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5.1 Cytosolischer Stress

5.1.2 Targetvalidierung

5.1.2.3 Transporter vermittelte Stressanwort

Entgiftungsprozesse sind Teil der cytosolischen Stressantwort, da nach der hier ver-wendeten Definition Stress entsteht, wenn Stoffe, denen sich die Zelle zu entledigen versucht, in der Zelle verbleiben müssen. Es ist möglich, mit Hilfe von Deleti-onsstämmen mit defekten Entgiftungsprozessen cytosolischen Stress in Hefe zu er-zeugen. An der Plasma- oder Vakuolenmembran sind Proteine lokalisiert, die Sub-stanzen bzw. „Giftstoffe“ aus dem Cytosol exportieren.

Wenn eines der an der Vakuolenmembran lokalisierten Proteine Ycf1p oder Bpt1p defekt ist, erhöht sich die Transfektionseffizienz im Vergleich zum Wildtyp. Während ein Defekt in Ycf1p einen deutlichen Einfluss auf den endozytotischen Transport (Abb. 35) ausübt, ist der Einfluss durch ein defektes Bpt1p auf den endozytotischen Transport gering (Abb. 38). Diese Diskrepanz könnte ihre Ursache darin haben, dass ycf1 noch zusätzlich einen stark gestörten Vakuolenfusionsprozess vorweist (Abb. 36). Es kann aber nicht belegt werden, da die Einflussnahme auf den Vakuo-lenfusionsprozess in bpt1 nicht untersucht wurde.

Die Deletionsstämme snq2, pdr5, pdr10, pdr12, yor1, qdr1 und qdr2 wei-sen eine im Vergleich zum Wildtyp erhöhte Transfektionseffizienz auf (Abb. 35 + Ta-belle 4-13). Folglich nehmen die an der Plasmamembran lokalisierten Proteine Snq2p, Pdr5p, Pdr10p, Pdr12p, Yor1p, Qdr1p und Qdr2p eine Funktion im Transfek-tionsprozess ein. Mit Ausnahme des Deletionsstammes pdr10 (und qdr2, der diesbezüglich nicht untersucht wurde,) ist der endozytotische Transport in diesen Stämme perturbiert, da transportiertes Material nicht in dem Maße in die Vakuole gelangt wie im Wildtyp ohne einen Defekt in einem Entgiftungsprozess. Folglich kann das Verbleiben eines Stoffes im Cytosol die Verzögerung der Endozytose in-duzieren.

Im Ausgleich dafür bietet der Stamm pdr10 (Abb. 39) einen defekten Vakuolenfusi-onsprozess als Erklärung seinen Einfluss auf den TransfektiVakuolenfusi-onsprozess. Eine gerin-ge Veränderung dieses Fusionsprozesses lässt auch der Stamm mit dem unfunktio-nalen Snq2p erkennen. Dies bedeutet, dass der Fusionsprozess nicht einwandfrei funktioniert, falls eines der beiden an der Plasmamembran lokalisierten Proteine ei-nen eigenproduzierten Stoff nicht exportieren kann. Ansäuerungsprozesse intrazellu-lärer Kompartimente sind jedoch nicht von Defekten in Snq2p, Pdr5p oder Qdr1p tangiert.

Die Proteine Pdr5p, Yor1p und eventuell Snq2p sollen eine membranregulierende Funktion als Lipid-Flippase einnehmen [Decottignies et al. (1998), Prasad and Pan-war (2004), Jungwirth and Kuchler (2006)]. Daher könnten Veränderungen in der Plasmamembran ein möglicher Grund für eine verbesserte Transfektionseffizienz sein, die die Vesikelabbindung im ersten Schritt der Endozytose betreffen können.

