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3. Ergebnisse

3.4 Assoziationen zwischen minimaler Resterkrankung in kompletter Remission und

Von den zwölf Patienten, bei denen in kompletter Remission die Resterkrankung mit hoher Allellast persistierte, erlitten zwei Drittel ein Rezidiv nach der Stammzelltransplantation. Vier Patienten hingegen bekamen keinen Rückfall. Diese Patienten sind in Tabelle 18 aufgelistet. Von der gesamten MRD-positiven Kohorte (n=43) waren es 16 Patienten (37%), die trotz messbarer Resterkrankung nicht rezidivierten. Möglicherweise wurde hier die minimale Resterkrankung durch die allogene Stammzelltransplantation eliminiert.

Da wir annahmen, dass diese Patienten chemosensitiv waren und die Stammzelltransplantation die minimale Resterkrankung beseitigte, galt es nun potenzielle MRD Marker, die darauf hinweisen, zu erkennen. Dafür verglichen wir alle MRD-positiven Patienten ohne Rezidiv inklusive unserer vier rezidivfreien Patienten aus der Kohorte mit hoher VAF mit allen restlichen Patienten. Klinische Charakteristika finden sich in der nachstehenden Tabelle 19.

MRD-positive Patienten ohne Rezidiv erhielten signifikant häufiger nur einen Zyklus an Chemotherapie vor der Transplantation (p=0,018).

Im klinischen Verlauf wiesen diese Patienten häufiger einen HCT-CI Score von >2, eine geringere Leukozytenzahl und eine höhere Thrombozytenzahl bei Diagnose auf.

52

53 Tabelle 19. Vergleich von klinischen Charakteristika zwischen MRD-positiven Patienten plus Patienten mit VAF >5% in CR ohne Rezidiv und allen anderen Patienten.

Charakteristika MRD positive Patienten und Patienten mit VAF >5%

ohne Rezidiv n=20

Alle anderen Patienten n=88

P

Alter 0,16

Median (Jahre) 54,5 50,3

Bereich (Jahre) 19-67 21-70

Geschlecht 0,75

männlich - Anzahl (%) 12 (60) 49 (55,7) weiblich - Anzahl (%) 8 (40) 39 (44,3) ECOG Performance Status bei

Diagnose 0,59

0 - Anzahl (%) 6 (30) 18 (20,5)

1 - Anzahl (%) 13 (65) 62 (70,5)

2 - Anzahl (%) 1 (5) 8 (9,1)

FAB-Subtyp 0,71

M0 - Anzahl (%) 4 (20) 11 (12,5)

M1 - Anzahl (%) 4 (20) 17 (19,3)

M2 - Anzahl (%) 3 (15) 12 (13,6)

M4 - Anzahl (%) 2 (10) 22 (25)

M5 - Anzahl (%) 3 (15) 6 (6,8)

M6 - Anzahl (%) 0 (0) 3 (3,4)

M7 - Anzahl (%) 0 (0) 1 (1,1)

Fehlende Daten - Anzahl (%) 4 (20) 15 (17)

Typ der AML 0,31

de novo - Anzahl (%) 13 (65) 67 (76,1) Sekundär - Anzahl (%) 7 (35) 21 (23,9)

54

Zytogenetische Risikogruppe 0,60

Günstig – Anzahl (%) 0 (0) 3 (3,4) Intermediär – Anzahl (%) 16 (80) 63 (71,6) Ungünstig – Anzahl (%) 4(20) 22 (25)

ELN Risikogruppe § 0,67

Günstig – Anzahl (%) 3 (15) 21 (23,9) Intermediär – Anzahl (%) 7 (35) 30 (34,1) Ungünstig – Anzahl (%) 10 (50) 37 (42)

Komplexer Karyotyp 0,50

Nein – Anzahl (%) 18 (90) 74 (84,1)

Ja – Anzahl (%) 2 (10) 14 (15,9)

