• Keine Ergebnisse gefunden

Therapiefreiheit und Krankenversicherungsrecht

Im Dokument Arztfehler und Haftpflicht (Seite 40-44)

E. Therapiefreiheit des Arztes

IV. Sorgfalts- und Aufklärungspflichten als unausweichliches Korrelat

4. Therapiefreiheit und Krankenversicherungsrecht

Das zivile Haftpflichtrecht und das Strafrecht respektieren die Freiheit der Methodenwahl, sofern der Behandelnde seine eigenen Grenzen erkennt, dem Patienten die Relevanz der Entscheidung vermittelt und nach dem Grundsatz der Schadensminimierung verfährt. Genügt der Arzt den gesteigerten Anforderungen, die für das Abweichen vom üblichen Vorgehen zum Schutze des Patienten vor möglichen Gefahren oder medizinisch nutzlosen Maßnahmen aufgestellt sind, dann ist sein Vorgehen zivil- und strafrechtlich genauso zu beurteilen wie die fehlerfreie Anwendung eines allgemein anerkannten Verfahrens. Aus der Rechtmäßigkeit alternativer Behandlungen und Außenseitermethoden lässt sich jedoch nicht die Folge einer Kostentragung/-übernahme durch die Krankenversicherung herleiten. Nicht alles, was nach Ausschöpfung der wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden im Rahmen ärztlicher Therapiefreiheit denkbar und machbar ist, hat die Solidargemeinschaft zu

2009, 615 (632); Gaßner/Strömer MedR 2012, 159 (164); Müller/Raschke NJW 2013, 428 (432); Schumacher, Alternativmedizin, 112 ff.; krit. Arzt/Weber, Strafrecht BT 1, 21981, 120, die in den gesteigerten Aufklärungserfordernissen eine verschleierte Parteinahme des Rechts gegen den Außenseiter sehen.

317 Vgl. Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, 35 ff.; Damm NJW 1989, 737 (738);

Hart Jura 2000, 64 (65).

318 Vgl. etwa BGHZ 168, 103 (107 ff.) = NJW 2006, 2477 (2478 f.) mAnm Katzenmeier NJW 2006, 2738;

Brüggemeier, Haftungsrecht, 472 (477 f.); H. Schmid NJW 1986, 2339 (2340).

319 Damm NJW 1989, 737 (739); ders. JZ 1998, 926 (929 f.).

320 Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, 40; Damm JZ 1998, 926 (929 f.); Hart Jura 2000, 64 (65).

321 S. aber auch die Anmerkungen von Damm NJW 1989, 737 (739); abl. Künschner, Wirtschaftlicher Behandlungsverzicht und Patientenauswahl, 232 f.: Therapiefreiheit in diesem Sinne befreie vom Innovationszwang und gehe damit zu Lasten des Patienten.

322 Francke/Hart, Ärztliche Verantwortung und Patienteninformation, 40 u. 199 ff.; Taupitz, Die Standesordnungen der freien Berufe, 475 ff., 512 ff., 545 f.; ders. MedR 1995, 475 (477); ders. MedR 1998, 1 (3 f.). Zur Bedeutung des Berufsethos als komplementäre Ordnungskraft neben dem Recht und als Schutz vor einer immer weiter gehenden Verrechtlichung der Medizin s. auch Katzenmeier, Arzthaftung, 71 ff.; Woopen MedR 2011, 232 ff.

finanzieren. Das Krankenversicherungs- und Sozialrecht begegnet alternativen Behandlungsmethoden mit größerer Zurückhaltung.323

a) Leistungsbeschränkungen 103

Für die private Krankenversicherung sah die früher in §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 1f MB/KK 1976 enthaltene

„Wissenschaftlichkeitsklausel“ einen Ausschluss wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und Arzneimittel von der Leistungspflicht vor. Nachdem der BGH diese Klausel wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (heute § 307 BGB) für unwirksam erklärt hat,324 bestimmt § 4 Abs. 6 MB/KK: „Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen; der Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischer Methoden oder Arzneimittel angefallen wäre.“325

