• Keine Ergebnisse gefunden

5 Diskussion

5.1.3 Schlachtungs-Untersuchungen

Keimbelastung des Blinddarminhaltes

Nach Schlachtung der zuvor im Bestand beprobten Herden, wurde der Effekt von organischen Säuren auf den Keimgehalt von Campylobacter spp. aus Vorfang und Hauptfang bei Mäster A und Mäster B anhand von Blinddarminhalt zur Einschätzung der Keimbelastung der Broiler untersucht. Die gewählte Methode gab den Keimgehalt im Blinddarmkot als Mittelwert von Einzelproben zum Zeitpunkt der Schlachtung an und spiegelte die Belastung im Blinddarminhalt nach Kolonisation der Broilerherde wider.

Diskussion 98 Bei Betrieb B war in Vorfang 1 die Behandlungsgruppe mit 5,67 ± 1,28 log10 KbE/g Blinddarminhalt höher belastet als die Kontrollgruppe mit 2,95 ± 3,39 log10 KbE/g Blinddarminhalt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Kontrollgruppe unter Medikation mit dem nachweislich Campylobacter-wirksamen Antibiotikum Colistin. So scheint es wahrscheinlich, dass der Einsatz des Antibiotikums in Betrieb B die Keimlast im Gegensatz zur Behandlungsgruppe reduzierte. Über die drei Versuche gemittelt konnte dennoch bei Betrieb B eine signifikante Reduktion der Keimlast in den Blinddarminhalten beobachtet werden. So wurde mehrfach von anderen Autoren ermittelt, dass die Campylobacter-Konzentration im Blinddarminhalt auch innerhalb einer Herde variiert (BYRD et al. 1998; STERN u. ROBACH 2003; ALLEN et al.

2007; HANSSON et al. 2010). Dies deckt sich mit den eigenen Ergebnissen, wenn demnach bei Mäster A aus allen Schlachtungen Proben zur Untersuchung gelangt wären, hätte sich auch hier eine statistisch auswertbare Stichprobenmenge ergeben und ein einzelnes ausreißendes Untersuchungs-Ergebnis hätte sich relativiert.

Zusätzlich kann die geringe Stichprobenzahl pro Schlachtung von n=5 die beobachteten Abweichungen erklären.

Demnach haben die ermittelten Ergebnisse gezeigt, dass der Einsatz von organischen Säuren im Tränkewasser in dieser Feldstudie einen reduzierenden Effekt auf den Campylobacter-Gehalt im Blinddarminhalt von Broilern hatte. Auch in einer Feldstudie von Byrd et al. (2001) zeigte sich eine Applikation von 0,44%

Milchsäure zum Tränkewasser während der zehnstündigen Nüchternheit von kommerziell gemästeten Broilern vor der Schlachtung als effektiv: die Prävalenz von Campylobacter spp. wurde von 85% auf 62% gesenkt.

Es ist bekannt, dass angesäuertes Tränkewasser den pH-Wert im Verdauungstrakt von Broilern senkt. In einer amerikanischen Studie konnte ein erniedrigter pH-Wert, besonders im Futter gefüllten Kropf, die dort vorherrschende, hohe mikrobiologische Aktivität von Umweltkeimen insgesamt senken und damit auch Zahl und Artenvielfalt von ingestierten Pathogenen limitieren (WATKINS 2004; VAN IMMERSEEL et al.

2006). Zudem wird angenommen, dass ein erniedrigter pH-Wert im Darm förderlich auf das Wachstum von kommensalen Lactobazillen wirkt, die kompetitiv pathogene Bakterien hemmen und so die Darmflora stabilisieren (SPARKS 2009). Diese Wirkungsmechanismen haben auch in der vorliegenden Studie die

Campylobacter-Diskussion 99 Last reduziert, doch wären zur Verifizierung weitere Untersuchungen nötig gewesen.

Im Kontrast dazu haben CHAVEERACH et. al (2004) in einer experimentellen Studie auf Laborebene ermittelt, dass Selko® 4Health den Campylobacter-Gehalt im Blinddarminhalt von Broilern nicht signifikant senken konnte. Dagegen haben die eigenen Untersuchungen an Versuchsgruppen von 36.000 Broilern eine signifikante Reduktion des Campylobacter-Gehaltes um 4,25 log10 KbE bzw. 1,34 log10 KbE im Blinddarminhalt ermittelt. Das limitierte Studiendesign von CHAVEERACH et. al (2004) und deren geringe Versuchgruppengröße von zehn Tieren kann die statistische Sicherheit reduziert und das Ergebnis aufgrund der biologischen Variabilität verfälscht haben.

