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3. Ergebnisse

3.6 Subgruppenanalyse zur Evaluierung von DNMT3A als MRD-Marker

In einer Subgruppenanalyse, die 19 Patienten umfasste, wurde DNMT3A als MRD-Marker verwendet. Initial wurde dieser aufgrund seiner starken Assoziation mit klonaler Hämatopoese als Marker ausgeschlossen. Zum Zeitpunkt der kompletten Remission wurde DNMT3A bei 15 Patienten mutiert gefunden und bei vier Patienten die Wildtypform festgestellt. Die Mutationscharakteristika sind in Tabelle 22 aufgelistet. Bei allen MRD-positiven Patienten lag die gemessene Mutationsrate über 5% (Bereich von 6-46.8%). Von den 15 Patienten wären neun aufgrund eines alternativen MRD-Markers positiv gewesen. Insgesamt rezidivierten sechs von 15 Patienten, wobei vier in CR DNMT3A mutiert und zwei DNMT3A wildtyp waren. Der Verlauf der DNMT3A- Last ist für 13 Patienten in Abbildung 16 dargestellt. Die Patienten mit DNMT3A wildtyp hatten eine etwas schlechtere Prognose bezüglich der CIR und der NRM als Patienten mit mutiertem DNMT3A, dessen Unterschied jedoch nicht signifikant war (HR 0.31, 95% KI 0.06-1.53, P=0,15). Die Mehrheit der DNMT3A-mutierten Patienten blieb somit in kompletter Remission MRD-positiv und korrelierte damit nicht mit einem Rezidiv

65 nach Transplantation. Bezüglich des Gesamtüberlebens zeigte sich ein signifikanter Unterschied beim Vergleich der MRD positiven und MRD negativen Kohorte in CR mit DNMT3A als MRD-Marker (HR 0.61, 95% KI 0.09-0.94, P=0,039).

Abbildung 15. Prognostischer Effekt von Patienten mit DNMT3A als MRD-Marker in CR.

MRD: messbare Resterkrankung; MRD-: MRD-negativ; MRD+: MRD-positiv; CIR: cumulative incidence of relapse; NRM: non relapse mortality; RFS: relapse free survival; OS: overall survival; VAF: variant allele frequency.

66

67 Abbildung 16. Verlauf der DNMT3A Allellast bei 13 Patienten bei Erstdiagnose und in kompletter Remission.

MRD.097 MRD.010 MRD.006

MRD.022 MRD.040 MRD.068

MRD.059 MRD.014 MRD.078

MRD.076 MRD.063 MRD.102

0 CR am 09.12.2004 Rezidiv am 27.03.2006

0

CR am 18.12.2006 Rezidiv am 13.05.2008 CR am 29.12.2006 keine Daten zum Rezidiv

CR am 24.08.2010 Rezidiv am 20.06.2011

68

MRD.104 MRD.042 MRD.007

MRD.031 MRD.105

CR am 11.02.2013 Rezidiv am 12.01.2015

69 4. Diskussion

Welche Bedeutung der Nachweis von minimaler Resterkrankung hat wird deutlich, wenn man bedenkt, dass viele AML-Patienten auch nach Erreichen einer kompletten Remission ein Rezidiv erleiden. (83) Mit dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass der Nachweis von Mutationen in kompletter Remission wichtige Informationen über den Krankheitsverlauf liefert und somit hilft, die Prognose der Patienten einzuschätzen. Die minimale Resterkrankung wurde anhand eines Markers, der bei Erstdiagnose identifiziert wurde, zum Zeitpunkt der kompletten Remission vor allogener Stammzelltransplantation gemessen. Die Mehrheit der aktuellen NGS-MRD-Studien untersucht die minimale Resterkrankung unabhängig von der Stammzelltransplantation.

Zur MRD-Messung wurde eine NGS-basierte Sequenzierungsmethode verwendet, welche anschließend bioinformatisch aufgearbeitet wurde, um die Fehlerrate der Sequenzierung möglichst gering zu halten. Dabei zeigte sich, dass 43 Patienten bei CR MRD positiv waren, 53 Patienten MRD negativ und 12 Patienten eine sehr hohe VAF von >5% aufwiesen. Die MRD positiven Patienten hatten ein signifikant höheres Rezidivrisiko. Zudem war ihr Gesamtüberleben und das rezidivfreie Überleben signifikant kürzer.