104

Für die gesetzliche Krankenversicherung sieht zwar § 2 Abs. 1 S. 2 SGB V ausdrücklich vor, dass Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen von den Leistungen nicht ausgeschlossen sind. Die Therapiefreiheit des Arztes wird im Rahmen der GKV jedoch durch eine Reihe von Einzelvorschriften faktisch nicht unerheblich eingeschränkt.326 So enthält § 34 SGB V mit dem Ziel, zugunsten der Krankenkassen Kosten einzusparen, Regelungen, die den Ausschluss bestimmter Arznei-, Heil- und Hilfsmittel von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV betreffen, Abs. 3 betrifft den Verordnungsausschluss unwirtschaftlicher Arzneimittel.327 Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen nach § 135 Abs. 1 SGB V in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der G-BA auf Antrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des GKV-Spitzenverbandes dazu in Richtlinien Empfehlungen insbesondere über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens abgegeben hat.328 Auch durch die Arznei- und Heilmittelbudgets nach § 84 SGB V und die in

§ 106 SGB V enthaltene Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung kann sich der Arzt bei seinen therapeutischen Maßnahmen entgegen seiner fachlichen Überzeugung zur Zurückhaltung veranlasst sehen.329

323 Vgl. Katzenmeier NVersZ 2002, 537 ff.; Felix NZS 2012, 1 (6).

324 BGHZ 123, 83 = NJW 1993, 2369 = MedR 1993, 433.

325 Aktuell MB/KK 2009. Zu der gleichlautenden Regelung in § 4 Abs. 6 MB/KK 1994 Schmidt/Kalis VersR 1993, 1319; Zuck VersR 1994, 505; Wriede VersR 1995, 254; Pauly VersR 1996, 1323; zu den MB/KK 2009 Voit in Prölss/Martin, VVG, § 4 MB/KK 2009 Rn. 84 ff. Zu dem Erfordernis gleicher Wirksamkeit siehe BGHZ 152, 262

= NJW 2003, 294 = VersR 2002, 1546. Zur Frage der „medizinisch notwendigen Heilbehandlung“ bei unheilbaren Krankheiten vgl. BGHZ 133, 208 = NJW 1996, 3074 = VersR 1996, 1224 = MedR 1997, 172.

326 Vgl. Felix NZS 2012, 1 (6); Weiß NZS 2005, 67 (68).

327 Neu gefasst durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) vom 22.12.2010, BGBl. I 2262.

328 Harney/Huster/Recktenwald MedR 2014, 273 (278 ff.); Regelin in Spickhoff, Medizinrecht, § 135 SGB V, Rn. 1 ff.; das Verfahren zur Integration neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in den Leistungsanspruch der GKV-Versicherten beschreibt Zimmermann, Der Gemeinsame Bundesausschuss, 209 ff.;

zu Rechtsfragen der frühen Nutzenbewertung nach dem AMNOG Huster GesR 2011, 76 ff.

329 Felix NZS 2012, 1 (7 f.); Dahm in Rieger/Dahm/Katzenmeier/Stellpflug/Ziegler, HK-AKM, Therapiefreiheit, Nr. 5090 Rn. 12 ff.; Sodan, Freie Berufe als Leistungserbringer im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung, 1997, 158 ff., mit Ausführungen zu weiteren restringierenden Vorschriften. Die Regelungen normieren jeweils kein Verbot bestimmter Behandlungsmethoden, sie wirken sich aber mittelbar als „finanzielles Behandlungserschwernis“ auf die ärztliche Entscheidungsfreiheit aus.