Leukozytenanzahl 0,089

Median - (x109/l) 4,9 16

Bereich - (x109/l) 0.8-162 0,66-259,4

Hämoglobin 0,79

Median – g/dL 9,3 9,7

Bereich – g/dL 4.7-14.4 4,6-15

Thrombozytenanzahl 0,07

Median - (x109/l) 29,5 62,5

Bereich - (x109/l) 4-327 11-475 Chemotherapiezyklen vor allogener

Stammzelltransplantation 0,018

Ein Zyklus – Anzahl (%) 6 (30) 7 (8) Zwei Zyklen – Anzahl (%) 12 (60) 61 (69,3) Drei Zyklen – Anzahl (%) 2 (10) 20 (22,7)

Gewebeart der CR Probe für MRD 0,40

Peripheries Blut – Anzahl (%) 10 (50) 53 (60,2) Knochenmark – Anzahl (%) 10 (50) 35 (39,8)

HLA-Übereinstimmung mit Spender 0,42

55 HLA-identischer

Familienspender – Anzahl (%) 6 (30) 27 (30,7) HLA-identischer Fremdspender

– Anzahl (%) 13 (65) 43 (48,9)

Nicht-HLA identischer

Familienspender – Anzahl (%) 0 (0) 2 (2,3) Nicht-HLA identischer

Fremdspender – Anzahl (%) 1 (5) 15 (17) Fehlende Daten - Anzahl (%) 0 (0) 1 (1,1)

Konditionierung 0,69

Myeloablativ – Anzahl (%) 9 (45) 44 (50) Reduzierte Intensität – Anzahl

(%) 11 (55) 44 (50)

Stammzellherkunft 0,54

Peripheries Blut –

Anzahl (%) 19 (95) 79 (89,8)

Knochenmark – Anzahl (%) 1 (5) 8 (9,1) Fehlende Daten - Anzahl (%) 0 (0) 1 (1,1)

Remissionsstatus 0,93

CR1 – Anzahl (%) 19 (95) 84 (95,5)

CR2 – Anzahl (%) 1 (5) 4 (4,5)

HCT-CI Score vor Transplantation 0,05

0-2 – Anzahl (%) 10 (50) 67 (76,1) >2 – Anzahl (%) 7 (35) 16 (18,2) Fehlende Daten - Anzahl (%) 3 (15) 5 (5,7)

Geschlecht Spender 0,12

männlich - Anzahl (%) 15 (75) 49 (55,7) weiblich - Anzahl (%) 5 (25) 38 (43,2) Fehlende Daten - Anzahl (%) 0 (0) 1 (1,1)

CMV-Status 0,81

Spender neg/Patient neg – 5 (25) 24 (27,3)

56 Anzahl (%)

Alle anderen Kombinationen –

Anzahl (%) 15 (75) 63 (71,6)

Fehlende Daten - Anzahl (%) 0 (0) 1 (1,1)

$ Die zytogenetische Risikogruppe wurde nach den Kriterien des Medical Research Council (MRC) definiert.

MRD: messbare Resterkrankung; AML: akute myeloische Leukämie; ECOG-Status: Status der Lebensqualität nach der Eastern Cooperative Oncology Group; FAB: French-American-British; ELN:

European Leukemia Net; HLA: humanes Leukozytenantigen-System; HCT-CI-Score: hematopoietic transplantation comorbidity index; CMV: Cytomegalievirus

Anmerkung: p-Werte < 0.05 galten signifikant

Bei Betrachtung der molekularen Marker fanden sich signifikant häufiger Mutationen in den Genen BCOR (p=0,006), SETBP1 (p=0,04) und SMC3 (p=0,003), die in Abbildung 11 dargestellt wurden. Diese Klone reagierten scheinbar sensitiv auf die Therapie der Stammzelltransplantation. Beim Vergleich von allen MRD-positiven Patienten ohne Rezidiv mit den übrigen Patienten fanden sich zusätzlich im Gen RUNX1 signifikant häufiger Mutationen.

Abbildung 11. Vergleich der Häufigkeiten der chemosensitiven Klone in den beiden Gruppen.