Bei den 12 Patienten mit hoher VAF gingen wir von einem Zusammenhang mit klonaler Hämatopoese aus, weshalb diese separat analysiert wurden. Hinsichtlich ihres Rezidivrisikos verhielten sie sich ähnlich wie die MRD positive Patientenkohorte. Ihr Gesamt- und rezidivfreies Überleben zeigte einen mittleren Verlauf zwischen der MRD positiven und -negativen Patientengruppe.

Betrachtete man die MRD-positive und die Gruppe mit der hohen VAF gemeinsam, bestätigte sich der negative prognostische Effekt von persistierenden Mutationen in kompletter Remission.

4.1 Diskussion der Methoden

4.1.1 NGS als zuverlässige MRD Messmethode

Next Generation Sequencing zur Messung der verbliebenen Allellast in CR ist den meisten Methoden zur Messung der MRD überlegen. Ein großer Vorteil der Methode ist die Tatsache, dass eine Vielzahl von Genen als MRD-Marker dienen kann. Da die Methode theoretisch auf jede Mutation übertragbar ist, bietet sie breite

70 Anwendungsmöglichkeiten. In unserer Studie konnte bei 93% aller Patienten mindestens eine geeignete Mutation als MRD-Marker identifiziert werden. Ähnliche Daten wurden bei einer Studie von Papaemmanuil et al. erhoben, die ebenfalls in über 90% der AML-Patienten eine molekulare Aberration mit NGS detektierte. Der Einsatz von NGS ist von großer Bedeutung, da bei etwa 60% der AML-Patienten mit den bislang etablierten Methoden keine MRD-Messung möglich ist. (30) Mit Next Generation Sequencing kann somit bei der Mehrheit der AML-Patienten eine Überwachung der minimalen Resterkrankung erfolgen.

Die größte Problematik lag bei einem Sequenzierungsfehler von bis zu 1% je Nukleotid. (67) Das machte es schwierig echte Mutationen von z.B. Polymerasefehlern zu unterscheiden. Unsere Methode der Fehlerkorrektur basierte auf der Arbeit von Schmitt et al., wobei etwa 99% aller Sequenzierungsfehler mit einer Einzelstrang-Konsens-Sequenz korrigiert wurden. (67) Die Messgenauigkeit der geläufigen Standard-NGS-Ansätze basierte auf der Annahme der korrekten Analyse von einzelsträngiger DNA. Dies schränkte die Fehlerkorrektur bei DNA-Einzelsträngen ein und bot somit einen Schwachpunkt im Vergleich mit einer Einzelstrang-Konsens-Sequenz, wie bei Schmitt et al. Wir ersetzten diese durch read families, welche als eine Sequenz mit zwei identischen random barcodes definiert war. Der Einbau von random barcodes wurde bereits von Kinde et al. als sensitivste Methode zur Verbesserung der Genauigkeit der NGS-Sequenzierung beschrieben. (84) Allerdings konnten Fehler, die in der ersten PCR, bei der die random barcodes an die DNA synthetisiert werden, nicht vermieden werden, weshalb wir die Anzahl der PCR-Zyklen auf fünf reduzierten. Dennoch ließen sich Fehler durch Artefakte nicht vermeiden, die das Vorhandensein wahrer seltener Varianten verdeckten. (85) Wir legten eine Grenze von 10.000 read families fest, die mindestens erreicht werden musste, um mit unserer bioinformatischen Fehlerkorrektur eine Auswertung vorzunehmen. So gelang es uns die mediane Hintergrundfehlerrate auf 0,0071% zu reduzieren. Damit konnten wir VAFs von bis zu 0,005% nachweisen. Bei bisher veröffentlichten Studien, die NGS als MRD-Methode oder Nachweis von mutational cleaning verwendeten, lag die nachweisbare VAF mit 2-2,5% wesentlich höher. (86-88) Einigen aktuellen Studien war es ebenfalls gelungen Mutationsraten von weniger als 2% nachzuweisen. (83,89-91) Die NGS-Methode von Stasik et al. fußte auf dem Prinzip der Ion Torrent Halbleitersequenzierung und detektierte VAFs von 0,01-0,0015% bei der JAK2-V617F-Punktmutation, die vor allem bei myeloproliferativen Neoplasien eine Rolle

71 spielte. Bei der Untersuchung von anderen Punktmutationen in den Genen DNMT3A, IDH1, IDH2, NRAS, und KRAS betrug die Sensitivität ebenfalls <0,1%. Zwar ist die Sensitivität mit unserer Methode vergleichbar, allerdings beschränkte sich die Untersuchung auf bekannte Punktmutationen in Onkogenen und bot daher nur bei geläufigen Mutationen einen Anhaltspunkt. Zudem traten mit dieser Methode bei Transitionen signifikant höhere VAFs als bei Transversionen auf. (90) Jongen et al.

