• Keine Ergebnisse gefunden

Unternehmerische Strategien im Speditions- und Transport-

4.1.1 Warenflusskette (Supply Chains) im Wandel

Die Entwicklung im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe ist derzeit maßgeb-lich durch die Individualisierung der Kundenbedürfnisse, die Vernetzung von Unter-nehmen und die Weiterentwicklung von Informationstechnologien geprägt. In der Folge werden sich die Warenflussketten in vielen Branchen grundlegend wandeln.

Starre, unbewegliche Strukturen aus überwiegend stark diversifizierten

hochkomple-xen Unternehmen verändern sich zu flexiblen, reaktionsfähigen Netzwerke. Nur die-se erhöhte Flexibilität - basierend auf standardisierten Prozesdie-sen, Abläufen und In-formationsflüssen - gewährleistet die heute geforderte kurze Reaktionszeit auf Nach-frageveränderungen.

In Netzwerken richten sich Unternehmen durch die Fremdvergabe logistischer Auf-gaben und die Neuverteilung der Wertschöpfung strategisch neu aus, mit tiefgreifen-den Auswirkungen auf die Supply Chains. Die Reduzierung der Fertigungstiefe in vielen Bereichen der Industrie und die fraktale Verteilung von Wertschöpfung und Know-how resultiert in der Notwendigkeit einer intensiveren Zusammenarbeit zwi-schen Herstellern und deren Lieferanten. Dies erfordert ein deutlich höheres Maß an gegenseitigem Vertrauen sowie Kosten- und Ergebnisgerechtigkeit unter den Akteu-ren.

Eine weitere zentrale Herausforderung besteht in der Integration und Abstimmung der in Netzwerken institutionell und geografisch stark fragmentierten Ressourcen und Wertschöpfungsaktivitäten. Dies ist mit enormen technischen, organisatorischen und sozialen Anforderungen verbunden. Die Logistik stellt in diesem Zusammenhang das entscheidende Bindeglied zwischen den Wertschöpfungspartnern dar und ist Grund-voraussetzung für die erfolgskritische Zusammenarbeit verschiedener Wertschöp-fungsstufen. Die Logistik ist damit weiterhin ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.

Der zunehmend unternehmensübergreifende Charakter der Logistik führt dabei in vielen Branchen zu einer Überlagerung von Aufgabenfeldern und zu einer Konkur-renzsituation zwischen verschiedenen Akteuren um die Wahrnehmung ausgewählter logistischer Leistungen. Während sich in nahezu allen Branchen eine weitgehende Fremdvergabe operativer logistischer Leistungen an Logistikdienstleister durchge-setzt hat, werden planerische und koordinierende Logistik-Aufgaben, die mit der Steuerung der Supply Chain im Zusammenhang stehen, vom Handel und von der Industrie bevorzugt selbst wahrgenommen.

In Wertschöpfungsketten, in denen der Hersteller von Produkten („Original Equip-ment Manufacturer“ (OEM)) eine hohe Fertigungstiefe aufweist - wie beispielsweise in der Chemieindustrie - wird aufgrund der hohen Anforderungen an die Prozess-kenntnisse des Herstellers als fokales Unternehmen die Netzwerksteuerung selbst oder durch einen internen Dienstleister übernehmen. Dabei wird die Optimierung des Netzwerkes auf die eigenen Unternehmensprozesse ausgerichtet. Gleiches gilt für Handelsunternehmen, die zudem im Zuge der anhaltenden Konzentrationstendenzen und einer zunehmenden Einflussnahme auf die vorgelagerten Wertschöpfungsstufen ihre dominierende Stellung in der Handels-Supply-Chain weiter ausbauen.

In Wertschöpfungsnetzen, in denen sich die Größen- und Machtverhältnisse auf-grund der Neuverteilung von Wertschöpfungsanteilen hin zu gleichberechtigten Part-nern verändern, ist die Notwendigkeit und die Bereitschaft, nach einem gemeinsa-men Optimum zu suchen, ungleich höher.

Je detaillierter die Aufteilung der Wertschöpfung Netzwerk ausfällt, desto eher bietet sich ein externer Dienstleister für die übergreifende Steuerung. Potenziale für Logi-stikdienstleister als Gesamtsteuerer eröffnen sich deshalb insbesondere in den Be-reichen, in denen durch vertikale Desintegration die Struktur des Netzwerkes einen

Komplexitätsgrad erreicht hat, der eine interne Steuerung der Supply Chain deutlich erschwert und kein dominierender Partner existiert, der diese Rolle an sich zieht.

