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Strategische Ausrichtung und Privatisierungsaspekte

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 82-87)

Immobilienmanagement der Länder und Kommunen in Deutschland

3.2 Empirische Untersuchungen zum Immobilienmanagement auf kommunaler Ebene

3.2.2 Ergebnisse der empirischen Untersuchungen in den Kommunen

3.2.2.1 Analyse der Strukturen im kommunalen Immobilienmanagement

3.2.2.1.2 Strategische Ausrichtung und Privatisierungsaspekte

Ergebnisübersicht:

Das kommunale Immobilienvermögen wird von den meisten Kommu-nen vornehmlich als Kostenfaktor wahrgenommen;

bei der Frage, ob die Kommunen die genutzten Immobilien im Eigen-tum halten müssen, zeichnet sich keine mehrheitliche Meinung ab;

obwohl Privatisierungseffekte überwiegend positiv eingeschätzt wer-den, zeigt sich nur eine geringe Realisierung der Privatisierungsmög-lichkeiten.

215 Quellen: Fragebogen 1 – Frage 4.2: "Wie verteilt sich die anteilsmäßige Nutzung des kom-munalen Immobilienbestands über die folgenden Kategorien (geringer, mittlerer oder hoher Anteil)? (Basis Grundstücksfläche)" und Frage 4.3: "Wie verteilt sich die Nutzung der extern vermieteten bzw. verpachteten Immobilien über die folgenden Kategorien (geringer, mitt-lerer oder hoher Anteil)? (Basis Grundstücksfläche)"

Strategische Rolle des kommunalen Immobilienvermögens

Immobilien sind teuer in der Anschaffung, inflexibel im Gebrauch, aufwendig zu verwalten und kostenintensiv in der Bewirtschaftung. Mit diesem Hintergrund sollte das kommunale Immobilienvermögen eine hohe strategische Aufmerk-samkeit erfahren.216 Zur Überprüfung der strategischen Wahrnehmung wurden die Kommunen daher zunächst gefragt, ob sie mit dem Immobilienvermögen eher einen Kostenfaktor, eine strategische Erfolgsressource, einen historischen Bestandteil oder eine stille Reserve verbinden. Das Ergebnis ist in Abbildung 3-21 dargestellt.

n/N = 114/116

Das kommunale Immobilienvermögen ist ...

... ein erheblicher Kostenfaktor, insbesondere für Instandhaltung

und Bewirtschaftung 51%

... ein historischer Bestandteildes kommunalen Vermögens, zukünftig kein Reformbedarf

22%

21%

... eine strategische Erfolgs-ressource, nachhaltige Verwer-tungs-/Managementkonzepte erforderlich

6%

... eine stille Reserve,durch Immobilienverkauf kann kurzfristig Liquidität generiert werden

Abbildung 3-21: Strategische Rolle des kommunalen Immobilienvermögens217

Danach verbindet die Mehrheit der befragten Kommunen (51 Prozent) mit dem kommunalen Immobilienbestand am ehesten einen Kostenfaktor. 21 Prozent betrachtet das Immobilienvermögen als strategische Erfolgsressource und 22 Prozent sehen das Immobilienvermögen lediglich als historischen Bestandteil ohne zukünftigen Handlungsbedarf.

Mit der kostenorientierten Herangehensweise an das Immobilienmanagement ist oftmals passives und reaktives Verhalten verbunden.218 Dies zeigt sich bei-spielsweise darin, dass Wertsteigerungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen und vorbeugende Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen werden.219 Eine Wahrnehmung des Immobilienvermögens als strategische Erfolgsressource

216 Vgl. Audit Commission (2000b), S. 12; Gibson (1994), S. 9-14.

217 Quelle: Fragebogen 1 – Frage 1.2: "Welche der folgenden Aussagen zum kommunalen Immobilienvermögen trifft für Ihre Kommune am ehesten zu?"