Auch eine Applikation von Zitronensäure in einer Konzentration von 3% erwies sich in einer anderen Studie als nicht als effektiv gegen Campylobacter spp. im Darminhalt von Broilern (AYDIN et al. 2010). Zitronensäure hat aber im Gegensatz zu den eingesetzten organischen Säuren in der vorliegenden Studie keine eigens bakterizide Wirkung, sondern wirkt lediglich pH-Wert senkend (SPARKS 2009).

Zitronensäure ist nicht in der Formulierung von Selko® 4Health enthalten, es agiert nachweislich die Kombination der organischen Säuren in Selko® 4Health synergistisch bakterizid sowie pH-Wert senkend (CHAVEERACH et al. 2002).

Der Anteil mittellangkettiger Fettsäuren (MCFA) in Selko® 4Health wie zum Beispiel Caprylsäure und Capronsäure wird zusätzlich als eine leicht verfügbare Energiequelle angesehen. Daneben können MCFA die Zellmembran von Bakterien penetrieren, destabilisieren damit deren Integrität und können so zum Zelltod führen (BERGSSON et al. 1998; 2002). Auch dieser Wirkungsmechanismus hat in der vorliegenden Studie reduzierend auf die Campylobacter-Konzentration im Blinddarminhalt von Broilern gewirkt, die eigenen Ergebnisse werden zudem von mehreren Studien unterstützt. Der Zusatz von Capronsäure im Futter reduzierte prophylaktisch und therapeutisch eingesetzt, die Campylobacter-Last in Blinddarminhalt von Broilern in mehreren Versuchen reproduzierbar um circa 3 log10

KbE/g Blinddarminhalt (SOLIS DE LOS SANTOS et al. 2008a; 2008b; 2009; 2010).

Als Zusatz zum Tränkewasser bei Broilern hat sich Capronsäure dagegen nicht effektiv erwiesen (METCALF et al. 2011). In vitro konnte das 1-Monogylcerol der organischen Capronsäure, Monocaprin, mit und ohne Zusatz des

Oberflächen-Diskussion 100 Surfactants Tween40 in einer Minute bei Raumtemperatur eine Reduktion von Campylobacter um 6-7 log10 KbE erzielen (THORMAR et al. 2006). Organische Säuren kombiniert mit Monocaprin zeigten bei Broilern eine synergistische Wirkung gegen Campylobacter in Kloakenmaterial (HILMARSSON et al. 2006). Die einzelnen Wirkungsmechanismen von Selko® 4Health wurden in der vorliegenden Studie jedoch nicht weiterführend untersucht. Es besteht demnach noch Validierungsbedarf zu Wirkungsmechanismus sowie -weise und zur optimalen Kombination von einzelnen Campylobacter-reduzierenden Komponenten.

Keimbelastung der Schlachtkörper nach Kühlung

Nach jeder Schlachtung der zuvor im Bestand beprobten Herden wurde der Effekt von organischen Säuren auf den Keimgehalt von Campylobacter spp. anhand von ganzen Schlachtkörpern nach Kühlung als Kontamination des Endproduktes evaluiert. Die gewählte Untersuchungsmethode gab den Keimgehalt der Endprodukte nach Kühlung aber vor jeglicher Zerlegung an und spiegelte die im Schlachthof aufgetretene Oberflächenkontamination der Schlachtkörper wider.

Die vorliegenden Ergebnisse zeigten keinen signifikanten Unterschied der Keimbelastung der Schlachtkörper nach Kühlung zwischen den Versuchsgruppen.

Sowohl im Blinddarminhalt hoch belastete Tiere als auch in Blinddarminhalt wenig belastete Tiere wiesen im Mittel moderate Gehalte zwischen 3 log10 und 4 log10 KbE auf den jeweiligen Schlachtkörpern auf. Demnach wurde eher ein ausgleichender Trend zwischen Behandlungsgruppen und Kontrollgruppen im Vergleich zu den stark unterschiedlichen Campylobacter-Gehalten in den korrespondierenden Blinddarm-inhalten beobachtet.

