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Sicherheits- und Gesundheitsschutzdefizite im Speditionsgewerbe

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Academic year: 2022

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und Gesundheitsschutzdefizite im Speditionsgewerbe

J. Lange, J. Groth

Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Fb 1056

(2)

- Forschung - Fb 1056

J. Lange J. Groth

Sicherheits- und Gesundheitsschutzdefizite im Speditionsgewerbe

Dortmund/Berlin/Dresden 2005

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Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

Autoren: Dr. Jürgen Lange

Dipl.-Soz.-Wirt Jens Groth

Hamburger Sozialforschungsgesellschaft e. V. (HSFG) Beim Schlump 51, D- 20144 Hamburg

E-Mail: ghsfg@aol.com Internet: www.hsfg.de Umschlaggestaltung

und Fotografik: Angelika Rößler,

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Verlag/Druck: Wirtschaftsverlag NW

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Telefax: (03 51) 56 39 - 52 10

Alle Rechte einschließlich der fotomechanischen Wiedergabe und des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

ISSN 1433-2086 ISBN 3-86509-390-6

(4)

Seite

Kurzreferat...5

Abstract ...6

Résumé ...7

1 Die Situation des betrieblichen Sicherheits- und Gesundheits- schutzes im Speditionsgewerbe ...8

2 Vorgehensweise zur Ermittlung der aktuellen Situation der Sicherheits- und Gesundheitsschutzpraxis in den Speditions- und Transportunternehmen ...10

2.1 Forschungsdesign...10

3 Entwicklungen und Trends im Speditions- und Transportmarkt ...13

3.1 Veränderung des traditionellen Aufgabenspektrums ...13

3.2 Markttrends und Konzentrationsprozesse...13

3.3 Neue Aufgabenteilung in Industrie und Handel...16

3.4 Betriebliche Produktionsprozesse, -organisation und -strategien ...17

3.5 Betriebswirtschaftliche Aspekte ausgewählter Transport- und Logistikunternehmen...21

4 Strukturveränderungen des Speditions- und Transportmarktes durch die Globalisierung ...23

4.1 Unternehmerische Strategien im Speditions- und Transport- gewerbe ...23

4.1.1 Warenflusskette (Supply Chains) im Wandel...23

4.1.2 Prozessorientierung in den Wertschöpfungsnetzen...25

4.1.3 Fusionen und Kooperationen in horizontalen Netzwerken - globaler Netzwerkwettbewerb ...25

4.1.4 E-Business, Kundenintegration und Schnittstellenmanagement...26

4.2 Spezialisierungen im Bereich der Transport- und Logistikdienst- leistungen ...27

4.2.1 Wissensmanagement als Aufgabe für Transport- und Logistik- unternehmen...28

5 Strukturen und Kennziffern des Speditions- und Transport- gewerbes ...29

5.1 Die Struktur des Speditions- und Transportgewerbes...29

5.1.1 Strukturmerkmale des Transportgewerbes ...29

5.1.2 Beschäftigte im Speditions- und Transportgewerbe...31

5.1.3 Betriebsmittel der Speditions- und Transportunternehmen...35

5.1.3.1 Exkurs: Beschreibung des Betriebsmittels Lastkraftwagen...36

5.1.3.2 Die eingesetzten Transportmittel für Güter (Fuhrpark)...37

5.2 Personalstruktur und -qualifikation der Fahrer (Kraftfahrzeug- führer/innen) im Speditions- und Transportsektor ...38

5.2.1 Qualifizierung der (Berufskraft-) Fahrer im Speditions- und Transportgewerbe...40

5.2.2 Fahrertätigkeiten und -qualifikationen im Kurier-, Express- und Paketsektor...42

5.3 Die Arbeitsstätte der im Speditions- und Transportgewerbe beschäftigten Fahrer ...45

6 Sicherheits- und Gesundheitsschutz im Speditions- und Transport- gewerbe ...47

(5)

Gesundheitsschutz ...47

6.2 Die betriebliche Praxis des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes im Speditions- und Transportgewerbe ...48

6.3 Untersuchungsergebnisse und Schlussfolgerungen (Thesen)...49

7 Gefährdungs- und Gefahrenpotenziale für Kraftfahrer...62

7.1 Kontrollrichtlinien der EU ...64

8 Situation der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes im Transportgewerbe...66

8.1 Unfallanalyse des Straßengüterverkehrs ...67

8.1.1 Die Unfallentwicklung im Straßengüterverkehr ...67

8.1.2 Unfallursachen ...70

8.2 Analyse der Krankheitstage und der Arbeitsunfälle im Speditions- und Transportsektor anhand der Daten des BKK Gesundheits- report 2003 ...72

8.2.1 Arbeitsunfähigkeit ...72

8.2.2 Arbeitsunfälle ...75

9 Internationale/Nationale Verordnungen, Richtlinien und Gesetze...79

10 Empfehlungen für den betrieblichen Arbeits- und Gesundheits- schutz ...92

10.1 Umsetzungsstrategien für die Praxis im Speditions- und Transport- gewerbe ...92

11 Ansatzpunkte für eine Modernisierung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes...96

Literatur ...100

Tabellenverzeichnis...105

Abbildungsverzeichnis ...106

Abkürzungsverzeichnis...107

Internetadressen...108

Instrumente...109

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Sicherheits- und Gesundheitsschutzdefizite im Spe- ditionsgewerbe

Kurzreferat

Grundsätzlich gelten Sicherheits-, Arbeits- und Gesundheitsschutzbestimmungen, -gesetze und -richtlinien für alle Unternehmen im Speditions- und Transportgewerbe, auch für den einzelnen Fahrer, der sein eigenes Einmann-Unternehmen betreibt. Ei- ne Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen im überwiegend klein- und kleinst- betrieblich organisierten Transportgewerbe ist jedoch ausgesprochen schwierig, weil die Klein- und Kleinstunternehmen im Gegensatz zu den Großunternehmen, über keine innerbetriebliche Sicherheits- und Gesundheitsschutzorganisation verfügen können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kleinunternehmen zwar vertraglich an die Grossunternehmen gebunden sind, mit ganz konkreten Qualitätsnormen, die bei Nichteinhaltung mittels Bußgeld sanktioniert werden. Die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutznormen aber werden den Subunternehmern z.B. durch enge Routenplanungen und Abladetermine, nur bedingt möglich.

In der Konsequenz vernachlässigen die Klein- und Kleinstunternehmen die Sicher- heits- und Gesundheitsschutzvorschriften, bei gleichzeitiger Akzeptanz prekärer Ar- beitsbedingungen für die Fahrer, um ihre Ergebnisse in einem wirtschaftlichen Rah- men zu halten. So sieht sich z.B. die Berufgenossenschaft für Fahrzeughaltung kaum in der Lage, ihr Klientel wirklich zu erreichen, weil es sich ständig „auf Achse“ befin- det.

Die großen Logistikunternehmen, die sich im globalen virtuellen Netzwerkwettbewerb bewegen, geben sich eigene Verhaltensregeln, sog. Code of Conduct, in denen sie sich verpflichten, die einschlägigen Gesetze, Regeln und Verordnungen zum Schutz der Arbeitnehmer, die in den einzelnen Staaten gelten, zu beachten.

Die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkriterien sind i.d.R. in den Unternehmens- philosophien in Form von Absichtserklärungen formuliert. Die Überwachung erfolgt jedoch immer über die jeweilig zuständigen nationalen Behörden der im virtuellen Netzwerk beteiligten Unternehmen. Da die virtuellen globalen Netzwerke sehr kurz existieren und sich nach Beendigung eines Kundenwunsches auflösen, ist eine wirk- same Kontrolle durch einzelstaatliche Überwachungseinrichtungen sehr erschwert.

Sicherheits- und Gesundheitsschutz ist im Speditions- und Transportbereich eine wichtige human-ressourcenschonende Größe, aber nur außerordentlich schwer zu realisieren.

