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Spannungsverhältnis zwischen Haftungs- und Sozialrecht

Im Dokument Arztfehler und Haftpflicht (Seite 17-20)

B. Maßstab

II. Kostendruck und Standard

2. Spannungsverhältnis zwischen Haftungs- und Sozialrecht

Infolge der flächendeckenden Budgetierungen und des wachsenden Kostendrucks im Gesundheitswesen gewinnt in der Praxis das sozialrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot zunehmend an Bedeutung. Gem.

§ 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“118 Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers besteht zwischen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und dem Erfordernis, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben (s. § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V),119 kein Widerspruch, beides ergänze sich vielmehr.120 Unverkennbar wird es jedoch in einem Gesundheitssystem, in dem eine Begrenzung der finanziellen Ressourcen einhergeht mit zunehmend strengeren Leistungsanforderungen, erhöhten Haftungsrisiken und gesteigerten Erwartungen der Patienten an die Medizin, für den Arzt immer schwieriger, den individuellen und gesellschaftlichen Heilauftrag sachgerecht zu erfüllen.121 Das Wirtschaftlichkeitsgebot kann ihn vor die Frage stellen, ob er die vertraglich wie haftpflichtrechtlich begründete höchstmögliche Sorgfalt und beste Vorkehrungen mit ihrem erhöhten Aufwand anwenden darf und soll.122

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Zwischen dem Haftpflichtrecht, das der nachträglichen Kontrolle eines konkreten Schadensfalls dient, und dem Sozialversicherungsrecht, das im Vorfeld abstrakte Versorgungsentscheidungen trifft, besteht ein Spannungsverhältnis, angelegt in den Begriffen der erforderlichen Sorgfalt in § 276 Abs. 2 BGB, die eine Grenze markiert, welche nicht unterschritten werden darf, und der notwendigen Versorgung

114 Huster DVBl 2010, 1069 (1073 ff.); Katzenmeier in Schmitz-Luhn/Bohmeier, Priorisierung in der Medizin, 1 ff.

115 Katzenmeier ZEFQ 104 (2010) 364 ff.; ders. FS für G. Müller, 237 ff.

116 Hart MedR 1996, 60 (70); Hauck SGb 2010, 193; J. Prütting MedR 2018, 291 (294 ff.).

117 Dazu die Beiträge von Hoppe, Maio, Nagel, Bergdolt, Schirmer/Fuchs, Woopen in Katzenmeier/Bergdolt, Das Bild des Arztes im 21. Jahrhundert.

118 Für die private Krankenversicherung bestimmt § 1 Abs. 2 S. 1 MB/KK 2009: „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen“; vgl. auch

§ 192 Abs. 1 VVG; str. ist, ob der Begriff der Notwendigkeit eine Einschränkung im Sinne eines Wirtschaftlichkeitsgebotes enthält, abl. BGHZ 154, 154 (168) = NJW 2003, 1596 (1599) = MedR 2003, 407, 410 f. mAnm Bold = VersR 2003, 981 mAnm Prölss u. Hütt; Langheid/Grote VersR 2003, 1469 ff.; Kalis VersR 2004, 456 ff.; Marlow/Spuhl VersR 2006, 1334 ff.; zum Übermaßverbot des § 192 Abs. 2 VVG (u. § 5 Abs. 2 MB/KK 2009) s. Heyers VersR 2016, 421 (422 ff.); Rehmann/Vergho VersR 2015, 159 ff.; Rogler VersR 2009, 573 ff.;

Boetius VersR 2008, 1431 (1434 ff.).

119 Enderlein VSSR 1992, 123 ff.; aus jüngerer Zeit Roters SGb 2015, 413 ff.; Ertl NZS 2016, 889 ff.

120 Vgl. amtliche Begründung zu § 12 SGB V, BT-Drs. 11/2237, 163 f. Zum Verhältnis von Qualität und Wirtschaftlichkeit im Recht der GKV s. Huster VSSR 2013, 327 ff.; Jansen, Der Medizinische Standard, 276 ff.

121 Die DGMR in Laufs/Dierks/Wienke/Graf-Baumann/Hirsch, Die Entwicklung der Arzthaftung, 350 f., erachtet es für dringend geboten, auf die verschärfte Haftungssituation zu reagieren, um die Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit des deutschen Gesundheitswesens aufrecht zu erhalten.