0 5 10 15 20 25 30 35

BCOR SETB1 SMC3

Anteil der mutierten Patienten in %

MRD positive Patienten und Patienten mit VAF >5% ohne Rezidiv alle anderen

57 Tabelle 20. Vergleich von molekularen Charakteristika zwischen MRD-positiven Patienten plus Patienten mit VAF >5% in CR ohne Rezidiv und allen anderen Patienten.

Charakteristika

58

59

Anmerkung: p-Werte <0.05 galten als signifikant

60 3.5 Prognostische Effekte von minimaler Resterkrankung bei kompletter Remission vor allogener Stammzelltransplantation

Um den prognostischen Effekt unserer MRD-Messung zu erfassen, wurden drei Gruppen miteinander verglichen. Das waren zum einen die MRD-positiven Patienten der Gesamtkohorte (n=43), die MRD-negativen Patienten der Gesamtkohorte (n=53) und die Patienten mit persistierender hoher VAF >5% zum Zeitpunkt der kompletten Remission (n=12). Dabei ließ sich feststellen, dass die MRD-positive Gruppe ein signifikant höheres Risiko für die kumulative Inzidenz von Rezidiven (cumulative incidence of relapse, CIR) aufwies, als die MRD-negative Kohorte (HR 5.58, 95% KI 2.47-12.60, P<0.001, 5-Jahres CIR 66% vs. 17%). Die nicht-rezidivassoziierte Mortalität (non relapse mortality, NRM) hingegen wies keinen Unterschied zwischen den Gruppen auf (HR 0.6, 95% KI 0.15-2.37, P=0.47, 5- Jahres NRM 9% vs. 11%).

Zusätzlich wurde der klinische Verlauf der 12 Patienten ausgewertet, deren VAF in kompletter Remission >5% lag. Beim Vergleich dieses Patientenkollektivs mit der MRD-negativen Patientengruppe zeigte sich sowohl bei der kumulativen Rezidvinzidenz als auch bei der nicht-rezidivassoziierten Mortalität ein ähnlicher Verlauf, wie bei den oben genannten Vergleichsgruppen (HR 5.90, 95% KI 2.35-14.81, P<0.001, 5-Jahres CIR 55% vs. 17%). Acht von zwölf Patienten erlitten ein Rezidiv nach der Transplantation (s. Abbildung 12).

Abbildung 12. Vergleich der kumulativen Rezidivinzidenz (CIR) und Nicht-Rezidiv-assoziierten Mortalitäten (NRM) in drei Kohorten.

MRD: messbare Resterkrankung; MRD-: MRD-negativ; MRD+: MRD-positiv; CIR: cumulative incidence of relapse; NRM: non relapse mortality; VAF: variant allele frequency.

61 Das rezidivfreie Überleben (relapse free survival, RFS) und das Gesamtüberleben (overall survival, OS) waren bei den Patienten mit messbarer Resterkrankung im Vergleich zu den MRD-negativen Patienten signifikant kürzer (RFS: HR 3.56, 95% CI 1.86-6.81, P<0,001, OS: HR 3.06 95% KI 1.53-6.12, P=0.002, 5- Jahres OS 41 vs.

78%). Der klinische Verlauf der 12 Patienten mit hoher VAF in kompletter Remission liegt zwischen den Verläufen der beiden anderen Kohorten (siehe Abbildung 13).

Abbildung 13. Rezidivfreies Überleben (RFS) und Gesamtüberleben (OS) in drei Kohorten.

MRD: messbare Resterkrankung; MRD-: MRD-negativ; MRD+: MRD-positiv; RFS: relapse free survival;

OS: overall survival; VAF: variant allele frequency.

Für die multivariate Analyse wurden 60 Variablen berücksichtigt, welche in Tabelle 12 aufgeführt sind. Die univariate Analyse wurde für OS, RFS, CIR und NRM durchgeführt. Die multivariate Analyse ergab, dass MRD-Positivität ein unabhängiger Prädiktor für die kumulative Inzidenz von Rezidiven (HR 5.67, 95% KI 2.30-14.0, P<0,001) und für das Gesamtüberleben (HR 3.0, 95% KI 1.41-6.38, P=0,004) war.

