• Keine Ergebnisse gefunden

Spektrale Signatur der induzierten Absorption

Zwei-Farben-Anrege-Abfrage-Experimente in Graphen

5.2.2. Spektrale Signatur der induzierten Absorption

Anrege-Abfrage-Signale in Graphen sind direkt mit der Absorptionsänderung und damit auch direkt mit der Ladungsträgerbesetzung im Leitungsband verbunden (vgl. Abschnitt 3.5). Aus einer Analyse der spektralen Signatur, können somit Rückschlüsse auf die vorherrschende Ladungsträgerverteilung gezogen werden [Bre11, Bri13].

In Abbildung 5.6 sind die Ergebnisse bei hoher und niedriger Anregungsdichte als Funktion der Abfrage-Photonenenergie dargestellt. Die verschiedenen Abschnitte der Graphik enthalten Schnitte bei ausgewählten Verschiebezeiten td. Unmittelbar nach der Anregung (td = 13 fs) liegt jeweils für niedrige Photonenenergien induzierte Transmission vor, welche zu höheren Energien abfällt. Im Fall der hohen Anregungsdichte tritt bei 2.12 eV und im Fall der niedrigen Anregungsdichte bei 2.07 eV ein Vorzeichenwechsel auf. Bereits nach weiteren 10 fs verschiebt sich die Verteilung zu niedrigeren Energien und der Nulldurchgang liegt bei 2.07 eV bzw.

1.92 eV. Lediglich im Fall der hohen Ladungsträgerdichte kann der Verlauf des Nulldurchgangs für zunehmende Verschiebezeiten weiter verfolgt werden. Die zugehörigen Photonenenergi-en sind in der Abbildung vermerkt. Bei niedriger Anregung (Teil b)) liegt 54 fs nach der Anregung bereits bei allen Abfrage-Energien induzierte Absorption vor. Nach 100 fs hat sich die spektrale Verteilung wiederum verändert. Der Verlauf der induzierten Absorption ist umgekehrt und das größte Signal liegt bei niedrigen Photonenenergien vor. Zu späteren Verschiebezeiten bleibt die Form der Verteilung erhalten, lediglich die Amplituden verringern sich weiter. Das selbe Verhalten, mit schwächerer Ausprägung ist ebenfalls in den Ergebnissen bei hoher Anregungsdichte (Teil a)) enthalten. Die eingezeichneten schwarzen Linien dienen einerseits als Hilfe, den Trend der spektralen Verteilung besser sichtbar zu machen, und stellen andererseits angepasste Funktionen eines nachfolgend dargelegten Erklärungsversuches dar.

In Graphen folgt die negative Transmissionsänderung direkt aus einer Änderung der Ab-sorption und diese ist wiederum mit einer Änderung des Realteils der Leitfähigkeit ∆σ(1) verknüpft (vgl. Gleichung 3.12):

−∆T

T ≈∆a= ∆σ(1)· 4π

c·0. (5.4)

Die Anregung von Ladungsträgern ins Leitungsband reduziert die Interbandübergangs-wahrscheinlichkeit aufgrund der steigenden Ladungsträgerbesetzung und des Pauli-Prinzips.

Dies wird durch die Interbandleitfähigkeit σinter(1) ausgedrückt. In der Arbeit von Malard et al. [Mal13a] erfolgt die Beschreibung der Leitfähigkeit anhand eines zusätzlichen Terms, welcher Intrabandprozesse enthält. Freie Ladungsträger im Leitungsband absorbieren dabei ein Photon unter der Emission oder Absorption eines Phonons [Kad14]. Geht man von der linearen Dispersion am K-Punkt (vgl. Gl. 3.4) aus, beträgt der benötigte Impuls 3.3 nm−1, den beispielsweise ein optisches Phonon aufnehmen muss, um die Absorption eines Photons mit 2 eV Photonenenergie zu ermöglichen. Dies entspricht einem Phonon in der Nähe der des

5.2. Ergebnisse

Abbildung 5.6.: Relative Transmissionsänderung in Graphen nach Anregung mit Impulsen bei 1.64 eV Photonenenergie für ausgewählte Verschiebezeiten td als Funktion der Abfrage-Photonenenergie.

a) hohe Anregungsdichte (n=1.14·1013cm−2) b) niedrige Anregungsdichte (n=1.50·1012cm−2).

