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(98) Zugleich betont der Autor, daß er die auch in meiner Untersuchung

Im Dokument nach 1945 Die rum änische Dramatik (Seite 83-90)

verwen-dete Textvorlage aus der Zeitschrift "Teatrul" als das eigentlich abgeschlossene Stück betrachtet, und daß er nur dank seiner Beziehung zu den höchsten Schaltstel

len des kulturpolitischen Apparates die ständige Veränderung des Stückes durch Un qualifizierte beenden konnte (99). Die Aufführung fand eine allgemein zustimmende und wohlwollende Meinung der Kritik, was paradox auf die lange Vorbereitungsdauer wirkt (100), bekam 1977 den II. Platz bei dem Wettbewerb "Ctntarea Rontfniei"

96) Vgl. I I - l : 1956, und Lucrdrile primului eongres al scriitorilor din RPR, a.a.O, S. 302.

97) Marin Sorescu* Gräfte de temperaturd, a.a.O., S.21.

98) Mxrirt Sorescu, Gräfte de tenperaturd, a.a.O., S.21.

99) Marin Sorescu, Gräfte de te^eraturd, a.a.O., S.22: "Probleme mari, edrora a trefcutt sä le faed fapS autorul, dupd ce credea cd, gata, o sd vinä la pre mierd, au fost trei: sd nu se supere turoii; eine s£nt bizentinii; §i, grijd mare - extn apar romSnii, observa$ii comunicate, datc, $i repetate cu oeazia fieeärei viziondri.. .THfelegerea am gdsit-o totald, caldä fit prieteneased, la forurile aele mai tnalte, la care, exasperat ed nu se trat termnd odatd, a trebuit sd apelez. Am regretat cd n~an? fdeut asta din eapul loeului. Af;a ce face ed se joaed aeunt aceastd piesd.(...) Teatrul istorie räntne, oricum, fascinant pentru autor, Cred, in continuare, cd meritd sd te bafi pentru et*

Das tatsächliche Ausmaß der Veränderungen dokumentiert die rumänisch-engli-sche Ausgabe, die nach Abschluß meiner Untersuchung erschien:Karin Sorescu, Rdceala - A cold, (lasi), (Editura) Junimea (Publishing House) 1978 - die erste zweisprachige Ausgabe der neuesten rumänischen Dramatik: vgl.lteZ Condu räche, in: Convorbiri literave 6 (114)/juni 2979, S. IS. Dieser Text war Vor

läge für die Uraufführung. Ein Vergleich der beiden Fassungen ist besonders aufschlußreich über die publikumsorientierte oder zensurbedingte Auswechsel-barkeit der dramatischen Sprache oder Bilder, kann aber aus räumlichen Grün-den leider hier nicht mehr durchgeführt und interpretiert werGrün-den.

100) Aurel Baranga, Cauza cauzelor, in: R&ninia literard XI/1 von 5.1.19?3, S.4;

Aurel Sädescu, Tn apärarea fiinpei patriei, in: Conternporanul lß (1S89) vom 22.4.19??, S.9; Ion Cocora, Valoarea literard a dramaturgiei, in: Contempo-ranul 1(1626) vom 6.1.1978, S. 7; Romul Diacone&cu, Marin Sorescu - o formu-ld dramtied, in: Luceafdrul XXI/34 (852) vom 26.8.1973, S.6; Ioan Lazdr,

Structuri dramatice inovatoare, in: RomSnia literard X/33 vom 18.8.19??, S.

1$; Virgil Munteanu, "Rdceala"ce ttarin Sorescu la Teatrul "Bulandra", in:

("Ein Loblied auf Rumänien")(l01) und vertrat Rumänien beim BITEF-Festival in Belgrad, im September 1977 (102). Der Text als solcher und die Veränderungen zu der ersten Fassung wurden kaum kommentiert (103), das Drama bekam auch keine besondere Würdigung durch den Schriftstellerverband. Auch der 1977 erschienene Roman Marin Sorescus (104) ist eher zurückhaltend aufgenomtien worden - er ver-sucht mit lyrischen Registern die Brutalität des Stalinismus und seine kunsttöten-de Wirkung aufzuzeigen. Trotzkunsttöten-dem ist Sorescu als vielseitiger Schriftsteller an-erkannt (105); genau wie vor einem Jahrhundert Mihai1 Eminescus Werk die künstle-rische Sprache des erreichten Identitätsbewußtseins in der rumänischen Kultur zur gehaltlichen Substanz und Perfektion brachte, dokumentiert dieser zeitgenössische rumänische Autor mit ähnlicher Sprachgewandtheit die Krise desselben.

