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Für das Stück bekam der Autor 1973 einen der zwei Preise des rumänischen

Im Dokument nach 1945 Die rum änische Dramatik (Seite 103-106)

Chitimia I: Ich bin dazu nicht irstande

33) Für das Stück bekam der Autor 1973 einen der zwei Preise des rumänischen

Schriftstellerverbandes für Dramatik. Die Uraufführung fand in Craiova statt.

34) Vgl. Georgina Baum, Der widerspruchsvolle Charakter und der historische und gesellschaftliche Inhalt des Komischen in der dramatischen Gestaltung, a.a.O.

sie wird zum Mythos verwandelt-.. Die sozialistische Revolution hat durch die Determination einer strukturellen Wiederentdeckung der Werte den Kreti-nismus von der 'Normalität* abgetrennt." (35)»

Diese Äußerung, die für die Zeit nach 1945 und bis Mitte der sechziger Jahre für Rumänien typisch ist, dokumentiert, daß auch für die Theatertheorie

die-ses Landes die LukÄcs'schen Prämissen von 1932 kaum weitergeführt wurden{36), wie Reinhold Grimm über die allgemeine Entwicklung des marxistischen Komikbegriffes bemerkte (37). Die wenigen unwesentlichen Verschiebungen sollen erst nach einer kurzen Skizze der Entwicklung der offizialisierten Gattungsform herangezogen wer-den, um den kritischen Diskurs in direkter Verbindung zur Realität zu führen.

Die Entwicklung nach 1945 hatten Dramatiker geleistet, die schon vor dem Zweiten Weltkrieg auf ihre Produktionen aufmerksam gemacht hatten. Victor Eftimiu, Tudor Musatescu, Mihail Sebastian und Mircea $tef*nescu (3fl) aber hatten keine Schule gründen können, um dadurch der neuen politischen und literarischen

Situa-tion eine moderne und wirklichkeitsgerechte Entsprechung zu entwickeln. Noch vor dem Krieg war die Situation diesbezüglich äußerst heterogen. Camil Petrescu hatte

2war mit "toiticd Popescu" (39) den Versuch unternomnen, Caragiales Erbe weiterzu-entwickeln, genau wie es Valjan oder Gheorghe Ciprian auch ihrerseits taten(4Ö).

Auch die Theaterarbeit eines der berühmtesten rumänischen Regisseure, Ion Sava (41), die sogar in dramatischen Eigenproduktionen eine besondere Vielseitigkeit aufweist, kann nicht als bestimmender Obergangspunkt oder Neugründung einer 'mo-dernen rumänischen Schule1 in der Entwicklung der Dramatik angesehen werden.

Dadurch aber, daß die meisten großen und anerkannten Dramatiker eine eindeu-tige Abhängigkeit von der traditionellen Komödienform zeigten und allein in einer versüßten und verständnisvollen Karikierung oder einer Aufzeichnung des 'rumäni-schen Exotismus* sich gegenseitig überholten, waren Gestaltungsmittel, welche die Komödie seit den Anfängen der Moderne bereits mit Erfolg ernrobt hattefDestruktion einer rigiden Trennung von Bühne und Zuschauerraum, Aufnahme vergessener folklori-stischer oder veralteter Motive im zeitbezogenen Gewand, Hinwendung zu sozialen Peripheriegruppen, ob Unter- oder Oberwelt, bei gleichzeitiger Infragestellung gel-tender Nonnen oder konkret propagandistische politische Satire), in der rumäni-schen Zwirumäni-schenkriegsdramatik jedoch kaum eingedrungen oder aufgenommen worden war.

Den Synkretismus leisteten einerseits triviale Boulevard-Produktionen, anderer-seits spitzfindige Kabaretts, die aber nach 1938 unter Diktaturverhältnissen auch an kritischem Potential einbüßen mußten.

Genau wie im Falle des Revolutionsdramas (1*1) gilt auch für die Komödie nach 1945 die Tatsache» daß sie im Moment der gesellschaftlich-politischen und ökonomischen Machtverschiebung weder einen eigenen Nährboden noch eine engagier-te sozialkritische Tradition besaß, mit der sie Autonomieräume dem Kulturimport aus der Sowjetunion hätte gegenüberstellen können. Genausowenig wie die Geschichts-dramenformel Lucian Blagas konnten sich auch die individuellen Ansätze eines Bog-dan Amaru oder Gheorghe Ciprian für eine kunstvolle Heiterentwicklung der Komödie 35) Andrei Bdleanu, Realim gi mtaforä tn teatru, Bucuregti, Editura Meridiane

1965/ 5. 148.

36) Georg Lukäcs, Zur Frage der Satire, in;Internationale Literatur 2 (1932), Heft 3/4, S. 136 ff.

37) Reinhold Gr im» Wesen und Formen des Komischen im Drama, a.a.O., $• XXIII.

38) VgK H - l , Victor Eftimiu, Mihail Sebastian, T*Hu$ateßcu, M.ffttfibkMOU.

