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2 STUDIEN- UND FACHWAHL, NUTZEN EINES STUDIUMS UND FACHIDENTIFIKATION

2.1 Studienmotive und Fachwahl

Die Studierenden in der Betriebswirtschaftslehre entscheiden sich im selben Umfang für ein Studium wie andere Studierende. An den Universitäten stand für die Hälfte der Studierenden ein Stu-dium von vornherein fest und von einem weiteren Drittel wurde ein Studium „ziemlich sicher“ geplant. Unsicher über ihre Ausbil-dung war etwa ein Fünftel der Studierenden (vgl. Tabelle 8).

Tabelle 8

Sicherheit der Studienaufnahme in der Betriebswirtschafts-lehre (2004)

(Angaben in Prozent)

Studienentscheidung Betriebs- Studierende

wirtschaftslehre insgesamt

Uni FH Uni FH

wollte nicht studieren 4 7 4 7 war lange Zeit unsicher 14 23 14 20

war ziemlich sicher 32 37 31 37

Studium stand fest 50 33 51 36

Quelle: Studierendensurvey 1983-2004, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Insgesamt fällt auf, dass an den Universitäten die Studiensi-cherheit bei vier Fünftel der Studierenden sehr groß ist. Eine gewisse Unsicherheit, die BWL-Studierenden bei ihrer Fachwahl nachgesagt wird, ist über die Angaben der Studierenden nicht zu belegen.

Deutlich geringer fällt die Studiensicherheit an den Fach-hochschulen aus. 30% wollten ursprünglich nicht studieren oder waren sich lange Zeit darüber unsicher. Für ein Drittel der BWL-Studierenden war dagegen klar, dass nur ein Studium in Frage kommt. Die im Vergleich zu den Universitäten geringere Studien-sicherheit an den Fachhochschulen ist aufgrund unterschiedli-cher Zugangswege erklärbar.

Frauen in BWL haben etwas größere Studiensicherheit Frauen waren sich im Fach BWL etwas sicherer über eine Studien-aufnahme als Männer. Dies gilt gleichermaßen für Universitäten

wie für Fachhochschulen. Für 53% bzw. 36% der Studentinnen stand ein Studium von vornherein fest, während Studenten zu 47%

bzw. zu 28% diese Studiensicherheit aufwiesen.

In anderen Fächern ist es häufig umgekehrt. An den Universi-täten verfügen Männer über eine größere Studiensicherheit als Frauen, während sie an den Fachhochschulen nahezu gleich ist (vgl. Ramm/Bargel 2005).

Seit 1993 hat sich die Studiensicherheit an den Universitäten, von leichten Schwankungen abgesehen, im Fach BWL kaum ver-ändert. Dagegen haben an den Fachhochschulen die Frauen an Sicherheit gewonnen, während Männer etwas unsicherer gewor-den sind. Insbesondere der Anteil der BWL-Stugewor-dentinnen, für die ein Studium von vornherein feststeht, ist von 17% auf 36% ange-stiegen, während der Männeranteil von 36% auf 28% zurückging.

Fachwahlmotive im BWL-Studium

Zur Fachwahl des Betriebswirtschaftsstudium sei ein Beispiel aus dem Internet angeführt. Bei Studis-online erschien unter der Überschrift „Möglichkeiten mit BWL-Studium“ folgende Anfrage:

„Ich denke darüber nach BWL zu studieren. Ich würde jetzt gerne wissen welche Möglichkeiten mir danach konkret offen stehen.

Ich denke mal ziemlich viel ... Und wie siehts aus danach einen guten Beruf zu bekommen?... viele sagen auch, studier das nicht, das machen doch so viele, da kriegst du nachher gar nix mehr, weil viel zu viele auf einen Beruf stürzen. Aber ist es nicht so das BWL ein breites Fach ist, das deshalb auch eine Menge das Fach studieren??“ (Studis-online.de 2005).

Dieser junge Mann oder diese junge Frau stellt als Fachwahl-motiv die vielfältigen beruflichen Möglichkeiten ins Zentrum ihrer Ausbildungsüberlegungen. Trotz Massenstudium, so die Mutmaßung, bietet das „breite“ Fach viele Optionen. Welche Motive haben die Studierenden der Betriebswirtschaftslehre bewogen, dieses Fach zu studieren?

Berufliche Möglichkeiten und materielle Motive

Die Fachwahl der Studierenden in der Betriebswirtschaftswirt-schaftslehre wird vergleichsweise stark durch extrinsische Motive entschieden, insbesondere werden von den Studierenden die viel-fältigen beruflichen und materiellen Möglichkeiten als Fachwahl-motiv herausgestellt.

Unter den materiellen Motiven dominieren die Einkommens-chancen. Ein sicherer Arbeitsplatz- und Führungsansprüche sind weitere zentrale Merkmale der Fachentscheidung bei einem BWL-Studium (vgl. Abbildung 3).

