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Die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV in der Sicht der kantonalen Durchführungsstellen

6. Spezialfälle

Abklärung des Wohnsitzes im Kanton

Der zivilrechtliche Wohnsitz ist in der Gesetzgebung über Ergänzungs-leistungen nicht nur Anspruchsvoraussetzung, sondern zugleich auch Kriterium für die Abgrenzung der Leistungspflicht zwischen den Kan-tonen. Die Feststellung des zivilrechtlichen Wohnsitzes ist oft nicht einfach, vor allem bei Insassen von Alters- oder Invalidenheimen oder von Anstalten sowie bei getrennt lebenden Famiiliengli'edern. Die Be-gründung des zivilrechtlichen Wohnsitzes am Ort der Anstalt oder des Heimes kann für Gemeinden, in denen Anstalten ihren Sitz haben, nicht unerhebliche finanzielle Folgen haben, sofern sie sich an der Finanzie-rung der Ergänzungsleistungen der Anstaltsinsassen beteiligen müssen.

Die Unterbringung einer Person in einem Heim, einer Heil-, Erziehungs-oder Versorgungsanstalt begründet grundsätzlich keinen Wohnsitz (Art.

26 ZGB). Eine eigene Domizilbegründung am Orte einer Anstalt oder eines Heims ist aber möglich bei freiwilligem Heimeintritt und Lösung der Beziehungen zum bisherigen Wohnort sowie Begründung eines neuen Mittelpunktes der Lebensbetätigung am Sitze der Anstalt. Im Jahres-bericht von Basel-Stadt wird darauf hingewiesen, daß bei der Bestim-mung des Wohnsitzes zuweilen heikle Fragen gelöst werden müssen, z. B. wenn der Versicherte im Moment der Abklärung nur noch be-schränkt urteilsfähig ist. Wie soll da - unter Umständen nach langen Jahren - herausgefunden werden, ob dieser Versicherte seinerzeit aus freien Stücken einen neuen Wohnsitz am Anstaltsort begründet hat?

Nach Ansicht der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau wäre es am einfachsten, wenn der Kanton, in dem die Schriften deponiert sind, ohne weiteres auch für die Ausrichtung der Ergänzungsleistungen zu-ständig wäre. Gesetzmäßig wäre dies allerdings nicht.

Familiengemeinscl?aften und getrennt lebende Familien-glieder

Im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Bundesrechts und der kantonalen Erlasse wird das anrechenbare Einkommen von Ehegatten, von Personen mit rentenberechtigten oder an der Rente beteiligten Kindern sowie von zusammenlebenden Waisen zusammengerechnet.

Dementsprechend sind in solchen Fällen auch die für die einzelnen Familienmitglieder maßgebenden Einkommensgrenzen zusammenzuzäh-len. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch bei getrennt le-benden Familiengliedern die Einkommen und Einkommensgrenzen zu-sammengerechnet werden. Wie der Jahresbericht des Kantons Luzern

feststellt, werden in Anmeldungen, die von Vormündern eingereicht werden, vielfach nur die das Mündel betreffenden Angaben aufgeführt.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Familiengliedern da-gegen werden nicht erwähnt. Vor allem aber in Fällen von getrennt lebenden Ehegatten und Kindern fehlen in der Anmeldung vielfach die nötigen Angaben.

Basel-Stadt weist darauf hin, daß es sich bei tatsächlicher (nicht richterlicher) Trennung von Ehegatten als Härte erweisen kann, wenn die Ehegatten im Sinne der maßgebenden kantonalen Bestimmungen nicht als Einzelpersonen (mit separater Berechnung der Ergänzungs-leistung unter Anwendung der Einkommensgrenzen für Alleinstehende) behandelt werden können. Andererseits kann es vorkommen, daß Väter von unehelichen Kindern oder von Kindern aus geschiedener Ehe be-günstigt werden, wenn ihre Einkommensgrenzen dank der Kinder er-höht werden, die Alimente für diese Kinder aber nur sehr gering sind.

Es kann zudem Fälle geben, in welchen durch Anrechnung des Verdien-stes der Kinder oder der für diese bezahlten Alimente die Ergänzungs-leistung reduziert wird oder ganz wegfällt, obschon diese Kinder mit den Eltern (bzw. dem Elternteil:) keinen Kontakt haben, und das Einkom-men der Kinder nicht den Eltern zufließt.

Zürich weist auf Fälle hin, wo geschiedene Familienväter neben ihrer Rente noch Zusatzrenten für die geschiedene Ehefrau und die ihr zugesprochenen Kinder beziehen. Auch hier stellt die Berechnung der Ergänzungsleistung und die Berücksichtigung der maßgebenden Ein-kommen gewisse Probleme.

c. Krankheitskosten

Für die Versicherten hat sich der Abzug der Krankheitskosten (aus-gewiesene, ins Gewicht fallende Kosten für Arzt, Arznei und Kranken-pflege) als sehr nützlich erwiesen. Bei der Ermittlung und Anrechnung von Krankheitskosten können sich für die Durchführungsstellen jedoch Fragen ergeben, die nicht immer leicht zu lösen sind. Nicht selten brin-gen die Versicherten ganze Stöße von Kassenzetteln als Belege. Unter Umständen handelt es sich hier um Belege für nicht krankheitsbedingte, in der Apotheke erstandene Waren wie Kosmetika, Toilettenartikel oder um Belege von Drittpersonen. Auch die Feststellung der Krank-heitskosten bei Anstaltsinsassen ist nicht immer leicht. Häufig müssen Arztzeugnisse verlangt werden, um zu belegen, daß ein Versicherter, der sich in einem Altersheim oder einer Anstalt aufhält, wirklich beson-derer Krankenpflege bedarf. Die Erfassung der Krankheitskosten wird

zudem erschwert durch die häufigen Änderungen der Tarife von Heimen und Spitälern sowie der Leistungsansätze der Krankenkassen.