Marin Sorescus Gesamtwerk (er debütierte als Lyriker) bringt als letzten Be-zugspunkt den Gehalt der "Rdceala" ("Die Erkältung") nochmals zum Vorschein: der Dichter greift auf die biblische Geschichte von Jonas im Walfischbauch zurück (106). Dramatisch kann die Einsamkeit durch eine fieberhafte Suche in einem ab-geschlossenen Raum optimal visualisiert werden. Dazu trägt dann auch die ausge-zeichnete Sprachfühligkeit des Lyrikers Sorescu bei, sodaß der biblische tythos in seiner Umgestaltung eine künstlerische Form erfährt» deren stoffgeschichtli-chen Stellenwert der Ästhetikprofessor Ion Ianoti treffend erläuterte (107).Der Versuch, sich jeweils einen Ausweg aus dem Wal zu schneiden, markiert als Hand-lung die konkretisierte Hoffnung auf eine befreiende Wiedergeburt. Das Aufschnei-den des eigenen Bauches richtet am Ende des Stückes die Suche auf das Ich - eine gehaltvolle Lösung, die nur in der 'liberaleren Zeit1 um 1968 so konsequent mit dem Mythos verbunden werden konnte (108). Das Problematische besteht bei Marin Sorescu darin, daß er Elemente seiner Lyrik» durch die er der rumänischen Lyrik zu neuen Wertmaßstäben verholfen hatte» hinsichtlich geltender dramatischer

Model-Teatrul XXII/3, Marz 19??, S. 40-42; Valeriu Räpeanu, Murin Sorescu, in: O antologie a dramatidrgiei romSnefti 1944-19??, Bd.1,a.a.O., S.921-923; Marius Robescu, Räceala, I-II, in; luoeafärul XX/10 und 13 vom 5. und 23.3.19??, S.

4; Valentin Silvestru, Patriotism, substanfa tragediei istorice, a.a.O; t/a-talia Stancu-Atanasiu, Creafti premtate £n cadrul Pestivatului napional"Ctn-tarea RonSniei" - "Räceala" de Marin Sorescu, in: Sctnteia XLVI/10833 vom 18.

6.1977, s. 4;oder die Stellungsnahme Ion Zamfirescus beim Landeskolloquium der Dramatiker in Cluj-Napoca (Klausenburg)-Mai 1978f in: Ha[a rvmSneascd XXXI/7-8, Juli-August 19?8, S. 104-110, besonders S. 107. Vgl. auch: Traten

$elnaru, Acte gi antracte, BucureQti, Editura Eminescu 1978, S. 168-170, 101) Vgl. Teatrul XXII/6, Juni 19??, S.2.

102) Vgl. RomQnia Iiterard 30/19??, S. 16.

103) Mit einer Ausnahme, die nur die l*Fassung betrifft: Paul Anghet, epopeea sc nagte sub oohii nogtri, a.a.O.

104) Marin Sorescu, frei dinfi din fa$d, Sucure^ti, Editura Eminescu 19??.

105) Vgl. Adrian Pdunescu, Interviu cu Msrin Sorescu, in: RorxÜnia literard 11/36 (48) vom 4.9.1969, S.6-7; ttonioa Lovinescu, Marin Sorescu dramaturg, in; De-stin 19-20/1969, S. 145-150; Constantin Radu-Maria, Marin Sorescu, in;

Tea-ti*u XX/10, Okt. 197S, S. 19-21; und Marco Gugno, Ipotesi sul teatro di Marin Sorescu, in: International Journal of Rumanian Studies, 60,1/1976,1-2, $.135-143.

106) Vgl. Der Prophet Jona» in: Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift, hrsg.

von der Württembergischen Bibelanstalt Stuttgart 1967. Das Stück:Wartn Sores-cu, lona, in; huceafdrul XV/2 vom 13,1.1968; auch in: Setea muntelui de sare,

(Bucure^ti), Editura Cartea rorfineascä (1974), S. 5-40.

