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Tourismuswirtschaft effizient in tourismuspolitische Ent- Ent-scheidungsprozesse einbinden

C 1.2. Erläuterungen zur Einordnung und Bewertung der Vorschläge

Handlungsempfehlung 3: Tourismuswirtschaft effizient in tourismuspolitische Ent- Ent-scheidungsprozesse einbinden

Eine gemeinsam agierende Tourismuswirtschaft zur Artikulation von Anliegen gegenüber der Politik und die effiziente Einbindung dieser in tourismuspolitische Entscheidungsprozesse sind elementar, um erfolgreiche Tourismuspolitik zu unterstützen. Dies wird insbesondere im Zuge der Corona-Krise deutlich.

Grundsätzlich ist darauf hinzuwirken, dass zu starke Überschneidungen von Tourismusgre-mien und deren Mitgliedern auf Bundesebene vermieden und klare Kompetenz- und Profilbe-schreibungen sichergestellt werden.

3.1. „Tourismusbeirat mit dem Ziel einer aktiveren Beteiligung der relevanten Wirtschafts- und Branchenvertreter weiterentwickeln“:

Eine zeitgemäße Ausrichtung im Sinne von fachlicher Beteiligung wird empfohlen. Der Tourismusbeirat sollte für einen kontinuierlichen Informationsaustausch sorgen mit dem Ziel, politischen Entscheidungen zu aktuellen Fragestellungen und Entwicklungen im Tourismus ein tragfähiges Fundament zu liefern. Dies sollte in Form der Bereitstel-lung der fachlichen Expertise durch Ausarbeitungen und StelBereitstel-lungnahmen erfolgen.

Dies gilt insbesondere für die Evaluierung von gesetzlichen Regelungen hinsichtlich Praktikabilität und wirtschaftlicher Effekte noch vor Gesetzgebung durch die Mitglieder des Beirats. Zu diesem Zweck sollte der Tourismusbeirat fallbezogen unabhängige Ex-pertinnen und Experten beziehungsweise Gutachterinnen und Gutachter hinzuziehen, um Interessenskollisionen aufzulösen.

3.2. „Wissenschaft bei grundsätzlichen Fragestellungen verstärkt einbinden":

Nicht zuletzt die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Krise hat gezeigt, wie not-wendig es wäre, wissenschaftliche Erkenntnisse für gelungene politische Entscheidun-gen zu berücksichtiEntscheidun-gen. Hierzu gehört der wissenschaftliche Nachweis, dass Reisen explizit nicht als Pandemietreiber gesehen werden kann. Ebenso wäre der Einbezug von Konzepten sinnvoll, die darauf wirken das Infektionsgeschehen durch Reisepro-zesse nicht negativ zu beeinflussen oder die Effekte einer intelligenten Besucherlen-kung in touristischen Regionen zum Wohle der erholungssuchenden Gesellschaft auf-zeigen.

3.3. „Stakeholder systematisch in Entscheidungs- und Gesetzgebungsprozesse einbinden“:

Touristische Stakeholder sollten bei der Einholung fachlicher Expertise und der Einbin-dung in EntscheiEinbin-dungs- und Gesetzgebungsprozesse stärker involviert werden. So kann sichergestellt werden, dass die Belange der KMU aus der Tourismuswirtschaft Beachtung finden.

Auf regionaler und lokaler Ebene bedarf es darüber hinaus einer neuen Systematik zur Einbindung der Einwohnerinnen und Einwohner. Hier sollten Lösungs- und Partizipati-onsprozesse zur Vorbereitung von Entscheidungen systematisch unterstützt werden.

Dies bedeutet die Nutzung von Möglichkeiten der Information bis zur Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel durch zentrale Transparenzportale,

Bürgerforen, Bürgerpanels oder auch die Onlinekommentierung von Regelungsent-würfen. Ein Schwerpunkt sollte zukünftig auf die digitale Vernetzung im Sinne der e-Partizipation gelegt werden (Deutscher Bundestag, 2018).

