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Sozialräumliche Verteilung der Freiflächenversorgung in Berlin

Socio-spatial distribution of green spaces in Berlin

Birgit Kleinschmit, Gesa Geißler, Hendrikje Leutloff

Einleitung

Freiflächen gelten im Allgemeinen als unbebaute Flä chen mit hohem Grünanteil im urbanen Bereich.

Um erholungswirksam zu sein, müssen sie öffent-lich zugängöffent-lich und mögöffent-lichst vielfältig nutzbar sein. Dazu zählen neben großen Grünflächen auch Park-, und landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie Stadtplätze, Friedhöfe, Baumschulen, Sport- und Frei-zeitanlagen (SenStadt 2008). Freiflächen haben die Funk tion der Regenerations- und Erholungsflächen für die Bevölkerung (Köckler et al. 2008). Gerade in-nerhalb von Städten haben solche Flächen eine hohe Bedeutung für die Klimaverbesserung, den Lärm-schutz, die Naherholung und das Ortsbild. Neuere Stu-dien belegen außerdem die positiven Wirkungen von Freiflächen auf die Gesundheit und das psychische Wohlbefinden der Bevölkerung (Ellaway et al. 2005;

Groenewegen et al. 2006; Mitchell, Popham 2008).

Methodik

Im Rahmen des Berliner Modellvorhabens zu Umweltgerechtigkeit wurden zur Bewertung der Freiflächenversorgung (FFV) zwei standar-disierte Parameter vom Land Berlin verwendet:

die Freiflächenversorgungsanalyse und der Ent-wicklungsindex (EI) (SenStadt 2009; siehe Beitrag S. 21). Die FFV macht die Versorgung ei nes Gebietes mit Grün- und Freiflächen deutlich. Freiflächen sind Flächen mit einer Größe von min destens 0,5 ha, die in einem Umkreis von etwa 500 m zum Wohnort liegen.

Die FFV-Analyse berücksichtigt nicht die Qualität der Flächen, aber Flä chen größe, Flächenform, Zugänglichkeit sowie Lärm- und Luftbelastung.

In Berlin gilt als Richtwert zur FFV, dass jedem Einwohner und jeder Einwohnerin (EW) 6 m² woh-nungsnahe Frei flächen zur Verfügung stehen sollten (SenStadt 2009). Nach diesem Versorgungsrichtwert sind die einzelnen Planungsräume (PLR) in vier Kategorien eingeteilt (Tabelle 1).

Ergebnisse

Die räumliche Verschneidung von FFV und Ent wick-lungsindex (EI) auf Ebene der Planungsräume (PLR) lässt einen Zusammenhang zwischen der Versorgung

mit Freiflächen und der sozialen Situation der Be-völkerung eines PLR erkennen. So weisen 17 % al-ler PLR (78 PLR) sowohl einen hohen EI als auch ei ne sehr hohe Versorgung mit Freiflächen auf.

Von den insgesamt 87 PLR mit einem hohen Ent-wicklungsindex haben etwa 90 % auch eine hohe Ver-sorgung mit Freiflächen. Kaum ein PLR mit einem hohen EI ist dagegen niedrig oder sogar sehr nied-rig versorgt. Lediglich ein PLR hat ei nen EI von 1 (hoch) und eine FFV der Kategorie 4 (niedrig). 22 der insgesamt 43 PLR (ca. 51 %) der nied rigsten EI-Kategorie (4) weisen eine sehr niedrige (4) bis nied-rige (3) und nur etwa 49 % eine mittlere (2) bis hohe (1) FFV-Versorgung auf (Abbildung 1).

Im Ergebnis zeigt sich, dass es in Berlin vor allem im Innenstadtbereich ein Defizit an Freiflächen gibt, wel ches sich teilweise bis in die südlich (Tempelhof-Schöne berg) und nördlich (Mitte, Pankow) angren-zenden Gebiete erstreckt. In diesen Gebieten gibt es tendenziell mehr PLR mit Bewohnerinnen und Be-wohnern, die einen geringeren sozialen Status ha-ben. Am Stadtrand, der durchschnittlich eine sehr gute Ver sorgung mit Freiflächen aufweist, verzeichnen die PLR einen eher hohen sozialen Status. Lediglich die Großwohnsiedlungen in Marzahn, Hellersdorf und Gropiusstadt weichen hiervon ab und sind durch einen niedrigen sozialen Status gekennzeichnet (Abbildung 2).

