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Rahmenbedingungen für die bedarfsgerechte Entwicklung touristischer Infrastrukturen optimieren

C 1.2. Erläuterungen zur Einordnung und Bewertung der Vorschläge

Handlungsempfehlung 2: Rahmenbedingungen für die bedarfsgerechte Entwicklung touristischer Infrastrukturen optimieren

Durch übergreifende gesetzliche Regelungen und geeignete Fördermöglichkeiten sollte der Bund die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der touristischen Infrastrukturen vorantreiben, um ländliche und urbane Räume zu stärken. Infrastrukturen sind ein zentraler Erfolgsfaktor für die Tourismusentwicklung. Sie machen das natürliche und kulturelle Angebot zugänglich, un-ter anderem Naturräume, Schlösser oder Denkmäler. Zudem können sie durch entspre-chende Inszenierung selbst zur Attraktion werden oder Grundlage für touristische Angebote bilden (beispielsweise Veranstaltungszentren). Regionale Wertschöpfungsimpulse durch tou-ristische Infrastrukturmaßnahmen und ein dauerhaft gesicherter Infrastrukturbetrieb sollten deshalb wesentliche Investitions- und Entscheidungskriterien bilden.

2.1. „Förderung und Weiterentwicklung der Wander- und Rad- sowie freizeitbe-zogenen Wasserwegeinfrastruktur stärken“:

Bestehende Infrastrukturangebote sollten ausgebaut und weiterentwickelt sowie neue und innovative Leuchtturmangebote in der Fläche entwickelt werden. Der regionale Bedarf und die Verhältnismäßigkeit einzelner Maßnahmen sind auf Grundlage von Be-darfsanalysen zu bewerten. Hierbei sollten die freizeit- und kulturtouristische Perspek-tive ebenso wie der Beitrag einzelner Maßnahmen zu Lebens- und Standortqualität für eine Bewertung herangezogen werden. Mit dem angekündigten Masterplan zur

Verbesserung der Sport- und Freizeitschifffahrt auf den Nebenwasserstraßen des BMVI verbinden sich deshalb große Hoffnungen.

2.2. „Nationale Qualitätsstandards in der Freizeit- und Wegeinfrastruktur entwi-ckeln“:

In der Planung und Umsetzung, Kennzeichnung und Kommunikation sowie Besucher-information und -lenkung von freizeittouristischer Wege- und Wasserwegeinfrastruktur sollten nationale Qualitätsstandards und einheitliche Kennzeichnungssysteme geför-dert und weiterentwickelt werden. Dies unterstützt Wiedererkennung, Transparenz und Orientierung bei Gästen und Anbietern.

2.3. „Kulturelle Angebote von nationaler Bedeutung und kulturtouristische Po-tenziale in ländlichen Räumen fördern“:

Kulturelle Angebote von nationaler Bedeutung sollten in ländlichen Räumen gefördert, weiterentwickelt und touristisch in Wert gesetzt werden. Die stärkere Inwertsetzung in-ternational relevanter Ziele, zum Beispiel Weltkulturerbestätten oder des immateriellen Weltkulturerbes, ist dazu ein erster Schritt. Auch die Identifikation neuer kulturtouristi-scher Potenziale der Breitenkultur und des Brauchtums sollte insbesondere in ländli-chen Räumen im Zentrum der Entwicklung stehen.

2.4. „Deutsche Kur- und Heilbäder als touristische Ankerpunkte für die ländli-chen Räume stärken“:

Die deutschen Kur- und Heilbäder sollten verstärkt als strukturrelevante Gesundheits-orte und medizinisch-therapeutische Kompetenzzentren in den ländlichen Räumen Deutschlands gefördert, gesichert und gestärkt werden. Ein Fokus sollte auch auf der Förderung evidenzbasierter gesundheitstouristischer Angebote liegen. Auch die kultur-historische Bedeutung deutscher Kur- und Heilbäder sollte in die Weiterentwicklung einbezogen werden. Initiativen wie die Bewerbung der „Great Spas of Europe“ zum UNESCO-Weltkulturerbe oder die Aufnahme des „Kneippen als traditionelles Wissen und Praxis nach der Lehre Sebastian Kneipps“ in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes belegen deren kulturelle Bedeutung. Auch vor dem Hinter-grund der COVID-19-Pandemie wird eine Stärkung der Kur- und Heilbäder empfohlen, wie in Teil B dieser Studie skizziert.