107) Ion Iartogi, Alegerea lui lona, (Bucuregti), Editura Cartea romSneascd (1974), S. 90-101.

108) Vql« A.U.Gabanyi» Partei und Literatur in Rumänien seit 1945,a.a.O.,$.150.

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1e umformt. Deshalb sind Werturteile über "Exiatd nervi" ("Es gibt Nerven )U09), ein dem'Absurden' verpflichteten Versuchend "Pluto rnduzei" ("Das Floß der Medu-sa") - die hier noch unbedingt im Kontext erwähnt werden müssen - , nur nach einer ahnlich intensiveren Entschlüsselung der Texte möglich. Für die gegenwärtige

Ana-lyse ist es aber wichtig, daß in dem letzteren Stück die Einsamkeit in einem

science-fiction-Rahmen thematisiert wird. Die lyrischen Passagen prägen die fast nur als Monologe verfaßten Werke "Paracliaerul" ("Der Küster") (111) und 'Wzcca ("Das Flußbett") (112) - zusammen mit "lona" ("Jonas") bilden sind eine Tnlogie, in der die Alternativen des Alleinseins behandelt werden:

"Paracliaerul coutd abeolutul, iav Irina, femeia care nagte, eete isvorul original".

"Der Küster sucht das Absolute, und Irina, die Frau, die gebärt, ist die Urquelle"

dies ist vom Dramatiker selbst programmatisch ausgesagt worden (113).

In diesen Schaffungsprozeß reiht sich •'Räoeala" ("Die Erkältung ) ein - die Einsamkeit ist dramatisch auf die Stufe der Gemeinschaft erhoben worden, die Ru-mänen als Volk sind alleine, wie Stratos es unterstrichen hatte (114) - das schein-bare Paradoxon zerstreut sich angesichts der erläuterten geschichtsphilosophischen Grundeinstellung, welche gerade die Quantität dramatisierter Leidenschaft (das ru-mänische "patimä" beinhaltet auch "Sucht") des im Schwarz-Weiß-Kontrast geschil-derten Befreiungskampfes des Helden gegen jene (ideologisch) notwendige

Konstruk-tion des Feindbildes, aber auch die daraus resultierende Verlogenheit einer stän-digen Betonung der Solidarität (letztlich zu allem) in Frage stellt.Oie

vorge-führte Reduktion sollte nicht nur die politisch-ästhetische Provokation des neue-sten Tenors des 'nationalen Spezifischen' seit 1971 vermitteln, sondern auch die Ebene, auf der es gilt, Werte und Handlungsmotivationen subjektiv neu zu

gestal-ten und sie zu Kunst umgeformt jenem national- und sozialistischen Zwang entge-genzustellen.

Der künstlerisch hinsichtlich seines Gehaltes von Hann Sorescu literariscn umgestaltete Stoff des Woiwoden Vlad Tepes-Dracula erfährt einige erneute Offnun-gen zum rumänischen Literaturbetrieb trotz jener widerspruchsvollen Norm der Zen-sur und setzt auch für die Weltliteratur durchaus originelle Maßstäbe in der Ge-schichte dieses Stoffes und seiner künstlerischen Bearbeitung, nicht zuletzt durch den bedeutenden Hinweis auf seine Entstehung in der 'heimatlichen , im Moment real existierenden sozialistischen Nationalliteratur.

109) Marin Sorescu, Exiatd nervi, in:Luceafärul U/27 (323) vom 6.7.1968, S.7-8;

auah in: Setea muntelui de aare, a.a.O., S. 171-218.

110) mrin Soreecu, Pluta medusei, in: Setea muntelui de aare, a.a.O.,S.129-170.

111) Marin Soreecu, Paracliaerul, tragedie in 3 tablouri, Bucureett, Edttura Erni-neecu 1970; auch in: Setea muntelui de aare, a.a.O., S. 41-68.

112) mrin Soreecu, Hatca, piead in 2 acte, Bucureeti, Editura Emineecu 1976, (=Col. Ranpa 26); auch in: Setea muntelui de aare, a.a.O., S. 69-129; <"fh

in: Homdnia literard VI/30 vom 16.7.1973, S. 16-18; auch in: Teatrul XVIII/9, Sept. 1973; auch in: 0 antologie a dramaturgiei romdneeti 1944-1977, Bd.1, a.a.O., S. 931-998.1979 soll das Stück in 5 Sprachen übersetzt, erschienen

sein. .