122 Steffen FS für Geiß, 487 ff., 492 ff., 498 ff.; Staak/Uhlenbruck FS für Schewe, 1991, 142 (144); Laufs/Kern in Laufs/Kern, ArztR-HdB, § 102 Rn. 1; Ulsenheimer MedR 1995, 438; Schreiber ZaeFQ 2000, 846 ff.; Schmitz-Luhn FS für Dahm, 437 (444 ff.).

in § 12 Abs. 1 SGB V, die eine Obergrenze bildet.123 Wenn sich das Haftpflichtrecht weiterhin an dem medizinisch Machbaren orientiert124 und damit tendenziell das Optimale fordert, während der Leistungskatalog der GKV nicht entsprechend ausgeweitet oder gar eingegrenzt wird,125 dann droht die Gefahr eines Auseinanderdriftens beider Teilrechtsgebiete.126 Ist die Finanzierung des jeweiligen medizinischen Standards durch die Krankenkassen nicht mehr gesichert, wird sich die weitere Frage stellen, ob die Rechtsordnung den Arzt jedenfalls deliktsrechtlich verpflichten kann, Maßnahmen zu treffen, für die er keine angemessene Gegenleistung erhält.127 Der Weg zu einer Harmonisierung der gesetzlichen Haftpflichtregeln und der gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebote erscheint wenig geklärt und wird kontrovers beurteilt.128 Der Gesetzgeber nimmt bislang keine Rücksicht auf die wachsende Divergenz, die Begründung zum PatRG erwähnt dieses zentrale Problem nicht einmal.129 a) Rechtsprechung

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Die Rechtsprechung war mit der Problematik bereits mehrfach befasst, ohne jedoch näher darauf einzugehen. Ökonomischen Gesichtspunkten messen die Zivilgerichte bis heute kaum Bedeutung zu, sie differenzieren hinsichtlich der Behandlungspflichten nicht danach, ob die Maßnahmen viel oder wenig Kosten verursachen, sondern nur danach, ob diese medizinisch indiziert sind oder nicht. So befand der BGH in einem frühen Urteil, auf die Kosten von sichernden Maßnahmen für einen an Verwirrungszuständen leidenden Kranken komme es jedenfalls dann nicht an, wenn dieser Aufwand nicht außer allem Verhältnis zu der befürchteten Gefahr stehe und diese nicht nur ganz entfernt drohe.130 Im „Halsrippenurteil“ hat das Gericht zwar den Kostenaspekt unmittelbar nach der statistischen Häufigkeit und dem Gewicht der Gefahr genannt und ihn damit aufgewertet.131 Wenige Jahre später äußerte der VI. Zivilsenat sich jedoch wieder im Sinne der erstgenannten Entscheidung und betonte, dass es für die zivilrechtliche Haftung allein auf die Feststellung ankomme, was ein (Arzt oder) Krankenhausträger dem Patienten schulde und ob er die danach erforderlichen Leistungen bereitgestellt habe.132 Daran hält der Senat bis heute fest.133

123 Katzenmeier FS für G. Müller, 237 ff.; Arnade, Kostendruck und Standard, 201 ff.; Wenzel Patientenrechtegesetz, Rn. 186; Kempter, Medizinische Sorgfaltsstandards, 182; Goetze, Arzthaftungsrecht und kassenärztliches Wirtschaftlichkeitsgebot, 187 f.; zurückhaltend Stöhr MedR 2010, 214 (215); s. in diesem Kontext auch J.Prütting, RW 2018, 289 ff.; ders. Rechtsgebietsübergreifende Normenkollisionen, 2020, S. 194 ff., 224 ff.

124 Vgl. → Rn. 8, 13 ff.

125 Zu Standardsetzung in der GKV, EBM und den Leistungskatalog definierenden Richtlinien des G-BA s.

Frahm/Jansen/Katzenmeier/Kienzle/Kingreen/Lungstras/Saeger/Schmitz-Luhn/Woopen MedR 2018, 447 (451 f.).

126 Vgl. Beschluss des 111. DÄT „Ulmer Papier“, DÄBl 2008, A-1189 (A-1195): „Der Zielkonflikt zwischen ärztlicher Sorgfaltspflicht und Wirtschaftlichkeitsdruck belastet das Patient-Arzt-Verhältnis inzwischen in einem unerträglichen Ausmaß“; aus dem jur. Schrifttum Reiling MedR 1995, 443 (444); Laufs NJW 1997, 1609 (1612);

Arnade, Kostendruck und Standard, 209 f.; Jansen, Der Medizinische Standard, 287 ff.; s. auch Pauge/Offenloch, Arzthaftungsrecht, Rn. 170; Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, 29; Hart ZMGR 2010, 256 (258);

Makowsky VersR 2019, 983 (984).

127 Groß VersR 1996, 657 (664); Bohmeier/Schmitz-Luhn/Streng MedR 2011, 704 ff.

128 Laufs/Kern in Laufs/Kern, ArztR-HdB, § 102 Rn. 1 f.; Steffen FS für Geiß, 487 ff. Lösungsperspektiven bei Frahm/Jansen/Katzenmeier/Kienzle/Kingreen/Lungstras/Saeger/Schmitz-Luhn/Woopen MedR 2018, 447 (453 ff.); eingehend Jansen, Der Medizinische Standard, 307 ff.