Schlagwörter:

Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Güterkraftverkehr, Gütertransport, KEP- Dienstleister, Kraftfahrer, Logistik, Logistik-Dienstleister, Prävention, Sicherheits- Management-System, Speditionsgewerbe, Supply-Chain-Management, Transportar- beiter, Unfallschutz

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The shortcomings of safety and health protection in the haulage industry

Abstract

As a matter of principle, the provisions, laws and directives relating to safety, labour and health protection apply for all companies operating in the haulage and transport industry (also for the individual driver running his own one-man company). However, putting the legal requirements into practice in the transport industry, which is organ- ized mainly around small and very small companies, is extremely difficult as, in con- trast to large companies, these companies are unable to draw on an in-company safety and health-protection organization. To make matters more difficult, small com- panies are tied to the larger companies by contract (with very concrete quality stan- dards, failure to observe which results in the imposition of penalties). However, ad- herence to safety and health-protection standards is only possible for sub-contractors to a limited extent as a result, for example, of tight route planning and delivery dead- lines.

As a consequence of this, small and very small companies neglect both safety and health-protection regulations while accepting precarious working conditions for the drivers in order to ensure that they are able to operate on an economically feasible basis. This means, for example, that for the Association for Vehicle Ownership it is virtually impossible to reach its clientele because the drivers are constantly “on the road”.

The major logistics companies, which operate globally in virtual network competition, impose their own codes of conduct, in which they undertake to observe the relevant laws, rules and directives for the protection of employees, as they apply in individual countries.

As a rule, the criteria for safety and health protection are formulated in the corporate philosophy in the form of declarations of intent. However, monitoring is always per- formed via the responsible national authorities of those companies participating in the virtual network. As these virtual global networks only exist for a very short time and are dissolved once a customer’s requirements have been fulfilled, effective monitor- ing by the supervisory institutions of the individual countries becomes very difficult.

Safety and health protection in the haulage and transport industry is an important factor for the wellbeing of the human resources involved, but extremely difficult to im- plement in practice.

Key words:

labour safety, health protection, goods transport, CEP service companies, truck driv- ers, logistics, logistics service providers, prevention, safety management system, haulage industry, supply chain management, transport workers, accident prevention

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Déficits en sécurité et hygiène du travail dans le secteur des activités commerciales de commission de transport

Résumé

Le respect des dispositions de sécurité et d’hygiène sur le lieu du travail, ainsi que l’ensemble des lois et des directives respectives, est obligatoire pour toute activité commerciale de commission de transport (le conducteur indépendant travaillant sans main-d’œuvre y compris). Par rapport aux grandes entreprises, la mise en place des dispositions légales se révèle très difficile avant tout au niveau des activités commer- ciales de commission de transport de taille petite et moyenne, sachant que, pour des motifs différents, les entreprises de taille petite ou moyenne ont du mal à établir un système de gestion de sécurité et d’hygiène documenté. Pire encore, les entreprises de taille petite ou moyenne sont liées par contrat aux grandes entreprises, dans le- quel sont spécifiés les critères, voir les normes de qualité (dont le non-respect est pénalisé par une astreinte sévère) ainsi que le respect des prescriptions en matière de sécurité et d’hygiène du travail. Les itinéraires et les termes de déchargement im- posés sont par contre tels à empêcher une satisfaction totale des normes.

Les entreprises de taille petite ou moyenne s’aventurent alors à négliger les disposi- tions en matière de sécurité et d’hygiène du travail en acceptant à la fois des condi- tions de travail fort dangereuses pour les conducteurs afin de faire rentrer leur résul- tat économique dans un cadre raisonnable. La caisse d’assurance mutuelle des professions d’utilisateur de véhicules par exemple a effectivement du mal à contacter sa clientèle car celle-ci est toujours "en route". Les grandes entreprises de logistique opérant à échelle mondiale faisant face à une compétition virtuelle assistée par le net, ont établi leurs propres pratiques, voir règles de comportement, le Code of Con- duct (code de conduite et d’éthique dans le secteur) s’engageant au respect des lois, règlements et directives touchant la sécurité et l’hygiène des salariés en vigueur dans les différents pays. En générale, les critères de sécurité et d’hygiène sont for- mulés sous forme d'une déclaration d’intention incorporée dans la philosophie d’entreprise. La surveillance des entreprises opérant dans ce réseau virtuel, est par contre réalisée à niveau national par les autorités compétentes. Vu que ces réseaux virtuels, opérant à échelle mondiale, sont caractérisés par une existence souvent passagère, c’est-à-dire ils disparaissent lorsque l’exécution de l’ordre est achevée, se révèle extrêmement difficile la surveillance efficace par les autorités nationales.

Certes, la sécurité et l’hygiène du travail est un sujet important pour le secteur des transports, surtout en vue de son impact positif sur la gestion raisonnable des res- sources humaines, mais elle est très difficile a mettre en place de façon efficace.

Mots clés:

Sécurité du travail, protection de la santé, transport de marchandises par camions, transport des marchandises, prestataire de services courrier, express et colis (CEC), conducteur, logistique, prestataire de services de logistique, prévention, système de gestion de la sécurité, secteur d’activités commerciales de commission de transport, gestion de la chaîne d’approvisionnement, salarié des transports, protection contre les accidents

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1 Die Situation des betrieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzes im Speditionsgewerbe

Die Fragestellung und die Vorgehensweise des Vorhabens „Bilanzierung der Sicher- heits- und Gesundheitsschutzdefizite im Speditionsgewerbe" ergeben sich aus den übergreifenden Problemen im erweiterten Speditionsbereich, dem Logistik- und Transportsektor.

Nach intensiver Befassung mit den branchenspezifischen Gewohnheiten im Spediti- ons-, Transport- und Logistiksektor kann folgendes Fazit gegeben werden:

Der Beitrag, den die einschlägigen Gesetze, Verordnungen und Richtlinien zur Si- cherheit und dem Gesundheitsschutz für die Akteure im Speditionsbereich zu leisten im Stande sind, werden bei weitem nicht ausgeschöpft. Er kann aber durch eine striktere Anwendung, Beachtung und Kontrolle erheblich verbessert werden.

Betrachtet man die Unternehmensstruktur im Speditions- und Transportgewerbe ge- nauer, so ist der Trend in dieser Branche weg von großen Transportunternehmen hin zu Klein- und Kleinstunternehmen ungebrochen. 2002 gehörten bereits 50% Trans- portunternehmen in diese Größenklasse. Diese Unternehmen sind nicht in der Lage, die gesetzlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen auch nur im An- satz zu erfüllen, sie werden einfach ignoriert. Die Konsequenz ist, dass die in diesen Unternehmen beschäftigten Fahrer bzw. Einzelfahrer-Unternehmer Sicherheit- und Gesundheitsschutz als einen abstrakten Wert verstehen, der maximal durch Über- müdungs- oder Verspannungserscheinungen etc. wahrgenommen wird, die durch geeignete Mittel individuell bewältigt werden können.

Eine Sensibilisierung der Akteure in der Transportarbeit auf einen präventiven Si- cherheits- und Gesundheitsschutz wird davon abhängen, inwieweit der Auftraggeber für Transportleistungen bereit ist, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz als Qualitätskriterium für eine Transportdienstleistung bei der Preisgestaltung dieser Dienstleistung angemessen zu berücksichtigen.

Im Transportgewerbe werden die gesetzlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutz- normen als Wettbewerbshindernisse betrachtet, die, wenn sie umgangen werden, zu erheblichen wirtschaftlichen Ergebnisverbesserungen führen, eindrucksvoll belegt durch die Prognos-Studie (2003) „Quantifizierung der Nicht-Einhaltung von Sozial- und Sicherheitsvorschriften auf der Strasse“.

Aus diesem Grunde kommt es darauf an, bereits existierende - die Sicherheit und den Gesundheitsschutz berührende - gesellschaftliche Kontroll- und Unterstützungs- systeme auf ihre präventiven Möglichkeiten hin zu betrachten.

Im Rahmen der Bilanzierung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes im Spediti- onsgewerbe interessiert das Sicherheits- und Gesundheitsschutzsystem unter zwei Aspekten:

• Welche Bewältigungsformen und -inhalte entwickeln sich aus seiner Eigendy- namik heraus?

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• Wo lassen sich unter den gegebenen ökonomischen und politischen Bedingun- gen Ansatzpunkte für eine Verbesserung des Sicherheits- und Gesundheits- schutzes in Richtung auf eine präventive betriebliche Gesundheitspolitik im Transportgewerbe ausmachen?

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2 Vorgehensweise zur Ermittlung der aktuellen Situation der Sicherheits- und Gesundheits- schutzpraxis in den Speditions- und Transport- unternehmen

2.1 Forschungsdesign

Der besondere Charakter des Transport- und Speditionsgewerbes definiert das Vor- gehen und die Auswahl der angewendeten Forschungsmethoden. Das Anliegen des Forschungsvorhabens ist, die aktuell etablierten betrieblichen und überbetrieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzstrukturen im traditionellen Kernbereich des Speditionsgewerbes - den Transport von Gütern - zu analysieren und zu bilanzieren.