113) Zitiert nach: Valentin Silveetru, Atitudini creatoare tn dramaturgia romGnS contemporand, in: Teatrul XXI/S, Mai 1976, S.20.

114) Vgl. Zitat Bild 2, S. 59 und S. 69 in meiner Untersuchung.

3. Die komödienhafte Dramengestaltung (1) der Gegenwart - ästhetische Individua-lltat oder belehrende Massenunterhaltung:"Chifimia" von Ion BSiesu und "Zia-rigtii" ("Die Journalisten") von Alexandra Mirodan.

a) Komik und Verfremdung

Das bisher beschriebene Verhältnis der Dramatik zur neueren und älteren ru-mänischen Geschichte sollte wegbereitend ihre relevanteste Gegenüberstellung zur gegenwartigen gesellschaftlichen Wirklichkeit Rumäniens nach 1945 erleichtern;

indem eine sich selbst als neuwertig verstehende soziale Formation auch der Kunst neue Punktionen einräumt und bestimmt, widerspiegelt dieses Verhältnis das Selbst-verstandnis und die Widersprüchlichkeit des Bestehenden und ermöglicht in ästheti-scher und gesellschaftlicher Hinsicht reiche Erkenntnisse. Blinde Teilnahme oder kritische Infragestellung des Realen konnte auch bisher in jedem angeführten und besprochenen Drama untersucht werden. Umso interessanter ist diejenige Gattung, welche auf die sozialistische Gegenwart gerichtet ist: die bisher verfolgte

Ver-flechtung verschiedener Gattungen, historisch bereits verschlissener Modali-taten oder wirkungsvoller technischer Mittel, soll weiterhin anhand exemplarisch ausgewählter Textinterpretationen auf ihre Fähigkeit hin, künstlerische Gehalte

zu produzieren, überprüft werden.

Seit Bertolt Brecht wird dialektisch-materialistische Dramatik primär in der tormalen Bestimmung mit dem dramentechnischen Novum des Verfremdungseffektes ver-bunden. Die Problematik wird umso interessanter, wenn diese Dramatik zu einem neu-wertigen Gegenstand übergeht - durch Kunst soll die Erkenntnis über die gegenwärtig real existierende sozialistische Gesellschaft schlechthin geleistet werden. In ei-ner atheistisch sich ausgebenden Gesellschaft ist dann die durch Verfremdung er-zeugte Distanz zum dramatischen Handlungsablauf eine Übersteigerung der von Rein-hold Grimm als selbstverständlich gesehenen Beziehuno:"Verfremdung ruft Komik aus, Komik ist ihrerseits verfremdend"(2).

BS Im Laufe der folgenden Untersuchung soll aufgrund

iesus "Chipima" eine formal neuartige und neuwertiq einer Textanalyse von Ion ge und neuwertige Verfremdung in einem Dra-ma (also nicht von vornherein einer Komödie) bestimmt und gedeutet werden (3),

ausgehend sowohl von der formalen Tatsache, daß der Autor diesen allaemeinen Be-griff verwendet hat, als auch von der methodischen Fragestellung an der Verflech-tungtraditionell -poeto logisch abgegrenzter Stilmittel in der Moderne und ihrer 1) Der gewählte Begriff wird nicht von vornherein definiert - er soll

beschrei-ben; seine Tragweite kann erst anhand der vorgenommenen Interpretationen in der methodischen Diskussion der gegenwärtigen Literatur- und Theaterwissen-schaft erarbeitet werden, um die bisherige Lage in der rumänischen Oramatik und Dramentheorie zu verdeutlichen.

2) Reinhold Grimm, Komik und Verfremdung, in: Wesen und Formen des Komischen im Drama, hrsg. von R. Grimm und Klaus R. Berghahn, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1975, (=Wege der Forschung LX1I), S. 263; auch in: Strukturen.

Essays zur deutschen Literatur, Göttingen, Sachse und Pohl 1963, S. 226-247.

Zur Beziehung von Komik und Verfremdung vgl. auch Jan Knopf, Bertolt Brecht.

Ein kritischer Forschungsbericht. Fragwürdiges in der Brecht-Forschung, Frank-furt am Main, Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag 1974,(^FAT 2028),S.26-29,35-36, lTc%*le9Ui S****"4*» Pie*a tn 2 P&P&i <«•' Teatrul XV1I/9, September 1973, S.

