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B. Literaturübersicht

2. Die Morphologie des Spermatozoon

2.2. Das Spermatozoon - eine besondere Zelle

Bei dem Spermatozoon handelt es sich um eine kleine (50-70 µm lange), kompakte, hochspezialisierte Zelle, die der Fortpflanzung dient. Das Ziel dieser besonderen Zelle besteht darin, die Gene, das väterliche Erbgut, das sie trägt, weiterzugeben. Ihr Bauplan ist auf dieses Ziel ausgerichtet und optimiert. Das Spermatozoon muss fähig sein, die zum Erlangen der Befruchtungsfähigkeit erforderlichen, als Kapazitation zusammengefassten Reifungsvorgänge im weiblichen Genitale zu durchlaufen. Die Kapazitation befähigt die Spermatozoen zur Hyperaktivierung und Akrosomreaktion.

Bei der Akrosomreaktion handelt es sich um eine von der Zona pellucida der Eizelle ausgelöste Exozytose des Akrosoms. Durch Punktfusionen der äußeren akrosomalen und der darüber befindlichen Plasmamembran entstehen Vesikel, durch die akrosomale Enzyme freigesetzt werden. Die freigesetzten Enzyme führen zur Proteolyse der Zona pellucida, die dann ein hyperaktiviertes Spermium

penetrieren kann. Daraufhin erfolgt die Befruchtung, die Verschmelzung der männlichen und weiblichen Gamete zur Zygote. Die Abb. 1 stellt die funktionellen Kompartimente des Spermatozoon und ihre Aufgaben dar.

Akrosom

Nukleus M ittelstück

Schw anz Postakrosomale Region

M otilität Energie versorgung Fusion mit der Eizelle

Penetration der Zona pellucida

Abb. 1: Schematische Darstellung des Spermiums: Funktionelle Kompartimente des Spermatozoons (blau) und ihre Aufgaben (rot)

Das Spermatozoon zählt zu den am stärksten polarisierten Zelltypen (TÖPFER-PETERSEN u. WABERSKI 2001). ALBERTS et al. (2002) bezeichnen „typische Spermien“ als „`abgespeckte` Zellen“, denen zytoplasmatische Organellen wie Ribosomen, Endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Apparat fehlen, da diese für die Aufgabe der Spermien, die DNA des Vatertieres zur Eizelle zu bringen, nicht von Nutzen sind. Dieser außergewöhnliche Zelltyp ist fast plasmafrei. Statt dessen verfügt die Samenzelle über zwei charakteristische morphologisch und funktionell unterscheidbare Regionen, die von einer gemeinsamen Plasmamembran um-schlossen und nach außen abgegrenzt werden: Der Schwanz, der dem Spermium die aktive Bewegung zur Eizelle ermöglicht und ihm hilft, sich durch die Eihülle zu bohren, sowie den die DNA enthaltenden Spermienkopf.

Der Kopf des Spermiums ist annähernd oval, 7-10 µm lang, 4-5 µm breit und an den Seiten abgeflacht (DÖCKE at al. 1982). Der Zellkern nimmt den größten Teil des Spermienkopfes ein und besteht als Träger der genetischen Information aus hochgradig kondensiertem Chromatin (MONESI 1976). Ein wichtiger Unterschied zu

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diploiden Chromosomensatzes im Laufe der Reifeteilung nur über einen haploiden Satz (n) verfügen. Bei der Befruchtung der Oozyte entsteht durch die Vereinigung der zwei haploiden Sätze (n+n) dann wieder ein diploider Chromosomensatz (2n).

Der Zellkern weist ein deutlich kleineres Volumen auf als bei somatischen Zellen, er ist von einer äußeren und einer inneren Kernmembran umgeben. Etwa die Hälfte bis zwei Drittel des apikalen Spermienkopfes wird von der auch als Akrosom bezeichneten Kopfkappe bedeckt.

Bei dem Akrosom handelt es sich um ein modifiziertes Lysozym, das aus den Vesikeln des Golgi-Apparates entsteht. Die Kopfkappe enthält Enzyme, die für den Befruchtungsvorgang unentbehrlich sind. Bei Kontakt mit der Oozyte (Eizelle) werden diese Enzyme aktiviert. Es kommt zur Freisetzung der Enzyme, die zur kontrollierten Proteolyse der Zona pellucida führen. Das Spermium kann dann die Zona pellucida penetrieren. Schließlich ermöglicht dieser Vorgang die Verschmel-zung mit dem weiblichen Zellkern (MONESI 1976, SCHÜLKE 1991, YANAGIMACHI 1994).