218 Vgl. Gibson (1994), S. 9-14.

219 Vgl. hierzu Lundström (1991), S. 3-4; Simons (1993b), S. 49-50.

zeigt hingegen in der Regel auch ein höheres Aktivitätsniveau im Immobilien-management.220

Eigentumsstrategie

Eine Grundsatzfrage des öffentlichen Immobilienmanagements ist: "Muss die öffentliche Hand überhaupt eigene Immobilien besitzen?"221 In der Vergangen-heit gab es für einige Spezialimmobilien keinen Markt und die öffentliche Hand musste sich daher zum Teil selbst versorgen. Heute findet sich hingegen nahe-zu für jeden Immobilientyp, auch für Schulen und Gefängnisse, ein entspre-chender Anbieter.222 Daher ist für die Deckung des eigenen Flächenbedarfs öf-fentliches Immobilieneigentum aus Marktsicht grundsätzlich nicht mehr erforder-lich.223

Abbildung 3-22 zeigt, dass sich diese Sichtweise bei den Kommunen noch nicht vollständig durchgesetzt hat.224 Knapp die Hälfte der befragten Kommunen be-trachtet das Eigentum an den genutzten Immobilien weiterhin als notwendig.

Die andere Hälfte denkt bereits fortschrittlicher und schließt eine vollständige oder überwiegende Trennung vom Immobilieneigentum nicht aus. Die Deckung des eigenen Flächenbedarfs würde dann zukünftig über Fremdanmietungen er-folgen.225

220 Vgl. hierzu die Untersuchungen von Schäfers zum Aktivitätsniveau im Immobilienmanage-ment, Schäfers (1997), S. 237-244.

221 "A starting point [...] is to ask that most fundamental of questions, "why does Local Govern-ment own any property at all?", Wheeler (1993), S. 4.

222 Vgl. Schulze (1998), S. 40. Eine besondere Bedeutung hat dabei die zunehmende Finan-zierung öffentlicher Bauvorhaben durch private Investoren, auch Private Finance Initiative (PFI) genannt. Vgl. hierzu u.a. Rigden und Fisher (1995), S. 41-44; Kapplin und Schwartz Jr. (1988), S. 63-66.

223 Vgl. Abschnitt 2.1, Funktionen des öffentlichen Immobilienvermögens.

224 Zu den genannten Gründen, die gegen eine Fremdanmietung sprechen, gehören z.B. Si-cherheitsaspekte und (verfassungs-)rechtliche Einschränkungen. Vgl. Bau- und Liegen-schaftsbetrieb NRW (2002a), S. 25.

225 Vgl. Schulze (1998), S. 40; Beyerle (2000), S. 6.

n/N = 116/116

Eigentumsstrategie 21%

20%

Nicht-Eigentumsstrategie 31%

28%

ja, die Kommune sollte das Eigentum an allen genutzten Immobilien halten

größtenteils,die Kommune sollte das Eigentum an den genutzten Immobilien überwiegend selbst halten

teilweise, die Kommune muss das Eigentum an den genutzten Immobilien nurin Ausnahmen halten

nein, die Kommune muss zum Erbringen ihrer Aufgaben keine Immobilien im Eigentum halten

Abbildung 3-22: Einschätzung der Notwendigkeit kommunalen Immobilieneigen-tums226

Privatisierungsstand und -möglichkeiten

Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben gewinnt auch im Immobilienmanage-ment zunehmend an Bedeutung.227 Zu den dabei verfolgten Privatisierungs-zielen gehören die Verbesserung von Effizienz und Effektivität, eine stärkere Marktorientierung sowie die Entlastung der öffentlichen Haushalte.228 Zur Ana-lyse des aktuellen Privatisierungsstands im kommunalen Immobilienmanage-ment wird nachfolgend zunächst auf die Einschätzung der Privatisierungsaus-wirkungen und anschließend auf aufgabenbezogene Privatisierungsmöglichkei-ten sowie den jeweiligen Privatisierungsstand eingegangen.

Die Auswirkungen einer möglichen Privatisierung werden vom Großteil der be-fragten Kommunen überwiegend positiv bis neutral eingeschätzt. (vgl.

Abbildung 3-23). Besonders in der Effizienz der Leistungserstellung und der immobilienwirtschaftlichen Flexibilität sehen die Kommunen mehrheitlich Vortei-le einer Privatisierung im VergVortei-leich zur öffentlichen Leistungserstellung. Am schlechtesten werden die Privatisierungsauswirkungen hingegen auf die Mitar-beiterzufriedenheit eingeschätzt. Hier vermuten 29 Prozent der Befragten eine negative Auswirkung.

226 Quelle: Fragebogen 1 – Frage 1.5: "Sind Sie der Ansicht, dass die öffentliche Hand zur Erbringung der kommunalen Aufgaben das Eigentum an den genutzten Immobilien halten muss?"