detektierte mittels targeted-NGS VAFs von bis zu 0,02% und verwendete zusätzlich die multiparametrische Durchflusszytometrie, um auch eine minimale Resterkrankung in Form von Leukämie-assoziierten Phänotypen zu identifizieren. Dies wurde ergänzend durchgeführt, da auch Patienten, die keine messbare Resterkrankung nachweisen, rezidivierten. (83) Trotz unserer sehr sensitiven Methode zeigte sich in unserer Studie, dass auch Patienten ohne MRD-Nachweis einen Rückfall erleiden können. Von 53 MRD-negativen Patienten erlitten 8 ein Rezidiv, sodass auch diese Methodik Einschränkungen aufweist. Hierbei müsste künftig untersucht werden, ob sich das Sensitivitätslevel noch weiter senken lässt oder weshalb einige Patienten trotz fehlender MRD Nachweisbarkeit rezidivieren. Bei fünf Patienten zeigte sich bei Untersuchung der Rezidivprobe, dass der MRD-Marker vermutlich durch klonale Evolution verloren gegangen war.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unser Konzept des fehlerkorrigierten NGS eine sehr sensitive und zuverlässige Methode zur Detektion der minimalen Resterkrankung darstellt, die bei der Mehrheit der AML-Patienten angewendet werden kann. Somit kann die komplette Remission durch eine zusätzliche molekulare Diagnostik überwacht werden. Konkret bedeutet das, dass ein Rezidiv bereits bevor es klinisch auffällt, frühzeitig apparent wird und somit gegebenenfalls zusätzliche therapeutische Schritte eingeleitet werden können. Dennoch stellt sich die Frage, ob das untere Detektionslevel noch weiter reduziert werden kann, um jedmögliche Resterkrankung nachzuweisen, oder ob das Verfahren hier an seine Grenzen stößt.

Eine Kombination mit anderen MRD-Methoden wäre denkbar, um möglichst alle Formen der minimalen Resterkrankung zu erfassen. Jede gemessene Mutation ist vor dem Hintergrund, dass es sich um Sequenzierungsfehler handeln könnte, kritisch zu betrachten und mit der Hintergrundfehlerrate in Zusammenhang zu bringen. Dennoch bietet die Methode durch ihre breite Anwendung und hohe Sensitivität viele Möglichkeiten den Krankheitsverlauf der Leukämie zu optimieren.

72 4.1.2 Vergleich der MRD Methode mit Durchflusszytometrie

Die MRD-Messung mit der Durchflusszytometrie ist eine etablierte Methode, die vor allem den Phänotyp der Leukämie erfasst. Zwar kann die Methode auf die Mehrheit der AML-Patienten angewendet werden, jedoch ist die Technik schwierig zu standardisieren. (61) Dennoch konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass eine positive MRD-Messung in CR mittels MFC mit einer höheren Rezidivrate assoziiert war und somit eine geeignete Methode zur Erfassung der minimalen Resterkrankung darstellte. (92,93) Walter et al. untersuchten ebenfalls den Zeitpunkt der CR vor allogener Stammzelltransplantation und stellte fest, dass MRD-positive Patienten ein kürzeres Gesamtüberleben und eine höhere Rezidivrate hatten. Als MRD-positiv wurden keine bestimmten cut-offs definiert, sondern jede messbare Abweichung wurde als MRD-positiv bewertet. Es wurden MRD-Level von <0,01% gemessen. (92) Bei unserer Untersuchung wurde jedes messbare Level kritisch vor der Hintergrundfehlerrate betrachtet, sodass nicht jede messbare Resterkrankung als MRD-positiv betrachtet wurde. Allerdings beruhte die MFC auf der aberranten Antigen-Expression und war deshalb womöglich anders zu beurteilen. Die Beurteilung der MRD nach dem „diffrent from normal“-Prinzip könnte allgemein verwendet werden, erfordert jedoch technische und analytische Expertise. (94) Araki et al. führte eine ähnliche Studie mit vergleichbaren Ergebnissen durch. Die Sensitivität der MFC-Technik variierte mit der Art der phänotypischen Aberrationen und dem Immunphänotyp der normalen Zellen der restlichen Population. Daher gab es keine einheitliche Sensitivitätslevel für alle Patienten, was verdeutlichte, dass die MFC-Technik noch nicht ausreichend standardisiert ist. (93) Getta et al. untersuchte die MRD von AML-Patienten vor Stammzelltransplantation mit beiden Methoden und verglich die Ergebnisse von MFC- und NGS-basierter MRD. Die Ergebnisse stimmten in etwa 70% überein. Für NGS wurde im Vergleich zu unserer Studie ein wesentlich höherer cut-off von 5% verwendet. Patienten, die in beiden Methoden MRD-positiv waren, hatten ein höheres Risiko als Patienten, die mit mindestens einer Methode MRD-negativ waren. Es war die erste Studie, die gezeigt hat, dass die Persistenz von minimaler Resterkrankung und atypischen Blasten eine negative Auswirkung auf die Rezidivwahrscheinlichkeit und das Überleben haben. Es wurde festgestellt, dass die Resterkrankung in den mit NGS gemessenen Allellasten deutlich höher war als der Prozentsatz der aberranten Blasten, die mit MFC quantifiziert wurden. Das spricht dafür, dass die allelische Resterkrankung eher nicht in den Blasten persistiert und NGS

