• Keine Ergebnisse gefunden

Prüfung genotoxischer und nicht-genotoxischer Modellsubstanzen im kombinierten

6.4 Kombination von BALB/c-3T3-Zelltransformations- und Weichagar-

6.4.2 Prüfung genotoxischer und nicht-genotoxischer Modellsubstanzen im kombinierten

Mit dem kombinierten Protokoll wurden die genotoxische Modellsubstanz AFB1 und die nicht-genotoxischen, unterschiedlich stark tumorpromovierend wirksamen Substanzen Natriumarsenat, Okadasäure und Natriumsaccharin auf ihr transformierendes Potenzial hin untersucht. Obgleich sich die metabolische Aktivierung des AFB1 durch den S9-Mix als nicht ausreichend geeignete Methode erwies, wurde aufgrund fehlender Alternativen auf dieses exogene Metabolisierungssystem zurückgegriffen.

Die Behandlung der Zellen mit AFB1 im kombinierten System führte zu einem Koloniewachstum der transformierten Zellen im Weichagar-Koloniebildungstest (12-Well-Format). Diese Daten konnten jedoch nicht akzeptabel reproduziert werden, da in zwei

weiteren Experimenten das bereits beschriebene Problem der Bildung eines Monolayers auftrat und diese dadurch für die Auswertung nicht berücksichtigt werden konnten. Gründe dafür können u. a. ein zu weicher Agar sein, eine zu hohe Zellzahl oder die inhomogene Verteilung der Zellen im Topagar, die zu einer Ansammlung von Zellen im unteren Bereich der Agarschicht geführt haben könnte. Eine zu hohe Zellzahl ist jedoch sehr unwahrscheinlich, da in verschiedenen Studien, in denen ähnliche Formate Verwendung fanden, analoge oder sogar noch höhere Zellzahlen in den Weichagar eingebracht wurden (FREEDMAN u. SHIN 1974; RISSER u. POLLACK 1974; VAN ZOGGEL et al. 2012).

Auch nach der Behandlung der Zellen mit den Tumorpromotoren im kombinierten Testsystem ist im Vergleich zu den Negativkontrollen (nicht transformierte, unbehandelte und mit Lösungsmittel behandelte BALB/c-3T3-Zellen) ein gewisses Koloniewachstum deutlich erkennbar. Jedoch ist mit Ausnahme der Behandlung der Zellen mit einer Konzentration von 30 nM Okadasäure kein Unterschied zwischen den verschiedenen Testsubstanzen festzustellen. Der zuvor erwähnte Verdünnungseffekt bei der Einsaat der Zellen kann hier vermutlich eine Rolle spielen und die geringe KBE bewirken. Die Ablösung der Gesamtmenge an Zellen eines Wells, im Gegensatz zur Ernte einzelner Zellherde, basierte auf der Überlegung, dass sich aufgrund der Behandlung der Zellen mit verschiedenen Konzentrationen der Testsubstanzen möglicherweise ein dosisabhängiger Effekt in der KBE einstellen kann. Dies ist für die mit Okadasäure behandelten Zellen unverkennbar. Die mit den anderen Tumorpromotoren sowie AFB1 behandelten Zellen zeigen diesen Effekt nicht.

Eine Erklärung für den starken Effekt, den die Okadasäure auf die BALB/c-3T3-Zellen ausübt, kann wie folgt lauten: Okadasäure bewirkt nicht nur einen Verlust der Zell-Zell-Kontaktinhibition und eine verstärkte Zellproliferation, sondern auch eine Aufhebung der Anoikis der Zellen, die nicht mehr auf einer Oberfläche wachsen. Die Wirkung der Okadasäure verläuft dabei indirekt über eine Hyperaktivierung der Proteinkinase C, die durch die Inhibition der Serin/Threonin-Phosphatasen durch die Okadasäure verursacht wird. Wie bereits erwähnt, kann die Modifizierung der Proteinkinase C als ein potenzieller Mechanismus für den Verlust der Anoikis einer Zelle angesehen werden. Die molekularen Wirkmechanismen des Saccharins sind neben den divergierenden Meinungen über eine transformierende Wirkung weitgehend unbekannt. Auch die Wirkungsmechanismen des Natriumarsenats sind noch nicht vollständig geklärt. TSUCHIYA et al. (2005) mutmaßen,

dass die kanzerogene Wirkung von Arsenverbindungen auf epigenetischen Wirkmechanismen basiert, da die initiierende im Gegensatz zur tumorpromovierenden Wirkung erst in zytotoxischen Dosen auftritt. Neben der Induktion von Chromosomenabberationen oder verschiedenen DNA-Defekten kann Natriumarsenat auch eine Hypomethylierung der DNA verursachen, die mit der Überexpression verschiedener Onkogene (z. B. c-myc oder c-Ha-ras) assoziiert ist. Dieser epigenetische Wirkmechanismus konnte von ZHAO et al. (1997) im Rahmen der malignen Transformation einer immortalisierten Epithelzelllinie (TRL-1215) nachgewiesen werden. Im Fall der vorliegenden Arbeit kann dies möglicherweise bedeuten, dass die Substanzen durch die verschiedenen noch nicht vollständig geklärten Wirkmechanismen das anheftungsunabhängige Wachstum der transformierten Zellen in weit geringerem Umfang als die Okadasäure fördern. Aufgrund einer Vielzahl an Veränderungen, die eine Zelle während der Transformation durchläuft, ist es grundsätzlich schwierig, nur einen Mechanismus oder eine Eigenschaft der initiierenden/promovierenden Substanz zu untersuchen, die das transformierende Potenzial dieser Substanz widerspiegelt.