105

So notwendig Maßnahmen der Kostenbegrenzung sind,330 so wenig lässt sich daran zweifeln, dass das Vertragsarztsystem nur dann Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten bietet, wenn die unverzichtbaren Entscheidungsfreiräume für Diagnostik und Therapie erhalten bleiben. Auch unter den Vorgaben der GKV muss die Freiheit der Methodenwahl Geltung beanspruchen können.331 Indes droht ein Prozess ihrer allmählichen Aushöhlung durch immer strengere Maßgaben des SGB V und durch die Spruchpraxis der Gerichte.332

b) Wirtschaftliche Informationspflicht 106

Gelangt der Arzt zu der Überzeugung, zwecks Erreichung des bestmöglichen Therapieergebnisses eine Behandlungsmethode anwenden zu müssen, die vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst ist oder deren Kosten von der privaten Krankenversicherung nicht erstattet werden, so hat er dem Patienten den Weg zu der bevorzugten Therapie durch einen Hinweis auf die Möglichkeit der Eigenfinanzierung zu eröffnen.333

107

In einer zunehmenden Zahl an Fallgruppen verlangt die Rechtsprechung, dass der Arzt seinen Patienten auf mögliche wirtschaftliche Folgen einer Behandlung hinweist, namentlich darauf, dass die Kosten von dem Krankenversicherer nicht oder nicht vollständig übernommen oder erstattet werden.334 Diese

„wirtschaftliche Aufklärung“ ist grundsätzlich von der medizinischen Aufklärung strikt zu trennen, auch wenn beide dem Patienten eigenverantwortliche Entscheidungen ermöglichen sollen.335 Eine vornehmlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgende Aufklärung kann aber zugleich auch Elemente der Selbstbestimmungsaufklärung enthalten, nämlich dann, wenn die von der Krankenversicherung nicht umfasste Behandlungsmethode einen weniger massiven, also schonenderen Weg zur Heilung bietet als die im Leistungsumfang enthaltene Maßnahme.336

Die Pflicht, Kostenfragen mit dem Patienten zu erörtern, gewinnt in dem Maße an Bedeutung, in dem sozialpolitische Entscheidungen zu Einschnitten in das Leistungssystem der Krankenkassen führen.337 Damit wird es auch wichtiger, die Grenzen wirtschaftlicher Aufklärung aufzuzeigen, um zu verhindern, dass der Arzt immer mehr in die ihm wesensfremde Rolle des Verwalters fremder

330 Zur Frage des Umgangs mit knappen Ressourcen → Rn. 21 ff.

331 Laufs NJW 1997, 1609; ders. in Laufs/Kern, ArztR-HdB, § 3 Rn. 21; Kern ebd. § 42 Rn. 7 ff.; Steffen FS für Geiß, 487 (500 f.); Gaßner/Strömer SGb 2011, 421 ff.; zur Bedeutung der Patientenautonomie für Leistungen der GKV s. Hauck SGb 2014, 8 ff.

332 Vgl. Laufs FS für Deutsch, 1999, 625 (628); Katzenmeier, Arzthaftung, 315 ff.; ders. NVersZ 2002, 537 ff., mit krit. Anm. zu BSGE 76, 194 (199) = NJW 1996, 2451 (2453) – Remedacen; BSG NZS 1995, 361 – Edelfosin;

BSGE 81, 54 = NJW 1999, 1805. Letzteres Urteil aufgehoben durch BVerfGE 115, 25 – Nikolaus-Beschluss = NJW 2006, 891 mAnm Kingreen NJW 2006, 877 = MedR 2006, 164 mAnm Francke/Hart MedR 2006, 131 = JZ 2006, 463 mAnm Huster; im Nachgang BSGE 96, 170 = NJW 2007, 1380; BSGE 97, 112 = GesR 2007, 88; BSG NJW 2007, 1385; GesR 2008, 22; 2011, 308; BVerfG NZS 2008, 365 (367 f.).

