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UMFANG ABLAUF

Im Dokument Lernort Museum (Seite 86-91)

Museumspädagogische Angebotsgestaltung auf der Makroebene: der Praxisdiskurs

UMFANG ABLAUF

68 8.2.2 Räume

‚Räume’ und die Arbeit in Räumen sind im Vergleich zu anderen Gestaltungsaspekten weniger Thema. In der Handreichung „Best practice“243 wird darauf hingewiesen, dass Angebote sowohl innerhalb des Museums als auch außerhalb stattfinden können. Welche anderen Räume konkret genutzt werden können, wird in dem Dokument nicht ausgeführt.

In den Handbüchern werden insgesamt fünf Räume thematisiert: ‚die Ausstellung’, ‚di-daktische Räume’, ‚inszenierte Spielräume’, der ‚Stadtraum’ und ‚museumspädagogische Werkstätten’.

Tobias Nettke244 stellt in seiner Untersuchung von Führungen in Museumsausstellungen fest, dass die personale Vermittlung raumbasiert sei. Damit meint er, dass sich die Muse-umspädagog*innen mit Teilnehmenden in Gebäuden und Räumen bewegen, die über be-stimmte Eigenschaften und Gestaltung verfügen. Architektonische Elemente, das Arran-gement von Ausstellungselementen oder Gliederungsstrukturen hätten beispielsweise Einfluss auf die Wahrnehmungen der Besuchenden und die Kommunikation zwischen Pädagog*in und Zielgruppe. Unter anderem veranlassten sie, dass sich die Besuchenden in den Räumen permanent neu positionierten und ausrichteten, um Objekte nicht zu decken, Blickachsen offen zu halten oder Störungen von außen bzw. nach außen zu ver-meiden. Damit lässt sich der Gestaltung und Architektur von Ausstellungsräumen eine entscheidende Rolle in der Angebotsgestaltung zuschreiben.

Weschenfelder und Zacharias245 gehen auf didaktische Räume ein. Sie dienten als Rück-zugsbereiche für bestimmte Zielgruppen, die dort arbeiten, sich näher informieren oder aktiv werden könnten. Ziel sei es, „die gegebenen Inhalte und Objekte der Schausamm-lung […] zu aktualisieren, aktiv bearbeitbar zu machen“246.

Einen weiteren Raum museumspädagogischer Vermittlung stellen inszenierte Spiel-räume247 dar. Es handele sich dabei um Räume, in denen z.B. Interaktionen, Tätigkeiten und szenische Darstellungen stattfänden, die sich an den Inhalten des Museums orientier-ten. Die Kinder könnten sich in den Spielräumen frei bewegen und selbst beschäftigen.

243 Vgl. O'NEILLE/DUFRESNE-TASSÉ 2011, S. 4.

244 Vgl. NETTKE 2016a, S. 174; NETTKE 2016b, 33f.

245 Vgl. WESCHENFELDER/ZACHARIAS 1981, S. 298–306.

246 Ebd., S. 298.

247 Vgl. ebd., S. 315–328.

Der Stadtraum wird im Handbuch von Czech et al. thematisiert. Michael Bauereiß248 setzt sich hier mit seiner Nutzung von kulturhistorischen und stadtgeschichtlichen Museen aus-einander. Er stellt fest, dass einerseits ein Ausflug in die Stadt es erleichtere, räumliche Dimensionen deutlich zu machen, die im Museum nur anhand von Plänen, Zeichnungen oder Modellen aufgezeigt werden könnten. Andererseits ließen sich Museumsobjekte re-kontextualisieren, d.h. „realen Orten in der Stadt [zuordnen]“249. Umgesetzt werden könne dies über Fotografien oder Bilder, die am jeweiligen Ort gezeigt werden, sofern Objekte nicht mit in die Stadt genommen würden. Darüber hinaus lasse sich anhand eines Stadt-rundgangs Spuren der Vergangenheit nachgehen (z.B. Straßennamen, Denkmäler, …).

Auch Veränderungen im Stadtbild wie Bau-, Stil- und Architekturgeschichte würden so direkt sichtbar gemacht werden, wenn beispielsweise die Darstellung eines historischen Stadtmodells mit der Wirklichkeit abgeglichen werde.

Astrid Brosch250 geht im Handbuch von Czech et al. explizit auf Werkstatträume ein.