Die Miniaturisierung des Weichagar-Koloniebildungstests auf ein 96-Well-Format verkürzte die Dauer des kombinierten Verfahrens um eine Woche und ermöglichte die automatische Auswertung anhand eines Plattenlesegerätes. Dabei wird angenommen, dass der Gehalt an umgesetzten Resorufin proportional zur Zahl an lebenden Zellen im Weichagar ist (KE et al.

2004; THIERBACH u. STEINBERG 2009). Die Messung der Fluoreszenzeinheiten ermöglicht im weiteren Verlauf eine Einschätzung des Zellwachstums und damit der Koloniebildung. Dies resultiert in einer objektiveren Darstellung der Ergebnisse des Weichagar-Koloniebildungstests bzw. des kombinierten Testsystems. Der Vergleich der Zellviabilität nicht transformierter BALB/c-3T3-Zellen mit der kaninen Glioblastomzelllinie D-GBM zeigte zwischen den Zelllinien einen deutlichen Unterschied in ihrem Koloniebildungsvermögen. Ein ähnliches Ergebnis stellten auch KE et al. (2004) dar, die jedoch andere Zelllinien miteinander verglichen. Demzufolge erscheint das Verfahren durchaus geeignet, transformierte von nicht transformierten Zelllinien zu unterscheiden.

Zwischen nicht transformierten und durch die Exposition mit einer Testsubstanz transformierten BALB/c-3T3-Zellen ist dieser Unterschied in der Gesamtheit der Ergebnisse nicht ganz so deutlich erkennbar. Dennoch weisen die behandelten Zellen nach sieben Tagen Kultivierungsdauer im Vergleich zur Lösungsmittelkontrolle kontinuierlich ein erhöhtes

Zellwachstum auf, was sich in erhöhten Fluoreszenzwerten widerspiegelt. Dieser Effekt ist bei eingesäten Zellzahlen von 1.000 bis 2.000 Zellen/Well besonders anschaulich. Im Fall der nicht-genotoxischen Substanzen ist in diesem Zellzahlenbereich sogar tendenziell ein dosisabhängiger Effekt erkennbar. So kann tatsächlich die Vermutung aufgestellt werden, dass je stärker der Tumorpromotor (die zu testende Substanz) ist, desto mehr Zellen werden im Zelltransformationstest transformiert und zum Wachstum angeregt und desto höher ist die KBE im Weichagar-Koloniebildungstest. Dass 1.000 bis 2.000 Zellen/Well zur Einsaat im Weichagar-Koloniebildungstest im 96-Well-Format geeignete Zellzahlen sind, bestätigen KE et al. (2004) und THIERBACH und STEINBERG (2009), die 2.000 bzw. 1.700 Zellen/Well in den Weichagar einbrachten.

Werden die vermutlich transformierten Zellen länger als sieben Tage im Weichagar kultiviert, verschwimmt das Bild und es sind keine Unterschiede mehr zwischen nicht transformierten und transformierten Zellen zu erkennen. Ein Grund dafür kann wiederum die Bildung eines Zellrasens auf dem Boden der Zellkulturtestplatte sein. Dabei kann dieser Zellrasen als Feeder-Layer fungieren, wie von MACPHERSON und MONTAGNIER (1964) beschrieben, und führt damit fälschlicherweise zur Messung hoher Fluoreszenzwerte. Tatsächlich konnte bei der mikroskopischen Untersuchung der Zellen in einem Großteil der Wells ein Monolayer beobachtet werden, der nach sieben Tagen noch nicht vorhanden war. Dies wiederum bestätigt, dass eine Kultivierungsdauer von sieben Tagen ausreicht, um die Bildung von Kolonien zu ermöglichen.

Die Zählung der Kolonien wurde durchgeführt, um die Genauigkeit bzw. Richtigkeit der Fluoreszenzdaten mit den tatsächlich sichtbaren Kolonien zu vergleichen. Es zeigt sich, dass sich auch hier bei 1.000 bis 2.000 eingesäten Zellen ein tendenziell dosisabhängiger Effekt erkennen lässt. Zudem ist die Koloniebildung durch die Behandlung der Zellen mit Natriumsaccharin sehr gering, was wiederum mit den Ergebnissen der BALB/c-3T3-Zelltransformationstests übereinstimmt. Die Zählung der Kolonien konnte jedoch erst nach zwei Wochen Kultivierungsdauer im Weichagar durchgeführt werden, da die Kolonien unter dem Lichtmikroskop vorher nicht sichtbar waren. Die Ergebnisse, auch wenn sie den Erwartungen entsprechen, stimmen jedoch nicht mit denen der Fluoreszenzmessung nach zwei Wochen überein. Einerseits können Durchführungsfehler eine mögliche Erklärung dafür sein, andererseits zeigt dies auch sehr deutlich, dass die Methode einer weiteren

Entwicklungszeit bedarf, um das transformierende Potenzial chemischer Substanzen verlässlich bestimmen zu können.