MRD-Positivität war ein unabhängiger Prädiktor für das rezidivfreie Überleben (HR 3.41, 95% KI 1.72-6.75, P=0,001). Auf die nicht-rezidivassoziierte Mortalität zeigte sich hingegen kein Effekt.

Insgesamt erwies die MRD-Analyse einen höheren negativ prädiktiven Wert als einen positiv Prädiktiven. Patienten mit einem niedrigen Rezidivrisiko konnten zuverlässig durch ein negatives MRD-Ergebnis identifiziert werden.

62 Zusätzlich wurde die Gruppe der MRD-positiven Patienten und die der 12 Patienten zusammengefasst (n=55) und anschließend mit der MRD-negativen Kohorte (n=53) verglichen. Der negative prädiktive Vorhersagewert der Methode konnte so verdeutlicht werden. Patienten mit einem geringeren Rezidivrisiko nach der Transplantation konnten durch ein negatives MRD-Ergebnis in kompletter Remission zuverlässig identifiziert werden. Sie wiesen eine signifikant niedrigere kumulative Inzidenz an Rezidiven (p<0,001), sowie ein signifikant kürzeres rezidivfreies Überleben (p<0,001) und ein signifikant kürzeres Gesamtüberleben (p=0,001) als MRD-positive Patienten auf.

Abbildung 14. Prognostischer Effekt von MRD-positiven Patienten kombiniert mit Patienten mit VAF >5% in CR.

MRD: messbare Resterkrankung; MRD-: MRD-negativ; MRD+: MRD-positiv; CIR: cumulative incidence of relapse; NRM: non relapse mortality; RFS: relapse free survival; OS: overall survival; VAF: variant allele frequency.

Tabelle 21. Variablen für die univariate Analyse.

Variable Erste Kategorie Zweite Kategorie Dritte Kategorie

AML-Typ De novo AML AML nach MDS

oder

therapieassoziierte Remissionsstatus Erste komplette AML

Remission (CR1) Zweite komplette Remission (CR2)

CMV-Status Spender und

Patient CMV negativ

Alle anderen CMV Konstellationen Konditionierung Reduzierte

Intensität Myeloablativ

63

Spender Weiblicher Spender Männlicher Spender

ECOG ECOG 0 oder 1 ECOG 2

ELN Klassifikation ELN günstig oder

intermediär ELN ungünstig HCT-CI-Score HCT-CI Score 0-2 HCT-CI Score 3

oder höher Hämoglobin Hämoglobin unter

dem Median Hämoglobin über dem Median

MRD vor alloHCT MRD negativ MRD positiv

Anzahl der

Chemotherapiezykl en vor alloHCT

1 Zyklus 2 Zyklen 3 Zyklen

Patientenalter 60

Jahre Alter von 60 Jahren

oder jünger Alter über 60 Stammzellherkunft Peripheres Blut Knochenmark Leukozytenanzahl Leukozytenanzahl

unter dem Median Leukozytenanzahl über dem Median

64

AML: akute myeloische Leukämie; ECOG-Status: Status der Lebensqualität nach der Eastern Cooperative Oncology Group; FAB: French-American-British; ELN: European Leukemia Net; alloHCT:

allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation; HLA: humanes Leukozytenantigen-System; HCT-CI-Score: hematopoietic transplantation comorbidity index; CMV: Cytomegalievirus