C 2.9.2. Zeiträume, Verantwortlichkeiten & Bewertung32

Vorschläge zum Aktionsplan Zeiträume Verantwortlichkeit Wirkung &

Relevanz

Kosten-Nutzen-Relation Handlungsempfehlung 1: Tourismuspolitik institutionell stärken

1.1. „Tourismusspezifische institu-tionelle Kapazitäten auf Ministeri-umsebene aufstocken, Unterabtei-lung „Tourismus“ etablieren und in-terministerielle Zusammenarbeit stärken“

Dauerhaft Bund Hoch Gut

1.2. „Think Tank zur

Zukunftssi-cherung gründen“ Langfristig Bund Hoch Gut

1.3. „Etablieren einer digitalen, na-tionalen Plattform zur Zukunft des Tourismus“

Handlungsempfehlung 2: Zusammenarbeit von Bund und Länder stärken und koordinieren 2.1. „Landestourismusstrategien

unter Einbindung der Inhalte des Aktionsplans für eine nationale Tourismusstrategie fortschreiben“

Langfristig Länder Hoch Gut

2.2. „Handlungsplan beziehungs-weise Themen- und Aufgabenliste entwickeln und fortschreiben, die länderübergreifend entweder in Abstimmung miteinander oder durch den Bund bearbeitet werden kann“

Dauerhaft Bund Hoch Gut

Handlungsempfehlung 3: Tourismuswirtschaft effizient in tourismuspolitische Entscheidungsprozesse einbinden

3.1. „Tourismusbeirat mit dem Ziel einer aktiveren Beteiligung der re-levanten Wirtschafts- und

3.3. „Stakeholder systematisch in Entscheidungs- und

32 Die Erläuterung zur Bewertung der Vorschläge zum Aktionsplan sind in Kapitel C 1.2. auf Seite 79 zu finden.

C 2.10. Gutachterliche Vorschläge zur Querschnittsaufgabe „Touris-musförderung und -finanzierung“

Aus den vorherigen Handlungsfeldern geht ein übergreifender Bedarf hervor, die Tourismus-förderung und -finanzierung neu auszurichten.

Die öffentliche Hand kann die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus durch eine Optimierung der Infrastruktur, durch Bereitstellung von optimalen Bildungsbedingungen sowie durch die Förderung von Innovationen verbessern. Rahmenbedingungen wie staatliche Regulierungen, Steuern und Abgaben, die Freiräume einschränken, sind ebenfalls politisch gestaltbar.

Tourismusförderung und -finanzierung als Gestaltungsparameter der Tourismuspolitik In vielen anderen Ländern hat Tourismuspolitik eine hohe politische Bedeutung, die sich in eigenen Tourismusministerien ausdrückt. Das World Economic Forum untersucht im jährlich erscheinenden „Travel & Tourism Competitiveness Report“, welche Priorisierung Tourismus bei Regierungen auf der ganzen Welt hat. Hier landet Deutschland lediglich im Mittelfeld. Hö-her gelistet werden Länder, die mehr Ressourcen für Tourismus zur Verfügung stellen oder umfangreiche nationale Marketingkampagnen durchführen (World Economic Forum, 2019).

Der Dienstleistungsbereich stellt in Deutschland heute rund drei Viertel der Arbeitsplätze (Statistisches Bundesamt, 2020b). Fast ebenso hoch ist der Beitrag zur Wertschöpfung (circa 70 %) (BMWi, 2018b). Im Tourismus, einer der wichtigsten Dienstleistungsbranchen, sind die politischen Strukturen weit gehend unverändert geblieben, vor allem die Aufgliederung in die verschiedenen Ministerien. Wichtig ist daher die Reorganisation der politischen Verantwor-tungs- und Entscheidungsebenen. Hier gilt es, insbesondere gemeinsam mit den Ländern ei-nen Diskussionsprozess in Gang zu setzen. Die Ziele sind, eine adäquate Position des Tou-rismus im Gefüge der Ministerien auf Bundes- und Landesebene zu etablieren und die nach-folgenden tourismuspolitischen Ebenen neu zu organisieren.

Tourismusförderung und -finanzierung wird durch viele Akteure von der Europäischen Union über den Bund und die Bundesländer bis hin zu Regionen und Kommunen geleistet. Das Thema beschäftigt die Branche stark. Es gibt einen vielstimmigen Chor an Forderungen zu weiteren Finanzierungen, neuen Förderprogrammen und staatlichen Hilfen. Bislang fehlen al-lerdings wissenschaftliche Standards, um das umfangreiche Förderwesen im Tourismus im Detail zu überwachen und den Erfolg im Verbund der Maßnahmen zu messen und erkennen zu können.

