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Professionalisierung von Museumspädagog *innen und museumspädagogi- museumspädagogi-schen Mitarbeitenden museumspädagogi-schen Mitarbeitenden

Im Dokument Lernort Museum (Seite 44-68)

Das Forschungsvorhaben

4.1 Professionalisierung von Museumspädagog *innen und museumspädagogi- museumspädagogi-schen Mitarbeitenden museumspädagogi-schen Mitarbeitenden

Untersuchungen zu den Vermittler*innen im Museum finden sich weitaus weniger als Untersuchungen, die sich mit den Besuchenden und deren Verhalten beschäftigen.138 Die bislang durchgeführten Arbeiten setzen sich vor allem mit ‚Professionalisierung’ in der Museumspädagogik auseinander. Dazu möchte ich hier zwei Arbeiten näher vorstellen, da sie wichtige Ergebnisse bereithalten, an die ich mit meiner Arbeit anknüpfen kann.

Jan Braun (2014)139 führte problemzentrierte Interviews mit 14 Museumspädagog*innen aus sechs verschiedenen Kunstmuseen in Deutschland zum professionellen Handeln von Museumspädagog*innen durch, um den Grad, den Status und die Qualität der Professio-nalisierung zu bestimmen. Seine Ergebnisse sind ernüchternd: er kommt zu dem Schluss, dass im Kontext der Museumspädagogik weder von einer Profession noch von professi-onellem Handeln gesprochen werden könne, wenngleich professionelle Momente vorzu-finden seien. Einerseits macht er dies an äußeren Faktoren wie einer mangelnden Aner-kennung und Berücksichtigung innerhalb des Museums fest. Andererseits sieht er auch Defizite bei den handelnden Personen selbst: So stellt er in seinen Interviews fest, dass bei den Befragten ein unterkomplexes Verständnis von pädagogisch kompetentem Han-deln vorherrsche, das oft mit sozialen Kompetenzen gleichgesetzt werde. Zudem macht er mangelnde Reflexivität, Prüfung der Vermittlungsinhalte, Forschung und Evaluation aus. Weder in der Theorie noch in der Empirie werde ein theoretisch fundierter Bildungs-begriff verwendet, vielmehr erscheint dieser dort als Worthülse. Darüber hinaus hänge die Qualität der Arbeit von den Zugeständnissen und Strukturen der jeweiligen Einrich-tungen ab und nicht von allgemeinen Qualitätsstandards oder fachlichen Empfehlungen.

Private Mehrleistung werde erwartet, jedoch nicht honoriert. Die Verantwortung verteile sich damit auf einen geringen Teil Festangestellter, während ein großer Teil der Arbeit von Honorarkräften ausgeübt werde, die sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen befänden. Ein für die vorliegende Arbeit besonders relevantes Ergebnis seiner Untersu-chung ist die Diagnose einer mangelnden museumspädagogischen Expertise in der Pra-xis. Vor allem Alltagstheorien und die Erfüllung fachlicher Prioritäten anderer Diszipli-nen spielten demnach eine große Rolle. Nur bei Bedarf werde museumspädagogisches Fachwissen angelesen. Auch die defizitäre Forschungslage sei ein Zeichen für mangelnde Professionalisierung. Mit dieser Forschungsarbeit leistet Braun insofern einen wichtigen

138 Siehe auch ebd., S. 110.

139 BRAUN 2014.

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Beitrag für die vorliegende Arbeit, als er relevantes Hintergrundwissen für die Angebots-gestaltung herausarbeitet.

