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Struktur und Entwicklung des Pharmamarkts - Lieferanten

Im Dokument für die pharmazeutische Industrie (Seite 135-156)

2 Deutschland in einem ersten Vergleich mit führenden

4.3 Struktur und Entwicklung des Pharmamarkts - Lieferanten

Schweden ist ein wichtiger Standort der Pharmaproduktion und der Phar-maforschung. AstraZeneca, in der die schwedische Astra aufgegangen ist, wird als wichtiger nationaler Produzent betrachtet (auch wenn das Haupt-quartier von AstraZeneca in London ist). Die Unternehmenszentrale der Forschung von AstraZeneca ist in Schweden ansässig, in Schweden wird auch ein Großteil der Forschung des Unternehmens durchgeführt.

Der überwiegende Teil der nationalen Produktion wird exportiert.

Abbildung 48 veranschaulicht das Wachstum der schwedischen Pharmain-dustrie. Dabei wird deutlich, dass dieses Wachstum überwiegend exportge-trieben ist. Nach 51 % in 1997 beträgt die Importquote gemessen an den in Schweden verkauften Arzneimitteln 2004 60 %.34

Abbildung 48. Produktion der schwedischen Pharmaindustrie

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 Mio. €

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Umsatz Schweden AIP

Import Export Produktion Schweden

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 Mio. €

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Umsatz Schweden AIP

Import Export Produktion Schweden

Quelle: LIF, Fakta 2005, Statistisches Zentralbüro Schweden, eigene Berech-nungen.

Die Grafik zeigt auch, dass der Export deutlich stärker (112 % von 1997-2004) wächst als der Arzneimittelabsatz in Schweden selbst (70 % von 1997 -2004). Das Wachstum des Exports liegt mit durchschnittlich 11 %

34 Aus den verfügbaren Zahlen lässt sich nicht ablesen, welcher Teil der Importe als Halb-fertigprodukte in Schweden weiter verarbeitet und anschließend wieder exportiert wird.

pro Jahr auch über dem Wachstum der Produktion selbst (8 % im Durch-schnitt pro Jahr).

Tabelle 18: Kennzahlen der schwedischen Pharmaindustrie

in Mio. 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Umsatz Schweden

(AEP)

1.534 1.783 1.982 2.179 2.329 2.501 2.548 2.607 Import 783 875 1.049 1.053 1.293 1.565 1.532 1.570 Export 2.371 2.897 3.388 3.656 4.335 4.449 5.312 5.035 Produktion

Schwe-den

3.707 4.116 4.270 4.535 5.272 5.665 6.345 6.154 Importquote am

Umsatz

51% 49% 53% 48% 56% 63% 60% 60%

Handelsbilanzüber-schuss

1.588 2.022 2.339 2.603 3.042 2.884 3.780 3.465

Quelle: LIF, Fakta 2005, Statistisches Zentralbüro Schweden, eigene Berech-nungen.

In Schweden gab es 2002 101 pharmazeutische Unternehmen, eine gering-fügig rücklaufende Zahl (1997 = 110; statistisches Zentralbüro Schweden);

die Anzahl der nationalen Firmen (Hauptquartier in Schweden) gibt ÖBIG für 1999 mit 41 an. Die Anzahl der Beschäftigten lag 2002 bei 18.481, 18 % höher als 1997, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum der Beschäftigtenzahlen von 3 % entspricht.

Die Bruttowertschöpfung hat sich von 1997 bis 2002 von 1,64 Mrd. € auf 3,73 Mrd. € deutlich mehr als verdoppelt, im Durchschnitt ist sie jährlich um 18 % gewachsen. Der Anteil der pharmazeutischen Produktion am BIP hat sich von 1997 bis 2002 von 2 auf 2,5 % erhöht.

Die größten Exportländer für die schwedischen pharmazeutischen Produkte sind die USA (Anteil: 25,9 %), Deutschland (13,9 %) und Frankreich (11,9 %); alle anderen Länder liegen unter 5 % Anteil am Gesamtexport, der Anteil der Exporte in die EU betrug 2004 49 %.