Der Spermienschwanz (Geißel) enthält ein zentrales Axonem, das aus dem direkt unterhalb des Kernes gelegenen Basalkörper hervorgeht. Das Axonem besteht aus einem Filamentkomplex mit gleichartiger Struktur, einem Mikrotubulussystem mit einer 9x2 Fibrillenstruktur und ist von einer fibrinösen Hülle umschlossen. Der Schwanz gliedert sich in vier Abschnitte oder Regionen: den Hals, das Mittelstück, Haupt- und Endstück. Die Halsregion, die auch als Verbindungsstück bezeichnet wird, verbindet den Spermienkopf mit dem Mittelstück der Geißel. Dieser Teil des Spermiums ist sehr empfindlich, somit treten hier leicht Läsionen auf. Die Halsregion besteht aus einer in der Eindellung des Kernes gelegenen Basalplatte und dem peripheren, segmentierten Streifenkörper. Der Hals enthält die Zentriolen. Das Mittelstück besitzt zentral einen von einer spiraligen Mitochondrienscheide um-gebenen Achsenfaden. Die vielen Mitochondrien sind als Energielieferanten hier strategisch sehr günstig gelegen, da sie die Geißel besonders gut mit ATP versorgen können. Die Mitochondrienscheide ermöglicht die lichtmikroskopische Abgrenzung vom sich anschließenden Haupt- und Endstück. Am Übergang zum Hauptstück befindet sich der sog. Schlussring. Das Hauptstück bildet den längsten Abschnitt der

Geißel. Es setzt sich aus einem Achsenfaden und Begleitfasern zusammen, die von einer fibrillären Hülle umgeben sind. Das Endstück weist im Gegensatz zum Hauptstück weder Begleitfasern noch eine Fibrillenscheide auf. Der Achsenfaden ist nur von dem Plasmalemm umgeben (SETCHELL 1982, SCHNORR 1996). Die Morphologie des Spermatozoon ist zur Veranschaulichung in der Abb. 2 dargestellt.

Die Geißel ist für die Fortbewegung und die Penetration der Eizelle von großer Bedeutung. Die aktive Bewegung entsteht durch das Gegeneinanderschieben von zwei benachbarten Mikrotubulipaaren.

Die einzelnen Abschnitte der Plasmamembran werden nach der zu umhüllenden Region verschieden benannt.

Mit dem Eintritt in die Geschlechtsreife beginnen in den Samenkanälchen zyklisch ablaufende Samenbildungsprozesse, vorher unterliegen die männlichen Keimzellen einem Meioseblock (TÖPFER-PETERSEN u. AURICH 2000). Die Vermehrung der Spermatogonien findet in drei Phasen, der Vermehrungs-, Wachstums- und Reifungsperiode, statt. In ihrem Verlauf entstehen aus den Spermatogonien über die Stufe der Spermatozyten I. und II. Ordnung Spermatiden. In Bezug auf die morphologische Betrachtung des Spermiums ist v.a. der letzte Abschnitt der Samen-zellbildung, die Spermiogenese, interessant, da sich während dieser Differenzierungsperiode aus runden Spermatiden die Spermien entwickeln und die baulichen Besonderheiten entstehen. In der aus vier Stufen (Golgi-, Kappen-, Akrosom- und Reifephase) bestehenden Spermiogenese kommt es zur Ausbildung des Akrosoms, Umgestaltung des Zellkerns und Entwicklung der Geißel. Der Hauptteil des Zytoplasmas mit Golgi-Apparat, Lipidtropfen und Ribosomen wird eliminiert (SCHNORR 1996).

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Abb. 2: Schematische Darstellung der Ebersamenzelle (nach GADELLA 1994)

A. Querschnittdarstellung des Spermiums

B. Regionen der Plasmamembran der Spermienzelle (Darstellung der Oberfläche) C. Akrosomreaktion

Alle durchgezogenen Linien stellen die Membrandoppelschichten dar:

1. Plasmamembran, 2. äußere akrosomale Membran, 3. akrosomale Flüssigkeit, 4. innere akrosomale Membran, 5. Kernhülle, 6. Kern, 7. Kernring und Manschette, 8. Mitochondrien, 9. proximaler Teil des Flagellums, 10. Schlussring, 11. distaler Teil des Flagellums, 12. Fibrillen, 13.–16. bezeichnen die Segmente der Plasma-membran: 13. Apikalsegment, 14. Prääquatoriales Segment, 15. Äquatoriales Segment, 16. Postäquatoriales Segment, 17. Vesikel, die während der Akrosom-reaktion durch Fusion der Plasmamembran mit der äußeren akrosomalen Membran gebildet werden

3. Physiologie der Samenzelle