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Seminare für den Bereich Strafjustiz

7.4.1 Konfrontation mit Straftaten im Kontext häuslicher Gewalt Alle 37 Teilnehmenden wurden im Rahmen ihrer Tätigkeit mit Straftaten im Kontext häuslicher Gewalt konfrontiert (§§ 223 ff. StGB, § 241 StGB). 16 Befragte gaben an, dass häusliche Gewalt ein häufiges Problem in ihrer Arbeit sei. Fast gleich viele Seminarteilnehmer/innen (17) meinten, dies käme immer mal wieder vor. Nur vier Teilnehmende wurden eher selten mit entsprechenden Fällen konfrontiert.

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Einschätzung der Häufig-keit entsprechender Fälle waren nicht ersichtlich.

7.4.2 Präferenzen strafrechtlicher Maßnahmen im Kontext häuslicher Gewalt

Die Teilnehmenden wurden gefragt, welche Vorgehensweise sie in Fällen häuslicher Gewalt für sinnvoll erachten.

Drei Viertel der Strafrechtler/innen (27) hielten die Einrichtung von Son-derzuständigkeiten für häusliche Gewalt für sinnvoll, sechs hatten Be-denken und drei Richter/innen waren dagegen. Frauen befürworteten Sonderzuständigkeiten deutlich häufiger als ihre Kollegen.

Eine Anklageerhebung und die Durchführung einer Hauptverhandlung auch in Fällen einfacher Körperverletzung vor dem Hintergrund

34 Die Frage wurde u.a. deshalb gestellt, um zu erfassen, ob die teilnehmenden Erfahrung beim Zivilgericht und damit z.B. mit Schutzanordnungen oder Scheidungsverfahren haben.

cher Gewalt hielt ebenfalls die große Mehrheit der Befragten für sinn-voll. Hier zeigten sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede.

Die Frage nach der geeigneten rechtlichen Maßnahme zur Sanktionie-rung wurde recht einhellig beantwortet: Verurteilung zu einer Freiheits-strafe, Strafaussetzung zur Bewährung, Weisung zur Teilnahme an ei-nem sozialen Trainingskurs für Täter, das war die sanktionierende Maßnahme, die die Teilnehmenden bevorzugten. Alle Frauen sprachen sich für diese Maßnahme aus, aber auch fast alle Männer. Andere Möglichkeiten wie außergerichtlicher Tatausgleich, Bewährungsstrafe ohne Auflagen oder Freispruch mit der Empfehlung, eine Familienthe-rapie aufzusuchen, fanden nur vereinzelt Zustimmung. Geldstrafen er-schienen niemandem als geeignet.

Die Weisung in soziale Trainingskurse als Bewährungsauflage wurde auch als die wirkungsvollste Maßnahme zur Verhinderung weiterer Ta-ten eingeschätzt. Über drei Viertel der BefragTa-ten waren dieser Ansicht.

Frauen betonten diesen präventiven Effekt etwas stärker als Männer.

Die von BIG entwickelten Strategien schätzten bis auf zwei alle Be-fragten als eine realistische Möglichkeit zur langfristigen Verminderung dieser Delikte ein. Frauen äußerten sich hier entschiedener als Männer.

Bezogen auf die Berufsgruppen waren die Staatsanwälte besonders von diesen Strategien überzeugt. Zwei Richter äußerten sich eher skeptisch, völlig abgelehnt wurden sie von niemandem.

7.4.3 Situation des Opfers im Strafverfahren

Die Teilnehmenden wurden auch danach befragt, was Opfer häuslicher Gewalt als Zeuginnen in einem Verfahren ihrer Einschätzung nach am ehesten brauchen.

Die weitaus meisten sprachen sich für ein besonders sensibles Vorge-hen bei der Vernehmung bzw. für das Angebot psychosozialer Unter-stützung aus. Danach wurden Aufklärung über juristische Fragen und den Verlauf des Verfahrens genannt, gefolgt von der Meinung, dass diese Zeuginnen des besonderen Schutzes bedürfen. Dabei maßen die teilnehmenden Männer der Schutzbedürftigkeit einen höheren Stellen-wert bei als die Seminarteilnehmerinnen.