Schweden importiert pharmazeutische Produkte aus Dänemark (18,3 %), Großbritannien (11,6 %), der Schweiz (11,4 %), Deutschland (10,7 %) und den Niederlanden (10,1 %); Frankreich und Belgien folgen mit je gut 8 %, die restlichen 21 % verteilen sich auf Italien (4 %) und weitere Länder mit

kleinen Anteilen.35 Insbesondere gegenüber den USA besteht also ein deut-licher Handelsbilanzüberschuss.

Über die Konzentration des Marktes und die Größenordnung der Unter-nehmen werden keine Statistiken geführt. Allerdings sind nach Angaben des Verbands der pharmazeutischen Industrie 12.473 Personen bei Astra-Zeneca als größtem pharmazeutischem Hersteller angestellt. Dies entspricht etwa zwei Drittel der Beschäftigten in der schwedischen Pharmaindustrie.

Ein Schwerpunkt der schwedischen Pharmaindustrie liegt in der Forschung und Entwicklung. Das Forschungs-Hauptquartier von AstraZeneca ist in Schweden angesiedelt, von den 12.473 Beschäftigten sind 4.900 in der For-schung beschäftigt, das entspricht 32 % der FuE-Mitarbeiter von AstraZe-neca weltweit. Mit Forschungsausgaben von 1,38 Mrd. € in 2003 stellt die pharmazeutische Industrie nach der Telekommunikation (1,9 Mrd. €) und dem Transportsektor (1,63 Mrd. €) den größten Ausgabenblock für FuE in Schweden. Schweden betreibt eine aktive Politik der Akquise von Pharma-forschung, insbesondere klinischer Forschung. 2004 liefen 320 klinische Studien. Daneben wird insbesondere die Biotechnologie-Forschung geför-dert.

4.4 Zusammenfassung

In Schweden werden eine Vielzahl von Regulierungsmitteln zur Steuerung der Arzneimittelkosten und zur Steuerung der Qualität der Arzneimittelver-sorgung eingesetzt. Einzig auf eine direkte Mengensteuerung wird verzich-tet:

• Nach der Zulassung durch die Nationale Arzneimittel Agentur muss beim LFN über eine Kosten-Nutzen-Studie die Zulassung zur Erstat-tungsfähigkeit im Rahmen der Krankenversicherung beantragt wer-den. Damit steht nach der Zulassung des Medikaments eine weitere qualitätsorientierte Hürde vor einem de facto Marktzugang.

• Der Preis für den Apothekeneinkauf wird ebenfalls vom LFN festge-legt. Er orientiert sich an dem erwarteten Nutzen des Medikaments und den Kosten einer Therapie mit einem vergleichbaren Medika-ment. Im Falle Neuer Chemischer Entitäten werden auch Ver-gleichspreise aus anderen Ländern herangezogen.

35 Statistisches Zentralbüro Schweden, zitiert nach LIF Fakta 2005

• Der Preiswettbewerb ist seit 1996 durch Re-Importe verschärft wor-den. Re-Importe unterliegen wie Generika einem verkürzten Zulas-sungsverfahren – auch bei der LFN – und können so rasch in den Markt gebracht werden. 25 % der zugelassenen Medikamente sind inzwischen Re-Importe, auf sie fallen 10 % des Umsatzes.

• Der Pharmavertrieb ist verstaatlicht und über die Apoteket AB ein-heitlich organisiert. Die Handelsspanne beträgt inklusive der Groß-handelsspanne (von ca. 2-3 %) etwa 22,5 % des Apothekenverkaufs-preises und liegt damit deutlich unter dem anderer Staaten (Deutsch-land >40 %). Dadurch liegen die Apothekenverkaufspreise in

Schweden signifikant unter denen vieler vergleichbarer Länder (nicht notwendigerweise die Herstellerabgabepreise).

• Apotheken sind verpflichtet, das jeweils preisgünstigste vergleichba-re Medikament abzugeben, es sei denn, ein Arzt hat der Substitution medizinisch begründet ausdrücklich widersprochen.

• Die Selbstbeteiligung an Arzneimitteln ist insgesamt auf ca. 1 % des durchschnittlichen Verdienst eines Arbeitsnehmers begrenzt. Aller-dings tragen die Patienten die Anfangskosten selbst. Dadurch werden 25 % der Kosten für verschriebene Medikamente über Selbstbehalte bezahlt.