Exemplarische Untersuchungen in snq2, pdr5, qdr1 zeigen jedoch, dass durch die Abwesentheit der Proteine Snq2p, Pdr5p und Qdr1p die Permeabilität der Membran nicht beeinträchtigt ist. Dies bedeutet, dass die Transfektion in diesen Stämmen zwar über die Endozytose erfolgt, jedoch keine Veränderungen in der Plasmamembran ausgeschlossen sind.

Zum ersten Mal kann eine transfektionssteigernde Wirkung durch Proteine in S. ce-revisiae dokumentiert werden, die an intrazellulären Entgiftungsprozessen beteiligt sind und bislang nicht mit der Endozytose im Zusammenhang stehen. Doch zwei weitere Proteine aus Entgiftungsprozessen werden bereits mit der Endozytose in Verbindung gebracht: das MDRA1 in Dictyostelium, welches die Endozytose um 70% verringert und den pH-Wert in den Endosomen erhöht [Brazill et al. (2001)],

sowie das mitochondrial lokalisierte Transporterprotein Atm1p in Schizosaccharo-myces pombe, welches einen Defekt in der fluid phase Endozytose und im Vakuo-lenfusionsprozess aufweist [Iwaki et al. (2005)].

Schließlich stellt sich die Frage, weshalb Proteine, die der Forschung als „Stören-friede“ auffielen, weil sie durch den Export von Medikamenten die erwünschte Hei-lung verhinderten [Decottignies et al. (1995), Le Crom et al. (2002), Prasad et al.

(2004), Wehrschütz-Sigl et al. (2004), Srikanth et al. (2005)], den Transfektionspro-zess oder den endozytotischen Transport beeinflussen sollen.

Offensichtlich steigt die Transfektionseffizienz, wenn solch ein substratspezifischer Transporter nicht funktional ist. Dies bedeutet, dass ein „Giftstoff“ das Cytosol nicht verlassen kann und sich gerade dort anreichert. Damit würde sich der cytosolische Stress erhöhen, und dies könnte hypothetisch die Transfektionseffizienz erhöhen.

Wenn Quinidin, welches ein Substrat von dem Plasmamembran lokalisierten Qdr1p ist, nicht in gewohntem Ausmaß exportiert werden kann, erhöht sich der intrazellulä-re Stintrazellulä-ress (Abb. 46) und mit ihm die Transfektionseffizienz. An diesem Beispiel kann die Hypothese bestätigt werden. Die den pH-Wert des Cytosols senkende Wirkung von Quinidin [Vargas et al. (2004)] unterstützt die Inhibierung des endozytotischen Transportes [Khalil et al. (2006)]. Damit ergibt sich eine reizvolle Möglichkeit zur Re-gulation von Wirkstoffen durch Inhibitoren. Wird Qdr1p durch eine Substanz inhibiert, kann Quinidin cytosolischen Stress ausüben. Wird er allerdings entfernt, ist der Transporter wieder funktional, und Quinidin wird exportiert. Dadurch geht dann auch seine Wirkung verloren.

Abbildung 46: Darstellung des Einflusses vom intakten und defekten Entgiftungsprozess in Gegenwart vom Stressfaktor Quinidin:

Die Zelle würde solche Transporter jedoch nicht exprimieren, wenn diese nicht im alltäglichen Leben der Zelle benötigt würden. In dem Deletionsstamm pdr12 sind bspw. mehrere metabolische Prozesse inhibiert [Piper et al. (1998)]. Da als

Quinidin Quinidin

Vakuole Vakuole

fektionsmedium ausschließlich eine Saccharoselösung vorliegt und kein „Giftstoff“

von außen in die Zelle eingetragen wird, muss die Substanz aus dem natürlichen Metabolisms der Zelle kommen. Demnach ist die physiologische Funktion der Transporter verantwortlich für die Funktion im Transfektionsprozess.