Das Forschungsvorhaben befasst sich ausschließlich mit der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz in Transportunternehmen.

Nach eingehender Quellenanalyse zur Situation des Speditionsgewerbes, der Markt- strukturen, der Wettbewerbssituation, der einzelwirtschaftlichen Lage und Ausstat- tung der Unternehmen und der aktuellen Differenzierung dieses Gewerbes in Sekto- ren: dem Logistiksektor, mit wenigen kapitalstarken Logistikdienstleistern, die mittels leistungsstarker Logistik-Netzsysteme global agieren können, und dem Transport- sektor, mit einer Vielzahl reiner Transportdienstleister, wurden die Ergebnisse der Quellenanalysen durch Datenanalysen amtlicher Statistiken und Zahlenwerken zum Speditionssektor, (Logistik und Transport) ergänzt und abgeglichen. Diese Analy- seergebnisse bilden die Grundlage für die weiteren Untersuchungsschritte.

In ausgewählten Transportunternehmen wurden - unterstützt durch entsprechende Leitfäden - Expertengespräche mit Managern, Controllern und Disponenten, offene Interviews mit Transportarbeitern (Fahrern) und Diskussionen mit Betriebsräten durchgeführt. Ergänzt wurde diese empirische Arbeit durch Betriebsbegehungen.

Auf diese Weise ist es gelungen, valide Informationen über die betriebliche Sicher- heits- und Gesundheitsschutzsituation in Transportunternehmen zu erhalten, in de- nen das Fahrpersonal durch einen Betriebsrat vertreten ist.

Nicht nur aus forschungsökonomischen Gründen gestaltete sich der Zugang zur größten Transportunternehmensgruppe, der kleinen und kleinsten Betriebe mit bis zu 3 Fahrzeugen, außerordentlich schwierig, denn bei der größten Gruppe der Trans- portunternehmen sind die Fahrer auch gleichzeitig Unternehmer (Einzelfahrerunter- nehmer), die nach festen Routenplänen ihrer Auftraggeber (i.d.R. Kurier, Eilzustel- lung, Paket - Dienstleister) fahren. Es konnten nur unstrukturierte Pausengespräche mit Fahrern und Einzelfahrerunternehmer aus dieser Gruppe geführt werden. Aus diesem Grunde wurden die erhobenen Informationen durch Literatur- und Internetre- cherchen sowie durch Dokumentenanalysen ergänzt.

(12)

Expertengespräche und Workshops mit Vertretern aus den Unternehmensverbän- den, Berufsgenossenschaften und Gewerkschaften ergänzen die empirisch ermittel- ten Ergebnisse über die bestehenden Probleme der Sicherheit (Unfälle) und die Be- lastungs- und Beanspruchungssituation (Gesundheit) von Transportarbeitern (Fah- rer), besonders der Subunternehmer im KEP-Bereich.

Um Zusammenhänge zwischen den ermittelten betrieblichen und überbetrieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzdefiziten in den Unternehmen, den Arbeitsbedin- gungen und Belastungs- und Beanspruchungserfahrungen der Fahrer und die Ursa- chen von Krankheitsverläufen in diesem Berufsfeld zu erkennen, wurden in einem weiteren Schritt die Straßenunfallzahlen, die Arbeitsunfallzahlen und die Beschrei- bungen der Krankheitssituation von Kraftfahrern analysiert.

Beschreibung der Arbeitssituationen und -bedingungen im Transportgewerbe

betriebliche Sicherheits- und Gesundheitsschutz-

organisationen

Stellung und Einbin- dung des Trans- portgewerbes in

moderne Produktions-pro-

zesse

Transportmarkt und seine Segmente

betriebliche Organisation, Prozesse und Strategien

„Human Ressourcen" im Transportgewerbe

Ordnungsrahmen I: Gesetze und Verordnungen Ordnungsrahmen II: Überwachung und Kontrolle

Empfehlungen für betriebliche Sicherheits- und Ge- sundheitsschutz-Managementsysteme und überbe- triebliche Sicherheits- und Gesundheitsschutz-kon-

zepte

Endbericht

Abb. 1 Bearbeitungsschwerpunkte des Forschungsvorhabens

Abschließend wurden die bestehenden Verordnungen, Richtlinien und Gesetze auf ihre Anwendung und ihre Durchsetzbarkeit überprüft und der Praxis gegenüberge- stellt. (Bei der Bearbeitung dieses Untersuchungsschwerpunkt hatten die HSFG es mit einem ungewöhnlichen (sic!) Forschungsphänomen zu tun, die einschlägige Ge- setzgebung überholte sich im Forschungszeitraum des öfteren, und zwang die Bear- beiter, immer wiederkehrenden Überprüfungen der eruierten Gesetzeslage vorzu- nehmen.)

Das Besondere am Sicherheits- und Gesundheitsschutzsystem ist die Tatsache, dass - entgegen gesundheits- und forschungspolitischen Erfordernissen - es nur we-

Workshops

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nig Informationen über seine Struktur, Funktionsweise und erzeugten Wirkungen gibt.

So wurden im zweiten Teil der Untersuchung Transportarbeiter, Fahrer (Fernfah- rer/Kurierfahrer), Disponenten, Controller, Betriebsräte und Sicherheitsfachkräfte nach der Sicherheits- und Gesundheitsschutzpraxis befragt. Ziel der Befragung der betrieblichen „Experten“ ist die Ermittlung von Potenzialen und Ansatzpunkten, um im Rahmen der bestehenden Strukturen und Aufgabenstellungen einen Beitrag zur Lösung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzprobleme im Speditions- und Trans- portsektor zu leisten.

Das Ziel der ist, mittels empirischer Methoden und Instrumenten (Experteninterviews, Fahrerbefragungen, einer Betriebsratsdiskussion und Gruppendiskussionen in meh- reren Transportunternehmen) valide Informationen über typische Sicherheits- und Gesundheitsschutzstrategien zu erhalten und Verteilungsaussagen zu treffen. Aus forschungsökonomischen Gründen wurde auf das Instrument des strukturierten Fra- gebogens verzichtet und dem (mit entsprechenden Nachteilen verbundenen) offenen Interviews und Gruppendiskussionen den Vorzug gegeben.

Wichtig waren die Fragen nach Bewusstsein, Motiven und Einstellungen. Da jedoch das Durchschnittswissen der angestellten Fahrer über die strukturellen Daten des Betriebes und speziell des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes zu gering sind - außer bei den Einzel-Fahrer-Unternehmern - wurden amtliche Statistiken, z.B. aus den BAG-Jahrbüchern und den BKK-Gesundheitsreport analysiert.

An mehreren Befragungsgesprächen und Gruppendiskussionen nahmen insgesamt etwa 100 Transportarbeiter aus 24 Speditions-, Transport und KEP-Unternehmen teil, wobei versucht wurde, die Strukturdaten der Unternehmen zu beachten. Die Be- triebsgrößenklasse mit über 100 Arbeitnehmern ist unterrepräsentiert, hier hatten wir Zugang zu lediglich zwei Unternehmen.

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3 Entwicklungen und Trends im Speditions- und Transportmarkt

3.1 Veränderung des traditionellen Aufgabenspektrums

Die letzte Dekade des 20. Jahrhunderts ist gekennzeichnet durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Umbrüche.

Ziel der Umbrüche ist die Steigerung der Effizienz von Produktion und Verwaltung bei einer gleichzeitigen Vergrößerung von Unternehmen, die weltweit agieren (Global Player) und der Herausbildung großer regionaler Wirtschafträume, die über die rechtlichen Einflussbereiche von Einzelstaaten hinausweisen, (z.B. Europäische Uni- on).

Insbesondere das Speditionswesen, das sich traditionell mit dem Transport und der Behandlung von Gütern befasst, musste sich den wirtschaftlichen und gesellschaftli- chen Strategien anpassen und sich auf die logistische Aufgabe der „Produktion“ und der „Verwaltung“ von Gütern einstellen.

