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3.1 Qualität

3.1.1 Herkunft und historische Entwicklung des Qualitätsbegriffs

wer-den, was soviel wie Beschaffenheit, Verhältnis oder Eigenschaft bedeutet (DROS-DOWSKI 1963, S. 541). Bereits im 17. Jahrhundert findet der Ausdruck „Qualität“

Verbreitung in immer mehr Lebensbereichen. So verwendet die Heilkunde diesen Beg-riff im Sinne von Eigenschaft bzw. Merkmal, wohingegen sich im kaufmännischen Be-reich fachliche Bedeutungsnuancen entwickeln, die durch den französischen Begriff

„qualité“ geprägt sind (ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH DES DEUTSCHEN 1989, S. 1349). Die heutige sprachliche Bedeutung zielt auf die Gesamtheit aller charakteris-tischen Eigenschaften von Objekten und Subjekten ab (DROSDOWSKI 1980, S. 2076).

Es handelt sich somit um eine mehrdimensionale Größe, da mit Qualität einerseits die Beschaffenheit und andererseits die charakteristischen Eigenschaften von Objekten und Subjekten in Verbindung gebracht werden.

Historisch betrachtet zeigt sich, dass sich die wirtschaftswissenschaftliche Literatur schon früh mit dem Qualitätsbegriff auseinandergesetzt hat (vgl. Tabelle 2). Bereits vor 1911 haben RAE (1834 bzw. 1905, S. 20), SAY (1845, S. 152) und NATORP (1910, S.

62) verschiedene Qualitätsdefinitionen veröffentlicht. Ihnen allen ist gemein, dass sie Qualität in Verbindung mit Leistungsfähigkeit und Brauchbarkeit betrachten und somit die Zweckeignung in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen.

Während RAE (1905) den Begriff der Leistungsfähigkeit nicht weiter definiert, bringt SAY (1845) eine höhere Qualität mit einem größeren Nutzen in Zusammenhang. Je höher das Nutzenniveau eines Produktes, desto höher seine Qualität. BUSCHMANN (1911, S. 39) erweitert den Qualitätsbegriff, indem er eine Differenzierung in zwei Komponenten – die technische und geschmackliche Qualität – vornimmt, wobei sich der Aspekt der technischen Qualität mit der vollständigen Erfüllung des gesetzten Gebrauchszwecks befasst. Die geschmackliche Qualität bezieht sich seiner Meinung nach auf die ästhetisch einwandfreie Gestaltung eines Gutes.

WIRZ (1915, S. 2 f.) stellt in seiner Definition heraus, dass sich Qualität im direkten Vergleich der Leistungsvermögen, der Brauchbarkeiten oder der Nutzleistungen von Gütern äußert. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass ein Wertemaßstab vorliegt, anhand dessen der Vergleich durchgeführt werden kann. Daraus resultiert, dass aus-schließlich Güter mit gleichem Verwendungszweck, die für sich betrachtet lediglich

Eigenschaften besitzen, denen durch menschliche Zwecksetzung Bedeutung und da-mit Qualität beigemessen wird, da-miteinander verglichen werden können. Dies wiederum bedeutet, dass die objektive Qualität im Sinne einer intersubjektiven Nachprüfbarkeit der Qualitätsurteile verstanden werden kann.

Tabelle 2: Historische Entwicklung des Qualitätsbegriffs

Jahr / Zeitraum Entwicklung des Qualitätsbegriffs 17. Jh. Qualität = Beschaffenheit

1834-1911 Erste Definitionsversuche ohne Einbeziehung von Individuen

1915 Wirz konstruiert eine Beziehung von Individuum und Qualität und stellt den objektiven Qualitätsbegriff vor

1928 Der subjektive Qualitätsbegriff von Lisowsky ensteht 1931 Der teleologische Qualitätsbegriff von Lorentz entsteht

1936 Westenburger bezieht die Zeitkomponente in den Qualitätsbegriff mit ein 1959 Vershofen erklärt Qualität mit Hilfe des Nutzenkonstruktes

1960

Bergler bestätigt die Zugehörigkeit der Zeitkomponente zur Qualität und hält deshalb eine Begriffsbildung für unmöglich; Meyer versucht den Qualitätsbegriff merkmalsorientiert zu erläutern

ab 1960 Weiterentwicklung der subjektiven und objektiven Qualitätsbegriffe 1961 Der Qualitätsbegriff als Resultierende ausgewählter Teilqualitäten entsteht

1964 Der Qualitätsbegriff als Resultierende rationaler und emotionaler Komponenten entsteht 1978 Der Qualitätsbegriff auf der Grundlage der Einstellungskonzepte entsteht

80er Jahre Qualitätsdefinitionen durch Normen werden veröffentlicht 1993 Haller stellt seine fünf Qualitätsansätze vor

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an STRATMANN (1999, S. 35-66 ).8

LISOWSKY (1928, S. 37-48) unterscheidet erstmalig zwischen objektiver und subjekti-ver Qualität, wobei erstere für ihn die Summe aller Eigenschaften darstellt und somit die Beschaffenheit eines Gutes widerspiegelt. Die objektive Qualität resultiert zum ei-nen aus dem Vorhandensein erkennbarer Eigenschaften, zum anderen aus dem direk-ten Vergleich dieser Eigenschafdirek-ten mit Gütern gleicher Klasse. Da seiner Meinung nach eine Werturteilsfreiheit für betriebswirtschaftliche Fragen nicht gegeben war, wur-de wur-der subjektive Qualitätsbegriff ergänzend eingeführt. Die subjektive Qualität eines Gutes leitet sich für ihn aus der Eignung zur individuellen Bedürfnisbefriedigung ab. Mit seinem subjektiven Qualitätsverständnis kommt LISOWSKY der heutigen Qualitäts-Sichtweise in dem Sinne sehr nahe, als dass die Befriedigung der

8 Die weiteren Ausführungen bzgl. der objektiven und subjektiven Qualität werden in Kapitel 3.1.2 ge-sondert dargestellt.

dürfnisse ausschlaggebend für den Produkterfolg in gesättigten Märkten ist (STRAT-MANN 1999, S. 29).

