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Markttrends und Konzentrationsprozesse

Die jahrzehntelang vorherrschende Unternehmensstruktur im Speditionsgewerbe verändert sich rapide. Die Branche ist nach wie vor kleinbetrieblich strukturiert, glie-dert sich in einige wenige Logistikdienstleistungsunternehmen und einer Vielzahl von reinen „Trucker-Betrieben“ auf und ist einem sich kontinuierlich verstärkendem ei Konzentrationsprozess unterworfen (siehe Klaus, P., Die „Top 100“ der Logistik; Zu den Marktsegmenten, Marktgrößen und Marktführern in der deutschen Logistikwirt-schaft“, S. 9).

Im wesentlichen beziehen diese Veränderungen auf eine Konzeption von logistischer Rationalisierung mit dem Ziel der Optimierung von Prozessen im

Güterverkehrs-bzw. Transportwesen. Die Rationalisierung richtet sich auf die Integration und Ver-knüpfung der einzelnen Teilprozesse. Innovative Informations-, Organisations- und Steuerungstechnologien werden eingesetzt. Betroffen von dieser Konzeption sind die Fahrzeuge, Umschlagsanlagen und -mittel, Transportbehälter, Disposition und Steuerung von Gütertransporten sowie die Verkehrsinfrastruktur.

Die entscheidende neue Qualität logistischer Strategien entfaltet sich über die Inte-gration der Transportkette mit den Systemen der Gütererzeugung und Güterverwen-dung. Dabei kommt es zu einer Verschiebung der Schnittstelle zwischen Transport und Produktion von der Laderampe in die Unternehmen hinein, das heißt z.B. pro-duktionsgerechte Anlieferung der Vorprodukte an das Montageband oder die ver-kaufsbereite Belieferung der Verkaufspunkte. Es geht damit um die Gesamtoptimie-rung der kompletten logistischen Kette vom Zulieferer über Rohmateriallager, Ferti-gung, Teilelager, Montage, Fertigwarenlager, Warenverteilung bis hin zum Abneh-mer. Die Beziehung zwischen den Beteiligten wird sukzessive zu einer zunehmend komplexer werdenden logistischen Kette umgestaltet.

Die Transport- und Logistikunternehmen reagieren auf diese Entwicklung. Die be-triebliche Arbeitsorganisation wird neu gestaltet. Das führt zu neuen Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten in der Branche. Transport- und Logistik wird als ein System von ineinandergreifenden Teilsystemen verstanden, die in steigen-dem Maße übergreifende Funktionen und Kompetenzen sowohl hinsichtlich der ein-gesetzten Technologien als auch der Beschäftigten verlangen.

Die häufig als „nachholende Industrialisierung" bezeichnete Entwicklung in der Bran-che (vgl. z.B. Läpple, D., 1993, S. 351) ist dabei kein linearer und einheitliBran-cher Pro-zess, der von einem „vor-industriellen" zu einem „industriellen" Zustand verläuft, son-dern ein zeitlich und sachlich differenzierter Prozess, der in den einzelnen Betrieben und Betriebstypen der Branche in unterschiedlicher Form und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit abläuft (vgl. RKW 1993, S. 1.1-1). Durch diese zeitliche Ungleich-heit ergibt sich auch ein äußerst heterogenes Bild der Branche bezüglich Größe, Tä-tigkeitsfeldern, Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien und Arbeitsorganisation.

Veränderungen finden sowohl bei den „traditionellen“ TUL-Prozessen (Transport, Umschlag, Lagerei sowie Verpackung und Kommissionierung) statt, die ausgeweitet werden in Richtung auf Beschaffungs-, Produktions-, Distributions- und Entsor-gungslogistik, als auch auf der Leitungsebene (Management). Auf dieser Ebene muss eine strategisch-konzeptionelle Orientierung auf das System erfolgen, um z.B.

von dem Paradigmenwechsel in der Produktions- und Unternehmensorganisation, der mit den Stichworten „just-in-time-production“; „lean production“, „out-sourcing“

etc. gekennzeichnet wird, zu profitieren.

Forciert werden die Veränderungsprozesse auch durch die weiter zunehmende In-ternationalisierung des Transport- und Logistik-Sektors und durch die Liberalisierung des Ordnungsrahmens („Harmonisierung“ im Rahmen der Europäischen Union). So wurde zum 01.Juli1998 die Kabotage freigegeben, das heißt, Transportunternehmen, die im Besitz einer sogenannten Gemeinschaftslizenz sind, können in beliebigem Umfang in anderen Ländern der Europäischen Union Transportaufträge annehmen und abwickeln. Auf der anderen Seite führen die technologischen Entwicklungen und

der damit zusammenhängende Wettbewerbsdruck verstärkt zu Konzentrationspro-zessen.

