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4. Diskussion

4.2 Diskussion der Ergebnisse

4.2.3 Bedeutung von persistierender klonaler Hämatopoese in CR

Bei 10% unserer Patienten blieb der MRD-Marker in morphologisch kompletter Remission mit einer VAF von >5% positiv. Dieses Patientenkollektiv wurde sowohl separat analysiert als auch im Zusammenhang mit der gesamten Kohorte betrachtet.

Die vergleichsweise hohe Mutationslast wurde u.a. als Persistenz der molekulargenetischen Veränderungen in differenzierten leukämischen Zellen gewertet. (98) Ein weiterer möglicher Ursprung der hohen Mutationslasten war der Nachweis von Keimbahnmutationen. Wlodarski et al. beschrieb das Auftreten von GATA2-Läsionen im Zusammenhang mit Keimbahnmutationen bei verschiedenen hämatologischen Erkrankungen wie MDS und AML. (99) Etwa 20-30% aller Keimbahnmutationen werden vererbt, wohingegen der Großteil de novo erworben wird. (100) Zwar wies keiner der Patienten dieser Subgruppe eine GATA2-Mutation auf, jedoch war eine Persistenz der Mutationen durch prädisponierende Veränderungen in der Keimbahn möglich. Da die VAF allerdings in den meisten CR Proben abfiel, sprach dies sehr gegen Keimbahnmutationen.

Eine weitere These für die hohe Mutationslast in CR ist der Zusammenhang mit klonaler Hämatopoese. Dafür sprach zum einen die hohe persistierende Mutationsrate

77 mit >5%. Einige persistierende Gene wurden bereits in anderen Studien mit dem Nachweis von CHIP in Zusammenhang gebracht, wohingegen andere Genmutationen noch nicht im Rahmen von CHIP beschrieben wurden. In einer Studie von Jaiswal et al. wurden die meisten Mutationen in den Genen DNMT3A, TET2 und ASXL1 detektiert. (12) Die Kohorte mit persistierend hoher VAF zeigte ebenfalls häufig Mutationen in DNMT3A und TET2, ebenfalls aber in NPM1, BCOR, IDH1 und IDH2.

Parkin et al. maß in CR hohe Mutationsfrequenzen in den Genen DNMT3A, TET2, ASXL1, IDH1, IDH2 und RUNX1 und stellte fest, dass Mutationen in DNMT3A, TET2 und ASXL1 auch mit hohen Mutationsfrequenzen in CR persistierten. Das Patientenkollektiv zeigte zwar ähnliche Rezidivraten wie die MRD-positive Kohorte, jedoch keine eindeutige Tendenz beim Gesamtüberleben, womit ihre prognostische Aussagekraft noch nicht gänzlich geklärt ist. (101) Da wir nur 12 Patienten in diesem Zusammenhang untersucht haben, war die Mutationsverteilung vermutlich nicht ausreichend repräsentativ.

Da es bei der Erkrankung zur klonalen Selektion verschiedener Subklone kommen kann, waren einige Klone, die möglicherweise bei der Erstdiagnose analysiert wurden, im Verlauf nicht mehr nachweisbar. Zudem können neue Subklone mit anderem Mutationsprofil entstehen. Unsere Untersuchung beschränkte sich auf einige wenige MRD-Marker pro Patient, womit nicht das gesamte Gen-Panel zur Überwachung der klonalen Hämatopoese wie etwa bei einer Untersuchung von Waalkes et al. verwendet wurde. (102) Wir strebten eine höchstmögliche Sensitivität an, auch wenn so nicht alle Gene, die theoretisch als Marker in Frage kämen, eingeschlossen wurden.

Studien der Arbeitsgruppe Shlush et al. stellten fest, dass Patienten mit persistierenden Klonen bereits Jahre vor ihrer AML-Erkrankung eine klonale Hämatopoese aufwiesen. (11,82) Ob diese Mutationen bereits vor der Diagnose der AML vorhanden waren, konnte nicht untersucht werden. Da sie trotz intensiver Chemotherapie und kompletter morphologischer Remission noch nachweisbar waren, war ihr Auftreten im Rahmen von klonaler Hämatopoese höchst wahrscheinlich.

