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SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

sind seit der förmlichen Festlegung um rund 50 % in wesentlich stärkerem Maße als in der Stadt insgesamt gestiegen und überschreiten bereits den Berliner Wert um 30 %. Es gibt eine soziale Ausdifferenzierung zwischen den Wohnungsteilmärkten. Mit dem Fortschreiten des Sa-nierungsprozesses hat sich die Schere zwischen der sozialen Situation von Haushalten in sa-nierten und in unsasa-nierten Wohnungsbeständen geöffnet. In unsasa-nierten und öffentlich ge-förderten Wohnungen ist die Erwerbslage der Haushalte insgesamt ungünstiger, verbunden mit geringeren Einkommen und einem höheren Anteil von Transferleistungsempfängern. Den-noch gibt es auch für Haushalte in ungünstigerer wirtschaftlicher Lage Den-noch Wohnraum, wenngleich in deutlich begrenzterem Umfang als zu Sanierungsbeginn. Im Gebiet insgesamt zeichnen sich auch Konkurrenzen um familiengeeignete Mehrzimmerwohnungen zwischen Haushalten mit und ohne Kinder ab.

9. Diese sozialen Differenzierungen innerhalb des Gebiets machen deutlich, dass eine soziale Mi-schung in idealtypischer Form innerhalb eines Hauses, gewissermaßen „Professor neben Putz-frau“, wie es sie bei den Vorbereitenden Untersuchungen zu Beginn der Sanierung noch ge-geben hat, unter den Bedingungen eines freien Wohnungsmarktes nicht mehr Bestand haben kann. Die Erklärung eines Sanierungsziels, die soziale Mischung zu erhalten, erfordert daher immer eine begleitende Förderung von Wohnraum innerhalb des Gebiets, das man im Auge hat. Auch die Inanspruchnahme von Förderung kann nicht erzwungen werden. Der Umfang und die Konditionen von Förderung werden wesentlich mit darüber entscheiden, in welchem Maße sie bei der Wohnraummodernisierung genutzt wird und daher auch, inwieweit ein sozia-les Ziel „Erhalt der Mischung, Vermeidung von Segregation“ tatsächlich umsetzbar ist.

8.2. Empfehlungen

1. Das begrenzte Potenzial öffentlich geförderter Wohnungen muss zukünftig in geeigneter Form genutzt werden, um die Innenstadt auch Bewohnern zugänglich zu erhalten oder zugänglich zu machen, die auf preiswerten Wohnraum angewiesen sind. Hierzu sollten geeignete bezirkli-che Strategien entwickelt und das vorhandene und gut funktionierende Belegungsmanage-ment genutzt werden. Von besonderer Bedeutung wird zukünftig die Kontrolle der Einhaltung von Mieten- und Belegungsbindungen in diesem Wohnungssegment.

2. Im Hinblick auf die demografischen Veränderungen und die Nachhaltigkeit öffentlicher Investi-tionen in die soziale Infrastruktur ist die Frage von Bedeutung, wie es gelingen kann, dass Familien ihre Wohnwünsche besser realisieren können, um so der Abwanderung sowohl ins Umland als auch innerstädtisch etwas entgegenzusetzen. Ob Haushalte mit Kindern, die ein geringeres bis durchschnittliches Einkommen zur Verfügung haben, sich perspektivisch ein Verbleiben im Gebiet leisten können, hängt vor allem vom Vorhandensein preisgünstiger Wohnungen ab. Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen und insbesondere Alleiner-ziehende sowie insgesamt einkommensschwächere Haushalte haben angesichts des relativ hohen Mietniveaus im Gebiet geringe Chancen eine bezahlbare Wohnung zu finden. Nur über die bevorzugte Versorgung dieser Bevölkerungsgruppen im öffentlich geförderten Wohnungs-bestand kann ihr Verbleib ermöglicht werden. Ggf. sollten hier bezirklicherseits Sonderrege-lungen für den Bezug öffentlich geförderter Wohnungen durch Haushalte mit Kindern auch ohne Wohnberechtigung in Erwägung gezogen werden.

3. Es sind Strategien und Angebote erforderlich, wie das bürgerschaftliche Engagement, das sich in diesem Gebiet sowohl seit langem als auch in den letzten Jahren in neuen kommunikativen

Formen organisiert und informell entwickelt hat, nach Aufhebung der Satzung in selbsttragen-den Strukturen weiter gefördert werselbsttragen-den kann. Dies setzt Unterstützung von Seiten des Bezirks voraus. Dazu sollten auch Überlegungen erfolgen, wie die bürgerschaftlich engagierte Arbeit der „Kinder- und Jugendbibliothek“ in der Esmarchstraße 18, die derzeit ehrenamtlich vom Trägerverein „Prokiez e.V.“ betrieben wird, wirksam in ein Konzept der Bürgerbeteiligung ein-fließen kann.