Die Studie von Edward Taylor, Amand Neill und Richard Banz (2008)140 untersuchte, wie museumspädagogische Mitarbeitende an Museen der Mittelatlantikstaaten in den USA ihre Praxis wahrnehmen. Ziel war es herauszuarbeiten, wie der nicht-formale Kontext des Museums die pädagogische Praxis beeinflusst. Hierzu befragten die Autor*innen elf mu-seumspädagogische Mitarbeitende aus Kunst- und historischen Museen halbstandardi-siert und beobachteten ihre praktischen Tätigkeiten. Darüber hinaus baten sie Besu-cher*innen mittels eines Fragebogens um ein Feedback zu den Angeboten und den wahr-genommenen Lerneffekten. Die Untersuchung fokussierte ausschließlich auf museums-pädagogische Angebote für Erwachsene. Alle Befragten wurden aufgrund ihres Exper-tenwissens vom Museum eingestellt; sie verfügten über keinerlei pädagogische Ausbil-dung. Kern der Untersuchung waren die Interviews mit den Mitarbeitenden, die auf Basis von Beobachtungen entwickelt wurden. Hier wurde nach ihren Überzeugungen hinsicht-lich des Vermittelns und Lernens gefragt.

Ein Ergebnis der Interviews ist, dass die Befragten sich durchweg als „storytellers“141 be-greifen, da sie die narrative Struktur der Weitergabe von Informationen, die nicht vorge-schrieben, sondern von ihnen selbst entwickelt wird, betonen. In ihren Ausführungen während der Angebote würden sie meist einer räumlich vorgegebenen Route folgen, in die die Erzählung eingepasst werde, die wiederum meist in Zusammenarbeit mit den Be-suchenden entwickelt werde (z.B. durch Einbinden von Fragen etc.). Als eher problema-tisch wird von den Befragten die kurze Zeit empfunden, die für die Durchführung eines Angebots zur Verfügung stehe, was vor allem bei einem interessierten Publikum zur Her-ausforderung werde. Taylor et al. räumen jedoch ein, dass die museumspädagogischen Mitarbeitenden zu Beginn der Veranstaltung noch besonderen Wert auf die Interessen der Besucher*innen legen würden, jedoch im weiteren Verlauf der Veranstaltung mehr und mehr die eigenen Vermittlungsziele in den Vordergrund rückten: „Although unscripted, epistemologically there is a strong emphasis on the transmission of knowledge, such that certain information had to be conveyed for a successful museum experience.“142 Festste-hende Inhalte dominierten damit nach Taylor et al. die Beziehung zwischen

140 TAYLOR/NEILL/BANZ 2008.

141 Ebd., S. 28.

142 Ebd., S. 32.

museumspädagogisch Mitarbeitenden und Besucher*innen. Die (gemeinsame) Konstruk-tion von Wissen bleibe aus.

Taylor et al. glichen ihre Ergebnisse mit der Konzeption non-formaler Bildung von Alan Rogers143 ab. Dieser geht davon aus, je mehr Flexibilität (z.B. auf die Interessen des Pub-likums einzugehen, ein eigenes Curriculum zu entwickeln, …) und Partizipation der Be-suchenden sowie Kontextualisierung gegeben sei, umso mehr könne man von partizipa-tiver Bildung sprechen, die er als das andere Ende eines Kontinuums der formalen Bil-dung betrachtet. Den empirischen Ergebnissen von Taylor et al. zufolge lässt sich zu Be-ginn der Veranstaltung Partizipation feststellen, wenn nach den Interessen der Besuchen-den gefragt wird. Darüber hinaus seien Besuchende immer dann am Vermittlungsgesche-hen beteiligt, wenn sie die Möglichkeit erhalten, Fragen zu stellen. Im weiteren Verlauf würden die Museumspädagog*innen jedoch einer verborgenen und vorgegebenen Struk-tur folgen, indem sie einen bestimmten Ablauf einhalten und auf einen vorgegebenen Inhalt fokussieren. Letztlich seien dann die Museumsobjekte oder das Gelände bzw. Ge-bäude unabhängig von den Interessen des Publikums ausschlaggebend für den Ablauf der Veranstaltung. Nur in wenigen Museen hätten Besucher*innen die Möglichkeit, etwas anzufassen oder auszuprobieren, geschweige denn Inhalte mitzubestimmen. Damit werde der Partizipation eine Absage erteilt. Was die Kontextualisierung betrifft, so stellen die Autor*innen fest, dass die untersuchten museumspädagogischen Angebote eher standar-disiert als offen seien. Sie kommen zu dem Schluss, dass Museen zwar non-formale Bil-dungseinrichtungen seien, aber noch mehr Forschung dazu betrieben werden müsse, was sie letztendlich von formalen Bildungseinrichtungen unterscheide. In den bisherigen in-ternationalen Publikationen werden freiwillige Teilnahme (free-choice), Spaß und die Unterhaltung des Publikums, zeitliche Begrenztheit und die Übertragung epistemologi-scher Orientierungen angeführt. Lernerzentrierte und unstrukturierte Ansätze sowie die Offenheit für lokale Anforderungen würden nach damaligen Forschungsstand keine Rolle spielen.