3.6 Subgruppenanalyse zur Evaluierung von DNMT3A als MRD-Marker

In einer Subgruppenanalyse, die 19 Patienten umfasste, wurde DNMT3A als MRD-Marker verwendet. Initial wurde dieser aufgrund seiner starken Assoziation mit klonaler Hämatopoese als Marker ausgeschlossen. Zum Zeitpunkt der kompletten Remission wurde DNMT3A bei 15 Patienten mutiert gefunden und bei vier Patienten die Wildtypform festgestellt. Die Mutationscharakteristika sind in Tabelle 22 aufgelistet. Bei allen MRD-positiven Patienten lag die gemessene Mutationsrate über 5% (Bereich von 6-46.8%). Von den 15 Patienten wären neun aufgrund eines alternativen MRD-Markers positiv gewesen. Insgesamt rezidivierten sechs von 15 Patienten, wobei vier in CR DNMT3A mutiert und zwei DNMT3A wildtyp waren. Der Verlauf der DNMT3A- Last ist für 13 Patienten in Abbildung 16 dargestellt. Die Patienten mit DNMT3A wildtyp hatten eine etwas schlechtere Prognose bezüglich der CIR und der NRM als Patienten mit mutiertem DNMT3A, dessen Unterschied jedoch nicht signifikant war (HR 0.31, 95% KI 0.06-1.53, P=0,15). Die Mehrheit der DNMT3A-mutierten Patienten blieb somit in kompletter Remission MRD-positiv und korrelierte damit nicht mit einem Rezidiv

65 nach Transplantation. Bezüglich des Gesamtüberlebens zeigte sich ein signifikanter Unterschied beim Vergleich der MRD positiven und MRD negativen Kohorte in CR mit DNMT3A als MRD-Marker (HR 0.61, 95% KI 0.09-0.94, P=0,039).

Abbildung 15. Prognostischer Effekt von Patienten mit DNMT3A als MRD-Marker in CR.

MRD: messbare Resterkrankung; MRD-: MRD-negativ; MRD+: MRD-positiv; CIR: cumulative incidence of relapse; NRM: non relapse mortality; RFS: relapse free survival; OS: overall survival; VAF: variant allele frequency.

66

67 Abbildung 16. Verlauf der DNMT3A Allellast bei 13 Patienten bei Erstdiagnose und in kompletter Remission.

MRD.097 MRD.010 MRD.006

MRD.022 MRD.040 MRD.068

MRD.059 MRD.014 MRD.078

MRD.076 MRD.063 MRD.102

0 CR am 09.12.2004 Rezidiv am 27.03.2006

0

CR am 18.12.2006 Rezidiv am 13.05.2008 CR am 29.12.2006 keine Daten zum Rezidiv

CR am 24.08.2010 Rezidiv am 20.06.2011

68

MRD.104 MRD.042 MRD.007

MRD.031 MRD.105

CR am 11.02.2013 Rezidiv am 12.01.2015

69 4. Diskussion

Welche Bedeutung der Nachweis von minimaler Resterkrankung hat wird deutlich, wenn man bedenkt, dass viele AML-Patienten auch nach Erreichen einer kompletten Remission ein Rezidiv erleiden. (83) Mit dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass der Nachweis von Mutationen in kompletter Remission wichtige Informationen über den Krankheitsverlauf liefert und somit hilft, die Prognose der Patienten einzuschätzen. Die minimale Resterkrankung wurde anhand eines Markers, der bei Erstdiagnose identifiziert wurde, zum Zeitpunkt der kompletten Remission vor allogener Stammzelltransplantation gemessen. Die Mehrheit der aktuellen NGS-MRD-Studien untersucht die minimale Resterkrankung unabhängig von der Stammzelltransplantation.

Zur MRD-Messung wurde eine NGS-basierte Sequenzierungsmethode verwendet, welche anschließend bioinformatisch aufgearbeitet wurde, um die Fehlerrate der Sequenzierung möglichst gering zu halten. Dabei zeigte sich, dass 43 Patienten bei CR MRD positiv waren, 53 Patienten MRD negativ und 12 Patienten eine sehr hohe VAF von >5% aufwiesen. Die MRD positiven Patienten hatten ein signifikant höheres Rezidivrisiko. Zudem war ihr Gesamtüberleben und das rezidivfreie Überleben signifikant kürzer.

Bei den 12 Patienten mit hoher VAF gingen wir von einem Zusammenhang mit klonaler Hämatopoese aus, weshalb diese separat analysiert wurden. Hinsichtlich ihres Rezidivrisikos verhielten sie sich ähnlich wie die MRD positive Patientenkohorte. Ihr Gesamt- und rezidivfreies Überleben zeigte einen mittleren Verlauf zwischen der MRD positiven und -negativen Patientengruppe.