4.1.2 Prozessorientierung in den Wertschöpfungsnetzen

Immer bedeutender wird der Wettbewerbsfaktor „Time to Market“. Die effektivste Möglichkeit zur Beschleunigung von Markteinführungen bietet die Verkürzung der Entwicklungszeiten und ein möglichst nahtloser Übergang von der Entwicklung zur Produktion.

Der klassische, sequenziell ablaufende Entwicklungsprozess eines Produktes muss folglich verkürzt werden. Dies führt zunehmend zur Parallelisierung einzelner Ar-beitsschritte. Einen Lösungsansatz zur effektiven Implementierung dieser Strategien bietet die prozessorientierte Organisation der Produktentstehung in Form eines zen-tralen, durchgängigen Entwicklungs- und Anlaufmanagements. Dabei werden inter-disziplinäre Arbeitsgruppen in die abteilungs- und unternehmensübergreifende Steuerung mit Hilfe leistungsfähiger Logistiksysteme einbezogen.

In der Vergangenheit blieben in Produktionsunternehmen häufig solche organisatori-schen Ansätze zugunsten rein technischer Rationalisierungsmaßnahmen (z.B. ver-stärkter EDV-Einsatz) unberücksichtigt. Durch die Prozessorientierung wird der Durchlauf eines Auftrages durch das gesamte Unternehmen abgebildet, unabhängig davon, ob es sich um einen internen Entwicklungs- oder einen externen Kundenauf-trag handelt. Als prozessorientierte Optimierungsmethoden sind zum Beispiel „Si-multaneous Engineering“ oder die prozessorientierte Auftragsabwicklung geeignet.

Produzierende Unternehmen sehen sich weiterhin steigenden Anforderungen hin-sichtlich ihrer Produkte und Geschäftsprozesse ausgesetzt. Kundenansprüche be-züglich Funktionalität und Qualität der Produkte steigen kontinuierlich. Gleichzeitig sinkt jedoch die Bereitschaft, für verbesserte Produkte auch höhere Preise zu zahlen.

Um diesen Veränderungen gerecht werden zu können, ist es erforderlich, neue Pro-dukte nicht nur schnell und effektiv, sondern insbesondere kundenbedürfnisnah zu entwickeln.

4.1.3 Fusionen und Kooperationen in horizontalen Netzwerken - globaler Netzwerkwettbewerb

Angesichts der wachsenden Wettbewerbsintensität und Globalisierung von Unter-nehmenstätigkeiten sehen viele Unternehmen nach wie vor in Fusionen und Über-nahmen eine wesentliche Strategie, um langfristig die eigene Existenz zu sichern.

Dabei unterscheiden sich heute die Gründe für Fusionen grundsätzlich von denen der siebziger und achtziger Jahre, die in der Regel mithilfe der Diversifikation der Unternehmenstätigkeiten auf eine bessere Risikoverteilung abzielten.

Heute wird in vielen Unternehmen die Diversifikation früherer Übernahmen wieder rückgängig gemacht. Die Mehrzahl der Fusionen oder Unternehmenskäufe findet nun unter Branchengleichen statt und dient der Stärkung des alten oder dem Aufbau eines neuen Kerngeschäfts. Etwa ein Viertel aller Zusammenschlüsse ist heute zu-dem grenzüberschreitend. Globale Partner ermöglichen den Zugang zu neuen Res-sourcen und Märkten, die Schaffung einer globalen Präsenz und eine Immunisierung

gegen ökonomische Krisen in einzelnen regionalen oder nationalen Märkten. Durch den Aufbau globaler Netzwerke können Synergie- und Skaleneffekte in vielen Untnehmensbereichen genutzt sowie weitreichende Rationalisierungspotenziale er-schlossen werden.

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass auch Unternehmen in direkter Konkur-renzbeziehung international immer stärker miteinander kooperieren. Neben den Fu-sionen werden diese strategischen Partnerschaften immer wichtiger. Der Schwer-punkt der Zusammenarbeit liegt dabei zumeist auf den Gebieten der Forschung und Vermarktung.

In vielen Branchen zeichnet sich bereits eine deutliche Zunahme von Kooperationen und strategischen Allianzen ab. In multiregionalen Wertschöpfungsketten können Unternehmensnetzwerke ihre Produktionszusammenhänge, Technologie- und Wis-senstransfers, Finanzströme sowie den internationalen Austausch von Waren, tech-nischen Experten und Managern übergreifend koordinieren. Diese Netzwerke erhö-hen dann die Reaktionsgeschwindigkeit auf Markt- und Technologieveränderungen und tragen zu einer Verkürzung der Amortisationszeit des investierten Kapitals bei.