C 2.6.2. Zeiträume, Verantwortlichkeiten & Bewertung26

Vorschläge zum Aktionsplan Zeiträume Verantwort-lichkeit

Wirkung &

Relevanz

Kosten-Nutzen-Relation

Handlungsempfehlung 1: Strukturfunktion des Tourismus stärken, um die Angleichung der Lebensver-hältnisse durch touristische Förderung zu unterstützen

1.1. „Förderung ländlicher oder struk-turschwacher Räume und Tourismus-förderung harmonisieren und Syner-gien nutzen“

Dauerhaft Bund Mittel Gut

1.2. „Urbane Räume und Stadt-Um-land-Beziehungen in der Tourismus-entwicklung und -förderung stärker berücksichtigen“

Dauerhaft Bund, Länder Mittel Gut

1.3. „EU- und Bundesfördermittel strukturell vereinfachen und ergän-zende Kumulierbarkeit prüfen“

Mittelfristig Bund Mittel Gut

Handlungsempfehlung 2: Rahmenbedingungen für die bedarfsgerechte Entwicklung touristischer Infra-strukturen optimieren

2.1. „Förderung und Weiterentwick-lung der Wander- und Rad- sowie freizeitbezogenen Wasserwegeinfra-struktur stärken“

Dauerhaft Bund, Länder Mittel Mittel

2.2. „Nationale Qualitätsstandards in der Freizeit- und Wegeinfrastruktur entwickeln“

Mittelfristig

Organisatio-nen,

Ver-bände

Mittel Gut

2.3. „Kulturelle Angebote von nationa-ler Bedeutung und kulturtouristische Potenziale in ländlichen Räumen för-dern“

Dauerhaft Bund, Länder Mittel Mittel

2.4. „Deutsche Kur- und Heilbäder als touristische Ankerpunkte für die länd-lichen Räume stärken““

Dauerhaft Bund, Länder Mittel Mittel

26 Die Erläuterung zur Bewertung der Vorschläge zum Aktionsplan sind in Kapitel C 1.2. auf Seite 79 zu finden.

C 2.7. Handlungsfeld 7: Auf nachhaltige Entwicklung im und durch Tourismus setzen

Der Tourismus ist wie kein anderer Wirtschaftszweig auf den Erhalt einer intakten Umwelt und authentischen Kultur angewiesen. Eine nachhaltige touristische Entwicklung trägt dazu bei, lebenswerte natürliche und kulturelle Lebensräume zu bewahren sowie Umwelt und Klima zu schützen. Sie steht im Einklang mit Natur, Landschaft und den Interessen der lokalen Bevöl-kerung in Deutschland und in internationalen Zielgebieten. Durch eine nachhaltige Entwicklung im Tourismus wird eine dauerhafte Wertschöpfung ermöglicht, ohne die Ressourcen und Zu-kunftschancen folgender Generationen zu verbrauchen. Ein gemeinsames Bekenntnis der deutschen Tourismuswirtschaft und -politik zur Agenda 2030 und zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals) ist eine starke norma-tive Richtungsentscheidung.

Mit der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie hat die Bundesregierung die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen in eine nationale Strategie überführt, der sie sich verpflich-tet hat. Denn die Auswirkungen nicht nachhaltigen Handelns werden zunehmend sichtbar, unter anderem der fortschreitende Klimawandel sowie aufflammende Konflikte um Res-sourcen und Flüchtlingsmigration. Hinzu kommen negative Erfahrungen mit Tourismus vor Ort:

sichtbare Flächenversiegelungen oder Overtourism sind Treiber sinkendender Tourismusak-zeptanz. Die aktuelle COVID-19-Pandemie hat den dringenden Handlungsbedarf zu mehr Nachhaltigkeit im Tourismus noch einmal deutlich gemacht, nachdem insbesondere in ländli-chen Zielgebieten die Folgen einer zunehmenden touristisländli-chen Übernutzung von Naturräumen und touristischer Hotspots zu beobachten waren.

Trotz aller Erklärungen und Aktivitäten stehen Unternehmen und Tourismusregionen oftmals noch am Anfang ihrer Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit und einer umwelt- und klimaver-träglichen Entwicklung des Tourismus. Nur selten gelingt es, die gesamte Reisekette nachhal-tig zu gestalten und sowohl ökologische als auch ökonomische und soziale Aspekte zu be-rücksichtigen. Wichtige Entscheidungen, insbesondere zum Flug- und Bahnverkehr, wurden in diesem Zusammenhang von der Bundesregierung durch das Klimapaket getroffen.

In den zurückliegenden Jahre ist ebenso eine Vielzahl von Nachhaltigkeitszertifikaten für den Tourismus entwickelt worden. Siegel auf internationaler oder nationaler Ebene wechseln sich in der Wahrnehmung der Verbraucherinnen und Verbraucher ab mit regionalen Labeln und Regionalmarken mit Nachhaltigkeitsversprechen und den Nachhaltigkeitskennzeichnungen einzelner Produktgruppen, zum Beispiel in der Beherbergung (wie etwa Biohotels). Aus Ver-brauchersicht ist die Menge, Komplexität, inhaltliche Aussage und letztlich auch Glaubwürdig-keit der NachhaltigGlaubwürdig-keitszertifizierungen kaum überschaubar.