Betrachtete man die MRD-positive und die Gruppe mit der hohen VAF gemeinsam, bestätigte sich der negative prognostische Effekt von persistierenden Mutationen in kompletter Remission.

4.1 Diskussion der Methoden

4.1.1 NGS als zuverlässige MRD Messmethode

Next Generation Sequencing zur Messung der verbliebenen Allellast in CR ist den meisten Methoden zur Messung der MRD überlegen. Ein großer Vorteil der Methode ist die Tatsache, dass eine Vielzahl von Genen als MRD-Marker dienen kann. Da die Methode theoretisch auf jede Mutation übertragbar ist, bietet sie breite

70 Anwendungsmöglichkeiten. In unserer Studie konnte bei 93% aller Patienten mindestens eine geeignete Mutation als MRD-Marker identifiziert werden. Ähnliche Daten wurden bei einer Studie von Papaemmanuil et al. erhoben, die ebenfalls in über 90% der AML-Patienten eine molekulare Aberration mit NGS detektierte. Der Einsatz von NGS ist von großer Bedeutung, da bei etwa 60% der AML-Patienten mit den bislang etablierten Methoden keine MRD-Messung möglich ist. (30) Mit Next Generation Sequencing kann somit bei der Mehrheit der AML-Patienten eine Überwachung der minimalen Resterkrankung erfolgen.

Die größte Problematik lag bei einem Sequenzierungsfehler von bis zu 1% je Nukleotid. (67) Das machte es schwierig echte Mutationen von z.B. Polymerasefehlern zu unterscheiden. Unsere Methode der Fehlerkorrektur basierte auf der Arbeit von Schmitt et al., wobei etwa 99% aller Sequenzierungsfehler mit einer Einzelstrang-Konsens-Sequenz korrigiert wurden. (67) Die Messgenauigkeit der geläufigen Standard-NGS-Ansätze basierte auf der Annahme der korrekten Analyse von einzelsträngiger DNA. Dies schränkte die Fehlerkorrektur bei DNA-Einzelsträngen ein und bot somit einen Schwachpunkt im Vergleich mit einer Einzelstrang-Konsens-Sequenz, wie bei Schmitt et al. Wir ersetzten diese durch read families, welche als eine Sequenz mit zwei identischen random barcodes definiert war. Der Einbau von random barcodes wurde bereits von Kinde et al. als sensitivste Methode zur Verbesserung der Genauigkeit der NGS-Sequenzierung beschrieben. (84) Allerdings konnten Fehler, die in der ersten PCR, bei der die random barcodes an die DNA synthetisiert werden, nicht vermieden werden, weshalb wir die Anzahl der PCR-Zyklen auf fünf reduzierten. Dennoch ließen sich Fehler durch Artefakte nicht vermeiden, die das Vorhandensein wahrer seltener Varianten verdeckten. (85) Wir legten eine Grenze von 10.000 read families fest, die mindestens erreicht werden musste, um mit unserer bioinformatischen Fehlerkorrektur eine Auswertung vorzunehmen. So gelang es uns die mediane Hintergrundfehlerrate auf 0,0071% zu reduzieren. Damit konnten wir VAFs von bis zu 0,005% nachweisen. Bei bisher veröffentlichten Studien, die NGS als MRD-Methode oder Nachweis von mutational cleaning verwendeten, lag die nachweisbare VAF mit 2-2,5% wesentlich höher. (86-88) Einigen aktuellen Studien war es ebenfalls gelungen Mutationsraten von weniger als 2% nachzuweisen. (83,89-91) Die NGS-Methode von Stasik et al. fußte auf dem Prinzip der Ion Torrent Halbleitersequenzierung und detektierte VAFs von 0,01-0,0015% bei der JAK2-V617F-Punktmutation, die vor allem bei myeloproliferativen Neoplasien eine Rolle