Das Erreichen einer „kritischen Masse“, also einer Größe (bezogen auf den Markt-anteil), die es erlaubt, Fehlleistungen und die daraus entstandenen Kosten während längerer Zeit zu absorbieren, gelingt in einem Netzwerk deutlich schneller als in ei-nem einzelnen Unternehmen. Außerdem gelten grenzüberschreitende Kooperatio-nen als geeignetes Mittel, die rapide steigenden Kosten für Forschung und Ver-marktung der Produkte durch einen weltweiten Absatz zu kompensieren.

4.1.4 E-Business, Kundenintegration und Schnittstellenmanagement

Die größere Heterogenität der Bedürfnisse sowie das zunehmend wechselhafte und situationsbedingte Verhalten der Verbraucher erlaubt Unternehmen heute immer seltener eine statische Zuordnung ihrer Kunden zu Verbrauchergruppen. Als Folge sinkt die Zahl der Märkte, die mit Massenprodukten bedient werden können. Statt dessen werden die Unternehmen dazu gedrängt, die Breite und Tiefe ihres Produkt-programms wesentlich auszuweiten.

Dienstleister („New Economy“), die globale Internetplattformen organisieren, wie z.B.

Intershop setzen mit ihren Strategien auf die direkte Kommunikation mit ihren Kun-den über das Internet und entwickeln neue marktsegmentierende und individualisie-rende Konzepte. E-Business eröffnet diesen Unternehmen nicht nur einen neuen Vertriebskanal, sondern verlagert darüber hinaus die Initiative in den Wertschöp-fungsnetzen zum Endkunden. Das Internet dient als Kundenschnittstelle in der Supply Chain, das durch eine effiziente persönliche Kundenkommunikation - z.B.

durch ein Call Center -ergänzt wird.

Viele Produkte werden heute, beispielsweise im Zuge eines Variantenmanagements, kundenindividuell angepasst (Late-fit-Strategie) oder vollständig auftragsbezogen gefertigt (Build-to-Order-Strategie). Die Strategie des E-Business und insbesondere die zunehmend kundenorientierte Fertigung können dabei gleichzeitig zu einer dra-stischen Senkung von Beständen und zu einer Beschleunigung der Distributionspro-zesse führen. Die Folgen sind verkleinerte Auftrags- und Lieferumfänge sowie ein hoher Anteil von Direktbelieferungen.

Mit zunehmenden E-Business-Aktivitäten werden flexible Logistiklösungen immer wichtiger. Dies gilt in besonderem Maße für die Unternehmen der „New Economy“.

Diese präsentieren sich zwar zumeist mit interessanten und ansprechenden Internet-Auftritten, mit der physischen Abwicklung der Bestellungen, Einhaltung von Liefer-terminen sowie der koordinierten Betreuung ihrer Kunden sind jedoch viele „click“-Unternehmen überfordert. Vor allem Kurier-, Express- und Paket-Dienstleister (KEP) werden in diesem Zusammenhang neue Aufgaben übernehmen, da ihr Leistungsan-gebot speziell auf den Transport von kleinvolumigen Sendungen abgestimmt ist. Sie müssen zukünftig die Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf schaffen und neben der reinen Transportleistung auch Value-Added-Dienstleistungen wie Tracking

& Tracing und After-Sales-Services bieten.

Der Handel sieht sich in Folge der wachsenden E-Business-Aktivitäten neuen Her-ausforderungen gegenüber. Der höhere Grad der Kundeninteraktion und -integration, den E-Business-Unternehmen über den direkten Internet-Kontakt zum Kunden errei-chen, setzt auch für Unternehmen der alten Ökonomie neue Maßstäbe. Sie müssen sich daher durch die Zusammenarbeit mit einem etablierten Internet-Unternehmen oder einem auf die E-Business-Abwicklung spezialisierten Transport- und Logistik-dienstleister eine Internet-Präsenz schaffen, die es ihnen ermöglicht, ihren Kunden vergleichbare Vorteile wie etwa zusätzliche Serviceleistungen bieten zu können.

Innovative Unternehmen, die die Chancen und Möglichkeiten des E-Business konse-quent erschließen, können ihre Stellung im Wettbewerb herstellen, indem sie auf ihre bestehenden belastungsfähigen Distributionsstrukturen sowie einen existierenden Kundenstamm aufbauen.

4.2 Spezialisierungen im Bereich der Transport- und