Nicht jedes Protein wie Cot1p, Atr1p oder Qdr3p, welche alle eine Funktion in unter-schiedlichen Entgiftungsprozessen einnehmen, spielt auch gleichzeitig eine Rolle im Transfektionsprozess. Die Deletionsstämme cot1 und zrc1 zeigen unterschiedli-ches Transfektionsverhalten, indem zrc1 im Gegensatz zu cot1 die Transfektion-seffizienz leicht erhöht (Tabelle 4-13). Auch wenn beide CDF-Transporter teilweise die gleichen Substrate haben [MacDiarmid et al. (2000), MacDiarmid et al. (2002)], nehmen sie offensichtlich in dem Transfektionsprozess unterschiedliche Funktionen wahr. Ebenso transportieren die Proteine Qdr1p, Qdr2p und Qdr3p das gleiche Sub-strat Quinidin. Im Transfektionsprozess sind aber die Funktionalitäten von Qdr1p und Qdr2p entscheidend. Dies könnte bedeuten, dass sie unterschiedliche physiolo-gische Funktionen einnehmen. Da nicht jeder Entgiftungsprozess mit dem Transfek-tionsprozess zusammenhängt, üben nur bestimmte Metabolite der Zelle cytosoli-schen und transfektionssteigernden Stress aus.

Die physiologischen Funktionen von den Transportern, vor allem von denen die an der Plasmamembran lokalisiert sind, blieben in dem natürlichen Metabolismus der Zelle bislang unentdeckt. Auf der Spur zu einer physiologischen Funktion von Snq2p konnte ein Zusammenhang zwischen Glukosetransportern und Snq2p festgestellt werden [Nourani et al. (1997)]. Dabei erlangt die Zelle bei einer Überproduktion von Glukosetransportern trotz der Funktionalität von Snq2p eine Sensitivität gegen 4NQO, welches ein Substrat von Snq2p ist [Decottignies et al. (1995)]. Dies könnte bedeuten, dass eine erhöhte Glukoseaufnahme einen höheren Stress verursacht.

Dieser macht die Aktivität von Snq2p derart notwendig, so dass die Resistenz-Aktivität gegen 4NQO in den Hintergrund tritt. Die gemeinsame Regulation der Ent-giftungsproteine Pdr5p, Snq2p und Yor1p sowie der Glukosetransporter Hxt11p und Hxt9p durch die Transkriptionsfaktoren Pdr1p und Pdr3p ist ein weiteres Indiz dafür, dass eine Induktion von Glukosetransportern auch einen der Resistenz vermitteln-den Transporter erfordern könnte.

Die Suche nach Substraten oder diese Transporter beeinflussenden Substanzen gleicht einer Suche nach der sogenannten „Nadel im Heuhaufen“. Um die Suche einzugrenzen, wurden sowohl Erkenntnisse über die physiologische Funktion der

Transporter als auch darüber, was sie unter Transfektionsbedingungen vor allem zur Verfügung haben, einbezogen. Das Transfektionsmedium besteht ausschließlich aus Saccharose. Demzufolge wird der Hauptvorgang der Zelle aus der Aufnahme der Zucker Glukose und Fruktose und der glykolytischen Verwertung, der Glykolyse, bestehen. Während der Glykolyse akkumulieren ROS wie Methylglyoxal in der Zelle [Wu et al (2004)]. Es verlangsamt das Zellwachstum und induziert die oxidative Stressantwort in Form von Glutathion [Kikuchi et al. (2003), Maeta et al. (2004)].

Zwischen der oxidativen Stressantwort und den die Entgiftungsprozesse regulieren-den Transportern konnte bereits ein Zusammenhang festgestellt werregulieren-den. Die unter-suchten Transporter Snq2p und Ycf1p, aber nicht das verwandte Pdr5p, sollen Funktionen in der Abwehr von ROS-Produzenten einnehmen [Ververidis et al.

(2001), Srikanth et al. (2005)] bzw. bei oxidativem Stress induziert ist [Piper et al.