39) Camt Petrescu, ttiticä Popescu, in: Teatru, Bd.l, Bueureqti, Editura de Stet pentru literaturd gi artd 195?.

40) Vgl, Qv.S.Crohnälniceanu, Literatura vomSnä tntre cele doud räzboaie moTidia-le, Bd.3, a.a.O., 5. £-773; George Cdlinescu, Istoria literaturii rowSne de

la origini $£ ptnä tn prezent, a.a.O., S. 835-838.

41) Vgl. I I - l ; Ion Sava, Mä$ti,(Bucuresti/,Editura Cartea romäneaeed 11973).

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durchsetzen (42); ihr Wert und Gewicht waren gegenüber der straff verwalteten, genormten und durchgehend ideologiesierten Komödienformel der sich stabilisieren-den Herrschaft zu gering, um sowohl diese abzustoßen und zugleich in künstleri-scher Weise der Wirklichkeit in ihrer Transformation korrigierend entgegenzutre-ten. Nicht einmal das Werk des als Juden teilweise gemiedenen Mihail Sebastian (43) konnte dies fördern. Die Rezeption und Eingliederung des bedeutendsten

kri-tischen Dramatikers vom Ende des 19. Jh., Ion Luca Caragiale, soll noch bespro-chen werden; sein Werk erlaubte ohnehin auch eine soziologisierende

Interpreta-tion, welche großenteils die Individualität seiner Stücke erdrosselte - ein an-derer künstlerischer Ansatz, der durch den Klassenschematismus auf die Nachkriegs-entwicklung nicht wirken konnte.

Die skuril-groteske Ader des dramatischen Wortes bei I.L.Caragiale hatte wahrend der Zwischenkriegszeit durch Urmuz und den jungen lonesco (welcher eine Zeit lang am rumänischen literarischen Leben teilnahm), eine kurze

Weiterentwick-lung erfahren, die aber ihrerseits auch für die grundlegenden Leitlinien der ru-mänischen Dramatik nach 1945 keine Bedeutung haben konnte. Eugene Ionescos Durch-bruch fand im Rahmen der französischen Dramatik statt, nachdem diese durch eine mythenbewältigende und existentialistische Epoche zu einer radikalen Verweigerung der Wirklichkeit kam, und hier konnten sich Ansätze, welche in der rumänischen

Li-teratur kurz nach ihrem Aufkeimen erstickt worden waren, in voller Freiheit ent-falten. Der 'absurde'und berühmte lonesco bildete bereits in den sechziger Jahren den 'unausprechbaren'Komplex der rumänischen Gegenwartsdramatik - er gab ihr die Illusion einer möglichen weltweiten Modernität, obwohl die 'Absurdität' des ästhe-tisch umgestalteten Realen strukturell unterschiedlich war, wie auch die Entfal-tungsfreiheit der dramatischen Sprache oder Idee. Auch gegenüber dem Brechtschen Komikverständnis schien lonesco bevorzugt zu sein, bis 1972 die Kulturverwal-tung den französischen Dramatiker stillschweigend aus dem rumänischen Theaterle-ben verbannte: Grund war nicht allein das Heranwachsen epigonaler 'absurder' Züge v etwa bei Iosif Naghiu, Theodor Hazilu, Hihai Neagu ßasarab usw., sondern auch das entschlossene Auftreten Ionescos für die Dissidenten Osteuropas im Rahmen der Zeitschrift "Kontinent- und allgemeiner für Autonomie der Kunst in unserer ver-walteten Zeit. (Daß es sich weiterhin um einen 'Komplex' des rumänischen Kultur-apparates ihm gegenüber handelt, bewiesen die Attacken in der Presse gegen die Pariser Emigranten im Sommer 1979: Virgil lerunca, Monica Lovinescu, Paul Görna usw. wurden sichtlich heftiger angegriffen als lonesco, nachdem diese zusammen als Gruppe zum Boykott des rumänischen 'Kulturexportes' aufgerufen hatten, um die Unterdrückung der Menschenrechte und der Kunst im heutigen Rumänien der

Weltöffent-lichkeit mit Nachdruck bewußt zu machen.) Dadurch konnte die künstlerische und pu-blizistische Tätigkeit dieses Dramatikers (den man auf keinen Fall als einen

'Lin-ken' bezeichnen kann und der Brechts engagierte Theaterpoetik kritisiert hat),gera<

Beispiel für Engagement, für 'fait social' trotz Autonomie der Kunst.werden. Ihre Wirkung auf die rumänische Gegenwartsdramatik beschränkt sich weiterhin auf die Ausstrahlungskraft dieser berühmten Persönlichkeit, welche die europäische

Moder-ne um das (in Rumänien nach Möglichkeit ideologisch unterdrückte) 'Universale' einer sich jeder Herrschaftsform entziehenden makaber-optimistischen Geschichts-und Lebensphilosophie.bereicherte.