Hierbei stellte sich die Frage inwieweit CHIP-assoziierte Genmutationen als MRD-Marker verwendet werden können. Jongen-Lavrencic et al. kam zu dem Schluss, dass nachweisbare DTA-Mutationen in CR wie DNMT3A, TET2 und ASXL1, die häufig mit CHIP assoziiert sind, nicht mit einem erhöhten Rezidivrisiko in Zusammenhang stehen und somit nicht zur Verlaufskontrolle von minimaler Resterkrankung geeignet sind. (83) Dennoch waren in unserer Gesamtkohorte DTA-Mutationen wie in IDH1, IDH2 und

78 TET2 zuverlässige MRD-Marker, sodass wir davon ausgingen, dass auch CHIP-assoziierte Gene wichtige Informationen über den Krankheitsverlauf lieferten. Ein wichtiger Unterschied zu der Studie von Jongen-Lavrencic et al. lag darin, dass wir ausschließlich transplantierte Patienten untersuchten. Jongen-Lavrencic et al.

hingegen analysierte Patienten nach zwei Zyklen Chemotherapie. (83) Daher ist davon auszugehen, dass MRD-Monitoring in transplantierten Patienten anders zu managen ist und womöglich andere Marker geeignet sind, um die minimale Resterkrankung zu erfassen.

Um zu verstehen, wie man persistierende Klone mit leukämischem Potenzial für die MRD-Messung zu interpretieren hat, sind weitere Studien mit einer größeren Patientenzahlen nötig. So ist bereits bekannt, dass der Nachweis von CHIP in Gesunden mit einer erhöhten Mortalität in Zusammenhang steht. (45) Da DNMT3A-Mutationen in den Stammzellen persistieren, schlossen wir diese initial aus. (82) Gaidzik et al. wies nach, dass die Mutationsfrequenz von DNMT3A auch in Remission entsprechend hoch war und nicht in Zusammenhang mit der Remissionsdauer und dem Gesamtüberleben stand, weshalb DNMT3A nicht als MRD-Marker empfohlen wurde. (51) Bei unserer Subgruppen-Analyse zeigte die DNMT3A-Positivität nur einen sehr geringen und nicht signifikanten Unterschied bezüglich der Rezidivrate und des Gesamtüberlebens, sodass bei DNMT3A weiterhin davon ausgegangen werden kann, dass diese nicht als MRD-Marker geeignet sind.

Nach den aktuellen Empfehlungen des ELN sollten, wenn möglich, mehrere MRD-Marker verwendet werden, um die Einschränkungen der MRD-Messung durch die klonale Hämatopoese und der Entwicklungen von Suklonen zu umgehen. Geht ein Marker verloren, kann die Analyse über andere Marker erfolgen. (60) Noch ist nicht geklärt, ob persistierende Genmutationen, die auf Klone mit leukämischem Potenzial hindeuten, auch als MRD-Marker verwendet werden können, wenn keine anderen Mutationen vorhanden sind. Zudem ist unklar ob diese Patienten von zusätzlichen Therapien profitieren würden.

Hinsichtlich der prognostischen Bedeutung von persistierender hoher VAF >5% in CR konnten wir feststellen, dass sich die kumulative Inzidenz von Rezidiven und die nicht-rezidivassoziierte Mortalität ähnlich wie die MRD-positive Kohorte verhielten, und damit signifikant höher waren, als die der MRD-negativen Kohorte. Auch wenn die hohe Mutationsfrequenz in CR mit großer Wahrscheinlichkeit auf klonale Hämatopoese zurück zu führen war, gab dies Aufschluss auf den weiteren

79 Krankheitsverlauf. Da unsere Kohorte relativ klein war (n=12) wären zukünftig umfassendere Studien notwendig, um die Rolle von klonaler Hämatopoese bei der Überwachung minimaler Resterkrankung besser zu verstehen.