Tabelle 1: Versorgungsklassen der FFV-Analyse (SenStadt 2009).

Kategorie Einschätzung Freifläche [m²/EW]

1 hoch / sehr hoch (versorgt /

gut versorgt) > 6,0

2 mittel (unterversorgt ≤ 6,0 – 3,1

3 niedrig (schlecht versorgt) 3,0 – 0,1 4 sehr niedrig (nicht versorgt /

stark unterversorgt) < 0,1

Bei der Betrachtung der jeweils betroffenen Bevöl-kerung zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei der Verteilung der PLR. Allerdings ist die soziale Un-gleichverteilung der Bevölkerung auf Gebiete mit gu ter und schlechter FFV deutlicher. Rund 16 % der Berliner Bevölkerung leben in einem PLR mit hohem so zialen Status, der gleichzeitig eine hohe FFV hat.

Null Prozent der Bevölkerung lebt in einem PLR, der zwar einen hohen EI, aber nur eine niedrige FFV auf-weist. Im Gegensatz dazu leben 9 % der Bevölkerung in einem PLR mit einem niedrigen bis sehr niedri-gen EI, der gleichzeitig niedrig bis sehr niedrig mit Freifl ächen versorgt ist.

Fazit

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Menschen in Planungsräumen (PLR) mit einem sehr hohen Ent wicklungsindex (EI) eher sehr gut oder gut mit Freiflächen versor gt sind. Andersherum betrachtet ist ein sehr niedriger EI nicht unbedingt zwingend mit einer schlechten Freiflächenversorgung verbun-den. Insgesamt sind diese Gebiete aber überdurch-schnittlich durch schlechte Freiflächenversorgung ge kennzeichnet. 51 % der PLR mit einem sehr rigen oder niedrigen EI haben niedrige bis sehr nied-rige FFV gegenüber 1 % PLR mit ho hem EI.

Gesamtstädtisch lässt sich somit eine leichte sozi-alräumliche Ungleichverteilung der FFV auf Ebene der PLR feststellen. Es können eindeutig PLR iden-tifiziert werden, die einerseits durch ein mangelndes Freiflächenangebot gekenn zeichnet sind und ande-rerseits einen niedrigen EI aufweisen.

Literatur

Ellaway A, Macintyre S, Bonnefoy X (2005): Graffiti, greenery, and obesity in adults: secondary analysis of European cross sec-tional survey. In: Br Med J, 331: 611-2.

Groenewegen PP, van den Berg AE, de Vries S, Verheij RA (2006): Vitamin G: effects of green space on health, well-being, and social safety. In: BMC Public Health 6: 149. DOI:

10.1186/1471-2458-6-149.

Köckler H, Katzschner L, Kupski S, Katzschner A, Pelz A (2008): Umweltbezogene Gerechtigkeit und Immissionsbelas-tungen am Beispiel der Stadt Kassel. Center for Environmental Systems Research, CSER–Paper 1, Kassel University press.

Kassel.

Mitchell R, Popham F (2008): Effect of exposure to natural en-vironment on health inequalities: an observational population study. In: Lancet, 372: 1655-60.

SenStadt (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung) (Hrsg.) (2008): Kartenbeschreibung 06.02 Grün- und Freiflächenbe-stand (Ausgabe 2008).

SenStadt (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung) (Hrsg.) (2009): Kartenbeschreibung 06.05 Versorgung mit Grün- und Freiflächen (Ausgabe 2009).

Kontakt

Prof. Dr. Birgit Kleinschmit Technische Universität Berlin

Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung Geoinformationsverarbeitung in der Landschafts- und Umweltplanung

Straße des 17. Juni 145 10623 Berlin

E-Mail: birgit.kleinschmit[at]tu-berlin.de Abbildung 1: Anzahl der PLR nach Freiflächenversorgung (FFV) und Entwicklungsindex (ngesamt= 431).

Abbildung 2: Freiflächenversorgung und Entwicklungsindex (Bearbeitungsstand März 2011).