Trotz dieser starken Regulierung der Zulassung zum Arzneimittelmarkt und des Arzneimittelabsatzes hat Schweden – ausgehend von einer kleinen Ba-sis – eine stark wachsende und stark forschungsorientierte Industrie. Der schwedischen Pharmaindustrie gelingt Wachstum bei der Zahl der For-schungsaufträge. Gleichzeitig wächst im produzierenden Bereich die Ex-portorientierung; drei Viertel des Exports gehen in die EU (49 %) und in die USA (25 %), der Handelsbilanzüberschuss hat sich von 1997 bis 2002 um 127 % gesteigert.

5 Länderbericht Großbritannien

5.1 Marktsituation

5.1.1 Gesundheitsmarkt allgemein

In Großbritannien leben ca. 60,5 Mio. Einwohner; 66,4 % der Bevölkerung sind zwischen 15 unsd 64 Jahren alt, ca. 17,7 % sind jünger und 15,8 % älter; das durchschnittliche Alter beträgt 38,9 Jahre (Median 2005).36 Die Lebenserwartung bei der Geburt beträgt 78,3 Jahre. Das Bruttoinlandspro-dukt lag 2004 bei 28.395 € pro Kopf, zwischen 1996 und 2004 lag die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate des britischen Bruttoinlandspro-dukt bei 7,5 %.

Die Ausgaben für Gesundheit lagen 2003 bei 128,7 Mrd. € insgesamt, das entspricht 2.161 € pro Kopf oder 7,7 % des BIP. Die Ausgaben für Gesund-heit stiegen zwischen 1995 und 2003 im Durchschnitt um 10,7 % pro Jahr, allerdings nahm der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP im selben Zeitraum nur um 1,2 Prozentpunkte von 6,5 auf 7,7 % zu. Damit liegt Großbritannien innerhalb der EU und der OECD weiterhin in der Gruppe der Länder mit dem geringsten Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP.

5.1.2 Organisation der Gesundheitsversorgung – Zugang der Kunden zu Gesundheitsleistungen

Während der letzten 15 Jahre ist die Organisation der Gesundheitsversor-gung in Großbritannien wiederholt geändert worden. Dabei stand zunächst im Mittelpunkt die Dezentralisierung des Einkaufs medizinischer Leistun-gen. Seit 2000 liegt der Hauptaugenmerk auf der Verbesserung der Dienst-leistungen durch mehr und besser bezahltes Personal sowie der Verkürzung von Wartezeiten für die Behandlung der Patienten. Gleich geblieben ist in

36 Quellen: CIA World Fact Book http://www.cia.gov/cia/publications/factbook/geos/

sw.html; Eurostat Yearbook 2005, http://epp.eurostat.cec.eu.int/portal/page?_pageid=

1334,49092079,1334_49092421&_dad=portal&_schema=PORTAL; OEBIG: Arznei-mittelausgaben, Wien 2001; OECD Health Data 2005 (Okt.), eigene Berechnungen

diesem Zeitraum die überwiegende Finanzierung des Gesundheitssystems über Steuern im Rahmen des National Health Service (NHS).

Seit der Gründung des NHS in 1948 haben alle in Großbritannien lebenden Personen annähernd kostenfreien Zugang zum Gesundheitssystem.37 Dabei ist der Zugang über die als gate keeper fungierenden Allgemeinmediziner geregelt. Für die Inanspruchnahme von Spezialisten oder für Krankenhaus-behandlung existieren zum Teil Wartezeiten. Etwa 11 % der Bevölkerung haben daher ergänzende private Versicherungen, die insbesondere den schnelleren Zugang zu Spezialisten abdecken.38 Die Verkürzung der War-tezeiten ist Ziel des NHS-10-Jahresplans, der im Jahr 2000 verabschiedet wurde. Nach den Daten des NHS wurden die hierfür gesetzten Ziele bis zum Jahr 2005 weitgehend realisiert (siehe Tabelle 19).