42) Vgl. I I - l : Lucian Blaga, Bogdan Amaru, Cheorghe Ciprian.

43) Vgl. II-l: Mihail Sebastian.Viel später beschrieb Alexandru Mirodan die Arbeit:

bedingungen in Theater während der Militärdiktatur anhand eines biographisch angegebenen Momentes aus dem Schaffen dieses bedeutendsten Dramatikers: die Uraufführung der nostalgisch-rührenden Komödie der Provinz "Steaua färS num"

("Das Stern ohne Namen") unter falschen Namen: vgl. Alexandru Mirodan, Camu-flaj, in: Teatru, Bd.2, Bucuregti, Sditurc Emineeou 197S, S. S-92.

Die wenigen linksorientierten Schriftsteller der rumänischen Zwischenkriegs-zeit hatten bis auf N.0,Cocea und Felix Aderca (44) nur ganz entfernt Interesse an der Entwicklung des Theaters und der Dramatik. Die sowjetische Theaterent-wicklung bis 1933 (man denke an W.Majakowskif Leonid Andreev, Alexander Bloch

oder Mihail Bulgakov) war auch wegen eines fast einstimmigen Antisowjetismus in der rumänischen Öffentlichkeit bis zum Kriegsende fast völlig unbekannt, genau wie die literarisch-dramatische Produktion deutscher und französischer Marxisten

oder Kooraunisten, wie z.B. Bertolt Brecht, Dadurch war im Bereich der Komödie die mechanische Übernahme der sowjetischen Theorie und Praxis nach 1945 erdrückend

und bewirkte Inhaltsleere» da Modell und Ausführung zur rumänischen Realität und bisherigen Entwicklung keineswegs paßten. Wie sollte man der Wirklichkeit einer Übergangsphase in der KomÖdienproduktion kreativ entgegentreten» wenn einerseits die enormen Spannungen des Stalinismus eine traditionelle Komikform vom

Mensch-lichen her abgestoßen hatte» und wenn andererseits schon die Grundprinzipien des neuen» offizialisierten und polizeilich durchgesetzten sozialistischen Lebensbil-des nicht einmal theoretisch bekannt waren? Es darf demnach nicht allein das

Feh-len von Zivilcourage angeprangert werden, wenn man auch die Brutalität der Sanktio-nen bedenkt. Tatsache ist» und für die Übergangszeit bestimmend» daß viele Schrift-steller der damaligen Generation durch ihre vergangene Aktivität bis 1945 leicht erpreßbar waren (45),

Die Problematik liegt im rumänischen Weg zum Sozialismus» in der von oben durchgesetzten Import-Ideologie, die im kulturpolitischen Bewußtsein Rumäniens nach einem Wechsel von drei Rechtsdiktaturen {seit 1938: die 'Königliche

Dikta-tur*, die Regierung der 'Eisernen Garde' und die Militärdiktatur unter Harschall Ion Antonescu) zu einer 'Diktatur des Proletariats' nur geringe Gegenkräfte auf-fand, die sie sowohl im politischen als auch ideologischen Sinne leicht ausschalten konnte, um einen gesellschaftlichen Organismus durchzusetzen» der der Kunst ihre Autonomieräume garantieren kann.

Dies dokumentieren die ersten Dramenproduktionen nach 1945: Alexandru Sahi-ghian, Tudor Soimaru und später Aurel Baranga schaffen eifrig 'neue'Komödchen über die alte (bürgerlich-demokratische) Gesellschaftsform und ihre Widersprüche nach Vorschrift. Letzterer wirkt dann zwar 1953 bahnbrechend mit "Mielul turbat"(A6) ("Das tollwütige Lamm") - die Komödie erobert als Darstellungsebene die

gegen-wärtige real existierende sozialistische Wirklichkeit, prangert aber nur 'büroer-liche' Lebenseinstellungen an, die für den verlangsamten Fortschritt des Sozia-lismus verantwortlich gemacht werden und hat eine Ventilfunktion für die andau-ernde Unzufriedenheit der Bevölkerung über das Ersticken jedes kritischen An-satzes im Realen. Die Überführung einer traditionell erprobten dramatischen Gat-tung in eine von oben gezielt geplante Erziehungsform der Hassen verbirgt mehr als die legitimatorische Funktion, die der 'verwalteten' Literatur zugedacht wurde: wo trotz des theoretischen Modells des 'sozialistischen Realismus' gerade

in der 'komödienhaften' DramengestaUung die meisten Verbindungen zu üblichen li-terarischen Produktionen der 'bürgerlichen' Moderne evident waren, sollte die ein-gleisige Kritik des Apparates alle erworbenen existentialistischen, 'absurden', oder introspektiven Fragestellungen abstoßen, um eine Art durchaus konstruktive

44) Vgl. I M , X.D.Cocea, Felix Aderca.

Im Dokument nach 1945 Die rum änische Dramatik (Seite 103-106)