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3.3 Segmentierung

3.3.3 Segmentierungskriterien

Zur Abgrenzung oder Aufteilung eines Gesamtmarktes in abgrenzbare Teilmärkte be-darf es Kriterien, die eine intern homogene, jedoch extern heterogene Segmentabgren-zung und -beschreibung ermöglichen (MEFFERT 2000, S. 186). Zur Systematisierung können sie vier Gruppen zugeordnet werden, wobei zwischen geografischen, soziode-mografischen, psychografischen und verhaltensbezogenen Segmentierungskriterien differenziert wird.

3.3.3.1 Geografische Kriterien

Werden die Zielgruppen hinsichtlich ihrer lokalen Zuordnung untersucht, muss der Markt in geografische Gebiete (Nielsen-Gebiete, Städte, Länder, etc.) aufgeteilt wer-den. Die Anwendung dieser Segmentierung ist dann besonders bedeutsam, wenn re-gionale Unterschiede innerhalb eines Landes, wie beispielsweise die „Weißwurst-Grenze“ in Deutschland, berücksichtigt werden sollen (vgl. KOTLER / BLIEMEL 2001, S. 432). So variiert neben dem Geschmack häufig auch die Konsumhäufigkeit und Ver-wendungsintensität innerhalb der verschiedenen Regionen, was auch am Beispiel des Weinkonsums gezeigt werden kann (DEUTSCHES WEININSTITUT 2004b, S. 16). Das divergierende Verhalten kann durch ein unterschiedliches soziokulturelles Umfeld und einer damit einhergehenden Stellung bestimmter Produkte im Nachfragebündel der Konsumenten bestimmter Regionen erklärt werden.

3.3.3.2 Soziodemografische Kriterien

Um die persönlichen Unterschiede der Konsumenten abbilden und entsprechend be-rücksichtigen zu können, bedarf es der Anwendung von soziodemografischen Kriterien.

Diese lassen sich in demografische und sozioökonomische Merkmale unterscheiden.

Zu ersteren zählen bspw. Alter, Geschlecht, Familienstand und Kinderanzahl, wohin-gegen das Einkommen, der erlernte Beruf sowie die Ausbildung den sozioökonomi-schen Kriterien zugeordnet werden können (MEFFERT 2000, S. 192 f.). Die häufige Verwendung dieser Kriterien im Rahmen der Segmentierung kann zum einen auf die hohe Korrelation zwischen ihnen und den entsprechenden Kundenpräferenzen zurück-geführt werden, zum anderen darauf, dass sie lange Zeit die bekanntesten waren so-wie am leichtesten anwendbar sind (BEREKOVEN / ECKERT / ELLENRIEDER 1991, S.

230; GFK SONDERDIENST 1971, S. 49 f.). HOWARD und SHETH (1969, S. 70) ha-ben jedoch gezeigt, dass es problematisch ist, von der Zugehörigkeit zu einer demo-grafischen Gruppe Rückschlüsse auf deren Produktpräferenzen zuzulassen, da sie nur selten mit einheitlichen, eindeutig ableitbaren Verhaltensmustern einhergeht. Die Seg-mentierung, basierend auf soziodemografischen Kriterien, ist trotzdem von Interesse, da es sowohl Konsum- wie auch Gebrauchsgüter gibt, die nahezu ausschließlich für bestimmte Alters-, Geschlechts- oder Berufsgruppen in Frage kommen (KÖHLER 1972, S. 332).61 Darüber hinaus sind die soziodemografischen Merkmale für eine Marktpotenzialschätzung unerlässlich (GFK-SONDERDIENST 1969, S. 108).

3.3.3.3 Verhaltensbezogene Kriterien

Die verhaltensbezogenen Kriterien werden häufig angewandt, da sowohl geografische als auch soziodemografische Kriterien – selbst bei mehrdimensionaler Erfassung – meist eine relativ geringe prognostische Relevanz für das Kaufverhalten aufweisen (CRONE 1977, S. 67). Die Kriterien des beobachtbaren Verhaltens spiegeln hingegen das Ergebnis des Kaufentscheidungsprozesses wider und können somit als Basis für zukünftiges Kaufverhalten angesehen werden (MEFFERT 2000, S. 208). Sie lassen sich fünf Gruppen zuordnen:

Die produktbezogenen Merkmale beinhalten unter anderem die Kriterien der Produkt- und Markenwahl, der Markentreue, der Konsumintensität sowie der bevorzugten

61 So wird Baby-Nahrung eher von Familien mit Kleinkindern gekauft, wohingegen junge Erwachsene ohne Kinder in der Regel an diesem Produkt kein Interesse zeigen. Im Gegenzug dazu neigt letztere Gruppe eher zu einem sportlichen Zweisitzer anstelle eines Familienwagens.

kungsgröße. Die Aussagen bezüglich des Mediennutzungsverhaltens sowie der Anzahl und Art der genutzten Medien werden im Informations- und Kommunikationsverhalten subsumiert, wohingegen die Reaktionen auf Preis- und Qualitätsänderungen den Ver-haltensänderungen auf Grund von Marketing-Maßnahmen zugeordnet werden können.