227 Vgl. Cochran (1998), S. 1; von Weichs (1998), S. 45; McEntee (2000), S. 80-81. Zur Privati-sierung öffentlicher Aufgaben vgl. grundsätzlich Deutsches Institut für Urbanistik (2001).

228 Vgl. Deakin (1996), S. 15.

Effizienz der

Leistungserstellung Nutzerzufriedenheit

12% 63%

25%

Wertsteigerung der Immobilien

9% 65%

26%

Immobilienwirtschaftliche Flexibilität

7%

52% 41%

Mitarbeiterzufriedenheit

29%

15% 56%

n/N = 113/116 5%

56% 39%

positiv

negativ neutral

positiv

negativ neutral negativ neutral

positiv

positiv

negativ neutral neutral

positiv

negativ

Abbildung 3-23: Einschätzung der Privatisierungsauswirkungen229

Obwohl die Auswirkungen einer Privatisierung vornehmlich positiv eingeschätzt werden, zeigt sich bislang nur ein geringer Privatisierungsstand (vgl. Abbildung 3-24).230

Besonders ausgeprägt ist die Differenz zwischen den Privatisierungsmöglich-keiten und dem jeweiligen Privatisierungsstand beim Portfoliomanagement, dem Flächenmanagement, der Instandhaltungsplanung, dem Management von Facility Management Leistungen, dem Energie- und dem Bestandsmanage-ment.

Die Hauptgründe für den geringen Privatisierungsstand finden sich in drei Kate-gorien: Bedenken der Nutzer hinsichtlich Qualität der Leistungen, Probleme bei der Überführung des Personals und der Komplexität der Verträge.231 Während die ersten beiden Punkte sich in ähnlicher Form auch bei Outsourcingdis-kussionen im privaten Sektor wiederfinden, so hat die Vertragsgestaltung im öf-fentlichen Bereich eine besondere Bedeutung. Ein derartiger Vertrag führt erst-mals dazu, dass die öffentliche Hand ihren konkreten Bedarf spezifizieren, d.h.

mit Volumen, Qualität und Terminen hinterlegen, muss. Zusätzlich wünschen

229 Quelle: Fragebogen 1 – Frage 1.7: "Wie schätzen Sie die Auswirkungen einer Privatisierung auf die folgenden Faktoren ein (positiv, neutral oder negativ)?"

230 Vgl. hierzu auch Untersuchungen zur Privatisierung des öffentlichen Immobilienmanage-ments von Hentschel (1995), S. 1-6; Hentschel (1998), S. 8-14.

231 Vgl. RICS (2002), S. 9.

die privaten Kooperationspartner in der Regel lange Vertragslaufzeiten mit zu-gesicherter Leistungsabnahme (Kontrahierungszwang), womit auch eine erhöh-te Abhängigkeit verbunden ist.

Privatisierungsstand Privatisierungsmöglichkeiten

möglich nicht

möglich

nicht

privatisiert Privati-sierung geplant

teilweise privatisiert

voll-ständig privatisiert teilweise

möglich

Privatisierungsstand Privatisierungsmöglichkeiten

Portfoliomanagement (Bewertung, Business Planung, An- und Verkauf) Flächen-Mgmt. (Flächenbedarfsermittlung, Infrastruktur-Plg., Flächenkonzepte) Immobilienverwaltung (Hausverwaltung, Miet-Mgmt., Vertrags-Mgmt.) Architekturleistungen (Planleistungen gemäß HOAI)

Projektsteuerungsleistungen (Steuerungsleistungen gemäß HOAI) Durchführung von Baumaßnahmen (operative Ausführung)

Instandhaltungsplanung (Wartungspläne, Wartungszyklen, Überwachung) Instandhaltungsdurchführung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung) Mgmt. von FM-Leistungen (Ausschreibungen, Vergabe, Qualitätssicherung) Ausführung von FM-Leistungen (Hausmeisterdienste, Reinigungsdienste) Energiemanagement (Beschaffung, Energiekonzepte, Nutzerberatung) Bestandsmanagement (Datenerfassung, Datenanalyse, IT-Systeme)

n/N = 111/116

Abbildung 3-24: Privatisierungsmöglichkeiten und -stand232

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 82-87)