Großunternehmen aus dem Speditions- und Logistiksektor gründen - um ihre inner- betriebliche Flexibilität zu erhöhen - Tochterunternehmen, die in Form von Profit- Center betrieben werden. So z.B. das Hafenumschlagsunternehmen Bremer Lager- haus AG, das als ein global agierendes Logistik- und Güterumschlagsunternehmen, für ihre Kunden unterschiedlichste Transport- und Logistikdienstleistungen erbringt.

So ist ihr Tochterunternehmen BLG Logistics mit dem hamburgischen Handelshaus Tchibo eine strategische Allianz eingegangen. Sie betreiben im Neustädter Hafen für Tchibo Umschlagsläger und distributieren ihre Ware, z.T. durch ein weiteres Toch- terunternehmen, dem Transportunternehmen Paul Günther.

Die Speditions- und Transportunternehmen, die sich im globalen Wettbewerb be- haupten wollen, müssen in der Lage sein, jederzeit unmittelbar individuelle Produkte und Dienstleistungen auf Wunsch eines Kunden herstellen bzw. liefern. Aus diesem Grunde wird sich der zu beobachtende Trend hin zu strategischen Allianzen, flexi- blen Netzwerken und virtuellen Organisationen fortsetzen.

3.2 Markttrends und Konzentrationsprozesse

Die jahrzehntelang vorherrschende Unternehmensstruktur im Speditionsgewerbe verändert sich rapide. Die Branche ist nach wie vor kleinbetrieblich strukturiert, glie- dert sich in einige wenige Logistikdienstleistungsunternehmen und einer Vielzahl von reinen „Trucker-Betrieben“ auf und ist einem sich kontinuierlich verstärkendem ei Konzentrationsprozess unterworfen (siehe Klaus, P., Die „Top 100“ der Logistik; Zu den Marktsegmenten, Marktgrößen und Marktführern in der deutschen Logistikwirt- schaft“, S. 9).

Im wesentlichen beziehen diese Veränderungen auf eine Konzeption von logistischer Rationalisierung mit dem Ziel der Optimierung von Prozessen im Güterverkehrs-

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bzw. Transportwesen. Die Rationalisierung richtet sich auf die Integration und Ver- knüpfung der einzelnen Teilprozesse. Innovative Informations-, Organisations- und Steuerungstechnologien werden eingesetzt. Betroffen von dieser Konzeption sind die Fahrzeuge, Umschlagsanlagen und -mittel, Transportbehälter, Disposition und Steuerung von Gütertransporten sowie die Verkehrsinfrastruktur.

Die entscheidende neue Qualität logistischer Strategien entfaltet sich über die Inte- gration der Transportkette mit den Systemen der Gütererzeugung und Güterverwen- dung. Dabei kommt es zu einer Verschiebung der Schnittstelle zwischen Transport und Produktion von der Laderampe in die Unternehmen hinein, das heißt z.B. pro- duktionsgerechte Anlieferung der Vorprodukte an das Montageband oder die ver- kaufsbereite Belieferung der Verkaufspunkte. Es geht damit um die Gesamtoptimie- rung der kompletten logistischen Kette vom Zulieferer über Rohmateriallager, Ferti- gung, Teilelager, Montage, Fertigwarenlager, Warenverteilung bis hin zum Abneh- mer. Die Beziehung zwischen den Beteiligten wird sukzessive zu einer zunehmend komplexer werdenden logistischen Kette umgestaltet.

Die Transport- und Logistikunternehmen reagieren auf diese Entwicklung. Die be- triebliche Arbeitsorganisation wird neu gestaltet. Das führt zu neuen Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten in der Branche. Transport- und Logistik wird als ein System von ineinandergreifenden Teilsystemen verstanden, die in steigen- dem Maße übergreifende Funktionen und Kompetenzen sowohl hinsichtlich der ein- gesetzten Technologien als auch der Beschäftigten verlangen.

Die häufig als „nachholende Industrialisierung" bezeichnete Entwicklung in der Bran- che (vgl. z.B. Läpple, D., 1993, S. 351) ist dabei kein linearer und einheitlicher Pro- zess, der von einem „vor-industriellen" zu einem „industriellen" Zustand verläuft, son- dern ein zeitlich und sachlich differenzierter Prozess, der in den einzelnen Betrieben und Betriebstypen der Branche in unterschiedlicher Form und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit abläuft (vgl. RKW 1993, S. 1.1-1). Durch diese zeitliche Ungleich- heit ergibt sich auch ein äußerst heterogenes Bild der Branche bezüglich Größe, Tä- tigkeitsfeldern, Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien und Arbeitsorganisation.

Veränderungen finden sowohl bei den „traditionellen“ TUL-Prozessen (Transport, Umschlag, Lagerei sowie Verpackung und Kommissionierung) statt, die ausgeweitet werden in Richtung auf Beschaffungs-, Produktions-, Distributions- und Entsor- gungslogistik, als auch auf der Leitungsebene (Management). Auf dieser Ebene muss eine strategisch-konzeptionelle Orientierung auf das System erfolgen, um z.B.

von dem Paradigmenwechsel in der Produktions- und Unternehmensorganisation, der mit den Stichworten „just-in-time-production“; „lean production“, „out-sourcing“

etc. gekennzeichnet wird, zu profitieren.

Forciert werden die Veränderungsprozesse auch durch die weiter zunehmende In- ternationalisierung des Transport- und Logistik-Sektors und durch die Liberalisierung des Ordnungsrahmens („Harmonisierung“ im Rahmen der Europäischen Union). So wurde zum 01.Juli1998 die Kabotage freigegeben, das heißt, Transportunternehmen, die im Besitz einer sogenannten Gemeinschaftslizenz sind, können in beliebigem Umfang in anderen Ländern der Europäischen Union Transportaufträge annehmen und abwickeln. Auf der anderen Seite führen die technologischen Entwicklungen und

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der damit zusammenhängende Wettbewerbsdruck verstärkt zu Konzentrationspro- zessen.

Die Logistikdienstleister profitieren von den Outsourcingprozessen großer Produkti- on- und Handelsunternehmen. Diese Unternehmen lagern bestimmte Teilbereiche bzw. bisher unternehmensintern erbrachte Dienstleistungsfunktionen aus und verrin- gern damit ihre logistische Leistungstiefe zugunsten der Logistikdienstleister. Logi- stikdienstleistungen sind überwiegend die Distributionslogistik, das Lagerwesen, die Retourenabwicklung und die Beschaffungslogistik, die von den Produktions- und Handelsunternehmen ausgelagert werden. Die Logistikdienstleister werden dadurch zu einer deutlichen Erhöhung ihres Leistungsangebots gezwungen, um den Anforde- rungen ihrer Kunden gerecht zu werden (vgl. Wildemann, H., 1997, S. 37). Durch die vertiefte Übernahme von Logistikaktivitäten großer Unternehmen beschleunigt sich auch die Entwicklung der Logistikunternehmen vom Transporteur zum System- dienstleister.

Bei einer Betrachtung der gegenwärtigen Markttrends und der Konzentrationspro- zesse ist innerhalb des Transport- und Logistik-Dienstleistungsmarktes eine Diffe- renzierung in einzelne Marktsegmente festzustellen. Die jeweiligen Segmente weisen unterschiedliche Marktgrößen auf und unterscheiden sich auch hinsichtlich der Wachstumserwartungen sowie des Konzentrationsgrades. Klaus, P./Müller- Steinfahrt, M., unterscheiden in der GVB-Studie 1997, S. 161 folgende übergeord- nete Segmente:

• „Bulk“ bzw. Haus-zu-Haus-Ladungstransportmärkte; darunter Massengut, all- gemeiner Ladungsverkehr etc.

• Märkte für Stückgut und sonstige umschlagsbedürftige Güter; darunter allge- meine deutsche Stückgutverkehre, Konsumgüterdistribution etc.

• Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP).

• Märkte für Lager-, Umschlags- und sonstige Logistik-Dienstleistungen.

Vielen Segmente bzw. Untersegmente des Transport- und Logistik-Dienstleistungs- marktes sind hoch konzentriert, bei zunehmender Verdichtung. So erzielen z.B. im Bulk-Markt Untersegment „Tank- und Silotransporte“ die „Top 5“-Unternehmen ca.

40% des gewerblichen Segmentumsatzes, die „Top 10“ über 70%. Im Bereich „all- gemeine deutsche Stückgutverkehre“ erzielen die „Top 5“ über 30%, die „Top 10“ ca.

50% Marktanteil.