Wenngleich es sich hier um eine Studie aus dem amerikanischen Raum handelt, in dem gegebenenfalls andere Rahmenbedingungen herrschen, besteht die Relevanz für das vor-liegende Forschungsvorhaben darin, dass sie die Frage nach non-formaler Bildung in einem museumspädagogischen Kontext aufgreift und damit die Frage berührt, inwiefern Museen tatsächlich anderes Lernen als in der Schule anbieten.

143 ROGERS 2005.

28 4.2 Museumspädagogische Angebote

Zu museumspädagogischen Angeboten existieren im deutsch- und englischsprachigen Raum nur wenige Untersuchungen, die auch die Konzeption und Durchführung in den Blick nehmen. Im Folgenden werde ich die relevanten Studien vorstellen und abschlie-ßend deren Ergebnisse zusammenfassen.

Inga Specht und Marion Fleige (2016)144 nahmen eine zeitlich punktuelle, explorative und felderschließende Programmanalyse vor, um herauszufinden, welche ausstellungsbeglei-tenden Vermittlungsangebote es für Erwachsene gibt und wie diese sich hinsichtlich ihrer Veranstaltungsformen und Formate ausdifferenzieren lassen. Hierzu untersuchten sie exemplarisch die Kölner Museumslandschaft, d.h. insgesamt 487 ausstellungsbegleitende Bildungs-/ Vermittlungsangebote für Erwachsene von 14 verschiedenen Museen. Darun-ter waren vier verschiedene Museumstypen zu finden: Kunstmuseen, historische und/o-der archäologische Museen, kulturgeschichtliche Spezialmuseen und Museen mit volks-kundlichem, heimatkundlichem oder regionalgeschichtlichem Sammlungsschwerpunkt.

Specht und Fleige kommen zu dem Schluss, dass das „eher (systematisch-)rezeptive For-mat ‚Führung’ in verschiedenen Varianten wie Kuratoren-, Restauratorenführung das am häufigsten auftretende ausstellungsbegleitende Bildungsangebot für Erwachsene [ dar-stelle] (N=397, 81,5%)“145. Darüber hinaus böten die Museen mit großem Abstand hin-sichtlich der Häufigkeit von Führungen Seminare und Workshops mit kreativem Ansatz (7,4%) und Gesprächs- und Studienkreise (4,9%) an. Selten würden Exkursionen (1,8%), Filmvorführungen (1,2%), Vorträge (0,8%), Lesungen (0,6%) und Musikveranstaltungen (0,4%) durchgeführt. Die Autorinnen führen das auf die authentischen Objekte im Mu-seum zurück, die vermittelt und zugänglich gemacht werden sollen. Museen schöpften – den beiden Forscherinnen zufolge – „die Breite der Zugänge des systematisch-rezeptiven Bereichs“146 aus. Gleichzeitig räumen sie ein, dass anhand ihres Datenmaterials – nämlich Programmhefte – Angebote wie beispielsweise Audioguides oder App-Applikationen nicht erfasst werden; die Ergebnisse geben hier also nur einen Ausschnitt der Programm-vielfalt wieder.