Mietzin.sabzug

Ebenso wichtig für die Versicherten wie der Krankheitskostenabzug hat

s

ich der in vielen Kantonen eingeführte Mietzinsabzug erwiesen.

Miet-zinszuschüsse von Kanton und Gemeinden werden bei der Festsetzung des Mietzinsabzuges angerechnet.

Wo der EL-Ansprecher mit weiteren volljährigen Personen oder Kindern mit Einkommen zusammen wohnt, die nicht in die Berechnung der Ergänzungsleistung einbezogen sind, wird dies bei der Festsetzung des Mietzinsabzuges angemessen berücksichtigt; ebenso wenn ein Teil der Wohnung untervermietet ist.

Verpfründungsverträge

Bei der Festsetzung der Ergänzungsleistungen sind Leistungen aus Ver-pfründungsverträgen und ähnlichen Vereinbarungen anzurechnen. Häu-fig werden Liegenschaften, Vieh, Fahrhabe, Ausbeutungs- und andere

Rechte, Wertschriften oder Ersparnisse übertragen und als Gegen-leistung wird der «Unterhalt in gesunden und kranken Tagen» ver-langt. Bei solchen Abtretungsverträgen mit Gegenleistungen zeigen sieh mannigfaltige Verhältnisse. So wird z. B. im Jahresbericht eines innershweizerischen Kantons erwähnt, daß ein Bauer die «Benützung eines Laubbettes» einbedungen hat, einer Tante mußte ein «Mansarden-zimmer» zur Verfügung gestellt werden, und anderswo haben junge Leute das vertragliche Recht «zweimal im Jahr in der Stube tanzen»

zu dürfen.

Bei der Anrechnung von Leistungen aus Verpfründungsvertrag ach-ten die Durchführungsstellen auf das Verhältnis von Leistung und Ge-genleistung. Nicht selten sind nämlich die Leistungen des Pfrundgebers größer oder kleiner als die Gegenleistung des Pfründers. Im ersten Fall muß ein Teil der Leistung als eine Form von Verwandtenunterstützung im Sinne von Artikel 328 ff. ZGB betrachtet werden, die bei der Fest-setzung der Ergänzungsleistung nicht anzurechnen ist. So mußten die Durchführungsstellen vielfach feststellen, daß die früher übertragenen geringen Vermögenswerte in keinem Verhältnis mehr zur jahrelangen Leistung und zur mittlerweilen eingetretenen Teuerung stehen. Wenn dagegen ein unverhältnismäßig großes Vermögen abgetreten, und eine zu geringe Gegenleistung erbracht wird, so muß geprüft werden, ob nicht auf Vermögenswerte zur Erwirkung von Ergänzungsleistungen verzichtet worden ist. Gegebenenfalls müssen diese Vermögenswerte

gemäß Artikel 3, Absatz 1, Buchstabe f, ELG angerechnet werden. In der Regel berechnen die Durchführungsstellen den Barwert der effektiven Pfrundleistungen - der dem Wert des abgetretenen Vermögens gegen-übergestellt wird - anhand von Barwerttafeln (z. B. Stanffer/Schätzle oder Piccard).

Strafgefangene

Mehrere Begehren um Ergänzungsleistungen wurden für Strafgefange-ne eingereicht. Die GefangeStrafgefange-nen verrichten meist Anstaltsarbeiten und erhalten dafür ein Peculium (Taschengeld). in der Regel kommt das Gemeinwesen (Kanton oder Gemeinde) ohne Rücksicht auf die finan-ziellen Verhältnisse des Strafgefangenen voll für seine Unterhaltskosten während der Strafverbüßung auf. Durchführungsstellen haben bei Straf-gefangenen die EL-Anmeldung abgewiesen mit der Begründung, daß der Wert der Arbeitsleistung zusammen mit der AHV- oder 1V-Rente die Einkommensgrenze übersteige. Nach Ansicht dieser Durchführungs-stellen kann es nicht Aufgabe einer Sozialordnung sein, Strafgefangenen aus öffentlichen Mitteln Leistungen auszurichten, die sie für den Le-bensunterhalt nicht benötigen.

Ständig wechselnde Verhältnisse

Den Durchführungsstellen machen vor allem häufig wechselnde Ver-hältnisse von Versicherten zu schaffen, soweit diese für die Bemessung der Ergänzungsleistung berücksichtigt werden müssen. Basel-Stadt weist darauf hin, daß sich besonders bei Invaliden die Verhältnisse oft ständig ändern. So sind z. B. Geisteskranke einmal hospitallsiert, bald wieder entlassen, dann sogar im Erwerbsleben tätig, zwischenhinein werden zuweilen noch die Leistungen der Krankenkassen geändert. Die Versicherten arbeiten zudem oft nur einige Wochen.