Der NHS ist dem Gesundheitsministerium unterstellt. Die Festlegung des Budgets für den NHS erfolgt alle drei Jahre in Verhandlungen zwischen Gesundheits- und Finanzministerium. Das Budget wird auf die vier nationa-len Organisationen des NHS (England, Wales, Schottland, Nordirland) ver-teilt, die jeweils den nationalen Gesundheitsministerien unterstehen. Bis zum Jahr 2000 gab es in England 100 Health Authorities als nachgeordnete Behörden des NHS; diese verwalteten jeweils das Budget für ca. 450.000 Einwohner, das nach demographischen Kriterien auf die Health Authorities verteilt wurde. Inzwischen gibt es nur noch 28 so genannte „Strategic Health Authorities“, die jeweils für die Versorgung von ca. 2,5 Mio. Perso-nen zuständig sind. Unterhalb der Health Authorities gab es zunächst Fund-holder, Gruppenpraxen von Ärzten, die für ihre Patienten weitere medizini-sche Dienstleistungen wie Arzneimittel und ambulant Dienste einkaufen konnten; daneben wurde die Krankenhausversorgung direkt durch die Health Authorities vorgehalten. Dieses System wurde 1999 abgeschafft und durch Primary Care Trusts (PCT) ersetzt. Primary Care Trusts sind Pflicht-Zusammenschlüsse von Gesundheitsdienstleistern, die auf regionaler Ebene für die Versorgung von jeweils ca. 100.000 Personen zuständig sind. Sie erhalten von den Strategic Health Authorities inzwischen ca. 75 % der über den NHS ausgegebenen Mittel für die Gesundheitsversorgung; dabei wird das Budget sowohl nach demographischen Faktoren als auch auf Basis der

37 Für bestimmte Bereiche (Arzneimittel, Zahnbehandlung, Brillen, Fahrtkosten und einige Hilfsmittel) werden Zuzahlungen in geringem Umfang erhoben, allerdings bestehen für mehrere Personengruppen (Kinder und Jugendliche, Menschen über 60 Jahre, Personen mit geringem Einkommen, chronisch Kranke und Schwangere) weitgehende Ausnahme-regelungen.

38 Mossialos, Thompson: Voluntary Health Insurance in the EU. WHO Geneva 2004, S.

36; nach Laing & Buisson Consultants hatten 2003 6,64 Mio. Personen eine zusätzliche private Krankenversicherung: http://laingbuisson.co.uk/StatisticsInformation/PrivateMe-dicalInsurance/tabid/72/Default.aspx

Performance der PCT verteilt. Neben den PCT gibt es Acute Trusts, in de-nen Krankenhäuser des NHS zusammengeschlossen sind, sowie Foundation Trusts, die ebenfalls Krankenhäuser bewirtschaften, aber nicht mehr dem NHS unterstellt sind, sondern von regionalen Körperschaften und Gesund-heitsdienstleistern verwaltet werden (einige Foundation Trusts sind auch im Besitz von Primary Care Trusts).

Tabelle 19: Entwicklung der Wartezeiten für Patienten im NHS

Wartezeiten für Krankenhausbehandlungen

Anzahl der Patienten

insgesamt

davon 6-8 Monate davon 9 und mehr Monate

März 1997 1.131.201 164.951 118.915

März 2004 890.205 79.902 223

März 2005 808.803 40,765 71

Dezember 2005 769.824 35 13

Anzahl der Patienten mit Wartezeiten für ambulante Behandlung über 13 oder 17 Wochen

über 13 Wochen über 17 Wochen

März 1998 296.247 n/a

März 2004 40.335 378

März 2005 30.361 287

Dezember 2005 171 139

Überweisungen zum Spezialisten bei Verdacht auf Krebs

Anzahl dringender Überweisungen vom

Allgemeinarzt wegen Krebsverdacht

Prozentsatz der Patienten mit Spezia-listentermin innerhalb von zwei

Wo-chen

Juni 2002 85.745 95,4 %

März 2004 109.581 99,2 %

März 2005 111.561 99,6 %

September 2005 137.471 99,6 %

Quelle: NHS England fact sheet Februar 2006, http://www.info.doh.gov.uk/nhsfactsheets.nsf

Durch diese Reformen wurde die Dezentralisierung der Entscheidungen über die Verwendung der Mittel vorangetrieben. Während bis A eidungen überwiegend zentral getroffen wurden und die eigentlichen medizinischen nfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts die Entsch Einrichtun-gen mit strukturierten Budgets geführt wurden, sind inzwischen die Ent-scheidungen über die Mittelverwendung in die verschiedenen Trusts verla-gert worden.39 Gleichzeitig wurde in den vergangenen fünf Jahren intensiv