(1998), Haugen et al. (2004)]. Auf eine Verbindung zwischen den Entgiftungspro-zessen, die durch die Gene SNQ2, PDR5 und YCF1 codiert werden, und der oxida-tiven Stressantwort deutet auch der gemeinsame Transkriptionsfaktor Yap1p hin. In dieser Arbeit wird belegt, dass Snq2p und Ycf1p, im Gegensatz zu Pdr5p, Funktio-nen in der oxidativen Stressantwort gegen H2O2 und gegen eine erhöhte Zuckerkon-zentration (Tabelle 4-14), aber nicht gegen Methylglyoxal einnehmen (Tabelle 4-15).

Demnach erfahren die Stämme snq2 und ycf1 unter Transfektionsbedingungen oxidativen Stress, der jedoch geringer ist als der durch H2O2 verursachte. Das Prote-in Qdr1p ist dagegen Prote-in H2O2- und Methylglyoxal-, aber nicht Zucker induziertem Stress involviert. Dies lässt darauf schließen, dass Methylglyoxal, H2O2 und erhöhte Zuckerkonzentrationen zu unterschiedlichen Arten von oxidativem Stress führen. Die untersuchten Proteine reagieren darauf unterschiedlich. Dies ist ein weiteres Indiz für die spezifischen Funktionsweisen der Proteine. In die Antwort der Abwehr gegen Methylglyoxal sind noch die Proteine Yor1p, Qdr1p und Pdr12p involviert. Dies ist ein Indiz, dass diese Stämme entweder Methylglyoxal aus der Zelle exportieren oder eine Funktion in der Abwehr gegen den aggressive ROS-Produzenten einnehmen.

Während der Glykolyse werden neben dem oxidativem Stress vor allem Säuren wie Pyruvat produziert. Mit steigender Glukosekonzentration wird bis zu einem Maxi-mum, das unter den gegebenen Bedingungen nicht erreicht wird, mehr Pyruvat pro-duziert [Wang et al. (2002)]. Da der Transfektionsprozess u. a. durch den pH-Wert reguliert wird [Mollenhauer et al. (1990), Riechers (2007)], könnte es sein, dass die nicht exportierten oder nicht entgifteten Säuren den pH-Wert des Cytosols verändern

und somit den Transfektionsprozess positiv beeinflussen. Die Eigenschaften von Pdr12p, den Export von kurzkettigen Säuren zu ermöglichen und den Transfekti-onsprozess bei Inaktivität zu verbessern, könnten auf einen Zusammenhang zwi-schen dem Transfektionsprozess und dem Export von organizwi-schen Säuren hinwei-sen [Holyoak et al. (1999), Jungwirth et al. (2006)]. Bei höheren Zuckerkonzentratio-nen ist Pdr12p sogar überexprimiert [Piper et al. (1998)]. Die Hefe Yarrowia schleust die im Krebszyklus, der an die Glykolyse anknüpft, synthetisierte 2-Oxoglutarsäure aus [Stottmeister et al. (1989)]. Daher wurden die Deletionsstämme auf ihre Sensiti-vität auf Pyruvat, 2-Oxoglutarsäure und auf Essigsäure als pH-Regulator untersucht.

Auf Pyruvat oder 2-Oxoglutarsäure reagierte keiner der untersuchten Stämme sensi-tiv. Dies kann daran liegen, dass sie keine Stressfaktoren darstellen müssen, da sie sofort weiterverarbeitet oder auf einem anderen Wege ausgeschleust werden kön-nen [Wang et al. (2002)], aber nicht unter den untersuchten Umständen in der Zelle akkumulieren. Die Proteine Qdr1p und Yor1p spielen eine regulierende Rolle beim Erhalt des pH-Wertes. Wahrscheinlich können in dem Deletionsstamm pdr12, von dem eine sensitive Reaktion auf Essigsäure erwartet wird, andere Mechanismen zur Regulation des intrazellulären pH-Wertes greifen. Wie bereits erwähnt, gleicht die Suche nach Substraten für diese Transporter der Suche nach einer „Nadel im Heu-haufen“.