5 0 0 1 0 0 0 1 5 0 0 2 0 0 0

Abbildung 5.7.: Realteil der optischen Leitfähigkeit σ(1) a) als Funktion der elektronischen Temperatur. Simulation der Intraband und Interband Beiträge zur Leitfähigkeit sowie der Gesamtleitfähigkeit (Total) für verschiedene Abfrage-Photonenenergien nach dem Modell von Malard el al. [Mal13a] mit einer Streurate von Γ = 30 meV. b) Darstellung der Simulationsergebnisse als Funktion der Abfrage-Photonenenergie für eine feste elektronische Temperatur.

Γ-Punktes. Die Beiträge zur Leitfähigkeit durch Interband- und Intrabandprozesse lauten:

σ(1)intra = 8 ln 2

Dabei wird angenommen, dass die Ladungsträgerverteilung bereits thermalisiert ist und die Temperatur Tel besitzt. ~ω beschreibt die Photonenenergie und Γ eine phänomenologische Streurate in Einheiten der Energie. Im Experiment werden die Änderungen der Leitfähigkeit zwischen Raumtemperatur (300 K) und der aktuellen Temperatur der Elektronen betrachtet:

σ(1) = ∆σ(1)intra+ ∆σinter(1) . (5.6) Die Anhand der Gleichungen 5.5 berechnete Leitfähigkeit ist in Abbildung 5.7 a) als Funktion der elektronischen Temperatur dargestellt. In Einheiten der universellen Leitfähigkeit und für eine Abfrage-Photonenenergie von Eprobe = 1.7 eV fällt die Interbandleitfähigkeit hyperbo-lisch mit der Temperatur und ist zu jeder Zeit ≤ 0. Dagegen führt der Intrabandanteil zur Erhöhung der Leitfähigkeit und steigt linear mit der Temperatur an. Im Modell folgt dies direkt aus der Ladungsträgerbesetzung im Leitungsband, welche durch die optische Anregung erzeugt wird. Es wird eine konstante Streurate von Γ = 30 meV angenommen. Bei geringen Temperaturen dominiert der Intrabandanteil und wird erst bei höheren Temperaturen vom Interbandterm übertroffen. In der Summe (durchgezogene Linien) ergibt sich daher ein Vorzei-chenwechsel, welcher sich mit steigender Abfrage-Photonenenergie bei höheren Temperaturen einstellt. Die Anrege-Abfrage-Spektren in Abbildung 5.6 besitzen eine feste elektronische Temperatur zu gegebener Verschiebezeit td. Abbildung 5.7 b) zeigt die Berechnung deshalb als Funktion der Photonenenergie für eine mittlere Temperatur von 1500 K. Eine zweite Ordinatenachse gibt die erwartete Änderung der Absorption an. Es zeigt sich verminderte

5.2. Ergebnisse

Abbildung 5.8.: Angepasste Parameter (oben: elektronische Temperatur, unten: Streurate) zur Beschreibung der Leitfähigkeitsänderung in Abbildung 5.6 mit dem Modell nach den Gleichungen 5.5.

a) für hohe Anregungsdichte und b) für niedrige Anregungsdichte.

