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Trends in der Verwaltungsmodernisierung

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2.4 Aktuelle Entwicklungen

2.4.1 Trends in der Verwaltungsmodernisierung

Waren die 60er und 70er Jahre durch die Idee eines Sozialstaats charakteri-siert, so trat in den 80er Jahren die neo-liberalistische Staatsauffassung

ver-98 Vgl. KGSt (1996b), S. 9.

99 Vgl. Burgstaller (2002), S. 4; KGSt (2000b), S. 3 und S. 11.

100 Von eventuellen Einsparungen profitiert der Nutzer ebenfalls nicht direkt. Vgl. Überlegungen zu möglichen Anreizsystemen Punkt 4.3.2.

stärkt in den Vordergrund.101 In den letzten Jahren hat sich schließlich das Kon-zept des "aktivierenden Staates" als Leitbild der Staats- und Verwaltungsmo-dernisierung etabliert. Der Grundgedanke des Konzepts ist, dass der Staat in einer aktivierenden Rolle die Gesellschaft fördert, Lösungen für wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme selbständig zu finden und sich fortschrittlich zu entwickeln. Hierzu sind eine neue Verantwortungsteilung, die gemeinsame Pro-duktion von Leistungen über die gesamte Wertschöpfungskette sowie eine In-tensivierung des Dialogs zwischen Staat und Gesellschaft erforderlich.102

Die heutigen Strukturen der öffentlichen Verwaltung sind jedoch noch weit-gehend vom Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten Bürokratiemodells Max Webers geprägt. Zentraler Bestandteil des Bürokratiemodells103 ist die Dicho-tomie-Annahme, d.h. eine klare Trennung von Politik und Verwaltung.104

Die Verwendung des Begriffs "Bürokratie" erfolgt heute nicht immer wertfrei, sondern bringt einen abwertenden Unterton mit sich.105 In einer immer dynami-scheren Umwelt mit erhöhten Anforderungen hinsichtlich Flexibilität und Anpas-sungsfähigkeit stößt das Bürokratiemodell an seine Grenzen. Die Gründe hier-für sind vor allem der gesellschaftliche Wandel zum Ende des 20. Jahrhunderts, das neue politische Umfeld und die Veränderungen des Marktumfeldes mit zu-nehmender Internationalisierung und Liberalisierung.106

101 Vgl. Naschold (1995b), S. 17. Die Grundidee des Sozialstaates ist der Ausgleich sozialer Unterschiede durch die Interventionen des Staates, z.B. durch Sozialwerke, Sozialversiche-rungen und Sozialrecht. Vgl. Schedler und Proeller (2000), S. 13. Der Neo-Liberalismus hin-gegen ist eine Variante der Marktwirtschaft mit den Merkmalen: persönliche Freiheit als Grundnorm, Erwerbsstreben als wirtschaftliche Antriebskraft, Wettbewerb, Forderung nach Einheitlichkeit und Stabilisierung der staatlichen Ordnungspolitik. Die Rolle des Staates im Neo-Liberalismus ist geprägt durch eine Fokussierung auf die staatlichen Kernaufgaben und die Forderung nach einer Re-Privatisierung und Ökonomisierung staatlicher Aufgaben-bereiche. Vgl. Schäfer (1995), S. 139-140.

102 Vgl. von Bandemer, et al. (1995), S. 41-50; Schröder (1995), S. 277-292.

103 Zur organisatorischen Ausgestaltung des Bürokratiemodells siehe beispielsweise Kieser und Kubicek (1992), S. 35-38. sowie Bolman und Deal (1991), S. 47-48 und S. 86-88.

104 Vgl. Vernau (2002), S. 9.

105 So wird die öffentliche Verwaltung als ein "System der organisierten Unverantwortlichkeit"

beschrieben, dass durch ein "System der Budgetverantwortlichkeit" abgelöst werden sollte.

Vgl. Banner (1993), S. 114. Siehe auch Stöbe (1995), S: 177-198.

106 Vgl. Schedler und Proeller (2000), S. 15-31. Reichard stellt fest, dass der Änderungsdruck der öffentlichen Verwaltungen mitunter so groß ist, "[...] dass es mit kleinteiligen Änderun-gen nicht mehr weitergehen kann, sondern dass man etwas grundleÄnderun-gend Neues benötigt [...]", Reichard (1993), S. 3.