129 Krit. Hart GesR 2012, 385 (388).

130 BGH VersR 1954, 290.

131 BGH VersR 1975, 43 f.

132 BGH NJW 1983, 2080; s. auch OLG Düsseldorf MedR 1984, 69; OLG Hamm NJW 1993, 2387 (2388); anders aber OLG Köln VersR 1993, 52 (53); 1999, 847 (848). Im Schrifttum wird bisweilen bemängelt, es sei nicht abzusehen, wie sich die Rspr. künftig im konkreten Einzelfall zu dem Konflikt zwischen Wirtschaftlichkeitsgebot und notwendigem ärztlichem Standard stellen wird; s. etwa Michalski VersR 1996, 265 (266).

133 Nach Auskunft der langjährigen Vorsitzenden Richterin des VI. Zivilsenats „hatte der BGH bisher keinen Anlass, zum Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaftlichkeitsgebot und Haftungsregeln Stellung zu nehmen“, G. Müller in Katzenmeier/Bergdolt, Das Bild des Arztes im 21. Jahrhundert, 75 (82). Problembewusstsein zeigt G. Müller FS für Hirsch, 413 ff.; ebenso ihre Vorgänger im Amte: Steffen MedR 1995, 190 f.; ders. FS für Geiß,

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Keine Rolle spielen die Behandlungskosten auch in der jüngeren Rechtsprechung des BVerfG. In seinem „Nikolaus-Beschluss“ bewertete es das Gericht als verfassungswidrig, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten alternativen Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.134 In solchen Konstellationen lockert das BVerfG ungeachtet wirtschaftlicher Erwägungen die Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis alternativer Behandlungsmethoden für das Bestehen einer Leistungspflicht auch bei fehlender Anerkennung durch den G-BA. Nicht die Behandlungspflicht des Arztes, vielmehr die Erbringbarkeit der Leistung zu Lasten der GKV war Streitgegenstand.135 Die Rechtsprechung ist in § 2 Abs. 1a SGB V umgesetzt.136 Bislang offen ist, ob der „Nikolaus-Beschluss“ haftungsrechtliche Relevanz erlangen wird. Das wäre dann der Fall, wenn eine Behandlung mit der Außenseitermethode angesichts des Leistungsanspruchs auf sozialversicherungsrechtlicher Seite in der jeweiligen Situation auch als erforderliche Sorgfalt i.S.d.

§ 276 Abs. 2 BGB angesehen würde. Dagegen spricht, dass damit nicht nur der zivilrechtliche vom medizinischen Standard abgekoppelt würde, sondern an dieser Stelle über diesen noch hinausginge – entgegen allen sozialrechtlichen Eingrenzungsbemühungen. Die bloße Tatsache der sozialrechtlichen Erstattungsfähigkeit einer Außenseitermethode dürfte den Maßstab der geschuldeten Qualität ärztlicher Tätigkeit unberührt lassen, solange die Methode sich nicht zum Standard verfestigt hat.137

b) Literatur 35

Auch im Schrifttum wird zum Teil postuliert, die haftungsrechtlichen Maßstäbe des Rechtsgüterschutzes, welche die höchstrichterliche Rechtsprechung im Interesse der Patienten aufgestellt und konkretisiert habe, dürften nicht aus Gründen der Wirtschaftlichkeit herabgesetzt werden.138 Das Wirtschaftlichkeitsgebot modifiziere den aus dem medizinischen Standard abgeleiteten ärztlichen Sorgfaltsmaßstab nicht, sondern der aus dem medizinischen Standard abgeleitete Sorgfaltsmaßstab habe Vorrang vor dem Wirtschaftlichkeitsgebot und bilde dessen Grenze. Selbst die Budgetierungen änderten nichts daran, dass auch der Sozialversicherte nach wie vor einen Anspruch auf Heilbehandlung nach dem jeweiligen medizinischen Standard habe.139 Wenn im Klinikalltag jedenfalls in Teilbereichen sogar allgemein anerkannte medizinische Standards nicht mehr eingehalten und wegen des Arzneimittel- und Heilmittelbudgets gelegentlich notwendige Arzneimittel aus Angst vor einem Regress nicht mehr verordnet würden, dann sei dies ein rechtliches Problem der Ärzte, die sich fragen müssten, ob ihre Inpflichtnahme im Sinne der Art. 12, 14 GG rechtlich zulässig ist, und ob sie

487 ff.; Groß, Ärztlicher Standard, 11; s. auch die Stellungnahmen der Senatsmitglieder A. Diederichsen in Hart, Klinische Leitlinien und Recht, 105 (109 ff.); Stöhr FS für Hirsch, 431 ff.