333 Laufs in Laufs/Kern, ArztR-HdB, § 3 Rn. 22; § 61 Rn. 17; Hart MedR 2013, 159 (162); Gaßner/Strömer MedR 2012, 159 (164 f.); Stöhr MedR 2010, 214 (217); Schelling MedR 2004, 422 ff.; Schiller/Steinhilper MedR 2001, 29 ff.; zurückhaltend Steffen FS für Geiß, 487 (502): Pflicht zur Aufklärung des Kassenpatienten über die Möglichkeiten einer optimalen Behandlung als Selbstzahler nur dann, wenn die Versorgung im konkreten Fall mit den Möglichkeiten, die die GKV eröffnet, nach dem modernen Stand der Medizin nicht mehr gewährleistet ist.

334 Vgl. BGHZ ### = NJW 2020, 1211 = JZ 2020, 468 m. Anm. Katzenmeier/Voigt = MedR 2020, 573 m. Anm.

Spickhoff. Überblick über die mit dem Urteil des AG Köln NJW 1980, 2756 einsetzende Entwicklung bei Michalski VersR 1997, 137 (142 f.); s. weiter etwa BGH NJW 1983, 2630; OLG Stuttgart VersR 2013, 583; OLG Köln MedR 2014, 317 (319 f.).

335 Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 268; Nüßgens in RGRK § 823 Anh. II Rn. 54; Steffen FS für Geiß, 2000, 487 (501); Hart MedR 2013, 159 (162).

336 Hart MedR 1996, 60 (69); Giesen, Arzthaftungsrecht, Rn. 220.

337 Zur Rationierung medizinischer Leistungen → Rn. 24 ff.

Vermögensangelegenheiten gedrängt wird.338 In diesem Sinne hat der BGH klargestellt, dass die Pflicht den Patienten vor finanziellen Überraschungen schützen und ihn in die Lage versetzen soll, die wirtschaftliche Tragweite seiner Entscheidung zu überschauen, aber nicht auf eine umfassende Aufklärung des Patienten über die wirtschaftlichen Folgen einer Behandlung zielt.339

108

Die Pflicht zur „wirtschaftlichen Aufklärung“ ist nunmehr in § 630c Abs. 3 S. 1 BGB kodifiziert, sie wird dort als Informationspflicht bezeichnet.340 Berufsrechtlich besteht mit § 12 Abs. 5 MBO-Ä eine entsprechende Regelung. Grund für die wirtschaftliche Informationspflicht ist der Wissensvorsprung des Behandelnden. Ein Vertragsarzt kennt die für den Leistungskatalog der GKV maßgeblichen Richtlinien des G-BA (§ 92 SGB V) aus der täglichen Abrechnungspraxis. Diese sind für die Leistungserbringer verbindlich (§ 91 Abs. 6 SGB V) und werden bekannt gemacht (§ 94 Abs. 2 S. 1 SGB V).341 Währenddessen vermag der Patient als medizinischer Laie die Frage der medizinischen Notwendigkeit einer Maßnahme und die damit verbundene Übernahmefähigkeit der Behandlungskosten in der Regel nicht zu beurteilen. Bei privat Krankenversicherten hingegen liegt die Kenntnis von Inhalt des mit dem Versicherer geschlossenen Vertrags und Umfang des Versicherungsschutzes nach Ansicht des Gesetzgebers grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Patienten.342 Etwas anderes gilt aber auch hier bei bestehendem Informationsvorsprung des Arztes, insbesondere bei der Erbringung so genannter „Individueller Gesundheitsleistungen“. Der Arzt, der eine neue, noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode anwendet, muss „die Möglichkeit in den Blick nehmen, dass der private Krankenversicherer die dafür erforderlichen Kosten nicht in vollem Umfang erstattet“.343 109

Der Behandelnde muss den Patienten vor der Behandlung in Textform (§ 126b BGB) informieren.344 Er schuldet nicht nur den Hinweis, dass die Behandlungskosten nicht übernommen werden, sondern überdies Angaben zur Höhe der zu erwartenden Kosten. Forderungen nach einer weitergehenden Regulierung – und damit Eindämmung – „Individueller Gesundheitsleistungen“345 hat der Gesetzgeber im PatRG nicht aufgegriffen.346

110

Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die wirtschaftliche Informationspflicht sind im Gesetz nicht benannt. Die Gesetzesbegründung zu § 630c Abs. 3 BGB nimmt auf die Spruchpraxis der Gerichte Bezug, danach können Leistungen, die der Arzt ohne Unterrichtung über die fehlende Kostendeckung

338 Laufs in Laufs/Kern, ArztR-HdB, § 61 Rn. 17; instruktiv Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, 189 ff.;

vgl. auch Michalski VersR 1997, 137 (143 ff.) mit einer Differenzierung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung; Wussow VersR 2002, 1337 (1340).