Relevant ist die Studie für mein Forschungsvorhaben insofern, als sie die erste Pro-grammanalyse in der museumspädagogischen Forschung darstellt und die Gestaltung mu-seumspädagogischer Angebote thematisiert. Allerdings konzentriert sich die

144 SPECHT/FLEIGE 2016.

145 Ebd., S. 195.

146 Ebd., S. 198.

Untersuchung auf Angebote für Erwachsene und hat explorativen Charakter, weshalb ihre Ergebnisse hier nur bedingt berücksichtigt werden können.

Fabian Hofmann (2015)147 untersuchte in seiner Dissertation zur Kunstvermittlung das

„Geschehen zwischen Rezipientengruppe, ästhetischem Objekt und Pädagoge in einem bestimmten Ausstellungskontext“148. Zu drei Fallbeispielen erhob er ethnographische Vi-deodaten und führte teilnehmende Beobachtungen durch. Es handelte sich dabei um die Museumsbesuche zweier Schulklassen unterschiedlicher Altersstufen und einer Kita-gruppe, die an einem Bildgespräch im Rahmen eines angeleiteten Rundgangs an zwei verschiedenen Museen teilnahmen. Die aufgezeichneten Videosequenzen und Beobach-tungsprotokolle wertete er phänomenologisch aus.

Was die Vermittlung betrifft, so kommt er erstens zu dem Ergebnis, dass häufig eine Wissensvermittlung angestrebt werde, die sich sowohl auf die Ausstellungsobjekte als auch das Museums- und Ausstellungswesen allgemein beziehe. Pädagog*innen seien zweitens hauptsächlich damit beschäftigt, die pädagogische Situation herzustellen und aufrechtzuerhalten, um ihre Vermittlungstätigkeiten zum Erfolg zu bringen. Dies gelinge durch die Anordnung der beteiligten Personen im Raum, Sprache, Gestik und (Schein-) Interaktion, Rätsel, Schauspiel, Ermahnung oder Bestrafung. Zudem seien sie damit be-schäftigt, Bedingungen und Rollen mit den Beteiligten immer wieder neu auszuhandeln.

Drittens seien die Pädagog*innen auch daran beteiligt, die Kinder und Schüler*innen für den Museumskontext zu sozialisieren, indem sie beispielsweise dafür sorgen, dass die Exponate nicht angefasst werden. Darüber hinaus stellt Hofmann viertens fest, dass den Vermittlungsweisen keine fachdidaktisch begründete Haltung oder Methode zugrunde liege, sondern eher fachliche, institutionelle Vermittlungsweisen sowie Rollenverständ-nisse und die Alterspassungen. Die Pädagog*innen verstünden sich fünftens als Modera-tor*innen, Ratgeber*innen, die „mit dem Wesen des Museums und dem aus ihrer Sicht richtigen Umgang mit Bildern vertraut [seien]“149, oder nähmen eine Stellvertreter*innen-position ein. So sei einer der Pädagog*innen den Schüler*innen in Habitus und Sprache nahe, hebe sich aber durch sein Wissen von ihnen ab. Sechstens würden bei allen drei Pädagog*innen Varianten des Frontalunterrichts dominieren, die sich laut Hofmann150 dadurch auszeichnen, dass die Gruppe als Einheit behandelt werde und auf individuelle