7S-92; auch in: 0 antologie a dvamturgiei romdnegti 1944-197?, Bd.l, a.a.O., S.78S- 828; auch: Bucure?ti, Editura Enineacu 197S, {^Colecfia Ranpa e;.Alle

iitate im folgenden nach dieser letztgenannten Ausgabe.

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im real existierenden Staatssozialismus sich kristallisierenden künstlerischen Alternative. Das erkenntnisleitende Interesse konzentriert sich darauf» anhand der bereits geleisteten und nachfolgenden Interpretationen die Frage zu beant-worten, ob 'Tragödie1, 'Orama', 'Tragikomödie1, 'Komödie' und die

zugrundelie-gende Alternative 'tragisch' / 'komisch' als Begriff die Beschreibung der dreis-sigjährigen Entwicklung der Dramatik in einem real existierenden sozialistischen Nationalstaat leisten kann oder unzulänglich geworden ist,dieses gerade,

wenn der Wahrheitsgehalt der Stücke mit Gegenwartsthematik ein direktes Verhält-nis zur Wirklichkeit ermöglicht und das Problem der Modernität und Utopie im ästhetischen und gesellschaftlichen Bereich

beantwortet-Die Untersuchung des historischen (1-2) und des Revolutionsdramas (1-1) hat die Entwicklung von feudaler zu sozialistischer Gesellschaftsordnung abgesteckt und ihre zeitgenössische dramatische Gestaltung durch die thematische Vorder-gründigkeit beschrieben. Da Tragik mit Rührung, Pathetisches mit legitimierendem Schematismus, Nationalismus mit ästhetischer Distanz der Vergangenheitsbewälti-gung oder Elemente des Epos mit denen der Farce und der Posse in den Textreali-sationen zugrunde liegen, wurde methodisch eine exemplarische Studie der Stucke gegenüber diachronischen Anhäufungen von positivistischen Materialien bevorzugt.

Da auch die dramatische Gestaltung der sozialistischen Gegenwart sich primär am geleisteten Werkcharakter auszurichten hat, stellt sich die Frage, ob ein Stück wie "Chifimc" von Ion BSiesu, in dem Verfremdungseffekte, eine

Verwechs-lungs- und Identitätsintrige oder satirische Elemente zusammen auftreten, ein Drama ist, wie der Autor es ostentativ bezeichnet.

Die abstrakte Methodendiskussion und -fragestellung stützt sich erneut auf den zu interpretierenden Text und hebt als ersten Schritt die durch die Verfrem-dung vorgefundene Komik hervor. Hitreflektiert ist der Obergang vom psychologi-schen Begriff bei I.Kant, A.Schopenhauer, H.ßergson, S.Freud oder L.Marcuse» um die wichtigsten aufzuzählen, zu einer ästhetischen Kategorie, d,h. zu ihrer Rea-lisation und Funktion im Drama. Bereits die angelsächsische, französische und deutschsprachige Literatur zur Oramenpoetik, welche als wertendes Bezugssystem zur theoretischen Grundlegung herangezogen wurde,sind bezüglich 'Komödie1 und

'Komik' sehr geteilter Meinung. Entsprechend der dramenspezifischen Mutationen, besonders nach dem Naturalismus, stellt sich die Frage nach einer'reinen1 Komö-dienform und deren Gestaltungsmbglichkeit {4), oder nach dem Ineinandergehen mit 4) Vgl. Theodor W.Adorno, Ist die Kunst heiter? in: Noten zur Literatur IV,

Frank-furt am Main 1974, {«Bibliothek Suhrkamp 395), S. 147-157; Jürgen Brummak, Zu Begriff und Theorie der Satire, in: Deutsche ViertelJahresschrift für

Litera-turwissenschaft und Geistesgeschichte 45 (1971), Sonderheft, S. 275 f f ; Ecke-hard Catholy, Komische Figur und dramatische Wirklichkeit. Ein Versuch zur Ty-pologie des Dramas, in: Festschrift Helmut de Boor* Zum 75. Geburtstag am 24.