Diese ermöglichten es beispielsweise, außerhalb der Öffnungszeiten der Ausstellung (z.B. bei Schulklassen früh morgens) ein Angebot zu beginnen. Außerdem empfiehlt sie eine unempfindliche Gestaltung der Räume, d.h. beispielsweise keine kostbaren oder sen-siblen Bodenbeläge. Die Räume sollten entsprechend ausgestattet sein (Arbeitsmateria-lien, flexibles Mobiliar, Beleuchtung, …) und über eine adäquate Infrastruktur verfügen (Arbeitsflächen, Wasserzugang, Garderobe, Lagerungsmöglichkeiten von Materialien

…). Aber auch die Lage sei entscheidend: Einerseits sollte für die Unversehrtheit der Exponate ein Sicherheitsabstand zu den Ausstellungsräumen vorhanden sein, andererseits sollten die Laufwege zwischen Werkstatt und Ausstellung nicht zu lang sein. Sie nennt auch die Nähe zu sanitären Einrichtungen, Rettungswege und barrierefreie Zugänge als wichtige Voraussetzungen. Explizit für die Arbeit mit Schüler*innen verweist sie auf Bauvorschriften zur Sicherheit von Kindern.

Insgesamt betrachtet gibt es also ein Bewusstsein dafür, dass museumspädagogisches Ar-beiten in ‚unterschiedlichen Räumen’ stattfindet und stattfinden kann. Dabei werden teils konkrete Vorstellungen hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage, Infrastruktur und Gestaltung geäußert (didaktische und inszenierte Spielräume, Werkstätten). Damit kommt zum Aus-druck, dass davon ausgegangen wird, Räume seien gestaltbar und damit ‚flexibel’. Dem-gegenüber werden der Ausstellungsraum und der Stadtraum hingegen als eher ‚starr’ und

248 BAUEREIß 2014.

249 Ebd., S. 284.

250 BROSCH 2014.

70

unflexibel beschrieben mit der Konsequenz, dass mit bestimmten Gegebenheiten umge-gangen werden muss. Beim ‚Ausstellungsraum’ wird der ‚Einfluss räumlicher Struktu-ren’ auf das Handeln und Agieren der museumspädagogischen Fachkräfte und der Besu-cher*innen hervorgehoben. Beim ‚Stadtraum’ wird lediglich erwähnt, dass ‚zusätzliche Materialien’ mitgenommen werden (können). Daneben werden teils auch ‚Potenziale’ der Räume beschrieben: der Stadtraum dient der ‚thematischen Ergänzung’, der Werkstatt-raum der ‚zeitlichen Flexibilisierung’ und didaktische bzw. inszenierte Spielräume dem

‚Rückzug’ sowie dem ‚freien und selbstständigen Arbeiten’.

RÄUME

flexibel: Gestaltung; Ausstattung; Auswahl der Lage; Infrastruktur (v.a. didaktische Räume; inszenierte Spielräume; Werkstatt)

starr: Architektur; Arrangement von Ausstellungselementen; Gliederungsstrukturen (Ausstellung)

didaktische Räume: Rückzug

inszenierte Spielräume: freies Bewegen, Selbstbeschäftigung

Werkstatt: Flexibilisierung (Nutzung außerhalb der Öffnungszeiten)

Stadtraum: thematische Ergänzung (Verdeutlichung räumlicher Dimensionen, Re-kontextualisierung der Museumsräume; Spuren der Vergangenheit, Nachvollziehen von Veränderungen im Stadtbild)

Abbildung 5: Subkategorie ‚Räume’, qualitative Inhaltsanalyse

8.2.3 Inhalte

Was ‚Inhalte’ betrifft, so lassen sich anhand der Handbücher und Handreichungen ledig-lich abstrakte Aspekte finden, da diese in der Praxis eine fachledig-liche Ausprägung erfahren.

In den untersuchten Publikationen wird vor allem über ‚Auswahlkriterien’ geschrieben.

Nach Nettke251 sollten sich gemäß dem Prinzip der sammlungsspezifischen Vermittlung die Inhalte museumspädagogischer Angebote erstens an der Museumssammlung