Fachinteresse und Begabung vergleichsweise weniger wichtig Andere Motive für die Fachentscheidung spielen eine vergleichs-weise nachgeordnete Rolle, wenngleich sie nicht unwichtig sind.

Spezielles Fachinteresse und eigene Begabung werden in BWL seltener genannt als in anderen Fächern. Das Fachinteresse hal-ten an den Universitähal-ten in BWL 44% für sehr wichtig, während es für 72% der anderen Studierenden solche Bedeutung hat. An den Fachhochschulen ist dieses Studienmotiv aufgrund anderer Zu-gänge zum Studium etwas ausgeprägter (51% „sehr wichtig“), aber in anderen Fächern spielt es ebenfalls eine größere Rolle (72%).

Die eigene Begabung für ein Fach ist den Studierenden in BWL zu 36% bzw. 37% an den Fachhochschulen sehr wichtig, wäh-rend von allen anderen Studiewäh-renden 58% bei ihrer Fachwahl darauf Wert legen.

Fester Berufswunsch spielt geringe Rolle

Ein fester Berufswunsch als Fachwahlmotiv ist bei Studierenden der BWL naheliegender weise nachrangig und im Vergleich ge-ringer, was vor allem damit zusammenhängt, dass sie von einer großen Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten ausgehen und sich deshalb berufliche Optionen weitgehend offen halten wollen.

Für 24% der BWL Studierenden ist der feste Berufswunsch ein wichtiges Fachwahlmotiv, während 29% aller anderen Studieren-den sich deshalb für ihr Studium entschieStudieren-den haben. Eine große Bedeutung hat dieses Motiv beispielsweise im Fach Medizin (56%).

Abbildung 3

Motive der Fachwahl bei Studierenden in der Betriebswirt-schaftslehre (2004)

(Skala von 0 = unwichtig bis 6 = sehr wichtig, Mittelwerte)

eigene Begabung, Fähigkeiten

Einkommenschancen im späteren Beruf

gute Aussichten auf sicheren Arbeitsplatz

Studierende anderer Fächer an Hochschulen Studierende BWL

Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten

spezielles Fachinteresse

gute Aussichten, später in Führungsposition zu kommen

0.0 unwichtig

1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0

sehr wichtig fester Berufswunsch

KalliGRAPHIK Quelle: Studierendensurvey 1983-2004, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

In ihren gesamten Fachwahlmotiven sind sich Studierende an Universitäten und Fachhochschulen im Fach BWL sehr ähnlich.

Sämtliche Motive zur Fachwahl sind bei den BWL-Studierenden über die Zeit sehr stabil. Es kommt nur zu geringen Schwankun-gen. Diese Stabilität in den Fachwahlmotiven ist bei den anderen Studierenden ebenfalls vorhanden, so dass man von einer festen Motivstruktur der Studierenden bei der Fachwahl ausgehen kann.

BWL-Studentinnen entscheiden sich für sicheren Arbeitsplatz Hinsichtlich der meisten Fachwahlmotive bestehen zwischen Stu-denten und Studentinnen im BWL-Studium nur geringe Unter-schiede. Ein deutlicher Unterschied betrifft die Aussichten auf ei-nen sicheren Arbeitsplatz, die für Frauen als Motiv, BWL zu stu-dieren, deutlich wichtiger sind als für Männer (vgl. Tabelle 9).

Tabelle 9

Sicherer Arbeitsplatz als Fachwahlmotiv in der Betriebswirt-schaftslehre nach Geschlecht (2004)

(Angaben in Prozent)

Arbeitsplatz- Universitäten Fachhochschulen sicherheit Männer Frauen Männer Frauen

wenig wichtig 7 4 6 3

etwas wichtig 54 37 53 43

sehr wichtig 39 59 41 54

Insgesamt 100 100 100 100

Quelle: Studierendensurvey 1983-2004, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Studentinnen in BWL entscheiden sich bei ihrer Fachwahl auch deutlich häufiger für den sicheren Arbeitsplatz als Frauen aus anderen Studienfächern. Insbesondere gilt dies für die Stu-dentinnen an den Universitäten.

Die Entscheidung für ein Studium und die Fachwahl werden auch von anderen Faktoren bestimmt, wie beispielsweise Schul-abschlussnote oder soziale Herkunft. Gerade bei einem akademi-schen Bildungshintergrund der Eltern führt dies häufig zu einer hohen Bildungsvererbung, wie es besonders in Medizin oder der Rechtswissenschaft vorkommt.

An den Fachhochschulen ist der Anteil der Studierenden mit einem akademischen Elternhaus besonders groß im Fach Be-triebswirtschaft (vgl. Multrus/Bargel/Ramm 2005).