Härz 1966, Tübingen, Niemeyer Verlag 1966, S. 193-208; Lane Cooper, An Aristo-telian Theory of Comedy, New York 1922; Peter Christian Giese, Das gesellschaft lieh Komische. Zur Komik und Komödie am Beispiel der Stücke und Bearbeitungen Brechts, Stuttgart 1974; Marcel Gutwirth, Reflexions sur le comique, in: Revue d'Est&tique 8 (1964), S. 7*39, deutsch: Zum Wesen des Komischen, in: Wesen und Formen des Komischen im Drama, a.a.O., S. 366-401; Wolfgang Hirsch, Das Wesen des Komischen, Amsterdam 1960; Das Komische, hrsg. von Wolfgang

Preise-danz und Rainer Warning, Hünchen, Wilhelm Fink Verlag 1976, (=Poetik und Her-meneutik VII); Gottfried Müller, Theorie der Komik. Ober die komische Wirkung

im Theater und Film, Wür2burg 1964; Eiden Olson, The Theory of Comedy, Bloo-mington-London 1969; Luis Farre, Das Komische, in: Wesen und Formen des Komi-schen im Drama, a.a.O., S. 190-205; Otto Rommel, Die wissenschaftlichen Bemü-hungen um die Analyse des Komischen, in: Deutsche Viertel Jahresschrift für Li-teraturwissenschaft und Geistesgeschichte 21 (1943), S. 161-195, auch in:

We-anderen dramatischen Gestaltungsmitteln - ein ästhetischer Hinweis auf die stets wachsende Widerspruch!ichkeit und Komplexität der Gegenwart, welche vom

künstle-rischen Schaffungsprozeß eine Reflexion über seine eigenen Mittel selbst for-dert. Als Stichworte, die selbst dem Verschleiß ausgesetzt sind, gelten hier'Ver-fremdung', 'Tragikomödie1, 'Farce' oder 'Groteske' (5). Ohne der aus der

Textana-lyse hervorgehenden Problematik vorzugreifen, muß auf die vorherrschenden Komik-theorien in der marxistischen Poetik hingewiesen werden - der Standort der rumä-nischen Kritik und Theorie, die Entwicklung und Besonderheit sind im bezug darauf zu sehen. Von der Rommelschen Kontrast- und Inkongruenztheorie (6) und einer auf das Drama schematisch durchgeführten Anwendung des Dogmas von antagonistischen und nicht-antagonistischen Widersprüchen werden Komik,Satire und Erziehendes ver-bunden (7).

Die vorliegende Untersuchung bleibt methodisch dem eingeschlagenen Weg treu und versucht, eine Verbindung zur oben angeführten theoretischen Diskussion erst anhand einer tiefgreifenden textorientierten Analyse eines Werkes durchzuführen.

Die perspektivenreichen wissenschaftlichen Standpunkte sollen mit der praktischen Realisation der ausgewählten Stücke konfrontiert werden. Zugleich soll dadurch die Individualität des Kunstwerkes und die Spezifität des offiziellen Komödien-begriffes in ihrer Wechselbeziehung vermittelt werden.

b) Identitätskrise trotz sozialistischer Gesellschaft: "Ckijima" von Ion Baiesu In Ion BSiesus Stück wird die Verfremdung von der Gestalt eines Philosophen getragen: sie wird als eine Art Schiedsrichter in einer Verwechslungsintrige be-rufen. Seine Präsenz, seine kurzen Feststellungen, seine langatmigen parabelför-migen Exkurse fixieren die sinnerfüllten Gegenüberstellungen, in denen das StUck seinen Gehalt konstituiert - zugleich könnte der Philosoph bei einer

oberfläch-lichen Lektüre Normales und Alltägliches vortäuschen. Je »ehr aber die private Intrige gesamtgesellschaftliche Relevanz erhält, desto mehr Distanz wird erzeugt

sen und Formen des Komischen im Drama, a.a.O., S.l-38; ders-, Komik und Lust-spieltheorie, in: DVjs 21 (1943), S. 252-286, auch in: Wesen und Formen des Komischen im Drama, a.a.O., S. 39-76.