39 In den anderen britischen Nationen sind die Grundprinzipien der Versorgung analog zum Aufbau in England; allerdings sind hier seit 2000 keine Veränderungen der regionalisier-ten Health Authorities vorgenommen worden. In Schottland gibt es hiervon ca. 50 und in Wales und Nordirland jeweils vier. Die Verlagerung der Versorgungsentscheidungen in

in den Ausbau des medizinischen Personals investiert. Damit einher ging ein deutlicher Ausbau der finanziellen Ressourcen für den NHS; insgesamt wurden für die Jahre 2000 bis 2005 21 Mrd. £ Sterling für die Umsetzung des NHS-Plans zur Verfügung gestellt. Dies führte zur in der Tabelle 1 dar-gestellten Verringerung der Wartezeiten.40

Neben diesen beiden Ansätzen wurde seit 1999 auch der Ausbau der Quali-tät der Behandlung und die Standardisierung der Behandlung vorangetrie-ben. Dies geschieht zum einen über das Gesundheitsministerium selbst: Es veröffentlicht die „National Service Frameworks“ (NSF), in denen Behand-lungsleitlinien für bestimmte Erkrankungen oder bestimmte Patientengrup-pen festgeschrieben werden. NSF existieren bereits für psychische Erkran-kungen, koronare Herzerkrankungen und für Geriatrie. Für Diabetes und Krebs sollen sie etabliert werden. Daneben wird die Effizienz und Effektivi-tät insbesondere von Medikamenten durch das National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) bewertet und bestimmt so u. a. deren Ver-fügbarkeit für die Behandlung.

5.2 Marktzugang

5.2.1 Pharmamarkt speziell - Zugang der Kunden zu Arzneimitteln

Arzneimittel sind ebenfalls im Leistungskatalog des NHS enthalten. Für Arzneimittel werden Zuzahlungen in Höhe von 6,50 £ je Verordnung erho-ben. Allerdings existieren weitgehende Ausnahmeregelungen (für Kinder und Jugendliche, für Menschen über 60 Jahre, für Schwangere und für ein-kommensschwache Personen). Daneben können Personen mit erhöhtem Arzneimittelbedarf ihre Zuzahlungen durch Vorauszahlungen (prepaid prescription certificates) auf 34 £ im Vierteljahr oder 93 £ im Jahr begren-zen. Durch diese Begrenzungen werden ca. 88 % der Verordnungen zuzah-lungsfrei abgegeben.41

dezentrale und vom NHS unabhängige Trusts wurde aber auch in den drei genannten Ländern vorangetrieben.

40 Nach den Zahlen des NHS konnten für England von 1997 bis 2005 die Zahl der Spezia-listen um 10.000 auf 31.427, die Zahl der Allgemeinärzte (Gatekeeper) um 5.500 auf 34.999 und die Zahl der Pflegekräfte in Krankenhäusern um 75.000 auf 375.371 erhöht werden. Quelle: http://www.info.doh.gov.uk/nhsfactsheets.nsf Wartezeiten sind aber weiterhin für verschiedene Behandlungen gegeben, auch nach diesen Steigerungen liegt die Anzahl der Ärzte je 1.000 Einwohner unter den Zahlen z. B. von Deutschland.

41 ÖBIG 2001, S. 182

Erstattungsfähig durch den NHS sind ca. 80 % der zugelassenen Medika-mente, wobei rezeptfreie Medikamente nur für bestimmte Gruppen (Kinder und Jugendliche, ausgewählte Gruppen chronisch Kranker und sozial Be-dürftige) und nur bei Abgabe in der Apotheke und Verordnung durch den Arzt erstattungsfähig sind.

