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Die europäische Kontrollrichtlinie (599/88) legt fest, dass eine Mindestanzahl von Kontrollen im Betrieb und auf der Straße zu erfolgen hat, um die Einhaltung der ein-schlägigen Verordnungen und Gesetze zu gewährleisten.

Von Seiten der Fahrer wurde in die Umsetzung der Kontrollrichtlinie die große Hoff-nung gesetzt, dass auf der Straße durch Kontrollen der Lenk- und Ruhezeiten tat-sächlich deren Einhaltung gravierend verbessert wird, was auch erhebliche Auswir-kungen auf die Verkehrssicherheit hätte.

Die Umsetzung dieser Kontrollrichtlinie hat auch für die deutschen Transportunter-nehmen den Vorteil, dass bestehende Wettbewerbsverzerrungen abgebaut werden, weil die am Verkehrsmarkt beteiligten Akteure die Mindeststandards der EU einhal-ten müssen. In der Realität wird jedoch der Wettbewerb im wesentlichen über die Verkehrssicherheit auf Kosten der Fahrer ausgetragen.

Lenkzeit ist Teil der national geregelten Arbeitszeit, die in Deutschland die maximal zugelassene Wochenarbeitszeit nicht überschreiten darf. Tatsächlich werden aber aufgrund fehlender Kontrollen Wochenarbeitszeiten bis zu 80 Stunden und mehr er-reicht, die auf Grund der zum Teil prekären Entlohnung zu sehr geringen Stunden-löhnen führt.

Mit der EU-weiten Festlegung von Lenkzeiten und Überwachung können Wettbe-werbsverzerrungen beseitigt und somit Übermüdung der Fahrer - als eine wesentli-che Verminderung der Siwesentli-cherheit und des Gesundheitsschutzes - unterbunden wer-den.

Gefordert ist:

• eine umfangreichere Straßenkontrolle mit deutlich spürbaren Strafen, um für die Lkw-Fahrer eine Durchsetzungsverbesserung der sozial- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie z.B. Lenk- und Ruhezeiten zu erreichen,

• die Überwachung der zulässigen Geschwindigkeiten,

• der Einsatz mobiler Verkehrskontrollen,

• eine zwingende technische Kontrolle für in- und ausländische Lkw,

• eine flächendeckende Einführung der Mautpflicht für Lkw ab 3,5 t, um den Stra-ßengüterverkehr zu reduzieren bzw. eine Verlagerung auf die Schiene oder das Binnenschiff zu erreichen.

An dieser Stelle ist noch einmal darauf zu verweisen, dass eine Verbesserung der Arbeitsdingungen für Fahrer nicht unbedingt neue Gesetze und Verordnungen erfor-dern, sondern in erster Linie die Einhaltung und Durchsetzung bestehender Rege-lungen. Dies wird nur erreicht werden können, wenn in verstärktem Ausmaß Kon-trollen durchgeführt werden. Dabei kommt den KonKon-trollen auf der Straße zentrale Bedeutung zu, denn die Gefahr des Abstellens des Fahrzeuges bewirkt erfahrungs-gemäß, dass die Fahrtaufträge an die Fahrer so gestaltet werden, dass diese inner-halb der zulässigen Lenkzeit durchgeführt werden können.

8 Situation der Sicherheit und des Gesundheits-schutzes im Transportgewerbe

Die Fahrer stehen bei der Bilanzierung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes im Speditionsgewerbe im Mittelpunkt. Im Gliederungspunkt 3.1 „Veränderung des traditionellen Aufgabenspektrums“ wurde dokumentiert, wie sich ihre Arbeitssituation in den letzten Jahren verändert hat.

Die Anforderungen an eine Transportdienstleistung unterliegen strikten Normen und Standards durch Einbindung der Transportleistung in Produktionsprozesse.

Die Arbeit der Fahrer hat sich die der Industriearbeit angenähert. Sie ist geprägt durch geringe Dispositionsspielräume, exakte Terminbindung, gleichförmige Arbeits-aufträge und eine kontinuierliche Kontrolle und Überwachung.