Tabelle 41: Was braucht die Zeugin? Rangfolge und Nennungen nach Geschlecht

(Mehrfachnennungen waren möglich)

Angebot an die Zeugin Männer Frauen gesamt Sensible Vernehmung 1 (16) 2 (17) 1 (33) Psych. Unterstützung 2 (12) 1 (18) 2 (30) Juristische Aufklärung 2 (12) 3 (15) 3 (27) Besonderer Schutz 2 (12) 4 (11) 4 (23) Keine Sonderstellung 3 (3) 5 (2) 5 (5) Darüber, dass eine sensible Vernehmung erforderlich ist, waren sich beide Geschlechter und alle Berufsgruppen grundsätzlich einig. Nur die Richter kreuzten dies nicht zu 100 % an, wahrscheinlich gehen sie da-von aus, selbst immer korrekt zu vernehmen. Richter/innen sahen – vielleicht aus ähnlichen Gründen – auch verhältnismäßig seltener die Notwendigkeit für juristische Aufklärung und psychosoziale Unterstüt-zung. Und es waren fast nur Richter/innen, die meinten, diese Zeugin-nen sollten keine Sonderstellung bekommen.

Über 90 % der Befragten hielten die Weitergabe von Informationen über Beratungsstellen und Frauenhäuser an die Zeugin für sinnvoll und fast 90 % sprachen sich für die Information der Zeugin über zivilrechtliche Schutzanordnungen aus.

Dass hier die Informationen zu Frauenhäusern zu über 90 % - und ver-hältnismäßig häufiger von Seminarteilnehmerinnen – genannt wurde, widerspricht allerdings etwas den vorhergehenden Antworten hinsicht-lich der besonderen Schutzbedürftigkeit, die von ethinsicht-lichen Befragten als nicht vorrangig angesehen wurde. Allerdings kann es sein, dass Infor-mation zu Frauenschutzeinrichtungen bei häuslicher Gewalt grundsätz-lich als unverzichtbar angesehen werden.

7.4.4 Informationsbedarf und Resümee der Teilnehmenden (Strafrecht)

Fast alle Teilnehmenden (36), unabhängig von Beruf oder Geschlecht, hielten mehr Informationen zum Thema für wichtig und wünschten sich weitere Fortbildungen. 16 Befragte sprachen sich für die Aufnahme der Thematik häusliche Gewalt in das Studium aus.

Die Teilnehmenden bevorzugten mehrtägige Seminare. Die meisten Befragten – vor allem Frauen – wünschten sich mehr Zeit für Diskussi-on. Bei den Richtern war das Diskussionsbedürfnis nicht so ausgeprägt.

Die Teilnehmenden wurden auch gefragt, wie sie die Rollenspiele und Gesprächsübungen im Seminar erlebt hatten. Diese Methode wurden von drei Fünfteln der Befragten geschätzt, wenn sie auch als „unge-wohnt, aber positiv“ erlebt wurde. Frauen betonten eher die damit ver-bundene gute Möglichkeit, sich in jemand anderen hineinzuversetzen, Männer eher das Ungewohnte an den Rollenspielen.

Fast alle Seminarteilnehmer/innen (33) antworteten auf die offenen Frage, was für sie das Wichtigste an diesem Seminar gewesen sei. Etli-che nannten mehrere für sie wichtige Aspekte. Die Antworten wurden von uns zu den in folgender Tabelle aufgelisteten Kategorien zusam-mengefasst.

Tabelle 42: Das Wichtigste am Seminar: Nennungen nach Geschlecht

(Mehrfachnennungen)

Kategorie Nennungen

Männer Nennungen

Frauen gesamt Neue Erkenntnisse und

Informationen

3 8 11

Verständnis für die Zeugin gewonnen

3 5 8

Austausch und Diskussion 5 3 8

Sensibilisierung für das Thema 3 4 7

Einschätzung der Gefährlichkeit 3 1 4

Konkrete Anregungen für die Praxis

1 2 3

Rollenspiel/Gesprächsübung 1 2 3

Information zum Täterverhalten - 2 2

Richter/innen nannten am seltensten den Gewinn neuer Erkenntnisse und gaben auch nur selten an, mehr Verständnis für die Zeugin gewon-nen zu haben. Aber sie hatten am häufigsten Information bezüglich der Einschätzung der Gefährlichkeit der Täter erhalten.