73 das überlegene Verfahren war. (88) Eine aktuelle Studie von Jongen-Lavrencic et al.

belegte ebenfalls, dass NGS sensitiver MRD detektierte als MFC. (83) Auch wenn die Untersuchung mit MFC wichtige zusätzliche Informationen zum MRD-Status lieferte, lässt sich die NGS-basierte Methode besser standardisieren, was für den klinischen Alltag von Bedeutung ist. (62)

4.1.3 Vergleichbarkeit mit rt-PCR

Die qRT-PCR gilt als der Goldstandard bei der Bestimmung der NPM1-Mutationslast.

Die MRD-Messung wird in der klinischen Routine durchgeführt, da ein Anstieg des Markers mit einem erhöhten Rezidivrisiko einher geht. Die Untersuchung beschränkt sich in der Regel auf die typischen Mutationen von Typ A, B und D und erreichten Sensitivitäten von 10-6. Anhand der nachweisbaren NPM1-Allellasten nach Chemotherapie konnten Aussagen über die Remissionsdauer und das Gesamtüberleben getroffen werden. Patienten mit rt-PCR-Negativität hatten ein geringeres Risiko ein Rezidiv zu erleiden. Allerdings erwies sich NPM1 als unstabiler Marker, der im Rezidiv verloren gehen konnte. Patkar et al. untersuchte den NPM1-Mutationsstatus bei AML-Patienten nach Chemotherapie mittels ultradeep Next Generation Sequencing und verglich ihn mit der rt-PCR-Methode. Die Untersuchung erreichte Sensitivitäten von 0,001% und konnte neben den klassischen Mutationen neun seltenere Mutationen detektieren, die mit dem rt-PCR-Verfahren nicht erfasst wurden. (95) Vorteil der NGS-Untersuchung war, dass nur ein Primerpaar nötig ist, um alle potenziellen NPM1-Mutationen abzudecken. Außerdem konnte sie an einer großen Gruppe von AML-Patienten, welche nicht die NPM1-Mutation aufwiesen, angewendet werden. Somit ist die NGS-basierte Methode hinsichtlich der technischen Aspekte der rt-PCR überlegen, da mit einer Sequenzierung bereits ein Großteil der Mutationen abdeckt ist und einen einheitlichen MRD-Nachweis bietet.

4.2 Diskussion der Ergebnisse

4.2.1 Charakteristika MRD-positiver Patienten und Patienten mit hoher VAF in CR

Es gab viele Ähnlichkeiten bezüglich der Patientencharakteristika beim Vergleich der MRD-positiven Kohorte und der Kohorte mit persistierender hoher VAF in CR, aber auch einige signifikante Unterschiede. Im ersten Vergleich der MRD-positiven mit den MRD-negativen Patienten fiel auf, dass bei der MRD-positiven Kohorte signifikant häufiger ein komplexer Karyotyp, ein ungünstiges zytogenetisches Risikoprofil, sowie

74 eine ungünstige Risikogruppe nach ELN festgestellt wurde. Diese gingen häufig mit einer Resistenz gegenüber Chemotherapeutika und damit einer schlechteren Prognose einher. (1,6) Diese Chemotherapie resistenten Tumorzellen ließen sich mit der MRD-Messung nachweisen, was die Wirksamkeit der NGS-Messung unterstreicht.