Gefährdet sind die Fahrer durch lange Lenk- und Arbeitszeiten und geringe Zeitre-serven für Ladungs-, Transportsicherung und Fahrzeugkontrolle. Reduziert wird ihre Aufmerksamkeit auf das Fahren durch zusätzliche Informations-, Kommunikations-und Kontrollsysteme in der Fahrzeugkabine, die sie beherrschen müssen, um im vernetzten Gütertransportsystem immer ansprechbar und disponibel zu sein.

Diese Feststellung wird durch eine repräsentative Umfrage des Instituts für Fahr-zeugsicherheit München unterstützt, die im Auftrag des Gesamtverbandes der deut-schen Versicherungswirtschaft bei 3.000 LKW-Fahrern durchgeführt wurde, siehe Gwehenberger, J., Mai 2002. Die durchschnittliche Zeit, die ein LKW-Fahrer am Steuer eines LKW sitzt, beträgt rund 45 Stunden pro Woche, die durchschnittliche Gesamtarbeitszeit - Be- und Entladungsarbeiten etc. inbegriffen - 62 Stunden pro Woche. Die Analyse der Arbeitszeitsystem beim Güterumschlag in dem BAuA - For-schungsprojekt F1881 - Nachrainer, F., u. a.; 2004: „Bilanzierung der Betriebs- und Arbeitszeitsysteme verschiedener Verkehrsträger und ihrer Auswirkungen auf die Si-cherheits- und Gesundheitsschutzziele beim Güterumschlag und der Personenbeför-derung" bestätigt die ermittelten Lenk- und Arbeitszeiten. Ein Drittel der von Nachrai-ner, F., et. al befragten Fahrer gaben Lenkzeiten von über 50 Stunde an, Wochenar-beitszeiten von mehr als 60 Stunden leisteten über die Hälfte der befragten Fahrer.

Im Zeitraum von 1992 - 2000 ist die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschä-den unter Beteiligung von Güterkraftfahrzeugen um 12,8% gestiegen (Statistisches Bundesamt, Wiesbaden und DIW, Berlin, 2000). Diese Daten bestätigen die Gefah-ren- und Gefährdungszunahme der LKW-Fahrer.

Die Arbeitssituation und die Arbeitsbedingungen der LKW-Fahrer und der übrigen Beschäftigten im Transportgewerbe werden entscheidend geprägt durch die Verän-derungen der Wettbewerbssituation am europäischen Verkehrsmarkt.

Aufgrund der sich ständig verschärfenden Wettbewerbsintensität, den tendenziell steigenden Kosten und sinkenden Frachtraten haben die Transportunternehmen Maßnahmen zum effizienteren Einsatz ihrer Betriebsmittel und zur Ausschöpfung al-ler betriebsspezifischen, nicht investitionsintensiven Kostensenkungspotenziale ge-troffen. Viele Transportunternehmen haben ihre technischen und organisatorischen

Rationalisierungspotenziale weitgehend ausgereizt, weitere Kostensenkungen sind damit nur noch über den Faktor Arbeit zu realisieren.

Was bedeutet das für das Fahrpersonal?

Die Unternehmen sind in der Lage, ihre Lohnkosten durch „kreative Arbeitsvertrags-gestaltung“ ihres tarifvertraglich entlohnten, sozialversicherungspflichtigen Fahrer zu reduzieren, zu Lasten des Einkommens und durch Übernahme von Schattenwirt-schaftsmechanismen. Die Konsequenz ist die Zunahme von Schwarzarbeit und ille-galer Beschäftigung sowie verstärkter Einsatz von unqualifiziertem Personal.

Die beschriebenen Tendenzen verweisen darauf, dass im Transportgewerbe der be-triebliche Sicherheits- und Gesundheitsschutz eine eher untergeordnete Rolle spielt bzw. die spezifischen betrieblichen Organisationsformen in vielen Unternehmen gar nicht vorhanden sind. Hinzu kommt, dass das tendenziell schlechter qualifizierte Fahrpersonal häufig nicht in der Lage ist - auch bei Vorhandensein eines betriebli-chen Sicherheitsapparates - die einschlägigen Bestimmungen zu verstehen (häufig auch sprachliche Verständigungsprobleme).