71 spielte. Bei der Untersuchung von anderen Punktmutationen in den Genen DNMT3A, IDH1, IDH2, NRAS, und KRAS betrug die Sensitivität ebenfalls <0,1%. Zwar ist die Sensitivität mit unserer Methode vergleichbar, allerdings beschränkte sich die Untersuchung auf bekannte Punktmutationen in Onkogenen und bot daher nur bei geläufigen Mutationen einen Anhaltspunkt. Zudem traten mit dieser Methode bei Transitionen signifikant höhere VAFs als bei Transversionen auf. (90) Jongen et al.

detektierte mittels targeted-NGS VAFs von bis zu 0,02% und verwendete zusätzlich die multiparametrische Durchflusszytometrie, um auch eine minimale Resterkrankung in Form von Leukämie-assoziierten Phänotypen zu identifizieren. Dies wurde ergänzend durchgeführt, da auch Patienten, die keine messbare Resterkrankung nachweisen, rezidivierten. (83) Trotz unserer sehr sensitiven Methode zeigte sich in unserer Studie, dass auch Patienten ohne MRD-Nachweis einen Rückfall erleiden können. Von 53 MRD-negativen Patienten erlitten 8 ein Rezidiv, sodass auch diese Methodik Einschränkungen aufweist. Hierbei müsste künftig untersucht werden, ob sich das Sensitivitätslevel noch weiter senken lässt oder weshalb einige Patienten trotz fehlender MRD Nachweisbarkeit rezidivieren. Bei fünf Patienten zeigte sich bei Untersuchung der Rezidivprobe, dass der MRD-Marker vermutlich durch klonale Evolution verloren gegangen war.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unser Konzept des fehlerkorrigierten NGS eine sehr sensitive und zuverlässige Methode zur Detektion der minimalen Resterkrankung darstellt, die bei der Mehrheit der AML-Patienten angewendet werden kann. Somit kann die komplette Remission durch eine zusätzliche molekulare Diagnostik überwacht werden. Konkret bedeutet das, dass ein Rezidiv bereits bevor es klinisch auffällt, frühzeitig apparent wird und somit gegebenenfalls zusätzliche therapeutische Schritte eingeleitet werden können. Dennoch stellt sich die Frage, ob das untere Detektionslevel noch weiter reduziert werden kann, um jedmögliche Resterkrankung nachzuweisen, oder ob das Verfahren hier an seine Grenzen stößt.

Eine Kombination mit anderen MRD-Methoden wäre denkbar, um möglichst alle Formen der minimalen Resterkrankung zu erfassen. Jede gemessene Mutation ist vor dem Hintergrund, dass es sich um Sequenzierungsfehler handeln könnte, kritisch zu betrachten und mit der Hintergrundfehlerrate in Zusammenhang zu bringen. Dennoch bietet die Methode durch ihre breite Anwendung und hohe Sensitivität viele Möglichkeiten den Krankheitsverlauf der Leukämie zu optimieren.