Am deutlichsten ausgeprägt ist die Konzentration auf dem KEP-Markt. Im Bereich der „Standard-Paketfrachtleistungen“ halten die fünf Anbieter Deutsche Post - WorldNet, DPD (Deutscher Paketdienst), UPS (United Parcel Service), German Par- cel Kooperation und Hermes mehr als 80% der Marktanteile. Die Chancen kleiner Anbieter beschränken sich in diesen Segmenten auf eine Spezialisierung in einzelne Dienstleistungsangebote.

Allgemein verlagert sich die Wachstumsdynamik der Logistik-Dienstleistungen rapide in den Bereich kunden- und branchenspezifischer „Kontrakt“-Dienstleistungen von erhöhter Komplexität. Diese Geschäfte ergeben sich aus der Outsourcing-Tendenz.

Maßgeschneiderte, einmalige und nicht (leicht) austauschbare, deshalb weniger preissensible Leistungen werden angeboten.

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Für die KMU liegt der Wettbewerbsvorteil größere Flexibilität , die es diesen Unter- nehmen ermöglicht, am Markt zu bestehen. Auch vom Outsourcing-Prozess profitie- ren nach dieser Einschätzung überwiegend die KMU. Dies deckt sich mit der Ansicht von (Betzl, K., 1996, S. 6), der bemerkt, dass sich „durch das Outsourcing von La- gerwirtschaft und anderer Logistikdienstleistungen aus der Industrie auch und gerade für leistungsfähige, innovative Speditionen Chancen für neue Geschäfte ergeben“.

Der Bundesverband Spedition und Logistik (BSL) differenziert seine Beschäftigungs- prognose hinsichtlich der unterschiedlichen Segmente und Tätigkeitsbereiche im Verkehrswesen:

„Der scharfe Wettbewerb hat in den vergangenen Jahren große Rationalisierungsan- strengungen der unter starkem Lohnkostendruck stehenden Unternehmen der Bran- che erzwungen. Dabei wurden nicht zuletzt auch Arbeitsplätze abgebaut. Inzwischen führt die Dynamik der Geschäftsentwicklung aber wieder zu einem zusätzlichen Per- sonalbedarf, der jedoch zurückhaltend disponiert wird. Neue Arbeitsplätze entstehen insbesondere durch die Praxis von Industrie und Handel, logistische Dienstleistungen mit personalintensiven Zusatzleistungen (value added Services) an Spediteure out- zusourcen“ (Institut der Deutschen Wirtschaft 2000).

3.3 Neue Aufgabenteilung in Industrie und Handel

Beispiele einer neuen Aufgabenteilung sind das sogenannte Textil-Finishing, bei dem Transport- und Logistikdienstleister nicht nur das Auszeichnen der Ware und den hängenden Transport, sondern sehr oft auch das Aufbügeln und „In-Form-Bringen“

der Ware übernehmen, im Bereich der Tiefkühllogistik ist die regelmäßige selbst- ständige Bestückung der Tiefkühltruhen im Handel üblich geworden, was bei Sai- songeschäften eine größere Rolle spielt. Gerade der Bereich der Lagerverwaltung und der Abverkaufskontrollen im Handel bietet für Transport- und Logistikdienstlei- ster durch neue Kommunikationsmethoden eine erhebliche Chance für die Auswei- tung ihrer Geschäftsmöglichkeiten.

Im weitesten Sinne lassen sich diese Dienstleistungen auch unter Begriffe wie „Third- Party-Logistics“ oder Kontrakt-Logistik subsumieren.

Nach einer BVL-Studie 2004 wird In den nächsten Jahren der internationale Logistik- dienstleistungsmarkt stark oberhalb der Wachstumsraten des EU-Sozialprodukts ex- pandieren. Prognostiziert werden durchschnittliche Zuwächse von 8 bis 10% pro Jahr. Das Gesamtvolumen wird bis zum Jahr 2005 auf rd. 220 Mrd. US-$ ansteigen.

An diesen Zukunftschancen können viele Unternehmen zukünftig als Systemdienst- leister für Industrie und Handel partizipieren. Mittleren Unternehmen bietet sich die Möglichkeit, als Subunternehmen Einzeldienstleistungen für Großunternehmen zu erbringen oder Spezialleistungen zu offerieren.

(18)

3.4 Betriebliche Produktionsprozesse, -organisation und -strate- gien

Logistik ist die Verfügbarkeit des richtigen Gutes, in der richtigen Menge, im richtigen Zustand, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, für den richtigen Kunden, zu den richti- gen Kosten zu sichern. Dieser Ansatz ist für die Ver- und Entsorgung von Unterneh- men und Unternehmensnetzwerken – „Supply Chains“ - ebenso anwendbar wie bei- spielsweise auf den ÖPNV, die Paketzustellung am Samstagvormittag oder militärlo- gistische Fragestellungen.

Tab. 1 Dienstleistungen großer Transport- und Logistikunternehmen

Anbieter Kf Kom Pa Pm POM RL Tp Um Wh Z SCM SRM

Albert Craiss GmbH & Co. KG x x x x x x x x x x x

Arvato Logistics Services GmbH x x x x x x x x x

BAX Global GmbH x x x x x x x x x

CargoLine GmbH x x x x x x x x

Dachser GmbH & Co. KG x x x x x x x x

DHL x x x x x x x x x x

DPD Deutscher Paket Dienst GmbH & Co.

KG x x x x x x x

Exel GmbH x x x x x x x x x x

Gebrüder Weiss GmbH x x x x x x x x

Geis-Group, Geis Industrie- Service GmbH x x x x x x x x x

Geodis Logistics GmbH & Co. KG x x x x x x x x

Hellmann Worldwide Loqistics GmbH & Co.

KG x x x x x x x x x

Hermes Logistik x x x x

Honold Logistik Gruppe GmbH & CO.KG x x x x x x x x x

HOYER GmbH x x x x x x x

Menlo Worldwide Inc. x x x x x x x x x x

Militzer & Manch International Holding AG x x x x x x x x x

Müller - Die lila Logistik AG x x x x x x x x x

Panopa Logistik GmbH x x x x x x x x x

Quehenberger Logistik AG & Co KG x x x x x x x x x x

Ryder Deutschland GmbH x x x x x x x x

Schenker AG x x x x x x x x

Stute Verkehrs-GmbH x x x x x x

Thiel Logistik AG x x x x x x x x x

TNT Logistics Holding B.V. x x x x x x x x x

United Parcel Service x x x x x x x x x

Wincanton Transeuropean Management

GmbH x x x x x x x x x

Kf: Konfektionierung Kom: Kommissionierung Pa: Preisauszeichnung Pm: Palettenmanagement

POM: Purchase Order Management RL: Reserve Logistics

Tp: Transport

Um: Umschlag Wh: Warehousing

Z: Zollabwicklung von Import/Exportverkehren SCM: Supply Chain Management

SRM: Supplier Relationship Management VMI: Vendor Management Inventory

(19)

Die Logistik umfasst in Unternehmen die betrieblichen Organisation, Prozesse und Strategien zur ganzheitlichen Planung, Steuerung, Koordination, Durchführung und Kontrolle aller unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden Güter- und Informationsflüsse. Die Logistik stellt für Gesamt- und Teilsysteme in Unternehmen, Konzernen, Netzwerken und sogar virtuellen Unternehmen prozess- und kundenori- entierte Lösungen bereit. Die Beschaffungs-, Produktions-, Distributions-, Entsor- gungs- und Verkehrslogistik sind dabei wichtige Teilgebiete der Logistik, die in alle Prozessketten und -kreisläufe einfließen.

Tab. 2 Niederlassungen und Beschäftigte großer Transport- und Logistikunter- nehmen

Transport- und Logistikunternehmen Beschäftigte Niederlassungen

global Deutschland Deutschland Europa global gesamt

Albert Craiss GmbH & Co. KG 190 190 2 3 1 6

Arvato Logistics Services GmbH 6.200 3 11 8 22

BAX Global GmbH >11.000 13 45 510 568

CargoLine GmbH 4.500 44 109 3 156

Dachser GmbH & Co. KG 12.000 6.000 67 113 21 201

DHL 150.000 420 4.000

DPD Deutscher Paket Dienst GmbH & Co.