5.2.2 Produktregulierung und Zulassung von Arzneimitteln

5.2.2.1 Zulassung und Erstattungsfähigkeit

Wie in anderen europäischen Ländern ist der Vertrieb von Arzneimitteln an die vorherige Zulassung durch die nationale Zulassungsbehörde oder durch die EMEA gebunden. Durch den Sitz der EMEA in London werden viele der Arzneimittel für den britischen Markt im zentralen Verfahren durch EMEA zugelassen. Die nationale Zulassungsbehörde ist seit 2003 die Me-dicines and Healthcare Products Regulating Agency (MHRA). Sie ist aus dem Zusammenschluss der Medicines Control Agency und der Medicines Device Agency entstanden. Die MHRA ist (wie ihre Vorgänger auch) eine nachgeordnete Behörde des britischen Gesundheitsministeriums. Sie ist ne-ben der Zulassung zum nationalen Markt auch für die Bewertung der Arz-neimittelsicherheit verfügbarer Medikamente und für die Beurteilung der Effizienz zuständig. In dieser Aufgabe wird die MHRA ergänzt durch die 1999 gegründete NICE, die durch Effektivitäts- und Effizienzstudien die Nutzung neuer Therapien fördern soll.

Arzneimittel werden nach drei Kategorien zugelassen: Als POM werden Arzneimittel kategorisiert, die nur auf Rezept abgegeben werden dürfen, auf die GSL kommen alle Arzneimittel, die rezeptfrei verkäuflich sind (auch außerhalb von Apotheken), während als P kategorisierte Arzneimittel nur über Apotheken abgegeben werden dürfen. Prinzipiell sind Arzneimittel nach ihrer Zulassung in Großbritannien auch erstattungsfähig durch den NHS. Ausgenommen sind die Arzneimittel auf der Negativliste. 1999 wa-ren 19.201 Arzneimittel zugelassen, davon 16.681 erstattungsfähig.42 Die Anzahl der erstattungsfähigen Arzneimittel war in den Jahren zuvor deut-lich angestiegen. Nach den Zahlen des British National Formulary (BNF) von 2003 gab es 10.843 verschreibungsfähige Einzelpräparate mit einer

42 Der NHS und die MHRA veröffentlichen keine Statistiken zu den gelisteten Arzneimit-teln, daher sind nur die vom ÖBIG erhobenen Zahlen (ÖBIG 2001, S. 178ff) verfügbar.

Verschreibungshäufigkeit von mindestens 50 Verordnungen p. a. zu Lasten des NHS.43

5.2.2.2 Dauer von der Antragstellung bis zur Verfügbarkeit für den Verbraucher

Nach den Berechnungen des britischen Verbands der Arzneimittelhersteller betrug die Dauer des Zulassungsverfahrens für neue Arzneimittel in Groß-britannien in den Jahren 1999 bis 2003 durchschnittlich ca. 14 Monate (von der Antragstellung bis zur Genehmigung). Bis zur Markteinführung vergin-gen danach durchschnittlich weitere fünf Monate, so dass in Großbritannien zwischen Antragstellung und Verfügbarkeit für den Patienten etwa andert-halb Jahre liegen. Damit liegt Großbritannien mit Ländern wie Schweden oder der Schweiz zeitlich gleichauf und im oberen Bereich der Zulassungs-geschwindigkeiten, aber hinter der durchschnittlichen Dauer der Genehmi-gung in Deutschland oder den USA.

Da die Zulassungsprozeduren für Generika und Parallelimporte bei der MHRA deutlich kürzer sind als bei neuen Medikamenten, ist hier eine schnellere Verfügbarkeit der Mittel gegeben.

Trotz der relativ schnellen Genehmigung neuer Arzneimittel ist der Markt-anteil der neuen Medikamente in Großbritannien deutlich geringer als in anderen Ländern wie die nachfolgende Abbildung 49 (auf Basis der Daten des britischen Verbands der Arzneimittelhersteller) zeigt.

Danach lag 2003 der Anteil der in den letzten fünf Jahren neu zugelassenen Arzneimittel in Großbritannien bei ca. 16 % Marktanteil, während er in Ländern wie der Schweiz, Deutschland, Australien oder Kanada bei ca.

24 % und in den USA sogar ca. 27 % betrug. (Gemessen wurde der Anteil am Umsatz, nicht an den Verordnungen.)