147 HOFMANN 2015.

148 Ebd., S. 15.

149 Ebd., S. 194.

150 Ebd.

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Bedürfnisse sowie Lern- und Aneignungsformen keine Rücksicht genommen werde. Die Varianten sind das moderierte Gespräch, der monologische Vortrag und die Einführung einer Entschlüsselungstechnik, die dann von den Schüler*innen reproduziert werde. Ein weiteres Ergebnis von Hofmann ist siebtens, dass Original, Materialität, Gegenstandshaf-tigkeit, Präsentationsweise und Wirkung auf den Betrachtenden in allen beobachteten Vermittlungssituationen nicht berücksichtigt würden – was seitens der Teilnehmenden sehr wohl von Bedeutung sei. Hinzu kommt achtens, dass die Vermittlung in diesen Fäl-len eher verbal-kognitiv ausgerichtet sei, körperliche und soziale Erfahrungen unterdrückt würden. Hofmann stellt neuntens fest, dass die untersuchten Angebote durch viele spie-lerische Elemente angereichert würden (Nachstellen, Rollenwechsel, Erkunden, Interak-tion), die in den meisten Fällen didaktischen Zwecken dienten, z.B. zur Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit oder zur Erhöhung der Evidenz bestimmter Vermittlungsinhalte.

Der Autor resümiert, dass der Vermittlungsprozess insgesamt eine komplexe, dynami-sche und kontingente Koordinierung verschiedener Bedürfnisse (Schüler*innen, Mu-seum, Lehrender, Vermittler*in, andere Besuchende, Museumsmitarbeitende) und Rah-menbedingungen (Räume, Objekte) sei, die nicht konfliktfrei ablaufe bzw. ablaufen könne. Zentrales und für ihn bedeutungsvolles Ergebnis seiner Arbeit ist, dass die Aneig-nung der Schüler*innen und Vermittlungsbemühungen der Pädagog*innen different seien, d.h. die Teilnehmenden und die Vermittler*innen aneinander vorbei agieren wür-den. Während die Schüler*innen durch Fragen, Berühren und Assoziationsbildung sich den Kunstwerken annähern würden, versuchten die Pädagog*innen deren Aneignungs-versuche zu unterbinden. Dies liege daran, dass Aneignung und Vermittlung „auf jeweils unterschiedlichen Grundlagen basieren; die Aneignung auf individuellen Bedürfnissen und Interessen, die Vermittlung auf institutionellen Bedingungen und professionellen Überzeugungen und Handlungsweisen“151. Hofmann bemerkt darüber hinaus, dass der Umgang mit dieser Differenz in den drei Beispielen unterschiedlich ausfalle. Zum einen würden längere Phasen der Aneignung gewährt, in denen das Gespräch in Alltagskom-munikation abgleite und Tabus wie die Berührung von Ausstellungsobjekten nicht mehr berücksichtigt würden. Gleichzeitig gebe es aber auch längere Phasen der Vermittlung, in denen der Monolog bzw. das Frage-Antwort-Spiel dominierten, was die Schüler*innen dazu verleite, abzuschweifen und unruhig zu werden, worauf die pädagogische Situation erneut hergestellt werden müsse. Zum anderen komme es zu einer Art Meta-Vermittlung,

151 Ebd., S. 195.

d.h. die Aneignung werde durch Einweisung in die ‚richtige’ Aneignung gesteuert; die Vermittlung erfolge so indirekt. Eine weitere Variante des Umgangs mit der Differenz sei es, die Vermittlung und Aneignung stellvertretend für die Schüler*innen zu vollziehen.

Dies bewirke bei den Schüler*innen, dass sie sich dem Geschehen entzögen. Aneignung finde folglich nur dann statt, wenn Kunstwerke die Schüler*innen stark ansprächen und der Kunstpädagoge sich dann unterstützend einbringe. Hofmann resümiert, dass die Dif-ferenz zwischen Aneignung und Vermittlung nicht aufgehoben, damit aber umgegegan-gen werden könne. Damit stellt der Autor eine Studie vor, die an weniumgegegan-gen Beispielen die museumspädagogische Vermittlung exemplarisch aufzeigt. Seine Ergebnisse geben für die vorliegende Arbeit wichtige Impulse.