134 BVerfGE 115, 25 (49) = NJW 2006, 891 (894) mAnm Kingreen NJW 2006, 877 = JZ 2006, 463 (465) mAnm Huster = MedR 2006, 164 (167) m. Bespr. Francke/Hart MedR 2006, 131.

135 S. im Anschluss BSGE 96, 170 = NJW 2007, 1380 (Arzneimittel); BVerfG NZS 2008, 365 (ausdr. vom G-BA ausgeschlossene Methode); NJW 2013, 1664 (neue Behandlungsmethode); NJW 2014, 2176 (Diabetes mellitus);

BVerfGE 140, 229 = NJW 2016, 1505 = JZ 2016, 461 mAnm Lege = MedR 2016, 970 (Medizinprodukt); BVerfG NJW 2017, 2096 = MedR 2017, 954 mAnm Bernzen label-use). Anders aber BSG MedR 2011, 570 (Off-label-use), dazu Penner/Bohmeier GesR 2011, 526 ff. Datenbank zur Rspr. der Sozialgerichte abrufbar unter www.nikolaus-beschluss.de.

136 Eingefügt durch GKV-Versorgungsstrukturgesetz v. 22.11.2011, BGBl I 2983.

137 Zu zivilrechtlichen Konsequenzen des „Nikolaus-Beschlusses“ s. Katzenmeier/Schmitz-Luhn in Wohlgemuth/Freitag, Priorisierung in der Medizin, 2009, 167 ff.

138 Uhlenbruck MedR 1995, 427 (434 f.); Hart MedR 1996, 60 (71); Bossmann MedR 1996, 456 (457 f.); Kullmann VersR 1997, 529 (532); Makowsky VersR 2019, 983 (985 ff.); s. auch Weidenkaff in Palandt § 630a Rn. 10.

139 Ulsenheimer MedR 1995, 438 (440); Schreiber ZaeFQ 2000, 846 (848 ff.); Isensee ZVersWiss 2004, 651 (660);

ders., Gedächtnisschrift für Heinze, 417 (424); Kreße MedR 2007, 393 (397).

gegebenenfalls dagegen vorgehen müssen.140 Wegen des verfassungsrechtlich garantierten Rechts auf Gesundheit und Wiederherstellung der Gesundheit dürfe es in Deutschland niemals einen Unterschied zwischen den Standards der kassenärztlichen Leistungen und den allgemeinmedizinischen Standards geben.141

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Zunehmend reift jedoch die Erkenntnis, dass der rechtliche Sorgfaltsmaßstab die allgemeinen Grenzen im System der Krankenversorgung, selbst wenn es Grenzen der Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit sind, nicht völlig vernachlässigen kann.142 Beachtung und Zustimmung finden die Ausführungen von Erich Steffen: „Ärztlicher Auftrag und zivilrechtlicher Haftungsmaßstab werden bestimmt und begrenzt nicht nur durch die Befindlichkeit des Patienten, sondern auch durch die Befindlichkeit der Gesellschaft, in die Arzt und Patient eingebunden sind. Beide hängen auch ab von den verfügbaren Ressourcen und davon, wieviel und mit welchen Präferenzen die Gesellschaft für ihre medizinische Versorgung auszugeben bereit ist. Allgemeine Grenzen der Finanzierbarkeit unter dem Postulat der Beitragsstabilität ebenso wie allgemeine Grenzen der Ressourcen werden, wo sie die ärztliche Behandlungsaufgabe beschränken, auch an den zivilrechtlichen Haftungsmaßstab weitergegeben. Sie eignen sich ebensowenig wie das Krankheitsrisiko zur Abwälzung von dem Patienten auf den Arzt“.143

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Zur Frage, wie die Weitergabe erfolgt, schlägt Werner Groß vor, zu erwägen, „ob bei der individuellen Verletzung von Sorgfaltspflichten, die nach diesen Standards zu fordern sind, im Rahmen der Verschuldensprüfung nicht – über den Gesichtspunkt der Gruppenfahrlässigkeit hinaus – subjektive Befindlichkeiten des behandelnden Arztes oder des Krankenhausträgers verstärkt in Betracht zu ziehen sind, und zwar unter erweiternder Anerkennung ärztlicher Entscheidungsfreiräume für Diagnostik und Therapie.“144 Eine Rücksichtnahme gegenüber örtlichen Schwächelagen ist damit nicht gemeint, gegenüber individuellen Defiziten muss das Recht situationsfest sein.145

3. Ausblick

Im Dokument Arztfehler und Haftpflicht (Seite 17-20)