KG

22.000 81 335 416

Exel GmbH 74.000 3.730 30 156 2.050 2.236

Gebrüder Weiss GmbH 3.281 51 40 16 107D=

AU

Geis-Group, Geis Industrie- Service GmbH 1.870 47 47

Geodis Logistics GmbH & Co. KG 22.500 500 13 700 713

Hellmann Worldwide Loqistics GmbH & Co.

KG

5.989 21 123 144

Hermes Logistik 13.000 63

Honold Logistik Gruppe GmbH & CO.KG 650 10 2 12

HOYER GmbH 4.000 1.808 5 42 40 87

Menlo Worldwide Inc. 12.000 12 71 421 504

Militzer & Manch International Holding AG 2.300 31 48 75 154

Müller - Die lila Logistik AG 745 11 5 16

Panopa Logistik GmbH 1.500 18 7 25

Quehenberger Logistik AG & Co KG 1.600 34 51 85D=

AU

Ryder Deutschland GmbH 26.700 1 2 847 850

Schenker AG 38.000 1.100 1.100

Stute Verkehrs-GmbH 700 21 3 2 26

Thiel Logistik AG 9.500 180 120 50 350

TNT Logistics Holding B.V. 37.000 0

United Parcel Service 357.000 14.000 72 11.200 1.748 13.020 Wincanton Transeuropean Management

GmbH

25.000 180 120 50

(20)

Beispiele für logistische Dienstleistungen für den Handel und für die Produkti- on von Gütern

Beispiel 1: Logistikdienstleistungen für den Handel Deutsche Post WorldNet

Die Deutsche Post WorldNet, einer der größten weltweit agierenden Logistikdienst- leister, entwickelt ihr Dienstleistungsangebot in Richtung ganzheitlicher Lösungen (vgl. Appel, F., März 2004, S. 18).

Die Kunden der Deutschen Post kaufen z. Z. einzelne logistische Dienstleistungen und Produkte, das Management ist jedoch zuversichtlich, dass innerhalb eines Pla- nungszeitraumes von 3 - 4 Jahre die logistischen Dienstleistungen bei der Post indu- strialisiert sind, entgegen den Gepflogenheiten des (internationalen) Speditionsge- werbes, das sehr stark händisch betrieben wird. Erreicht werden soll das Ziel durch ein transparentes Informationssystem und durchgängige und verzahnte Netzwerke.

Globale Geschäftsprozesse erfordern ein Matrix-Management, welches eine:

systematische Standardisierung erreichen und kontrollieren muss, und o bessere Raten bei Transportdienstleistern,

o effiziente Prozesse

maßgeschneiderte Logistikdienstleistungen anbieten soll.

o Hightech - Telekommunikation o Fashion - Lifestyle

o Fast-Moving-Consumer-Goods o Health-Care

Die gesamte Logistik und die Transport - Organisation wird über ein Verantwor- tungsmanagement geführt, unter gemeinsamer Entscheidung aller am Dienstlei- stungsprozess Beteiligten, damit ist kein „ich bin Herr im Haus“ mehr möglich.

Beispiel 2: Logistikdienstleistungen für die Fahrzeug-Produktion BMW - Group

Das Unternehmen BMW hat für ihre Kunden in Zusammenarbeit mit ihrem Transport- und Logistikdienstleister eine Built-to-Order - Strategie (BTO) entwickelt, die einen kundenorientierte Vertriebs- und Produktionsprozess (KOVP) ermöglicht.

Die Kunden können noch wenige Wochen vor dem Produktionsstart Änderungswün- sche an ihr Fahrzeug äußern, ohne den Liefertermin zu gefährden.

Prozess der Motorradproduktion

Ein sog. „Online-Ordering“ erfolgt schon im Handel. Der Verkäufer konfiguriert am Bildschirm mit dem Kunden sein Fahrzeug, gleichzeitig erfolgt die Überprüfung der Lieferfähigkeit des Motorrades und des Liefertermins:

• ist ein eingeplantes Motorrad mit der entsprechenden Konfiguration vorhanden?

• am Lager vorrätig?

(21)

• Festlegung des Liefertermins.

Grundlage für den reibungslosen Ablauf des KOVP sind stabile und flexible Produkti- onsversorgungsprozesse:

• Änderungsflexibilität,

• Anbindung der hochspezialisierten Zulieferer und ihrer Sublieferanten (Logistic- Controlling-System),

• optimierte Versorgungsprozesse,

• über ein Matrixmanagement eingebundene Wertschöpfungspartner (Verant- wortung),

• Schaffung eines kontinuierlichen Produktentwicklungsprozesses,

Dabei sind folgende Problemfelder im Supply-Chain-Management zu beachten, da- mit die Produktionsprozesse zuverlässig laufen:

• hohe Transparenz,

• eine klare Kompetenzregelung,

• kurze Durchlaufzeiten,

• absolute Termintreue,

• effiziente Kapazitätsplanung.

Regeln des Produktionsmanagement

Das Produktionsmanagement hat die Aufgabe, Planungssicherheit für eine Produkti- on und Gewährleistung einer optimalen Reihenfolge zu erreichen.

Das entscheidende Element zur Flexibilisierung der Produktion ist die Einbindung der Lieferanten (Logistiker/Transporteur). Konkret wird die Zusammenarbeit mit den Lie- feranten dadurch intensiviert, dass der Hersteller von Gütern ihnen regelmäßig aktu- elle Daten zur Verfügung stellt, insbesondere Prognosen und Produktionspläne.

Teilweise übertragen die Hersteller die gesamte Bestandsverantwortung auf den Lo- gistiker. Mit diesem Verfahren, Supplier Managed Inventory (SMI) genannt, lässt sich eine erhebliche Flexibilisierung der Produktion erzielen. Die Logistiker/Transporteure verpflichten sich, mit kurzen Vorlaufzeiten ausreichend Material für die Produktion bereitzustellen, und tragen somit zu einer flexibleren Produktionssteuerung bei.

Inflexibilität in einem Produktionssystem lässt sich niemals vollständig eliminieren.

Sowohl die Rüstkosten als auch die Lieferzeiten der Lieferanten werden immer grö- ßer als Null sein. Wenn alle Möglichkeiten, die Produktion mit vertretbaren Investitio- nen zu flexibilisieren, ausgeschöpft sind, bleibt nur noch die Möglichkeit, die „Rest- Starrheit“ möglichst intelligent zu managen. Der Schlüssel zum erfolgreichen Um- gang mit der Starrheit ist das Aufstellen von klaren Regeln für die Produktion und den Vertrieb. Sinnvoll sind Regeln, die die Stabilität des Produktionsprogramms - in Bezug auf die Produktionsmenge, -sequenz, und -frequenz fördern.

Durch die Festlegung dieser Regeln wird gleichzeitig verbindlich definiert, wie viel Flexibilität zugelassen wird. Sie basieren auf definierte Rhythmen, Regeln und Pro- zesse, die systematisch optimiert werden. Auf diese Weise lassen sich Vorlaufzeiten in der Planung verkürzen. Die stabilen Pläne und Planungsprozesse sind Ausgangs-

(22)

punkte für kontinuierliche Verbesserungen der Produktionsplanung und somit we- sentlicher Bestandteil eines Planungskonzeptes.

3.5 Betriebswirtschaftliche Aspekte ausgewählter Transport- und Logistikunternehmen

Ein Großteil der Unternehmen in der Speditionsbranche hat in den vergangenen Jah- ren den eigenen Fuhrpark stark zurückgeführt und dadurch seine Wettbewerbsposi- tion auf den europäischen Märkten gesichert bzw. ausgebaut. Nach Angaben der befragten Managern der Speditions-(Logistik-)dienstleister liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Integration ihrer Dienstleistungsangebote in die Produktionsprozesse ih- rer Partner. Diese Strategie ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn die Kundenorientie- rung im Mittelpunkt des eigenen Leistungsspektrums steht.

Nach Angaben der Transport- und Logistikunternehmen (13 KMU) und der Auswer- tung der HSFG zur Verfügung gestellten Bilanzen, stabilisierten sich in den letzten Jahren der Rohertrag bei zuletzt 41,5% der Gesamtleistung bzw. des Umsatzes, wo- zu insbesondere der verstärkte Einsatz von bezogenen Leistungen, also der Einsatz von Subunternehmern für die reine Fuhrleistung, beigetragen hat. Trotz der deutli- chen Umsatzausweitung gelang es den Unternehmen bisher nicht, ihre Personalauf- wandsquote nennenswert zu vermindern. Diese machte immer noch gut ein Viertel des Nettoumsatzes aus.