Die Geschichtsdidaktikerin Berit Pleitner (2011)152 verglich in ihrer Studie die Vorstel-lungen und EinstelVorstel-lungen zum Museum von Schüler*innen, Lehrenden und Museumspä-dagog*innen. Hierfür interviewte sie 120 Schüler*innen, zwölf Museumspädagog*innen und zehn Lehrende in Großbritannien und Deutschland. Es handelt sich dabei um eine qualitative Studie, mit der keine repräsentativen Aussagen getroffen werden können. Laut Pleitner eigne sie sich jedoch für die Hypothesenbildung153. In ihrem bislang publizierten Aufsatz bezieht sie sich auf Interviews mit zwei Pädagog*innen und Schüler*innen aus Großbritannien. Pleitner versucht zunächst die Bedeutung der Exponate herauszuarbeiten und kommt zu dem Schluss, dass die beiden Pädagog*innen diesen zwei Funktionen zu-schreiben. Erstens seien sie Alleinstellungsmerkmal des Museums, das durchaus zur Ab-grenzung von anderen Lernorten genutzt werde; zweitens würden sie als Medien einge-setzt, „die Zugang zur abstrakten und in der Realität unwiderruflich vergangenen Ge-schichte schaffen“154. Einer der Interviewpartner sieht seine Hauptaufgabe im Vortrag bzw. Gespräch („talk“). Die Exponate binde er in seinen „talk“ ein. Pleitner resümiert hierzu: „Die talks des Museumspädagogen gehen also nicht von den Objekten aus, son-dern diese werden umgekehrt in die Narration eingefügt.“155 Auch die zweite Inter-viewpartnerin bestätigt diesen Eindruck, indem sie darüber berichtet, dass ihr die Expo-nate dazu dienen würden, Informationen zu übermitteln. In der Befragung der Schüler*in-nen ergibt sich für Pleitner ein entsprechendes Bild. Sie stellt fest, dass die Schüler*inSchüler*in-nen

„an keiner Stelle aufgefordert [werden], selbst historische Fragen zu stellen, selbst

152 PLEITNER 2011.

153 Vgl. ebd., S. 37.

154 Ebd., S. 38.

155 Ebd.

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Überreste zu interpretieren oder die Ausstellung als solche zu befragen“.156 Zugleich merkt sie an, dass zwar eine methodische Vielfalt in den Angeboten vorherrsche, diese aber eher motivieren und Aufmerksamkeit aufrechterhalten soll. Pleitner vermisst hier eine fachdidaktische Reflexion über die Methoden. Sie schlussfolgert, dass Museen „nur andere Medien [anbieten] als der Unterricht im Klassenzimmer“157 und damit die Poten-ziale des Museums nicht ausgeschöpft würden.

Pleitner liefert anhand ihrer begrenzten Untersuchung bereits wertvolle Thesen, die in der vorliegenden Arbeit weiterverfolgt werden.

Sandra Dannemann (2010)158 widmete sich in ihrer Forschungsarbeit einem Teilaspekt museumspädagogischer Angebote, den Aktivblättern. Hierbei ging sie ausschließlich qualitativ vor. Neben der Beobachtung von drei Schulklassen der fünften bis siebten Jahr-gangsstufe bei der Arbeit mit Aktivblättern in einem Museum, leitfadengestützer Grup-pendiskussionen mit jeweils fünf Schüler*innen einige Tage nach der Veranstaltung und Expert*inneninterviews mit den betreuenden Lehrkräften holte sie sich weitere fachliche Einschätzung der Aktivblätter von drei Geschichtsdidaktiker*innen, die Erfahrungen im museumspädagogischen Bereich haben. Ziel der Untersuchung war die Erfolgskontrolle solcher Aktivblätter.