Berufsausbildung verändert Fachwahlmotive

Unter den BWL-Studierenden befindet sich ein vergleichsweise großer Anteil Studierender mit Berufsausbildung, die mit dem Studium eine Zweitausbildung anstreben. Diese Gruppe der Studierenden beurteilt die Fachwahlmotive etwas anders als Studierende ohne Berufsausbildung. Die Berufsausbildung scheint das fachliche Interesse zu forcieren, wenngleich es nicht dieselbe Bedeutung gewinnt wie in anderen Fächern.

Ein fester Berufswunsch ist bei BWL-Studierenden mit Be-rufsausbildung eher vorhanden, ohne dass sie das Motiv der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten mit einem BWL-Abschluss aus den Augen verlieren. Dies bleibt auch für diese Gruppe das zentra-le Motiv der Fachwahl. Dagegen spielt auch hier die eigene Bega-bung eine nachgeordnete Rolle bei der Fachentscheidung.

Vor dem Hintergrund ihrer Berufserfahrung erwarten Studie-rende durch ein BWL-Studium bessere Aussichten auf einen sicheren Arbeitsplatz und sie erhoffen sich vor allem weit mehr Chancen auf eine Führungsposition (vgl. Tabelle 10).

Die Abweichungen in den Fachwahlmotiven wegen der be-ruflichen Ausbildung treten im BWL-Studium besonders hervor.

Vergleicht man die Fachwahlmotive der anderen Studierenden, so sind solch deutliche Unterschiede nicht erkennbar. Die berufli-che Ausbildung hat in anderen Fäberufli-chern nicht die selbe Bedeu-tung wie in BWL, weil weniger Bezüge zum Studium bestehen.

Tabelle 10

Fachwahlmotive mit und ohne Berufsausbildung (BA) in der Betriebswirtschaftslehre (2004)

(Skala von 0 = unwichtig bis 6 = sehr wichtig; Angaben in Prozent für Kategorien: 5-6 = sehr wichtig)

Fachwahlmotive Universitäten Fachhochschulen mit BA ohne BA mit BA ohne BA

Fachinteresse 48 42 57 47

Begabung 32 38 37 37

Berufswunsch 33 18 32 23

Berufsmöglichkeiten 78 79 73 79

Arbeitsplatzsicherheit 54 47 52 46

Einkommen 57 55 51 47

Führungsposition 51 43 60 48 Quelle: Studierendensurvey 1983-2004, AG Hochschulforschung, Universität Konstanz.

Das Fachinteresse ist bei Studierenden mit Berufsausbildung an den Fachhochschulen größer als an den Universitäten. Für Stu-dierende an den Fachhochschulen ist aufgrund ihrer Bildungs-herkunft das Studium eher mit der Erwartung an einen sozialen Aufstieg verknüpft. Deshalb überrascht es nicht, dass Aufstiegs-möglichkeiten in eine Führungsposition ein wichtigere Rolle bei der Fachwahl spielen als für andere Studierende.

Obwohl das spätere Einkommen ein wichtiges Motiv der Fachwahl darstellt, wird es von den Studierenden an Fachhoch-schulen im Vergleich zu den Universitäten etwas weniger als sehr wichtig beurteilt. Hier setzen Universitätsstudierende in BWL , unabhängig davon, ob sie über Berufserfahrung verfügen oder nicht, generell auf bessere Einkommenschancen. Dies erscheint aufgrund der bekannten Einkommensdifferenzen zwischen Fachhochschul- und Universitätsabsolventen plausibel.

Studienunsicherheit und Fachwahl

Im Fach BWL wird bei Studienunsicherheit die eigene Begabung als Fachwahlmotiv immer weniger bedeutsam, was in diesem Ausmaß in anderen Fächern so nicht vorkommt. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass studienunsichere Studierende in BWL vermehrt ein Fach gewählt haben, das ihrer Begabung nicht oder nur wenig entspricht.

Eigenes Motivprofil und mögliche Folgen

Für die weitere Betrachtung des BWL-Studiums ist die Tatsache wichtig, dass das Fachinteresse und die persönliche Begabung für die Studierenden bei der Fachwahl eine deutlich geringere Rolle spielen als in anderen Fächern. Während beide Motive in anderen Fächern herausragende Bedeutung für die Studierenden haben, werden sie von den BWL-Studierenden bei ihrer Fachentschei-dung eher nachrangig platziert.

Dies ist ein auffälliges und wichtiges Merkmal des BWL-Studiums. Gerade dem Fachinteresse wird eine stabilisierende Wirkung auf die Fachidentifikation zugeschrieben (vgl. Bargel/

Multrus/Ramm 1996).

Zudem wird nachlassendes Fachinteresse neben anderen Be-weggründen als ein Grund für den Studienabbruch genannt (vgl.

Lewin/Cordier/Heublein 1994, Griesbach u.a. 1998).

Deshalb wird zu verfolgen sein, welchen Einfluss das fehlende Fachinteresse und die einseitigen materiellen Orientierungen auf das BWL-Studium nehmen können.