43 Quelle: http://www.dh.gov.uk/PublicationsAndStatistics/Publications/PublicationsStatis-tics/PublicationsStatisticsArticle/fs/en?CONTENT_ID=4107504&chk=nsvFE0

Abbildung 49: Vergleich der Marktanteile der in den letzten fünf Jahren neu zugelas-senen Produkte (2003)

Marktanteil in % 30

25 20 15 10

5

0

UK J IT FR CH D AUS CAN E US

Marktanteil in % 30

25 20 15 10

5 0 30 25 20 15 10

5

0

UK J IT FR CH D AUS CAN E US

Quelle: House of Commons Health Comittee, 4th report on health 2005;

Daten vom APBI (Britischer Verband der Pharmazeutischen Industrie)

5.2.3 Preisregulierung

Neben der Zulassung durch die MHRA oder die EMEA finden in Großbri-tannien auch Verhandlungen zur Festlegung der Preise mit der Industrie statt. Dabei wird im Rahmen des PPRS (Pharmaceutical Price Regulation Scheme) nicht der Preis einzelner Medikamente festgelegt, sondern es wird vielmehr die Gesamtprofitabilität der pharmazeutischen Unternehmen regu-liert. Ziel ist es, einerseits den Unternehmen zu ermöglichen, weitere For-schung und Entwicklung zu finanzieren und andererseits das Preisniveau für den NHS bezahlbar zu halten. Daher besteht Freiheit hinsichtlich der Preisgestaltung eines neuen Produkts bei dessen Markteinführung, aller-dings ist offenzulegen, wie dies auch das Gesamtergebnis des Unterneh-mens betrifft.

Alle Unternehmen, die Originalpräparate zu Lasten des NHS abgeben wol-len, müssen Mitglied des PPRS werden, dieses wird zwischen ABPI und DOH verhandelt. Alle Unternehmen mit mehr als 5 Mio. £ Umsatz zu Las-ten des NHS müssen ihre geprüfLas-ten Jahresabschlüsse vorlegen. Diese kön-nen nach den Vorgaben des NHS hinsichtlich der Kostenbewertung verän-dert werden. Im PPRS werden Grenzen der Kapitalrendite festgelegt (der-zeit 21 %); gleich(der-zeitig wird der maximal anzusetzende Betrag für For-schung und Entwicklung anhand der Umsätze im britischen Arzneimittel-markt festgelegt. Bestandteil des PPRS ist auch das Einverständnis, dass Unternehmen keine Maßnahmen ergreifen, um am Ende der patentge-schützten Phase des Medikaments, den Patentschutz auszudehnen oder den Markteintritt von Generika zu behindern.

Zum 01.01.2005 wurde das PPRS neu gestaltet. Dabei wurde eine generelle Absenkung der Fabrikabgabepreise um 7 % für alle am Markt befindlichen Medikamente festgelegt; damit einher ging ein Preismoratorium bis zum Jahresende 2005, erst danach konnten Anträge auf Preisveränderungen ge-stellt werden. Den Unternehmen wurde freigege-stellt, die Absenkung um 7 % durch eine generelle Absenkung oder durch eine unterschiedliche Vertei-lung auf die vermarkteten Produkte zu erzielen. Preisabsenkungen und Preismoratorien wurden seit 1993 mehrfach im Rahmen des PPRS verein-bart; 1993 erfolgte erstmals eine Absenkung (um 2,5 %) und ein Einfrieren der Preise für drei Jahre.

Einmal festgelegte Preise dürfen nur mit Genehmigung des Gesundheitsmi-nisteriums erhöht werden. Preiserhöhungen werden nur genehmigt, wenn die Kapitalrendite des Unternehmens für das laufende und die kommenden Jahre auch nach Berechnungen des DOH 40 % unter dem Grenzwert liegen.

Für neue chemische Substanzen dürfen die Unternehmen Preise frei festle-gen, allerdings ist das DOH über Preise und Umsatzerwartung zu informie-ren; bei der Erwartung eines hohen Volumens (und damit einer Überschrei-tung der Profitabilitätsgrenzen) ist das Unternehmen zur Information des

Für neue chemische Substanzen dürfen die Unternehmen Preise frei festle-gen, allerdings ist das DOH über Preise und Umsatzerwartung zu informie-ren; bei der Erwartung eines hohen Volumens (und damit einer Überschrei-tung der Profitabilitätsgrenzen) ist das Unternehmen zur Information des

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