Absorption bei niedrigen Photonenenergien und ein Wechsel zu erhöhter Absorption mit steigender Photonenenergie. Um das Modell an die experimentellen Daten anzupassen, werden für jede Verschiebezeit in Abbildung 5.6 die elektronische Temperatur sowie die Streurate angepasst. Die Ergebnisse sind bereits in der Abbildung als schwarze Linien eingezeichnet und beschreiben die Anrege-Abfrage-Spektren quantitativ, ohne dass weitere Korrekturen oder Skalierungsfaktoren benötigt werden. Die Darstellung der angepassten Parameter (Abb. 5.8) zeigt ein konsistentes Bild. Nach der Anregung einer hohen Ladungsträgerdichte ergeben sich hohe elektronische Temperaturen von anfangs 2500 K. Anschließend kühlt die Verteilung durch Phononen-Streuprozesse ab. Die zugehörige Streurate fällt mit der elektronischen Tem-peratur – ein Phänomen, das ebenfalls in der Arbeit von Malard et al. beobachtet wird. Nied-rige Anregungsdichten (Abb. 5.8 b)) führen zu einer deutlich geringeren elektronischen Tem-peratur und geringeren Streurate. Der ungleichmäßige Verlauf der Streurate ist vermutlich den starken Vereinfachungen des Modells geschuldet. Bis die Nichtgleichgewichtsverteilung nach der Anregung mittels fs-Impulsen ein thermisches Gleichgewicht erreicht, vergehen etwa 50 fs. Das Modell nimmt dagegen zu jeder Zeit eine thermalisierte Verteilung mit eindeutiger Temperatur an. Zusätzlich werden Vielteilchenwechselwirkungen zwischen den Elektronen und die Dotierung der Schicht vernachlässigt.

Ein zweiter Erklärungsversuch rückt gerade diese Vielteilcheneffekte in den Fokus. Experi-mente mit statischer Dotierung zeigen, dass Abschirmung zwischen Ladungsträgern direkten

Einfluss auf die Fermigeschwindigkeit und damit auf die Dispersion der Ladungsträger be-sitzen [Sie13]. Hohe Dotierdichten reduzieren die Fermigeschwindigkeit und modifizieren auf diese Weise die Bandstruktur. Es ist demzufolge wahrscheinlich, dass eine transiente Ladungs-trägerverteilung, wie sie durch optische Anregung entsteht, ebenfalls zu einer Renormierung der Bandstruktur führt. Bei gegebener Energie erhöht sich dadurch die Zustandsdichte und die Wahrscheinlichkeit für Interbandabsorption bei dieser Energie steigt. Eine genaue Analyse der dynamischen Abschirmung steht aus und könnte wertvolle Hinweise zum Verständnis der beobachteten Transmissionsänderung liefern.

5.2.3. Abhängigkeit von der Ladungsträgerdichte

Aufgetragen ist in Abbildung 5.9 die relative Transmissionsänderung, ausgewertet bei einer Verschiebezeit vontd= 700 fs und bei einer Abfrage-Photonenenergie von 2.17 eV als Funktion der angeregten Ladungsträgerdichte. Das Anrege-Abfrage-Signal ist hier vollständig durch den negativen Anteil der induzierten Absorption bestimmt. Dargestellt sind Messwerte der Graphenprobe auf einer dünnen SiO2-Membran (blaue Punkte) sowie einer Graphenprobe auf einer dünnen Siliziumnitrid-Membran (Ni3N4, rote Quadrate). Mit steigender Ladungs-trägerdichte nehmen die Signale zu, wobei die Zunahme der Anregungsdichte um eine Größen-ordnung ebenfalls die Transmissionsänderung um etwa eine GrößenGrößen-ordnung anwachsen lässt.

Sowohl die Beschreibung über Absorption durch freie Ladungsträger wie auch die statische Dotierung sagen einen zunehmenden Einfluss als Funktion der angeregten Ladungsträger-dichte voraus.

1 0 1 0 0

0 . 2 0 . 4 0 . 6 0 . 8 1 . 0

1 . 2 o n S i O 2

o n S i3N 4

−∆T/T (10-4 )

F l u e n c e F ( µ J / c mtd = 7 0 0 f s2) E p h = 2 . 1 7 e V

1 0 1 2 1 0 1 3

C a r r i e r d e n s i t y n ( c m - 2)

Abbildung 5.9.: Relative Transmissionsände-rung in Graphen als Funktion der Anregungs-dichte in der Fokalebene F, bzw als Funk-tion der angeregten Ladungsträgderdichte n.

Ausgewertet bei der Abfrage-Photonenenergie 2.17 eV und einer Verschiebezeit von 700 fs.