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2 Deutschland in einem ersten Vergleich mit führenden

3.3 Preisregulierung

3.3.2 Festbeträge (§ 35 SGB V)

3.3.2.2 Marktanteile

Das Festbetragssystem hat zwar die Arzneimittelpreise stabilisiert, jedoch ist seine Marktbedeutung sukzessive gesunken. Lag der Umsatzanteil im Januar 1997 noch bei knapp 60 %, umfassten die Festbetragsarzneimittel im Januar 2003 nur noch rund 35 % des Fertigarzneimittelumsatzes. Seit Janu-ar 2004 hat die Bedeutung der Festbetragssegments wieder zugenommen und im Juli 2005 lag der Anteil am Umsatz bei rund 48 % (Abbildung 11, BKK Bundesverband 2003, 2004, 2005). Die zwischenzeitliche Schwä-chung der Marktbedeutung hat verschiedene Ursachen.

Abbildung 11. Marktanteile der Festbeträge nach Umsatz 1997 bis 2005

0 10 20 30 40 50 60 70

Jan 97 Jan 98 Jan 99 Jan 2000 Jan 2001 Jan 2002 Jan 2003 Jan 2004 Jan 2005 Jul 2005 Anteil (in %)

59,8

53,6 50,6 50,0

47,1

40,9

35,4

39,7 43,0

48,2

0 10 20 30 40 50 60 70

Jan 97 Jan 98 Jan 99 Jan 2000 Jan 2001 Jan 2002 Jan 2003 Jan 2004 Jan 2005 Jul 2005 Anteil (in %)

59,8

53,6 50,6 50,0

47,1

40,9

35,4

39,7 43,0

48,2

Quelle: BKK Bundesverband

Ab 1998 wurde die Festsetzung neuer sowie die Anpassung bestehender Festbeträge durch die Spitzenverbände der Krankenkassen wegen kartell-rechtlicher Auseinandersetzungen blockiert. Schließlich hat der Gesetzge-ber mit dem Festbetrags-Anpassungsgesetz vom 27. Juli 2001 die Anpas-sung der Festbeträge bis Ende 2003 dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) übertragen, das einmalig zum 1. Januar 2002 von dieser Möglich-keit Gebrauch gemacht hat. Nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende 2002 die Rechtmäßigkeit des Verfahrens der Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen bestätigt hat (Az. 1BvL 28/95 u. a.

vom 17. Dezember 2002), liegt seit 16. März 2004 auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vor (C-264/01 u. a.): Danach gelten die ge-setzlichen Krankenkassen nicht als Unternehmen und die Spitzenverbände der Krankenkassen nicht als Unternehmensvereinigungen im Sinne des EG-Vertrages, wenn sie Festbeträge für Arzneimittel festsetzen. Ein Verstoß gegen den EG-Vertrag liegt somit nicht vor. Mit dem GMG wurde die Fest-betragsregelung ab dem Jahr 2004 wieder der Selbstverwaltung überant-wortet. Damit kann das Festbetragsverfahren, das in den letzten 15 Jahren im Durchschnitt zu jährlichen Einsparungen in Höhe von 1,2 Mrd. € geführt hat, wieder verstärkt zur Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei-tragen (BKK Bundesverband 2004b). Durch die Anpassung der Festbeträge an eine veränderte Marktlage zum 1. April 2004 wurde ein Einsparvolumen von 2,5 Mrd. € realisiert (BKK 2005).

Eine weitere Schwächung erfuhr das Festbetragssystem durch die 7. SGB-V- Novelle. So waren nach der ursprünglichen Regelung des § 35 SGB V lediglich patentgeschützte Wirkstoffe, deren Wirkungsweise neuartig war und die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Neben-wirkungen, bedeuteten von der Festbetragsregelung ausgenommen. Mit der 7. SGB-V-Novelle wurde diese Ausnahme auf grundsätzlich alle seit dem 01.01.1996 zugelassenen patentgeschützten Wirkstoffe, unabhängig von ihrer therapeutischen Bedeutung, ausgeweitet. Lag der Umsatzanteil aller patentgeschützten Wirkstoffe 1996 noch bei knapp 19 %, hatte er sich im Jahr 2003 mit 39 % fast verdoppelt. Dabei umfassen allein patentgeschützte Analogpräparate (Definition C-Präparate nach Fricke/Klaus14) im Jahr 2002

14 Die neu in den Markt eingeführten Wirkstoffe werden seit 1978 einer Bewertung hin-sichtlich ihres therapeutischen Effekts unterzogen und in vier Kategorien eingestuft: A:

Innovative Struktur bzw. neuartiges Wirkprinzip mit therapeutischer Relevanz, B: Ver-besserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer Eigenschaften bereits be-kannter Wirkprinzipien, C: Analogpräparat mit keinen oder nur marginalen Unterschie-den zu bereits eingeführten Präparaten, D: Nicht ausreichend gesichertes Wirkprinzip oder unklarer therapeutischer Stellenwert. Wirkstoffe, die mit einer Kombination aus zwei Bewertungen z. B. B/C eingestuft wurden, werden bei den Analysen in der entspre-chend ersten (höherwertigeren) Kategorie berücksichtigt (siehe hierzu auch Kapitel 3.5.1.2: Patentierte Wirkstoffe).

fast 20 % des GKV-Fertigarzneimittelumsatzes (1996: 10,1 %). Durch die Ausweitung der Ausnahmeregelung war damit ein wachsender Umsatzan-teil von der Festbetragsregelung unberührt (Abbildung 12).

Abbildung 12. Umsatzanteile patentgeschützter Wirkstoffe 1993 bis 2004

2,5 3,1 3,6

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Gesamt A B C

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Gesamt A B C

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Gesamt A B C

Anteil (in %)

Quelle: GKV-Arzneimittelindex, nach Arzneiverordnungs-Report 2005

Mit dem GMG lebt seit 2004 die „alte“ Regel wieder auf, dass patentge-schützte Analogpräparate in eine Festbetragsgruppe mit bereits patentfreien Wirkstoffen fallen können. Darüber hinaus hat das GMG eine „neue“ Regel geschaffen, nach der Festbetragsgruppen gebildet werden können, die aus-schließlich patentgeschützte Analogsubstanzen enthalten. Die neuen Mög-lichkeiten bei den Festbeträgen sollen die Kassen ab 2005 jährlich um ca.

1 Mrd. € entlasten (Deutscher Bundestag 2003b). Parallel hierzu wurde als Übergangslösung, bis die neuen Festbeträge greifen konnten, mit dem GMG für die Dauer eines Jahres ein um 10 Prozentpunkte erhöhter Herstel-lerabschlag im verschreibungspflichtigen Nicht-Festbetragssegment einge-führt.

Zum 01.01.2005 traten erstmals Festbeträge im Rahmen der erweiterten Möglichkeiten für patentgeschützte Analogpräparate in Kraft. Der Gemein-same Bundesausschuss hat vier Festbetragsgruppen mit patentgeschützten Wirkstoffen gebildet. Bei den Protonenpumpenhemmern und den Statinen handelt es sich dabei um Gruppen nach „altem“ Recht, die sowohl patent-geschützte als auch patentfreie Wirkstoffe enthalten. Die Festbetragsgrup-pen der Sartane und der Triptane enthalten hingegen ausschließlich patent-geschützte Analogsubstanzen und entsprechen der „neuen“ Regel nach dem GMG. Damit umfassen diese vier Gruppen insgesamt 24 Wirkstoffe mit

einem Umsatzvolumen von 2,1 Mrd. € im Jahr 2004 und sollen die GKV-Ausgaben jährlich um 340 Mio. € entlasten (Kaesbach 2004). Damit blei-ben die „neuen“ Festbeträge zunächst deutlich hinter der angestrebten Grö-ßenordnung von 1 Mrd. € zurück. Seit 1. Juli 2005 sind Festbeträge für wei-tere sieben Gruppen der Stufe 2 mit patentgeschützten Präparaten ohne the-rapeutischen Zusatznutzen in Kraft getreten.

Nach Kanavos und Reinhardt (2003) zählt der Einschluss von patentge-schützten Wirkstoffen in die Festbetragsgruppen 2 oder 3 zu den Themen, die das größte Konfliktpotenzial bergen. Dies hat die Auseinandersetzung um das Präparat Sortis der Firma Pfizer anschaulich bestätigt. Die Firma hat durch das Festhalten an deutlich über dem Festbetrag liegenden Preisen, die hohe Zuzahlungen für die Patienten bedeuten, den Verlust großer Marktan-teile in Kauf genommen. Die GKV-Umsätze für Sortis sind im ersten Halb-jahr 2005 um mehr als 80 % zurückgegangen.

Das Vorgehen der Firma Pfizer war insofern einmalig, als in der Vergan-genheit die Originalanbieter in der Regel ihre Preise auf Festbetragsniveau gesenkt haben. So lagen am Stichtag 1. Juli 2005 von den insgesamt 27.908 Fertigarzneimittelpackungen mit Festbetrag lediglich 1.973 Packungen über der Erstattungsgrenze. Bezogen auf den versorgungsrelevanten Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel waren damit 96 % alle Verordnun-gen ohne eine festbetragsbedingte Zuzahlung (BKK 2005).

Im Dokument für die pharmazeutische Industrie (Seite 44-47)