251 Vgl. NETTKE 2016b, S. 32.

EIGENSCHAFTEN

POTENZIALE

orientieren. Damit könnten fachspezifische Vermittlungsinhalte sowie fachspezifische und museologische Methoden zum Thema gemacht werden. Zweitens nennt er das Prin-zip der objektangemessenen Vermittlung, nach der zu vermittelnde Inhalte die Bedeutung von Objekten und ihre Strukturen seien. Nach dem Prinzip der Ganzheitlichkeit und der fächerübergreifenden Vermittlung sollten drittens die Inhalte auch entsprechend ausge-richtet sein. Gabi Rudnicki252 sieht als inhaltlichen Ausgangspunkt eines Angebots ein besonderes Exponat oder Thema. Die Handreichung „Best practice“253 empfiehlt, sich der vielfältigen Inhalte einer Museumsausstellung bewusst zu werden. Als Kriterien für die Auswahl der Inhalte werden dort die Erkenntnisorientierung, die Ausstellung, Sammlung oder das Publikum mit seinem Vorwissen und seinen Erwartungen angeführt. Hinsicht-lich der Ausstellung bestünden zudem die MögHinsicht-lichkeiten, sich an ihren Inhalten der Aus-stellung auszurichten, diese auszuweiten oder zu vertiefen, ausAus-stellungsunabhängige In-halte zu entwickeln oder sich politisch-strategisch zur Ausstellung zu positionieren. Der Text legt außerdem nahe, dass bei der Inhaltsauswahl die Qualität und der wissenschaft-liche Autoritätsanspruch mit den Fähigkeiten und Bedürfnissen des Publikums vereinbar bleiben sollten. Wenn die Inhalte ausgewählt sind, sollten sie dynamisch und kohärent im Angebot präsentiert werden. Dies kann beispielsweise entwicklungsgeschichtlich, an-hand einer Erzählung unter Einbindung der Objekte, vergleichend oder typologisch erfol-gen. Die Handreichung „Qualitätskriterien für Museen“254 umreißt die Inhalte museums-pädagogischer Angebote mit der Vermittlung von „Informationen und Erlebnissen“255. Sie sieht ebenso die Sammlungen als „Ausgangspunkt“256 museumspädagogischer Arbeit.

Die Inhalte sollten sich an den Objekten orientieren. Darüber hinaus sollten sie einen Be-zug zur Gegenwart haben, die Möglichkeit bieten, dass Besuchende zu eigenem Handeln animiert werden und ein „Verständnis für die Institution Museum und die jeweilige Fach-wissenschaft“257 ermöglichen. Außerdem werden die Begriffe ‚ganzheitlich’, ‚fächerüber-greifend’, ‚fachwissenschaftliche Methoden’ und ‚Aufgaben, Funktionen, Arbeitsweisen von Museen’ genannt.258

Zusammenfassend werden hier als ‚Inhalte’ museumspädagogischer Angebote ‚Gegen-stände’ – nämlich die Objekte sowie ihre Bedeutungen und Strukturen –, ‚Themen’ wie

252 Vgl. RUDNICKI 2014, S. 64.

253 Vgl. O'NEILLE/DUFRESNE-TASSÉ 2011, S. 10–12.

254 KUNZ-OTT 2008.

255 Ebd., S. 10.

256 Ebd.

257 Ebd.

258 Vgl. ebd., S. 11.

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Methoden, fachspezifische Inhalte, Inhalte der Ausstellung, andere Inhalte und Informa-tionen sowie ‚Erfahrungen’, in diesem Fall Erlebnisse, genannt. Bei der ‚Auswahl dieser Inhalte’ sind unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Diese lassen sich in drei Ka-tegorien einteilen: ‚museumsspezifische’, ‚besucherorientierte’ und ‚didaktische As-pekte’. Zu den ‚museumsspezifischen Aspekten’ zähle ich das ‚Museum als Institution’, die ‚Museumssammlung’, die ‚Fachwissenschaft’, die ‚Ausstellung’ und die ‚Objekte’.

‚Besucherorientierte Aspekte’ sind ‚Interessen’, ‚Fähigkeiten’ und ‚Bedürfnisse’ (u.a.

auch das Bedürfnis nach einem Erlebnis). Außerdem werden noch ‚didaktische Aspekte’

wie ‚Gegenwartsbezug’ (u.a. auch politisch-strategische Positionierung), ‚Handlungsori-entierung’ und ‚Interdisziplinarität’ (fächerübergreifend) genannt.

INHALTE

Gegenstände (Objekte); Themen (fachspezifische Inhalte; Ausstellungsinhalte; aus-stellungsfremde Inhalte; Informationen); Erfahrungen (Erlebnisse)

museumsspezifisch: Museum als Institution; Sammlung; Fachwissenschaft; Ausstel-lung; Objekte

besucherorientiert: Interessen; Fähigkeiten; Bedürfnisse

allgemein pädagogisch-didaktisch: Gegenwartsbezug; Handlungsorientierung; In-terdisziplinarität

Abbildung 6: Subkategorie ‚Inhalte’, qualitative Inhaltsanalyse

8.2.4 Objekte

‚Objekte’ werden in den untersuchten Publikationen mit Ausnahme des Handbuchs von Weschenfelder und Zacharias259 meist nebenher verhandelt, so dass ich mich hier auf Aus-züge aus verschiedenen Artikeln beziehe, die dem Themenfeld ‚Überblick’ angehören.

Bei der Sichtung des Materials fällt als Erstes auf, dass hinsichtlich der Verwendung von Begriffen eine mangelnde Trennschärfe bzw. Begründung vorherrscht: So werden die Begriffe Exponat, Objekt, museales Objekt, Originalobjekt, Museumsobjekt, Original,

259 WESCHENFELDER/ZACHARIAS 1981.

AUSWAHLKRITERIEN

Im Dokument Lernort Museum (Seite 86-91)