Die Logistikdienstleister profitieren von den Outsourcingprozessen großer Produkti-on- und Handelsunternehmen. Diese Unternehmen lagern bestimmte Teilbereiche bzw. bisher unternehmensintern erbrachte Dienstleistungsfunktionen aus und verrin-gern damit ihre logistische Leistungstiefe zugunsten der Logistikdienstleister. Logi-stikdienstleistungen sind überwiegend die Distributionslogistik, das Lagerwesen, die Retourenabwicklung und die Beschaffungslogistik, die von den Produktions- und Handelsunternehmen ausgelagert werden. Die Logistikdienstleister werden dadurch zu einer deutlichen Erhöhung ihres Leistungsangebots gezwungen, um den Anforde-rungen ihrer Kunden gerecht zu werden (vgl. Wildemann, H., 1997, S. 37). Durch die vertiefte Übernahme von Logistikaktivitäten großer Unternehmen beschleunigt sich auch die Entwicklung der Logistikunternehmen vom Transporteur zum System-dienstleister.

Bei einer Betrachtung der gegenwärtigen Markttrends und der Konzentrationspro-zesse ist innerhalb des Transport- und Logistik-Dienstleistungsmarktes eine Diffe-renzierung in einzelne Marktsegmente festzustellen. Die jeweiligen Segmente weisen unterschiedliche Marktgrößen auf und unterscheiden sich auch hinsichtlich der Wachstumserwartungen sowie des Konzentrationsgrades. Klaus, P./Müller-Steinfahrt, M., unterscheiden in der GVB-Studie 1997, S. 161 folgende übergeord-nete Segmente:

• „Bulk“ bzw. Haus-zu-Haus-Ladungstransportmärkte; darunter Massengut, all-gemeiner Ladungsverkehr etc.

• Märkte für Stückgut und sonstige umschlagsbedürftige Güter; darunter allge-meine deutsche Stückgutverkehre, Konsumgüterdistribution etc.

• Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP).

• Märkte für Lager-, Umschlags- und sonstige Logistik-Dienstleistungen.

Vielen Segmente bzw. Untersegmente des Transport- und Logistik-Dienstleistungs-marktes sind hoch konzentriert, bei zunehmender Verdichtung. So erzielen z.B. im Bulk-Markt Untersegment „Tank- und Silotransporte“ die „Top 5“-Unternehmen ca.

40% des gewerblichen Segmentumsatzes, die „Top 10“ über 70%. Im Bereich „all-gemeine deutsche Stückgutverkehre“ erzielen die „Top 5“ über 30%, die „Top 10“ ca.

50% Marktanteil.

Am deutlichsten ausgeprägt ist die Konzentration auf dem KEP-Markt. Im Bereich der „StandardPaketfrachtleistungen“ halten die fünf Anbieter Deutsche Post -WorldNet, DPD (Deutscher Paketdienst), UPS (United Parcel Service), German Par-cel Kooperation und Hermes mehr als 80% der Marktanteile. Die Chancen kleiner Anbieter beschränken sich in diesen Segmenten auf eine Spezialisierung in einzelne Dienstleistungsangebote.

Allgemein verlagert sich die Wachstumsdynamik der Logistik-Dienstleistungen rapide in den Bereich kunden- und branchenspezifischer „Kontrakt“-Dienstleistungen von erhöhter Komplexität. Diese Geschäfte ergeben sich aus der Outsourcing-Tendenz.

Maßgeschneiderte, einmalige und nicht (leicht) austauschbare, deshalb weniger preissensible Leistungen werden angeboten.

Für die KMU liegt der Wettbewerbsvorteil größere Flexibilität , die es diesen Unter-nehmen ermöglicht, am Markt zu bestehen. Auch vom Outsourcing-Prozess profitie-ren nach dieser Einschätzung überwiegend die KMU. Dies deckt sich mit der Ansicht von (Betzl, K., 1996, S. 6), der bemerkt, dass sich „durch das Outsourcing von La-gerwirtschaft und anderer Logistikdienstleistungen aus der Industrie auch und gerade für leistungsfähige, innovative Speditionen Chancen für neue Geschäfte ergeben“.

Der Bundesverband Spedition und Logistik (BSL) differenziert seine Beschäftigungs-prognose hinsichtlich der unterschiedlichen Segmente und Tätigkeitsbereiche im Verkehrswesen:

„Der scharfe Wettbewerb hat in den vergangenen Jahren große Rationalisierungsan-strengungen der unter starkem Lohnkostendruck stehenden Unternehmen der Bran-che erzwungen. Dabei wurden nicht zuletzt auch Arbeitsplätze abgebaut. InzwisBran-chen führt die Dynamik der Geschäftsentwicklung aber wieder zu einem zusätzlichen Per-sonalbedarf, der jedoch zurückhaltend disponiert wird. Neue Arbeitsplätze entstehen insbesondere durch die Praxis von Industrie und Handel, logistische Dienstleistungen mit personalintensiven Zusatzleistungen (value added Services) an Spediteure out-zusourcen“ (Institut der Deutschen Wirtschaft 2000).