Beim Vergleich der MRD-positiven Patienten mit dem Kollektiv der hohen VAF, ließen sich hinsichtlich der Komplexität des Karyotyps und des zytogenetischen Risikoprofils keine signifikanten Unterschiede feststellen. Beim Vergleich der Risikogruppen nach ELN fiel auf, dass die Patienten mit hoher VAF signifikant weniger der ungünstigen Risikogruppe zugeordnet werden konnten. (6) Somit war davon auszugehen, dass dieses Patientenkollektiv prinzipiell eine bessere Prognose aufwies als die MRD-positive Kohorte. Bei der Analyse des NPM1-Mutationsstatus zeigte sich, dass die Kohorte mit hoher VAF signifikant häufiger NPM1 mutiert war als das MRD-positive Patientenkolllektiv. Daher war auch hier eine eher günstigere Prognose für die Patienten mit persistierender hoher VAF anzunehmen. (23) Hinsichtlich des Alters zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Dies ist insofern interessant, als dass davon ausgegangen wurde, dass viele Mutationen im Rahmen der altersassoziierten klonalen Hämatopoese auftraten. (49) Das durchschnittliche Alter der Patienten mit hoher VAF lag bei 53 Jahren. Das Durchschnittsalter der MRD-Positiven betrug 50,1.

Mehrere Studien konnten belegen, dass somatische Mutationen mit zunehmendem Alter häufiger nachweisbar sind. (12,48,83) Gehen wir davon aus, dass die hohe VAF in unserer Kohorte mit klonaler Hämatopoese assoziiert war, scheint das Durchschnittsalter recht niedrig. Jaiswal et al. zeigte, dass bei den unter 40-Jährigen nur selten Mutationen nachweisbar waren, bei den über 70-Jährigen hingegen 10%.

Allerdings betrug in dieser Studie das durchschnittliche Alter 58 Jahre. (12) Vermutlich umfasste die erste Kohorte nicht genug Patienten, um klare Zusammenhänge mit dem Alter zu erkennen. Allerdings bleibt darauf hinzuweisen, dass es sich bei der gesamten Kohorte um transplantierte und somit jüngere Patienten handelte.

Ein Problem blieb, dass auch MRD-negative Patienten ein Rezidiv entwickelten und gleichzeitig einige MRD-positive Patienten rezidivfrei blieben. Hier gilt es weiterhin das Sensitivitätslevel zu steigern, um alle MRD-positiven Patienten zu erkennen. Beim Vergleich der MRD-positiven Kohorte, die kein Rezidiv erlitten inklusive der Kohorte mit hoher VAF mit den MRD-Negativen fiel auf, dass die erste Gruppe signifikant häufiger nur einen Zyklus Chemotherapie vor allogener Stammzelltransplantation erhalten haben. Dies legte nahe, dass ein Zyklus nicht genug war, um die minimale

75 Resterkrankung zu eliminieren. Diese Patienten waren aber gleichzeitig chemosensitiv, sodass die Konditionierungstherapie vor der Transplantation den noch vorhandenen Klon beseitigen konnte. In Zukunft wäre es interessant chemosensitive Patienten, die von einer Transplantation profitieren würden, bereits frühzeitig zu erkennen. Es existieren bereits einige Therapien, die nur beim Nachweis von Mutationen in bestimmten Genen zum Einsatz kommen. Wie zum Beispiel Midostaurin bei Mutationen in FLT3 (36), Ivosidenib bei mutiertem IDH1 (96) oder Enasidenib bei mutiertem IDH2 (97). Bei der molekularen Analyse konnte festgestellt werden, dass die Patienten mit persistierender Resterkrankung in CR ohne Rezidiv signifikant häufiger Mutationen in BCOR, SETBP1 und SMC3 aufwiesen. Für diese Gene wurde bislang noch keine spezielle Therapie entwickelt. Da unser untersuchtes Patientenkollektiv relativ klein war, lassen sich diese Marker vermutlich nicht ohne weiteres auf alle AML-Patienten übertragen. Hier wären zukünftig weitere Studien interessant, um zu bestätigen, ob diese Gene auf eine Chemosensitivität hinweisen und Patienten von einer zusätzlichen Therapie profitieren.