Deutlich zugenommen haben die Miet- und Leasingaufwendungen, was insbesonde- re in dem verstärkten Anmieten von Lagerflächen begründet ist. Demzufolge redu- zierte sich der EBITDA (= Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) um gut einen halben Prozentpunkt auf zuletzt 5,3% der Nettoerlöse.

Die Speditionsunternehmen investieren sehr stark. Es ist auch keine signifikanten Änderungen bei den Normalabschreibungen auf Sachanlagen festzustellen, so dass sich bei einem ebenfalls weitgehend stabilen Finanzergebnis das zusammengefasste Betriebs- und Finanzergebnis um einen halben Prozentpunkt auf nur noch 1% der Erlöse verminderte. Daher reichte bei den in die Bilanzauswertung einbezogenen Unternehmen der Cash-Flow als Maß der Innenfinanzierungskraft nicht aus, um die Investitionen aus eigener Kraft darzustellen. Insgesamt weiteten sich die Sachanla- gen in Relation zu den gesamten Aktiva leicht auf rd. 48% der Bilanzsumme aus, und auch die Beteiligungen bzw. Anteile an verbundenen Unternehmen wurden um fast 50% auf zuletzt 3,2% der Aktiva erhöht.

Demgegenüber verminderten die Unternehmen ihren Wertpapierbestand und die sonstigen Ausleihungen, was insgesamt auf eine Fortsetzung der Konzentration- stendenzen in der Branche hindeutet. Im Zuge des guten Wachstums wurde ent- sprechend auch das Umlaufvermögen leicht angehoben.

Die im Quervergleich zu anderen Dienstleistungs- und Industrie-Segmenten geringe- re Ertragskraft führte dazu, dass sich die Eigenmittel nach wie vor auf einem relativ niedrigen Niveau befinden, obwohl eine geringfügige Aufstockung im Jahr 2003 stattgefunden hat. Innerhalb der gesamten Passiva waren zwar die Gesamtverbind- lichkeiten in Relation zur Bilanzsumme weitgehend stabil, es war jedoch eine Um-

(23)

schichtung von langfristigen zu kurz- und mittelfristigen Verbindlichkeiten zu beob- achten.

Nach Angaben der Speditions- und Transportunternehmen muss sich langfristig die zur Verfügung stehenden Mittel - Bankverbindlichkeiten oder Eigenkapital - in Relati- on zur Kurzfristverschuldung ausweiten, um sich im Wettbewerb zu behaupten.

Kritisch beobachtet werden die Konzentrationsprozesse in der Transport- und Logi- stikbranche, die sich insbesondere aus die auf dem internationalen Speditions- und Logistikmarkt verschärfenden Wettbewerbsbedingungen begründen.

(24)

4 Strukturveränderungen des Speditions- und Transportmarktes durch die Globalisierung

Insbesondere der internationale Speditions- und Logistikmarkt befindet sich in einem Umbruch. Weltweite Beschaffung und Fertigung sowie die steigenden Warenströme definieren neue Anforderungen an kleine und mittlere Transport- und Logistikdienst- leister. Die Unternehmen müssen in der Lage sein, komplette Logistiklösungen schnell und effizient zu liefern. Dazu ist der Aufbau eines globalen Dienstleistungs- netzwerkes nötig. Dieser Aufbau erfordert jedoch erhebliche Investitionen, so dass nur die großen und leistungsfähigsten Unternehmen den Wandel zum Komplett- dienstleister vollziehen werden.

Für den gesamten Logistikmarkt wird in den nächsten Jahren weiterhin eine dynami- sche Entwicklung prognostiziert. Hierfür sprechen zum einen die weiter zunehmende Globalisierung der Beschaffungs- und Absatzmärkte und die immer stärkere Einbin- dung mittel- und osteuropäischer Staaten in den Inner-EU-Handel, wobei jedoch Deutschland der mit weitem Abstand wichtigste Markt bleiben wird.

Zum anderen wird E-Business im Rahmen einer Multi-Channel-Strategie für Unter- nehmen an Bedeutung gewinnen. Die Logistikbranche erhält zusätzliche Impulse durch den Ausbau des E-Business, der einen steigenden Bedarf an endkundennaher Belieferung impliziert und den Bedarf an kleineren dezentralen Lagerhallen erhöhen wird.

Von dem daraus resultierenden Wachstum im Bereich der kleinteiligen Sendungen werden vor allem Paket-, Kurier- und Expressdienste profitieren. Zukünftig haben insbesondere diejenigen Speditionen überdurchschnittliche Wachstumschancen, de- nen es gelingt, sich als umfassende Logistikdienstleister zu positionieren. Die EU- Osterweiterung erhöht jedoch auch den Wettbewerbsdruck. Die hohen Beförde- rungskosten benachteiligen deutsche Spediteure gegenüber ihren ausländischen Wettbewerbern insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr. In den kommen- den Jahren sind weitere Belastungen durch die Einführung der streckenbezogenen Lkw-Maut zu erwarten. Daher wird es immer wichtiger, den eigenen Fuhrpark weiter zu verringern und den Transport auf Subunternehmer zu verlagern. Diese Transpor- teure müssen ihre Leistungen stärker auf die spezifischen Kundenbedürfnisse zu- schneiden, um eine höhere Kundenbindung zu erreichen.

4.1 Unternehmerische Strategien im Speditions- und Transport- gewerbe

4.1.1 Warenflusskette (Supply Chains) im Wandel

Die Entwicklung im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe ist derzeit maßgeb- lich durch die Individualisierung der Kundenbedürfnisse, die Vernetzung von Unter- nehmen und die Weiterentwicklung von Informationstechnologien geprägt. In der Folge werden sich die Warenflussketten in vielen Branchen grundlegend wandeln.

Starre, unbewegliche Strukturen aus überwiegend stark diversifizierten hochkomple-

(25)

xen Unternehmen verändern sich zu flexiblen, reaktionsfähigen Netzwerke. Nur die- se erhöhte Flexibilität - basierend auf standardisierten Prozessen, Abläufen und In- formationsflüssen - gewährleistet die heute geforderte kurze Reaktionszeit auf Nach- frageveränderungen.

In Netzwerken richten sich Unternehmen durch die Fremdvergabe logistischer Auf- gaben und die Neuverteilung der Wertschöpfung strategisch neu aus, mit tiefgreifen- den Auswirkungen auf die Supply Chains. Die Reduzierung der Fertigungstiefe in vielen Bereichen der Industrie und die fraktale Verteilung von Wertschöpfung und Know-how resultiert in der Notwendigkeit einer intensiveren Zusammenarbeit zwi- schen Herstellern und deren Lieferanten. Dies erfordert ein deutlich höheres Maß an gegenseitigem Vertrauen sowie Kosten- und Ergebnisgerechtigkeit unter den Akteu- ren.

Eine weitere zentrale Herausforderung besteht in der Integration und Abstimmung der in Netzwerken institutionell und geografisch stark fragmentierten Ressourcen und Wertschöpfungsaktivitäten. Dies ist mit enormen technischen, organisatorischen und sozialen Anforderungen verbunden. Die Logistik stellt in diesem Zusammenhang das entscheidende Bindeglied zwischen den Wertschöpfungspartnern dar und ist Grund- voraussetzung für die erfolgskritische Zusammenarbeit verschiedener Wertschöp- fungsstufen. Die Logistik ist damit weiterhin ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.

Der zunehmend unternehmensübergreifende Charakter der Logistik führt dabei in vielen Branchen zu einer Überlagerung von Aufgabenfeldern und zu einer Konkur- renzsituation zwischen verschiedenen Akteuren um die Wahrnehmung ausgewählter logistischer Leistungen. Während sich in nahezu allen Branchen eine weitgehende Fremdvergabe operativer logistischer Leistungen an Logistikdienstleister durchge- setzt hat, werden planerische und koordinierende Logistik-Aufgaben, die mit der Steuerung der Supply Chain im Zusammenhang stehen, vom Handel und von der Industrie bevorzugt selbst wahrgenommen.