72 4.1.2 Vergleich der MRD Methode mit Durchflusszytometrie

Die MRD-Messung mit der Durchflusszytometrie ist eine etablierte Methode, die vor allem den Phänotyp der Leukämie erfasst. Zwar kann die Methode auf die Mehrheit der AML-Patienten angewendet werden, jedoch ist die Technik schwierig zu standardisieren. (61) Dennoch konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass eine positive MRD-Messung in CR mittels MFC mit einer höheren Rezidivrate assoziiert war und somit eine geeignete Methode zur Erfassung der minimalen Resterkrankung darstellte. (92,93) Walter et al. untersuchten ebenfalls den Zeitpunkt der CR vor allogener Stammzelltransplantation und stellte fest, dass MRD-positive Patienten ein kürzeres Gesamtüberleben und eine höhere Rezidivrate hatten. Als MRD-positiv wurden keine bestimmten cut-offs definiert, sondern jede messbare Abweichung wurde als MRD-positiv bewertet. Es wurden MRD-Level von <0,01% gemessen. (92) Bei unserer Untersuchung wurde jedes messbare Level kritisch vor der Hintergrundfehlerrate betrachtet, sodass nicht jede messbare Resterkrankung als MRD-positiv betrachtet wurde. Allerdings beruhte die MFC auf der aberranten Antigen-Expression und war deshalb womöglich anders zu beurteilen. Die Beurteilung der MRD nach dem „diffrent from normal“-Prinzip könnte allgemein verwendet werden, erfordert jedoch technische und analytische Expertise. (94) Araki et al. führte eine ähnliche Studie mit vergleichbaren Ergebnissen durch. Die Sensitivität der MFC-Technik variierte mit der Art der phänotypischen Aberrationen und dem Immunphänotyp der normalen Zellen der restlichen Population. Daher gab es keine einheitliche Sensitivitätslevel für alle Patienten, was verdeutlichte, dass die MFC-Technik noch nicht ausreichend standardisiert ist. (93) Getta et al. untersuchte die MRD von AML-Patienten vor Stammzelltransplantation mit beiden Methoden und verglich die Ergebnisse von MFC- und NGS-basierter MRD. Die Ergebnisse stimmten in etwa 70% überein. Für NGS wurde im Vergleich zu unserer Studie ein wesentlich höherer cut-off von 5% verwendet. Patienten, die in beiden Methoden MRD-positiv waren, hatten ein höheres Risiko als Patienten, die mit mindestens einer Methode MRD-negativ waren. Es war die erste Studie, die gezeigt hat, dass die Persistenz von minimaler Resterkrankung und atypischen Blasten eine negative Auswirkung auf die Rezidivwahrscheinlichkeit und das Überleben haben. Es wurde festgestellt, dass die Resterkrankung in den mit NGS gemessenen Allellasten deutlich höher war als der Prozentsatz der aberranten Blasten, die mit MFC quantifiziert wurden. Das spricht dafür, dass die allelische Resterkrankung eher nicht in den Blasten persistiert und NGS

73 das überlegene Verfahren war. (88) Eine aktuelle Studie von Jongen-Lavrencic et al.

belegte ebenfalls, dass NGS sensitiver MRD detektierte als MFC. (83) Auch wenn die Untersuchung mit MFC wichtige zusätzliche Informationen zum MRD-Status lieferte, lässt sich die NGS-basierte Methode besser standardisieren, was für den klinischen Alltag von Bedeutung ist. (62)

4.1.3 Vergleichbarkeit mit rt-PCR

Die qRT-PCR gilt als der Goldstandard bei der Bestimmung der NPM1-Mutationslast.

Die MRD-Messung wird in der klinischen Routine durchgeführt, da ein Anstieg des Markers mit einem erhöhten Rezidivrisiko einher geht. Die Untersuchung beschränkt sich in der Regel auf die typischen Mutationen von Typ A, B und D und erreichten Sensitivitäten von 10-6. Anhand der nachweisbaren NPM1-Allellasten nach Chemotherapie konnten Aussagen über die Remissionsdauer und das Gesamtüberleben getroffen werden. Patienten mit rt-PCR-Negativität hatten ein geringeres Risiko ein Rezidiv zu erleiden. Allerdings erwies sich NPM1 als unstabiler Marker, der im Rezidiv verloren gehen konnte. Patkar et al. untersuchte den

Die MRD-Messung wird in der klinischen Routine durchgeführt, da ein Anstieg des Markers mit einem erhöhten Rezidivrisiko einher geht. Die Untersuchung beschränkt sich in der Regel auf die typischen Mutationen von Typ A, B und D und erreichten Sensitivitäten von 10-6. Anhand der nachweisbaren NPM1-Allellasten nach Chemotherapie konnten Aussagen über die Remissionsdauer und das Gesamtüberleben getroffen werden. Patienten mit rt-PCR-Negativität hatten ein geringeres Risiko ein Rezidiv zu erleiden. Allerdings erwies sich NPM1 als unstabiler Marker, der im Rezidiv verloren gehen konnte. Patkar et al. untersuchte den