Zusätzlich konnte beobachtet werden, dass auf den untersuchten Schlachtkörpern von Herden aus Betrieb B, aus deren Blinddarmproben keine Campylobacter spp.

isoliert werden konnten, qualitativ und quantitativ Campylobacter spp. nachweisbar waren. Die Ergebnisse werden durch andere Arbeiten unterstützt, welche vielfach einen solchen Trend beobachten konnten und erklärten diesen durch eine Kreuzkontamination während der Schlachtung und Prozessierung durch die hohe Belastung im Schlachthof und dessen Umgebung (JORGENSEN et al. 2002;

Diskussion 101 JOHNSEN et al. 2006; JOHANNESSEN et al. 2007; EFSA 2010a; ELLERBROEK et al. 2010). Diese kann durch fäkale Verunreinigungen von Haut und Gefieder im Bestand (BUHR et al. 2003), während des Transportes und im Wartebereich des Schlachthofes sowie im Schlachtprozess (NEWELL et al. 2001), besonders bei der Eviszeration und Kühlung auftreten (BERRANG et al. 2001; BASHOR et al. 2004;

ROSENQUIST et al. 2006).

Der Campylobacter-Status der jeweils vor den Versuchsgruppen geschlachteten Herden konnte nicht erhoben werden, so war eine Kreuzkontamination potentiell möglich. Wahrscheinlich sind somit in der vorliegenden Studie im Schlachthof Kreuzkontaminationen zwischen stark und gering bzw. nicht mit Campylobacter-belasteten Herden aufgetreten. Zur Verifizierung wäre eine weiterführende Differenzierung der gewonnenen Isolate nötig gewesen.

In den eigenen Untersuchungen ergab sich keine statistische Korrelation zwischen dem Campylobacter-Gehalt im Blinddarminhalt und auf den korrespondierenden Schlachtkörpern. Über die drei Versuche in Betrieb B konnte bei den mittleren Campylobacter-Gehalten auf den Schlachtkörper von Behandlungsgruppe und Kontrollgruppe kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Die Gehalte an Campylobacter spp. im Blinddarminhalt in der Behandlungsgruppe waren jedoch signifikant geringer als im Blinddarminhalt der Kontrollgruppe. Demnach konnte die Behandlung von Broilern im Bestand mit Selko® 4Health zwar die Campylobacter-Last im Blinddarminhalt senken, doch ließen sich die erzielten Reduktionen nicht über den Schlachtprozess bis zur Kühlung der Schlachtköper erhalten. Im Gegensatz dazu wurde schon vielfach in Studien zur quantitativen Bestimmung von thermophilen Campylobacter spp. in Blinddarminhalt und auf korrespondierenden Schlachtkörpern eine deutliche, zum Teil signifikante Korrelation bewiesen (STERN u. ROBACH 2003; BERRANG et al. 2004b; LINDBLAD et al. 2006; REICH 2007;

REICH et al. 2008; HUE et al. 2011). Auch ALLEN et al. (2007) fanden eine Korrelation zwischen höheren Campylobacter-Gehalten im Blinddarminhalt und nachfolgend höheren Keimgehalten auf den Schlachtkörpern. In den eigenen Untersuchungen haben die aufgetretenen Kreuzkontaminationen möglicherweise eine etwaige Korrelation überlagert. Dies wurde auch von anderen Autoren postuliert, die ebenfalls keine Korrelation zwischen dem Campylobacter-Gehalt im

Diskussion 102 Blinddarminhalt und auf den korrespondieren Schlachtkörpern finden konnten (STERN u. ROBACH 2003; EFSA 2010a; LEHNER 2010).

5.1.4 Diagnostische Sektionen

Die diagnostischen Sektionen wurden an Darmpaketen durchgeführt, die direkt aus der Schlachtlinie entnommenen wurden. Visuell konnten zwischen der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe keine deutlichen Unterschiede im Grad der Schleimhautläsionen sowie bei Entzündungsanzeichen wie Rötungen und Schwellungen festgestellt werden. Durch die geringe Stichprobengröße und das Fehlen weiterführender Untersuchungen wie Histologie und Sektion ganzer, frisch geschlachteter Broiler, konnte hier nur ein Trend wahrgenommen werde. Selko®

4Health scheint demnach die Schleimhautbeschaffenheit nicht in erheblichem Maße zu beeinflussen. Dies deckt sich mit den Ergebnissen von CHAVEERACH et al.

(2004), die bei einer histologischen Untersuchung an Ösophagus, Dünndarm und Blinddarm keine quantitativen Abweichungen an degenerierten Zellen zwischen ihrer Behandlungsgruppe und Kontrollgruppe durch die Applikation von Selko® 4Health fanden. Auch der pH-Wert im Blinddarm zeigte keinen Unterschied zwischen den Versuchsgruppen.