In Wertschöpfungsketten, in denen der Hersteller von Produkten („Original Equip- ment Manufacturer“ (OEM)) eine hohe Fertigungstiefe aufweist - wie beispielsweise in der Chemieindustrie - wird aufgrund der hohen Anforderungen an die Prozess- kenntnisse des Herstellers als fokales Unternehmen die Netzwerksteuerung selbst oder durch einen internen Dienstleister übernehmen. Dabei wird die Optimierung des Netzwerkes auf die eigenen Unternehmensprozesse ausgerichtet. Gleiches gilt für Handelsunternehmen, die zudem im Zuge der anhaltenden Konzentrationstendenzen und einer zunehmenden Einflussnahme auf die vorgelagerten Wertschöpfungsstufen ihre dominierende Stellung in der Handels-Supply-Chain weiter ausbauen.

In Wertschöpfungsnetzen, in denen sich die Größen- und Machtverhältnisse auf- grund der Neuverteilung von Wertschöpfungsanteilen hin zu gleichberechtigten Part- nern verändern, ist die Notwendigkeit und die Bereitschaft, nach einem gemeinsa- men Optimum zu suchen, ungleich höher.

Je detaillierter die Aufteilung der Wertschöpfung Netzwerk ausfällt, desto eher bietet sich ein externer Dienstleister für die übergreifende Steuerung. Potenziale für Logi- stikdienstleister als Gesamtsteuerer eröffnen sich deshalb insbesondere in den Be- reichen, in denen durch vertikale Desintegration die Struktur des Netzwerkes einen

(26)

Komplexitätsgrad erreicht hat, der eine interne Steuerung der Supply Chain deutlich erschwert und kein dominierender Partner existiert, der diese Rolle an sich zieht.

4.1.2 Prozessorientierung in den Wertschöpfungsnetzen

Immer bedeutender wird der Wettbewerbsfaktor „Time to Market“. Die effektivste Möglichkeit zur Beschleunigung von Markteinführungen bietet die Verkürzung der Entwicklungszeiten und ein möglichst nahtloser Übergang von der Entwicklung zur Produktion.

Der klassische, sequenziell ablaufende Entwicklungsprozess eines Produktes muss folglich verkürzt werden. Dies führt zunehmend zur Parallelisierung einzelner Ar- beitsschritte. Einen Lösungsansatz zur effektiven Implementierung dieser Strategien bietet die prozessorientierte Organisation der Produktentstehung in Form eines zen- tralen, durchgängigen Entwicklungs- und Anlaufmanagements. Dabei werden inter- disziplinäre Arbeitsgruppen in die abteilungs- und unternehmensübergreifende Steuerung mit Hilfe leistungsfähiger Logistiksysteme einbezogen.

In der Vergangenheit blieben in Produktionsunternehmen häufig solche organisatori- schen Ansätze zugunsten rein technischer Rationalisierungsmaßnahmen (z.B. ver- stärkter EDV-Einsatz) unberücksichtigt. Durch die Prozessorientierung wird der Durchlauf eines Auftrages durch das gesamte Unternehmen abgebildet, unabhängig davon, ob es sich um einen internen Entwicklungs- oder einen externen Kundenauf- trag handelt. Als prozessorientierte Optimierungsmethoden sind zum Beispiel „Si- multaneous Engineering“ oder die prozessorientierte Auftragsabwicklung geeignet.

Produzierende Unternehmen sehen sich weiterhin steigenden Anforderungen hin- sichtlich ihrer Produkte und Geschäftsprozesse ausgesetzt. Kundenansprüche be- züglich Funktionalität und Qualität der Produkte steigen kontinuierlich. Gleichzeitig sinkt jedoch die Bereitschaft, für verbesserte Produkte auch höhere Preise zu zahlen.

Um diesen Veränderungen gerecht werden zu können, ist es erforderlich, neue Pro- dukte nicht nur schnell und effektiv, sondern insbesondere kundenbedürfnisnah zu entwickeln.

4.1.3 Fusionen und Kooperationen in horizontalen Netzwerken - globaler Netzwerkwettbewerb

Angesichts der wachsenden Wettbewerbsintensität und Globalisierung von Unter- nehmenstätigkeiten sehen viele Unternehmen nach wie vor in Fusionen und Über- nahmen eine wesentliche Strategie, um langfristig die eigene Existenz zu sichern.

Dabei unterscheiden sich heute die Gründe für Fusionen grundsätzlich von denen der siebziger und achtziger Jahre, die in der Regel mithilfe der Diversifikation der Unternehmenstätigkeiten auf eine bessere Risikoverteilung abzielten.

Heute wird in vielen Unternehmen die Diversifikation früherer Übernahmen wieder rückgängig gemacht. Die Mehrzahl der Fusionen oder Unternehmenskäufe findet nun unter Branchengleichen statt und dient der Stärkung des alten oder dem Aufbau eines neuen Kerngeschäfts. Etwa ein Viertel aller Zusammenschlüsse ist heute zu- dem grenzüberschreitend. Globale Partner ermöglichen den Zugang zu neuen Res- sourcen und Märkten, die Schaffung einer globalen Präsenz und eine Immunisierung

(27)

gegen ökonomische Krisen in einzelnen regionalen oder nationalen Märkten. Durch den Aufbau globaler Netzwerke können Synergie- und Skaleneffekte in vielen Unter- nehmensbereichen genutzt sowie weitreichende Rationalisierungspotenziale er- schlossen werden.

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass auch Unternehmen in direkter Konkur- renzbeziehung international immer stärker miteinander kooperieren. Neben den Fu- sionen werden diese strategischen Partnerschaften immer wichtiger. Der Schwer- punkt der Zusammenarbeit liegt dabei zumeist auf den Gebieten der Forschung und Vermarktung.

In vielen Branchen zeichnet sich bereits eine deutliche Zunahme von Kooperationen und strategischen Allianzen ab. In multiregionalen Wertschöpfungsketten können Unternehmensnetzwerke ihre Produktionszusammenhänge, Technologie- und Wis- senstransfers, Finanzströme sowie den internationalen Austausch von Waren, tech- nischen Experten und Managern übergreifend koordinieren. Diese Netzwerke erhö- hen dann die Reaktionsgeschwindigkeit auf Markt- und Technologieveränderungen und tragen zu einer Verkürzung der Amortisationszeit des investierten Kapitals bei.

Das Erreichen einer „kritischen Masse“, also einer Größe (bezogen auf den Markt- anteil), die es erlaubt, Fehlleistungen und die daraus entstandenen Kosten während längerer Zeit zu absorbieren, gelingt in einem Netzwerk deutlich schneller als in ei- nem einzelnen Unternehmen. Außerdem gelten grenzüberschreitende Kooperatio- nen als geeignetes Mittel, die rapide steigenden Kosten für Forschung und Ver- marktung der Produkte durch einen weltweiten Absatz zu kompensieren.

4.1.4 E-Business, Kundenintegration und Schnittstellenmanagement

Die größere Heterogenität der Bedürfnisse sowie das zunehmend wechselhafte und situationsbedingte Verhalten der Verbraucher erlaubt Unternehmen heute immer seltener eine statische Zuordnung ihrer Kunden zu Verbrauchergruppen. Als Folge sinkt die Zahl der Märkte, die mit Massenprodukten bedient werden können. Statt dessen werden die Unternehmen dazu gedrängt, die Breite und Tiefe ihres Produkt- programms wesentlich auszuweiten.

Dienstleister („New Economy“), die globale Internetplattformen organisieren, wie z.B.

Intershop setzen mit ihren Strategien auf die direkte Kommunikation mit ihren Kun- den über das Internet und entwickeln neue marktsegmentierende und individualisie- rende Konzepte. E-Business eröffnet diesen Unternehmen nicht nur einen neuen Vertriebskanal, sondern verlagert darüber hinaus die Initiative in den Wertschöp- fungsnetzen zum Endkunden. Das Internet dient als Kundenschnittstelle in der Supply Chain, das durch eine effiziente persönliche Kundenkommunikation - z.B.

durch ein Call Center -ergänzt wird.

Viele Produkte werden heute, beispielsweise im Zuge eines Variantenmanagements, kundenindividuell angepasst (Late-fit-Strategie) oder vollständig auftragsbezogen gefertigt (Build-to-Order-Strategie). Die Strategie des E-Business und insbesondere die zunehmend kundenorientierte Fertigung können dabei gleichzeitig zu einer dra- stischen Senkung von Beständen und zu einer Beschleunigung der Distributionspro- zesse führen. Die Folgen sind verkleinerte Auftrags- und Lieferumfänge sowie ein hoher Anteil von Direktbelieferungen.

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