Finanzierungs- und Förderungsstrukturen im Tourismus in Deutschland

Der Tourismus in Deutschland ist geprägt von kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie von kommunalen und öffentlich finanzierten Strukturen in Ländern, Regionen und Kom-munen. Daher ist der Tourismus in Deutschland auf öffentliche Fördermittel und den Zugang zu gesetzlich geregelten Finanzierungsinstrumenten angewiesen. Grundsätzlich ist zu unter-scheiden zwischen anlassgebundenen Fördermitteln und der dauerhaften Finanzierung der touristischen Strukturen im Deutschlandtourismus.

Fördermittel zur temporären, projektgebunden Finanzierung einzelner Maßnahmen und Prozesse

Fördermittel dienen in der Regel einer temporären, projektgebundenen Finanzierung in einem definierten Zeitraum mit genauer Leistungsbeschreibung. Der öffentlichen und privaten Tou-rismuswirtschaft in Deutschland steht eine Vielzahl an Förderungsmöglichkeiten zur Verfü-gung. Hier stellen sich zwei Fragen: Ist die Ausrichtung der Förderprogramme im Hinblick auf die Zukunftsherausforderungen des Tourismus in Deutschland zielführend? Wie sollte auf die Erkenntnisse im Rahmen der Vorschläge für einen Aktionsplan für eine nationale Touris-musstrategie reagiert werden?

Daneben stellen sich auch organisatorische Fragen zur Zugänglichkeit der Fördermittel: Die Ausrichtung der Förderinstrumente unterliegt unterschiedlichen Programmen und richtet sich auf unterschiedliche Anlässe und Zielsetzungen aus. Diese sind für die zu Fördernden schwer überschaubar. Sie wirken im Hinblick auf die gewünschte und erforderliche Unterstützungs- und Steuerungswirkung nicht ausreichend aufeinander abgestimmt und sind im Beantragungs- und Abwicklungsverfahren zu aufwändig.

Sowohl die inhaltliche Ausrichtung der Förderung als auch die Zugänglichkeit von Fördermit-teln und -programmen ist gerade mit Blick auf die Corona-Pandemie und ihre Folgen von größ-ter Bedeutung. Im Mittelpunkt stehen die Veränderung beziehungsweise inhaltliche Nachjus-tierung von Förderprogrammen und ein unbürokratischer und schneller Zugang zu Fördermit-teln.

Dauerhafte Finanzierung der Strukturen im Deutschlandtourismus

Die Finanzierung der öffentlichen Strukturen im Deutschlandtourismus erfolgt durch dauer-hafte und institutionelle Instrumente. Die Strukturen im Deutschlandtourismus sind dabei in den meisten Bundesländern nach einem sogenannten Drei-Ebenen-Modell aufgebaut: Auf Landesebene wirken die Landestourismusorganisationen, die auf dauerhafte Zuwendungen der Länder angewiesen sind. Die regionale Ebene umfasst DMO, zum Beispiel im Schwarz-wald, der Rhön oder der Nordsee. Auf lokaler Ebene finden sich in den touristisch ausgerich-teten Städten und Gemeinden Deutschlands unterschiedliche, jedoch immer in relevanten Tei-len öffentlich finanzierte Tourismusorganisationen.

Die Finanzierung des touristischen Systems ist mit erheblichen und für die Leistungsfähigkeit des Deutschlandtourismus entscheidenden Problemen behaftet, die in Kapitel C 2.10.1. ver-deutlicht werden. Diese Probleme bestanden bereits vor der Corona-Pandemie, werden je-doch durch diese erheblich verstärkt. Die Verfügbarkeit von Mitteln für die freiwillige Aufgabe Tourismus ist in den Kommunen in Folge der Corona-Krise stark eingeschränkt.

C 2.10.1. Handlungsempfehlungen

Im Folgenden werden gutachterliche Handlungsempfehlungen und Vorschläge zur Neuaus-richtung der Tourismusfinanzierung und -förderung formuliert.

Handlungsempfehlung 1: Inhaltliche Ausrichtung der Tourismusförderung justieren