Den Geschichtsdidaktiker*innen fiel auf, dass die ausgestellten Objekte in den Aktivblät-tern zu wenig zum Thema gemacht werden. Außerdem stellten sie ebenso wie die befrag-ten Lehrkräfte den Anschluss der Aktivblätter an den Lehrplan infrage. Während die Lehrkräfte diesen für nicht unbedingt notwendig hielten, empfanden die Geschichtsdi-daktiker*innen ihn für überholt. Zudem bemängelten die Wissenschaftler*innen, dass die Förderung der Interpretations-, Medien- und Methodenkompetenz des Faches Geschichte sowie das Bildungspotenzial der Institution Museum in den Aktivblättern nicht ausrei-chend berücksichtigt wird. Aus Perspektive der Schüler*innen sind die Aktivblätter zu textlastig und ließen wenig Raum für eigene Notizen. Darüber hinaus kritisierten sie die Aufgabenformulierungen als nicht immer zielgerichtet. Die Autorin resümiert, dass Auf-gaben, die ohne die Beschäftigung mit den ausgestellten Objekten gelöst werden können, nicht Teil eines Aktivblattes sein sollten. Vielmehr sollten die ausgestellten Objekte im Fokus der Aufgaben stehen. Für besonders wichtig hält sie für die Förderung von Medien-

156 Ebd., S. 43.

157 Ebd.

158 DANNEMANN 2010.

und Methodenkompetenz, Interpretationskompetenz bzw. Analyse- und Deutungskom-petenz sowie geschichtskultureller KomDeutungskom-petenz. Dies bedeutet, dass Arbeitsaufträge so gegeben werden, dass die Objekte als Quellen und Medien der Vergangenheit genutzt werden können, gattungsspezifische Fragen gestellt werden (z.B. „Wer konnte sich dieses Objekt leisten?“), der Gedanke von Inszenierung und Konstrukt von Geschichte integriert wird und auf immanente Kategorien musealer Objekte (z.B. Anschaulichkeit, Originali-tät, AuthentiziOriginali-tät, Aura) verwiesen wird.

Die Forschungsarbeit von Dannemann, die qualitativ angelegt und nur die Aktivblätter an einem Museum untersucht, arbeitet auf dieser Basis heraus, welche Qualitätskriterien aus geschichtsdidaktischer Perspektive bei der Erstellung von Aktivblättern berücksich-tigt werden sollen. Diese sind zum größten Teil auch auf andere museumspädagogische Materialien und Formate übertragbar und liefern damit wertvolle Anhaltspunkte für die vorliegende Untersuchung.

Tobias Nettkes (2010)159 Dissertation ist ebenfalls eine der wenigen Arbeiten, die sich mit Angebotsdurchführungen auseinandersetzt. Er untersuchte dabei Interaktionsmuster mu-seumspädagogischen Personals in insgesamt 26 Führungen zweier naturkundlicher Mu-seen. Seine Studie basierte auf Videoaufzeichnungen sowie Beobachtungen, die er kon-versationsanalytisch auswertete.

Zentrales Ergebnis seiner Arbeit ist die Feststellung, dass in Führungen drei Hauptaufga-ben bearbeitet werden: das Konstituieren einer museumspädagogisch relevanten sozialen Ordnung, das Vermitteln museumspädagogisch relevanter Inhalte und das Lösen der mu-seumspädagogisch relevanten Ordnung. Jede dieser drei Hauptaufgaben werde Nettke zufolge in mehreren Arbeitsschritten vollzogen. Die Konstitution der museumspädago-gisch relevanten Ordnung beinhalte beispielsweise Identifizierung und Zuordnung, Be-grüßung der Gruppe, namentliche Vorstellung, Mandatkundgabe, Themenkonstitution und Definition des gemeinsamen Vorgehens. Museumspädagogisch relevante Inhalte würden durch die Konstitution eines Themenkorpus (Strukturierung relevanter Themen im Gesprächsverlauf und thematische Überleitung) sowie die Konstitution eines muse-umpädagogisch relevanten Raumes (Koordination der Wahrnehmung relevanter Ausstel-lungseinheiten durch die*den Museumspädagog*in sowie Koordination der Sinneswahr-nehmung und Positionierung während der Überleitungen zur nächsten Ausstellungsein-heit) vermittelt. Die museumspädagogisch relevante Ordnung werde durch Initiierung

159 NETTKE 2010b.

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und Vorbereitung der Gesprächsbeendigung, das Aussprechen von Dank und

und Vorbereitung der Gesprächsbeendigung, das Aussprechen von Dank und

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