Das in den 80er Jahren entwickelte New Public Management (NPM) bildet ei-nen konzeptionellen Rahmen zur Modernisierung und Optimierung der öffent-lichen Verwaltungsführung.107 Galt die öffentliche Verwaltung in der Vergan-genheit als "Aufgabenausführer", so sollte sie in Anlehnung an das NPM heute eher die Rolle des Gewährleisters oder die des Ermöglichers öffentlicher Leis-tungen einnehmen.108 Der Grundsatzgedanke des NPM ist dabei der gesamt-wirtschaftlich ertragsoptimale Einsatz der vorhandenen Ressourcen.109 Sched-ler/Proeller sehen das NPM in der Vision als "[...] Idee der Gestaltung der öf-fentlichen Verwaltung als "menschliche Verwaltung" im Gegensatz zur maschi-nellen, entpersonifizierten Sichtweise im Bürokratiemodell" und stellen klar, dass die Verwaltung an sich keinen Selbstzweck, sondern eine zielgerichtete und eindeutige Mission als Dienstleister für den Bürger zu erfüllen habe.110 Für die Umsetzung des NPM sieht Budäus vier grundsätzliche Voraussetzungen.111 Diese sind:

• Dezentrale Organisationsstrukturen mit entsprechender Budget- und Res-sourcenverantwortung;

• ergebnisorientierte Verfahren und Informationsgenerierung (z.B. Kosten-leistungsrechnung und Controlling);

• Umorientierung im Personalwesen (Intensivierung der Führungsfunktion);

107 Vgl. Schedler und Proeller (2000), S. 5; Bond und Dent (1988), S. 369-385; Koch (2001), S.

275-284. Seit Anfang der 90er Jahre beginnen sich auch in Deutschland die Ansätze des New Public Managements (NPM) zu etablieren. Vgl. Reichard (1993), S. 3-14. Die deutsche Variante des NPM ist das Neue Steuerungsmodell (NSM) für die öffentliche Verwaltung, das von der Kommunalen Gemeinschafsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) für den kommunalen Bereich entwickelt wurde. Vgl. hierzu grundlegend KGSt (1992); KGSt (1993);

KGSt (1995). Aufgrund unklarer theoretischer Grundlagen und fehlender Ansätze zur Aus-gestaltung der politisch-administrativen Steuerung stehen die Ansätze des NPM und des NSM teilweise unter Kritik. Vgl. Vernau (2002), S. 10-11; Jann (1997), S. 97.

108 Vgl. Martindale (1995), S. 12; Schedler und Proeller (2000), S. 15; Reichard (1993), S. 4.

109 Vgl. Koch (2001), S 275. Der Output ist ein Maß für die Effizienz der Leistungserstellung und bildet die Ressourcenebene ab. Das Outcome ist ein Maß für die Effektivität der Leis-tungserstellung und bildet die Zielebene ab. Vgl. Schedler und Proeller (2000), S. 63-64

110 Schedler und Proeller (2000), S. 49-50. Auf strategischer Ebene versucht das NPM durch gezielten Einsatz unternehmerischer und marktwirtschaftlicher Instrumente die Ziele, die Führung und den Leistungsprozess der öffentlichen Verwaltung zu verbessern. Hierbei ste-hen Kundenorientierung, Leistungs- und Wirkungsorientierung, Qualitätsorientierung und Wettbewerbsorientierung im Fokus der Optimierungsmaßnahmen. Vgl. Schedler und Proel-ler (2000), S. 55-72.

111 Vgl. Budäus (1994), S. 55-80.

• Integration von Verfahren, Strukturen und Personal unter Berücksichti-gung der Interdependenzen.

Vergleicht man abschließend die Eigenschaften des Bürokratiemodells mit de-nen des New Public Managements, so zeigen sich grundsätzliche Unterschiede (vgl. Abbildung 2-4).

Eigenschaften des Bürokratiemodells Eigenschaften des New Public Managements

• Strenge Kompetenzordnungmit festen Normen

• Feste Einbindung des Amtes in eine Hierarchie mit einer genauen Umschreibung von Rechten und Pflichten der Ämter und Amtsinhaber

• Grundsätzliche Anwendung des Schriftprinzips

• Strikte Trennung von Amtstätigkeit und Privatsphäre sowie Unterscheidung zwischen Privateigentum und Verwaltungsmittel

• Erfordernis einer Fachausbildung mit entsprechender Fachqualifikation für jedes Amt

Schematischer Verlauf der Karrierelaufbahn aufgrund des Dienstalters und der hauptamtlichen Amtsausführung

• Stringentes Festhalten an einem System von vorgegebenen Regeln zur Sicherstellung eines geregelten Verfahrens

• Orientierung auf ein professionelles und vollverantwortliches Management

• Instrumente und Standards der administrativen Leistungsvermessung und -kontrolle

Verselbstständigung und Dezentralisierung von Verwaltungseinheiten, im Sinne einer Spartenorganisation

• Stärkung des Wettbewerbsgedankens

• Einsatz privatwirtschaftlicher Managementinstrumente und -praktiken

• Größere Disziplin und Sparsamkeit in der Ressourcennutzung

Abbildung 2-4: Vergleich Bürokratiemodell – New Public Management112

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