached to a surface.

The results of this study show that there is still a need for the further optimization of the combined test system, especially for the testing of genotoxic compounds regarding the exogenous drug metabolizing system. The examination of non-genotoxic compounds by determining two cell growth associated endpoints can, based on the findings of this study, principally be done with the combined system, whereas the test system still needs to be optimized. Particularly, the workload and the reproducibility of the results need to be improved. In the case of tumor promoters this is particularly important, since there are no alternative in vitro test systems to identify these kinds of compounds. The combined test system may provide a useful tool for the prediction of the carcinogenic potential of chemicals in the near future and may help to reduce the amount of animal experiments needed for the carcinogenicity testing of chemicals.

9 Anhang