339 BGHZ ### = NJW 2020, 1211 (1212) = JZ 2020, 468 (469) m. Anm. Katzenmeier/Voigt = MedR 2020, 573 (575) m. Anm. Spickhoff. – Den Arzt trifft auch keine allgemeine Pflicht zur Information über spezielle sozialrechtliche Fragen, etwa im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, vgl. OLG Köln MedR 2018, 700.

340 Krit. Hart GesR 2012, 385 (386): Vermischung von vertraglichen Hauptpflichten und Nebenpflichten unter der Überschrift „Informationspflichten“; Katzenmeier MedR 2012, 576 (580): unklare Abgrenzung von §§ 630c und 630e BGB; s. auch Spickhoff ZRP 2012, 65 (67).

341 BT-Drs. 17/10488, 22; zweifelnd angesichts der sich ständig ändernden Rechtsgrundlagen im Recht der GKV und entsprechend der Erstattungsfähigkeit Spickhoff VersR 2013, 267 (274); ders. ZRP 2012, 65 (67); krit. auch Montgomery et al. MedR 2013, 149 (153): „einseitige Informationslastzuschreibung“.

342 Zust. Wagner VersR 2012, 789 (794); diff. Spickhoff ZRP 2012, 65 (67).

343 BGHZ ### = NJW 2020, 1211 (1213) = JZ 2020, 468 (470) m. Anm. Katzenmeier/Voigt = MedR 2020, 573 (575) m. Anm. Spickhoff.

344 Ein Formverstoß hat nicht die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge, Voigt in NK-BGB, § 630c Rn. 23; aA Rehborn GesR 2013, 257 (262).

345 Siehe etwa die Forderung nach einer Regelung von „IGeL“ in einem eigenständigen § 630i BGB mit Katalogisierung der Kosten und 24 Stunden-Bedenkzeit in der Stellungnahme der Bundesrates, BT-Drs. 17/10488, 44 f.; abl. die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10488, 56.

346 Zu den im Zusammenhang mit „IGeL“ aufgeworfenen Rechtsfragen s. Voigt, Individuelle Gesundheitsleistungen im Rechtsverhältnis von Arzt und Patient, 2013.

oder Übernahme durch die Kassen erbringt, nicht gegenüber dem Patienten liquidiert werden. Die Pflichtverletzung des Arztes führt nach Ansicht der Gerichte zu einem Schadensersatzanspruch des Patienten gem. § 280 Abs. 1 BGB, wenn er bei ordnungsgemäßer Information die Behandlung nicht in Anspruch genommen hätte, mit dem dieser aufrechnen kann.347 Ein Krankenhausaufnahmevertrag ohne ausreichende wirtschaftliche Aufklärung kann auch nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein.348 Die Beweislast für das Vorliegen einer Informationspflichtverletzung trägt der Patient. Er trägt auch die Beweislast dafür, dass er sich bei ordnungsgemäßer Information über die voraussichtlichen Behandlungskosten gegen die in Rede stehende medizinische Behandlung entschieden hätte. Die Rechtsprechung zur Beweislastumkehr wegen „aufklärungsrichtigen Verhaltens“ bei Verletzung therapeutischer Informationspflichten oder bei der Kapitalanlageberatung ist auf die wirtschaftliche Informationspflicht nicht übertragbar.349

Im Dokument Arztfehler und Haftpflicht (Seite 40-44)