4.2.2 Bedeutung von persistierender Resterkrankung in CR für die Prognose Anhand der NGS-basierten MRD-Messmethode ließ sich zum Zeitpunkt der kompletten Remission vor Stammzelltransplantation das Risiko für ein Rezidiv, sowie die Überlebenswahrscheinlichkeit ermitteln. MRD-positive Patienten hatten ein signifikant höheres Risiko zu rezidivieren als MRD-negative Patienten. Das rezidivfreie Überleben und das Gesamtüberleben waren signifikant verkürzt. (72) Dies bestärkte die Hypothese, dass MRD-Positivität ein Hinweis für minimale Resterkrankung war, was bereits in mehreren Arbeitsgruppen untersucht wurde. Auch Morita et al. konnten zeigen, dass ultra-sensitives NGS die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Rezidivs vorhersagt. Auch hier wiesen Patienten, die zum Zeitpunkt der CR eine Elimination der Mutation (mutation clearance) von weniger als <1% oder eine komplette Elimination erreichten, ein signifikant besseres Gesamtüberleben und eine signifikant geringere Inzidenz von Rezidiven auf. Daraus ließ sich schließen, dass somatische Mutationen in nicht-präleukämischen Genen als Marker für minimale Resterkrankung dienen können. (89) Eine Studie von Klco et al. untersuchte ebenfalls die Mutationslast in kompletter Remission. Die Analyse ergab, dass der Nachweis von persistierenden Leukämie-assoziierten Mutationen in mindestens 5% der Knochenmarkszellen mit einem signifikant erhöhten Rezidivrisiko und einem verkürzten Gesamtüberleben einherging. Die Zeitpunkte wurden mittels

76 Exomsequenzierung untersucht. Klco et al. legten nahe, dass ultrasensitive Messmethoden zum Zeitpunkt der CR für die Risikoabschätzung nicht von Nutzen seien, da diese das Rezidivrisiko überschätzen und zu einer Übertherapie der Patienten führten. (86) In der Studie von Klco et al. wurden keine einheitlichen cut-offs für MRD-Negativität und -Positivität definiert, sodass nicht klar festgelegt war, wann ein Patient noch minimale Resterkrankung nachwies. Außerdem wurde mit der Exom-Sequenzierung eine Vielzahl von Genen als MRD-Marker für einen Patienten verwendet. (86) Wir beschränkten uns auf 1-3 MRD-Marker pro Patient und nutzen nicht das gesamte Gen-Panel zur Überwachung der klonalen Entwicklung. So konnte eine hohe Sensitivität erreicht werden und eine gezielte MRD-Detektion erfolgen, die mit persistierender Resterkrankung in Zusammenhang gebracht wurde. Die Gefahr der Übertherapie eines Patienten sollte stets sorgfältig abgewogen werden, da jede Chemotherapie und Stammzelltransplantation Nebenwirkungen und Risiken mit sich bringt. Immerhin 15% der MRD-negativen Patienten erlitten ein Rezidiv nach allogener Stammzelltransplantation. Da bei diesen Patienten die minimale Resterkrankung nicht erfasst wurde, spricht dies für die Notwendigkeit weitere, sensitivere Messmethoden zu entwickeln, um auch solche Patienten frühzeitig zu erkennen.

4.2.3 Bedeutung von persistierender klonaler Hämatopoese in CR

Bei 10% unserer Patienten blieb der MRD-Marker in morphologisch kompletter Remission mit einer VAF von >5% positiv. Dieses Patientenkollektiv wurde sowohl separat analysiert als auch im Zusammenhang mit der gesamten Kohorte betrachtet.

Die vergleichsweise hohe Mutationslast wurde u.a. als Persistenz der molekulargenetischen Veränderungen in differenzierten leukämischen Zellen gewertet. (98) Ein weiterer möglicher Ursprung der hohen Mutationslasten war der Nachweis von Keimbahnmutationen. Wlodarski et al. beschrieb das Auftreten von GATA2-Läsionen im Zusammenhang mit Keimbahnmutationen bei verschiedenen hämatologischen Erkrankungen wie MDS und AML. (99) Etwa 20-30% aller Keimbahnmutationen werden vererbt, wohingegen der Großteil de novo erworben

Die vergleichsweise hohe Mutationslast wurde u.a. als Persistenz der molekulargenetischen Veränderungen in differenzierten leukämischen Zellen gewertet. (98) Ein weiterer möglicher Ursprung der hohen Mutationslasten war der Nachweis von Keimbahnmutationen. Wlodarski et al. beschrieb das Auftreten von GATA2-Läsionen im Zusammenhang mit Keimbahnmutationen bei verschiedenen hämatologischen Erkrankungen wie MDS und AML. (99) Etwa 20-30% aller Keimbahnmutationen werden vererbt, wohingegen der Großteil de novo erworben