Teilhabe als Wettbewerbsfaktor

Wesentliches Element der nachhaltigen Entwicklung ist auch die Teilhabe möglichst aller Men-schen am Tourismus. Reisen muss für alle möglich sein. 22 Prozent der deutMen-schen Bevölke-rung reisen nicht (FUR, 2020). Etwa die Hälfte davon kann schlichtweg nicht reisen. Finanzielle oder gesundheitliche Gründe sind oft die Ursachen. Menschen mit spezifischen Bedürfnissen haben ein Recht auf selbstbestimmte und umfassende Teilhabe und Gleichstellung. Dabei ist zu beachten, dass sich die Interessen der Zielgruppen im barrierefreien Tourismus in der Re-gel nicht von den Interessen anderer Reisender unterscheiden: Reisende mit

Einschränkungen haben die gleichen Wünsche an ihre Urlaubszeit. Sie unterscheiden sich lediglich durch den Assistenzbedarf. Mit dem demografischen Wandel steigt die Zahl der Gäste sowie Anwohnerinnen und Anwohner, die auf barrierefreie Angebote angewiesen sind.

Nicht nur ältere und eingeschränkte Menschen profitieren von Barrierefreiheit, sondern auch Familien mit Kindern. Barrierefreies Reisen ist daher ein zunehmend relevanter Wirtschafts-faktor, der noch nicht ausreichend in der Angebotsentwicklung berücksichtigt wird

Eine weitere große Hürde für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Tourismus ist der Mangel an umfassenden und bundesweiten Informationen über barrierefreie Angebote entlang der touristischen Servicekette (BMWi, 2020). Zur Beseitigung dieses Informationsde-fizites fördert das BMWi die Einführung eines bundesweit einheitlichen Kennzeichnungs- und Zertifizierungssystems („Reisen für Alle“). Dazu gehört auch eine Datenbank, in der barriere-freie touristische Angebote erfasst und bewertet werden können. Das Projekt „Reisen für Alle“, welches auch zum Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung in Umsetzung der Behinder-tenrechtskonvention der Vereinten Nationen beiträgt, baut auf einem Förderprojekt des BMWi (2011 bis 2014) auf. Seit 2019 ist die „Reisen für alle“-Datenbank in das Online-Informations-angebot der Deutschen Zentrale für Tourismus integriert.

Qualitative Entwicklung vorantreiben

Zugleich wird ein nachhaltiger Tourismus zunehmenden Qualitätsansprüchen der Kundinnen und Kunden gerecht und hilft den Unternehmen, im Wettbewerb bestehen zu können. Nach-haltigkeit ist Kennzeichen einer modernen, erfolgreichen Tourismuswirtschaft. Daher tritt im Deutschlandtourismus qualitatives Wachstum mit mehr Nachhaltigkeit und Wertschöpfung an die Stelle einer rein auf Mengenwachstum ausgerichteten Entwicklung. Qualität beinhaltet die ganze touristische Leistungskette, nämlich die Qualität der Daten und Informationen im Hin-blick auf Genauigkeit, Aktualität und Nutzbarkeit, Kommunikation und Information, touristi-schen und tourismusrelevanten Infrastrukturen sowie der Angebote und Services. Insbeson-dere durch die Digitalisierung entstandene Transparenz hat Qualität im Tourismus nochmals einen Bedeutungszuwachs erfahren. Vor diesem Hintergrund ist die systematische Unterstüt-zung eines Qualitätstourismus auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit von Bedeutung. Darüber hinaus beeinflusst der von Gastgebern und Gästen praktizierte Tourismus das zukünftige Image der Destination. Damit kann ein praktizierter Qualitätstourismus die Prägung eines po-sitiven Deutschlandbilds auch im Ausland unterstützen.

Die Förderung eines Qualitätstourismus in Deutschland sowie im Outbound-Tourismus ist des-halb eine zentrale Stellschraube in der nachhaltigen Tourismusentwicklung. Qualitätstouris-mus beachtet Interessen und Bedürfnisse von Reisenden und Bereisten, trägt zu Wohlstand und gleichwertigen Lebensverhältnissen bei und schützt dabei die natürlichen und kulturellen Ressourcen Deutschlands und weiterer Zielländer (Eisenstein, 2020).

C 2.7.1. Handlungsempfehlungen

Im Sinne der Nachhaltigkeit sind Bedürfnisse und Interessen der Gäste und der Bevölkerung mit den Zielen des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes zu vereinbaren und dabei eine lang-fristig wirtschaftliche sowie sozial verträgliche Entwicklung zu erreichen. Bei EU, Bund und Ländern sowie bei der regionalen und lokalen Tourismusförderung sollten daher mit den rich-tigen Maßnahmen Anreize für eine nachhaltige Tourismusentwicklung zum Schutz von Klima

und Umwelt gesetzt werden. Dabei liegt nachhaltiges Handeln in der Verantwortung Aller: In der Verantwortung jedes einzelnen Marktteilnehmers und Reisenden. Bund, Länder, Organi-sationen und Institutionen müssen heute vor allem durch gezielte Gestaltung von Rahmenbe-dingungen die Weichen zu mehr Nachhaltigkeit im Tourismus stellen und so die Ziele und Maßnahmen der Agenda 2030 auf den Tourismus herunterbrechen. Dazu werden folgende Vorschläge unterbreitet.