4. Von besonderer Bedeutung für die nachhaltige Akzeptanz des bislang durch die Sanierung Er-reichten ist, ob bisher noch nicht realisierte Sanierungsziele im Bereich der sozialen Infrastruk-tur für die Zukunft abgesichert werden. Hierzu gehören der Abschluss der baulichen Erneue-rung der Kurt-Schwitters-Oberschule sowie deren Schulhofgestaltung. Auch der ursprünglich vorgesehene und bisher nicht realisierte Sporthallenneubau ist in der Investitionsplanung ab-zusichern. Sehr kritisch wird von den Bewohnern verfolgt, ob eine geplante dringend erforder-liche Kinder- und Jugendeinrichtung realisiert wird. Diese, noch offenen Infrastrukturprojekte wurden bei der Beurteilung der Sanierungsergebnisse durch die Gebietsbewohner einer be-sonders kritischen Einschätzung unterzogen.

5. Der Erlass einer Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist derzeit städ-tebaulich nicht ausreichend begründbar. Die soziale Zusammensetzung und wirtschaftliche Be-lastbarkeit der Mieterschaft beinhaltet zwar ein gewisses Verdrängungspotenzial. Diese Bevöl-kerungsgruppen, die etwa jeden sechsten Haushalt des Gebiets umfassen, wohnen überwie-gend im unsanierten Bestand. Für Haushalte in den unsanierten Wohnungen lässt sich mit dem Instrument des Milieuschutzes eine Verdrängungsgefahr nicht bannen. Bereits die Schaf-fung von Bädern und modernen Heizungen, die als zeitgemäßer Standard auflagenfrei ge-nehmigt werden müssen, würde zu Mietbelastungen mit Verdrängungseffekten führen. Daher bestehen in diesem Wohnungssegment nur sehr begrenzte städtebauliche Einflussmöglichkei-ten, um den Intentionen des Milieuschutzes gerecht zu werden. Zudem ließe sich nicht ausrei-chend begründen, dass eine Verdrängung dieser Bevölkerungsteile, so unerwünscht dieser Prozess auch wäre, zu grundlegenden Veränderungen der Bevölkerungsstruktur mit städte-baulich unerwünschten Folgen führen würde. Eine Unterauslastung der Infrastruktur im Ge-biet, insbesondere im Angebot an Kinderbetreuungsplätzen, ist derzeit nicht sichtbar.

6. Im Gebiet ist durchaus Aufwertungspotenzial in den Wohnungen vorhanden. Momentan exis-tiert allerdings kein nennenswerter Aufwertungsdruck, der eine städtebauliche Voraussetzung für den Erlass einer Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB wäre. Um-fangreiche Aufwertungsmaßnahmen sind derzeit kaum zu erwarten. Durch Moderni-sierungsmaßnahmen wurde ein Wohnungsstandard geschaffen, mit dem eine Miete im oberen Mietspiegelbereich erzielt werden kann, wie die Angebotsmieten zeigen. Die Wohnungen im Gebiet sind nachgefragt und gut vermarktbar. Daher besteht momentan kaum ein Interesse, größere, renditeorientierte Investitionen zu tätigen. Einflussmöglichkeiten des Milieuschutzin-strumentariums bestünden zwar bei aufwertenden Maßnahmen mit Anteilen von Luxusmoder-nisierungen. Haushalte mit geringem Einkommen können jedoch weitere, aufwertende Mo-dernisierungen, die über den zeitgemäßen Ausstattungsstandard hinausgehen und wohnwert-erhöhende Merkmale schaffen, auch mietrechtlich unter Bezugnahme auf finanzielle Härten ablehnen. Das Mietrecht bietet hier Spielräume, um Verdrängung zu vermeiden.

7. Das Gebiet Bötzowstraße war und ist eine beliebte Wohngegend mit einem ausgewogenen Verhältnis von Wohnen, Wohnumfeld, Innenstadtnähe und dennoch Ruhe und vergleichsweise geringer touristischer Frequenz. Es besteht daher Grund, die Entwicklung von

Auf-wertungsaktivitäten im Gebiet und die Entwicklungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt in den nächsten zwei bis drei Jahren zu beobachten und ggf. neue Entscheidungen zu treffen. Insbe-sondere eine Forcierung von Umwandlungsprozessen von Mietwohnungen in Eigentumswoh-nungen löst in aller Regel eine zweite Modernisierungswelle mit gesteigerten Verkaufsabsich-ten und höheren Renditeerwartungen aus, die das Thema des Milieuschutzes erneut in die Diskussion bringen könnten.