Darüber hinaus lassen sich Einkaufs- und Verwendungsverhalten unterscheiden. Wäh-rend ersteres die Betrachtung der Einkaufshäufigkeit oder die Wahl der Einkaufstätte umfasst, werden Verwendungsart und -intensität dem Verbrauchsverhalten zugeordnet (BÖHLER 1977, S. 117; MEFFERT 2000, S. 208-210; BLATTBERG / SEN 1974, S. 18 f.;

FRANK / MASSY / WIND 1972, S. 68-77).

Auch wenn die verhaltensbezogenen Kriterien62 das Kaufverhalten an sich ebenso un-zureichend erklären können wie die soziodemografischen Kriterien, geben sie „[...] je-doch Anhaltspunkte über die Verhaltensstruktur des Käufersegments und hierüber wiederum Hinweise auf den Einsatz und die Wirkungsweise entsprechender Marketing-Instrumente“ (FLEUCHHAUS 1995, S. 20).

3.3.3.4 Psychografische Kriterien

Die Segmentierung mittels psychografischer Kriterien wird auch als moderne Markt-segmentierung verstanden (BECKER 1992, S. 231). Der zentrale Gedanke der psy-chografischen Marktsegmentierung ist die Analyse der Konsumenteneinstellung, wobei diese sowohl direkt erfragt als auch indirekt aus dem Nutzen abgeleitet werden kann.

Dieser Ansatz konnte sich seit den 60er Jahren vermehrt durchsetzen, da festgestellt wurde, dass Personen innerhalb eines, auf soziodemografischen Kriterien ermittelten, Segmentes häufig unterschiedliche Konsumentenwünsche und ein daraus resultieren-des, nicht einheitliches Kaufverhalten aufweisen (BERGLER 1972, S. 11). Die Krite-rien, die zur psychografischen Segmentierung verwendet werden können, lassen sich vier verschiedenen Kategorien zuordnen (BÖHLER 1977, S. 84):

• Nutzenerwartung;

• Persönlichkeitsmerkmale;

• Wahrnehmung, Präferenzen und Kaufabsichten;

• Lebensgewohnheiten und Lifestyle.

62 Diese Kriterien können das Verbraucherverhalten lediglich beschreiben und nicht erklären (DICHTL 1974, S. 55).

Im Rahmen der Segmentierung nach Nutzenerwartungen gilt es, die Gesamtheit aller Konsumenten nach ihrem Nutzen, den sie aus einem Produkt ziehen, zu segmentie-ren. Diese Art der Segmentierung hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und stellt einen der am häufigsten eingesetzten Segmentierungsansätze dar, weil der durch den Konsumenten wahrgenommene Nutzen als das zentrale Kriterium der Kauf-entscheidung angesehen wird (GUTSCHE 1995, S. 227; WEINSTEIN 1994). In diesem Zusammenhang ist eine Identifizierung der wichtigsten, unterschiedlichen Nutzenarten der Produktklasse erforderlich. Konsumenten, die den gleichen Nutzen aus einem Pro-dukt ziehen, werden zu einem Segment zusammengefasst (KOTLER / BLIEMEL 2001, S. 441). Diese Art der Segmentierung ist zum einen zur Betrachtung von Konkurrenz-marken besonders hilfreich. Zum anderen dient sie der Ermittlung erfolgversprechen-der Segmente, da erfolgversprechen-der Nutzen die Basis für die Bildung erfolgversprechen-der Präferenzreihenfolge dar-stellt und somit dessen Analyse eine Offenlegung neuer Anwendungsgebiete ermög-licht (MEFFERT 2000, S. 207).

Die Segmentierung nach Persönlichkeitsmerkmalen umfasst sowohl Einstellungen und Motive63 der Konsumenten als auch Merkmale wie Kontaktfähigkeit, Ehrgeiz, Fort-schrittlichkeit, Körperbau und -größe sowie persönliche Fähigkeiten (MEFFERT 2000, S. 199; BÖHLER 1977, S. 86). Sie wird dann durchgeführt, wenn Unternehmen ihrem Produkt eine Markenpersönlichkeit entsprechend der Verbraucherpersönlichkeit der Zielgruppe zu geben versuchen. Diese Art der Segmentierung hat während der letzten Jahre jedoch an Bedeutung verloren, da „eine Zuordnung von Persönlichkeitsvariablen zu anderen marketingrelevanten Variablen nicht leicht hergestellt werden kann“

(KOTLER / BLIEMEL 2001, S. 440).