5} Vgl. Helmut Arntzen, Komödie und episches Theater, in: Literatur im Zeitalter der Information, Frankfurt am Main, Athenäum Verlag 1971» auch in: Wesen und Formen des Komischen im Drama, a>a.O., S. 441-455; Reinhold Griim, Komik und Verfremdung, a.a.O.; Karl S. Guthke, Die moderne Tragikomödie. Theorie und Ge-stalt, Gotingen 1968; Wolfgang Kayser, Oas Groteske. Seine Gestaltung in Ha-ierei und Dichtung, München, Oldenbourg 1957; H.Mahler, Das Tragische und das Komische, Dissertation, München 1950; Carl Pietzcker, Oas Groteske, in: Oeut-sche Viertel Jahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 45 (1971), S. 197 f f ; oder die theoretischen Beiträge von Friedrich Dürrenmatt, Eugene Ionesco oder Samuel Becke«.

6) Otto Ronrael, Die wissenschaftlichen Bemühungen um die Analyse des Komischen, a.a.O., 5,4,

7} Vgl, Jurij Borisovic Borev, Ober das Komische, Berlin 1960; Georgina Baum, Der widerspruchsvolle Charakter und der historische und gesellschaftliche In-halt des Komischen in der dramatischen Gestaltung, in: Germanistische Studien, hrsg. von Hans Kaufmann und Hans-Jürgen Thalheim, Berlin, Rütten und Loening 1959, S. 133-187, auch in: Uesen und Formen des Komischen im Drama, a.a.O., S, 206-252; oder Wolfgang Heise, Hegel und das Komische, in: Sinn und Form 16 (1964), S. 811-830.

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Am Anfang geht es um eine 'normale' Problematik'.die der "Private Philosoph"

(wie er bezeichnet wird) bei bestimmten Tarifen mit Steuerabzügen und gegen Quit-tungen zu lösen hat: Chitimia I ist ein alter Mann, der sein Leben lang an einer -revolutionierenden technischen Erfindung" gearbeitet hat. Abgeschnitten von der Gesellschaft versucht er in Miniaturmodellen Bewegung ohne Energieverlust zu rea-lisieren. Daß ein perpetuum mobile eine totale Stupidität ist, erkennen seine einzigen Bezugspersonen: seine Ehefrau Vica und der gleichaltrige Professor - so nennt sich im Stück eine sympathische Gaunerfigur,eine moderne und technokratische Heiterführung des für die rumänische Wirklichkeit und Literatur klassischen "Mi-tic3"-Typs (I.L.Caragiale, Camil Petrescu), welche abseits vom üblichen Picaro-Modell die 'Erfindung' Chifimias I der gesamten Menschheit überbringen möchte und auf seine Heise die Vermarktung besorgt.

Oie symbolische Ausstrahlung der sinnlosen Maschine mag einmal dahingestellt sein: Vica ist durch Arbeit (sie alleine trägt finanziell die Familie und das teu-re Hobby ihteu-res Hannes) und Alter häßlich geworden, die alltäglichen Beziehungen der beiden Ehepartner sind roh,die kurzen Explosionen der Glücksbeschwörung er-sticken im staubigen,zermürbenden Banalen eines mittelmäßigen Oaseins. Hinzu kommt, daß der Professor ständig "Werbungskosten" erpreßt, die sich als primiti-ve Betrügereien entlarprimiti-ven. Das Stück konzentriert sich aber nicht auf die Zwei-fel Chitimias I gegenüber seinem Manager, dem Professor: der als geschäftsinte-ressierte Japaner getarnte Sohn des Hausportiers, auch ein kleiner, vorbestrafter Betrüger, kann diese possenartige Täuschung nicht vollbringen und Chitimias I Selbstbewußtsein stärken(S. 27-31). Wie ein minderwertiges Oberflächenproblem vergißt Chitimia I die mißglückte Gaunerei, um, in sich vertieft, sein eigentli-ches und wahres Problem dem Professor 2u offenbaren: sein bester freund aus der Zeit des Krieges macht ihm nächtliche Besuche. Vica hat sogar die beiden reden hören, daher ist eine Halluzination ausgeschlossen. Der Besucher ist aber vor 20 Jahren gestorben, Chitimia I war damals einziger Zeuge dieses Todes. Drei Jahre

lang hatte das Frontleben beide zu engen, unzertrennlichen Freuden gemacht. Sie hatten geschworen,jeder den anderen zu erschießen, falls einer von ihnen

lang hatte das Frontleben beide zu engen, unzertrennlichen Freuden gemacht. Sie hatten geschworen,jeder den anderen zu erschießen, falls einer von ihnen

Im Dokument nach 1945 Die rum änische Dramatik (Seite 83-90)