Basierend auf der Arbeit von Lisowsky hat LORENTZ (1931, S. 683 f.) den Qualitäts-begriff weiterentwickelt und beide Komponenten in einem Begriff, der sogenannten

„teleologischen Qualität“9 vereint. Unter diesem wird der Grad der Eignung eines Pro-duktes im Vergleich zu anderen Produkten hinsichtlich einer bestimmten Zweckerrei-chung verstanden. Dieser Qualitätsbegriff ist somit von zwei Aspekten geprägt: der Beschaffenheit und dem Verwendungszweck. Durch die Wahl des Verwendungs-zwecks wird der subjektive Aspekt des Qualitätsbegriffs dargestellt, wohingegen die objektive Komponente sich auf die intersubjektive Nachprüfbarkeit der vorab festgeleg-ten Qualitätskriterien bezieht (LORENTZ 1931, S. 683).

Während WESTERBURGER (1936, S. 13) die Qualitätsdefinition um die temporale Ebene erweitert und somit dynamisiert, verbindet VERSHOFEN (1959, S. 86-89) seine Qualitätsdefinition mit dem Nutzenaspekt, den die Objekte dem einzelnen Konsumen-ten stifKonsumen-ten, wobei er zwischen Grund- und Zusatznutzen unterscheidet.

MEYER (1960, S. 24), der an die Definition von BERGLER (1960, S. 18) anknüpft, versucht, durch seinen merkmalsorientierten Qualitätsbegriff die Möglichkeit aufzuzei-gen, trotz variierender Begriffsinhalte bzw. Qualitätseigenschaften einen Qualitätsbe-griff zu definieren. Anhand von Textilien zeigt er, dass die Qualität eines Produkts auf Grund von Produkteigenschaften wie Material, Aussehen, Preis oder Marke beschrie-ben werden kann.

Neben der Weiterentwicklung des objektiven und subjektiven Qualitätsbegriffs wurden noch weitere Qualitätsdimensionen ermittelt. So hat KLATT (1961, S. 23 ff.) die Quali-tät als resultierende ausgewählter TeilqualiQuali-täten definiert. PFEIFFER (1964, S. 41) hat jedoch gezeigt, dass die Unterscheidung hinsichtlich relevanter und irrelevanter Eigen-schaften problematisch ist und wie im Falle von Wirz die Zwecksetzung mit einbezogen werden muss.

Im Anschluss daran hat NIEDENHOFF (1964, S. 16-21) den Qualitätsbegriff um die rationale und die emotionale Komponente erweitert. Während in der rationalen Kom-ponente mechanisch-technische Daten hinsichtlich der Beschaffenheit des Produktes

9 Der Begriff der teleologischen Qualität wurde erst 1969 durch KAWLATH eingeführt (WIMMER, 1987).

erhoben werden, erfasst die emotionale Komponente hauptsächlich psychologische Daten bzw. Wertvorstellungen der Konsumenten.

WEINBERG und BEHRENS (1978, S. 16) leiten ihren Qualitätsbegriff auf der Grundla-ge von Einstellungskonzeptionen ab. Sie Grundla-gehen davon aus, dass das Qualitätsurteil der Konsumenten einer Marke zum einen durch die Bedeutung der Produkteigenschaften, zum anderen durch den wahrgenommenen Ausprägungsgrad dieser Eigenschaften erklärt werden kann. Die einzelnen Qualitätsurteile der jeweiligen Produkteigenschaf-ten lassen sich addieren und zu einem Gesamtqualitätsurteil zusammenfassen.

Im Laufe der 80er Jahre wurde der Qualitätsbegriff vermehrt durch nationale und inter-nationale Normen beschrieben, die vor allem auf die Einhaltung von technischen Spe-zifikationen abzielten. Diese, insbesondere die DIN-Definition sowie weitere, von STRATMANN (1999, S. 52-55) vorgestellte Normen, unterliegen der Kritik, dass sie sowohl zu stark herstellerorientiert seien als auch die produktionstechnischen Überle-gungen in den Vordergrund stellten.

Ausgehend von dem Umstand, dass die in der Literatur diskutierten Qualitätsbegriffe jeweils nur eine begrenzte Anzahl von Qualitätsaspekten abdecken, hat HALLER (1993), basierend auf den Arbeiten von GARVIN, einen Qualitätsansatz mit fünf Quali-tätsdimensionen entwickelt.

Dieser Ansatz umfasst:

• hervorragende Qualität (absoluter Qualitätsbegriff);

• präzise messbare Variable von Eigenschaftsbündeln (produktorientierte Qualität);

• Befriedigung von individuellen Kundenbedürfnissen (kundenorientierte Qualität);

• Einhaltung vorgegebener Standards (herstellungsorientierte Qualität);

• Messung des Aufwands (wertorientierte Qualität).

Die Evolution des Qualitätsbegriffs hat gezeigt, dass sich im Laufe der Zeit viele Quali-tätsdefinitionen herausgebildet haben, die heute noch parallel zueinander gebraucht werden. Im Folgenden gilt es daher, die wichtigsten Qualitätsaspekte aus Sicht dieser Arbeit nochmals ausführlich darzustellen.