Daher werden Wahrnehmungen, Präferenzen und Kaufabsichten eher als Segmentie-rungskriterien verwendet, da Kaufverhaltensmodellen eine „[...] Ursache-Wirkungs-Ket-te aufeinanderfolgender psychischer Zustände [...]“ (BÖHLER 1977, S. 108) unUrsache-Wirkungs-Ket-tersUrsache-Wirkungs-Ket-tellt wird. Solche psychischen Zustände, die in den Kaufverhaltensmodellen auch als Vari-ablen bezeichnet werden, stellen Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Kaufabsicht dar.

Diese Segmentierungskriterien sind deshalb von großer Bedeutung, da eine Bewer-tung der Produkte durch die Konsumenten nicht nur auf den objektiven Eigenschaften, sondern hauptsächlich auf der subjektiv empfundenen Qualität basiert (BÖHLER 1977, S. 109). Gemessen werden diese Kriterien anhand der Kaufabsicht, durch die

63 Vgl. zu Motiven und Einstellungen: BÖHLER (1977, S. 86-108) und FRETER (1983, S. 59-82).

gefunden werden soll, welche Konsumenten grundsätzlich bereit sind, das Produkt zu kaufen. Besonders im Rahmen von Produktneueinführungen sowie der Analyse des Marktpotenzials ist diese Erhebung sinnvoll, da eine positive Produktbewertung durch Testpersonen nicht zwingend mit einer Kaufabsicht gleichgesetzt werden kann (BÖHLER 1977, S. 111).

Die Lifestyle-Segmentierung als jüngste Art der Segmentierung wurde aus der Er-kenntnis heraus entwickelt, dass sowohl die soziodemografischen als auch die verhal-tensbezogenen Segmentierungskriterien nicht ausreichen, um eine umfassende Seg-mentierung durchzuführen. Im Rahmen dieser Methode wird die Lebensweise und das damit einhergehende Konsumverhalten analysiert. Dabei werden neben den Einstel-lungen auch die Aktivitäten, Interessen und Meinungen als Segmentierungskriterien berücksichtigt (FRETER 1983, S. 82; BÖHLER 1977, S. 112). WIND (1972, S. 302) hat zwei Wege zur Operationalisierung des Lifestyle-Konzeptes aufgezeigt:

Im Zuges des ersten Ansatzes werden alle konsumierten Produkte als Indikator des Lebensstils64 herangezogen. Diese Art der Segmentierung erfolgt analog dem beob-achtbaren Kaufverhalten (vgl. Kapitel 3.3.3.3). Da jedoch auch sie lediglich deskriptiver Natur ist, weicht sie häufig dem zweiten Ansatz (FRETER 1983, S. 83).

Dieser folgt der Idee, dass die Lifestyle-Segmentierung auf Basis einer Vielzahl von psychografischen Eigenschaften – Aktivitäten, Interessen, Meinungen und Wertvorstel-lungen – durchgeführt werden kann. Dabei lässt sich der Allgemeinheitsgrad nochmals differenzieren: So existieren zum einen Lifestyle-Segmentierungen, die speziell auf eine Produktart abgestimmt werden; zum anderen wird im Rahmen der Segmentierung auf Lifestyle-Profile zurückgegriffen, die als Indikatoren für Verhaltensmuster auf den verschiedensten Produktmärkten dienen (BÖHLER 1977, S. 112 f.).

Basierend auf diesen Lifestyle-Profilen wurden durch SINUS (1992) neun soziale Mi-lieus ermittelt, die eine grundlegende Charakterisierung der gegenwärtigen Gesell-schaftsstruktur in Deutschland darstellen. Darauf aufbauend gelang es, sechs marke-ting-relevante Weinkonsumenten-Typologien innerhalb vier milieuspezifischer Verbrau-chersegmente abzuleiten. Im Rahmen der erneuten Segmentierung im Jahre 2002

64 Der Begriff „Lebensstil“ wird als eine Kombination typischer Verhaltensmuster von einer Person oder Personengruppe verstanden (MEFFERT 2000, S. 199).

konnten lediglich vier Konsumenten-Typologien herausgearbeitet werden (vgl. SINUS 2002, S. 9-21).

Anhand dieser Ausführungen wird deutlich, dass eine Wiederholung der Lifestyle-Segmentierung in regelmäßigen Zeitabschnitten unabdingbar ist, um eine Anpassung des Marketing-Mix an die veränderten Gegebenheiten zu ermöglichen.

3.3.3.5 Relevanz für den Untersuchungsansatz

In der anstehenden empirischen Untersuchung gilt es, die Bedeutung der Präferenzen im Rahmen der Nachfragefunktion im Vergleich zum Preis – dargestellt am Beispiel von Rotwein – zu untersuchen. In diesem Zusammenhang werden im Folgenden die psychografischen Kriterien, im Speziellen die Kategorien Nutzenerwartung und Wahr-nehmung, Präferenz und Kaufbereitschaft angewendet. Darüber hinaus werden geo-grafische, soziodemografische und verhaltensbezogene Kriterien mit dem Ziel heran-gezogen, diese Segmente weiter zu differenzieren.