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3.3 Sprachliche Mittel der Selbstdarstellung

3.3.2 Autorenrollen

5.1.3.3 Rollen mit dem unpersönlichen MAN

Da das MAN hier nur als Ergänzung zu den Gebrauchsformen der ersten Person be-trachtet wird, werden in diesem Kapitel nur diejenigen Vorkommnisse berücksichtigt, die eindeutig einer der Rollen zugeordnet werden können, die auch für die erste Per-son beschrieben wurden. Ausgeschlossen werden daher insbePer-sondere alle Beispiele, in denen das MAN mit einem Modalverb kombiniert wird, da durch die Modalver-ben die Rollenzuordnung, die über das Vollverb erfolgt, zu sehr verzerrt wird und in den meisten Fällen das Modalverb die intrinsische Vagheit des unpersönlichen Prono-mens noch weiter verstärkt. Aus diesem Grund wird nur beispielhaft vorgestellt, in welchen Rollen das MAN in den untersuchten Texten vergleichbar mit der ersten Per-son verwendet wird. Auf eine weitere Auswertung über den allgemeinen Überblick im Rahmen des Gesamtvergleichs in Kap. 5.2 hinaus wird im nächsten Kapitel daher verzichtet.

Im Rahmen der Verfasserrolle wird das unpersönliche MAN nur von den deut-schen Autoren verwendet und wird vorrangig zur Lesersteuerung, zur Textstruktu-rierung im Rahmen von Vor- und Rückverweisen sowie zur Begriffsklärung benutzt.

Dabei fallen insgesamt 13 Vorkommen in diese Kategorie. In den Beispielen 132 und

133 fungiert das MAN ähnlich wie das ICH als Guide (Tang und John 1999), indem es die Aufmerksamkeit des Lesers auf die relevanten Inhalte lenkt. Ähnliches ist auch zu Beispiel 134 zu sagen, wo MAN hier als Leser auf einen folgenden Textteil verwie-sen wird. In Beispiel 135 schließlich wird eine Definition vorgenommen und der Leser wird darauf hingewiesen, wie er im Rahmen des Artikels den Begriff des „individuel-len Lebensstils“ zu verstehen hat.

(132) Betrachtetmannun die unten stehenden Ergebnisse zum Einfluss der Beschäf-tigung, so fällt auf, dass alle Merkmale einer eingeschränkten oder Nicht-Er-werbstätigkeit die Geburt eines zweiten Kindes extrem positiv bedingen, so dass der Eindruck entsteht, als stünde die Aufnahme einer Vollzeiterwerbs-tätigkeit nach der Geburt des ersten Kindes ganz klar für eine erwerbs- und vereinbarkeitsorientierte Lebensplanung. (Brose 2008)

(133) Man sieht in Modell 1, dass Landwirte aus Nordrhein-Westfalen (also dem Bundesland, in dem zum Befragungszeitpunkt die höchsten Umstellungsprä-mien gezahlt wurden) ihren Hof häufiger auf Ökolandbau umstellen als Be-triebsleiter in den anderen Bundesländern. (Best 2008)

(134) Die genaue Operationalisierung der erläuterten Variablen findet man im An-hang. (Gerhards 2009)

(135) Dabeiversteht manunter dem individuellen Lebensstil „ein relativ stabiles, re-gelmäßig wiederkehrendes Muster der alltäglichen Lebensführung ... – ein En-semble von Wertorientierungen, Einstellungen, Deutungen, Geschmackspräfe-renzen, Handlungen und Interaktionen, die aufeinander bezogen sind“ (Geiß-ler 2002: 126). (Isengard 2005)

Neben der Verfasserrolle werden auch die Handlungen der Forscherrolle mit dem un-persönlichen MAN/ONE dargestellt. Es wurden insgesamt 106 Beispiele gefunden (acht englische und 98 deutsche), die in diese Rollenkategorie fallen und die alle den Forscherhandlungen im engeren Sinne zuzuordnen sind. Der Forschungsfokus wird über das MAN bzw. das ONE (ohne Berücksichtigung von Beispielen, deren Handlun-gen über Modalverben modifiziert werden) nur selten spezifiziert, von den insgesamt fünf Beispielen wurden vier in den englischen Texten gefunden und eines in einem deutschen.

(136) This is particularly the case whenone is consideringthe pervasiveness of cor-porate litigation since the 1970s (Dunworth and Rogers 1996), which has heigh-tened threats of lengthy legal entanglements, large monetary damages or sett-lements, and negative publicity. (Skaggs 2008)

(137) Betrachtet man die erwerbsfördernden Makroindikatoren, die Betreuungsan-gebote verschiedener Altersstufen, fällt auf, dass ein quantitativ gut ausge-bautes Betreuungssystem für Drei- bis Fünfjährige nicht unbedingt mit einem

hohen Ausmaß an Betreuungsplätzen für unter Dreijährige einhergehen muss (Tab. 2). (Berninger 2009)

Etwas häufiger werden dagegen Hypothesen und (theoretische) Grundpositionen, teil-weise mit direktem Bezug zur Literatur, dargestellt. Hier gibt es insgesamt 29 Beispiele, die nur aus dem deutschen Korpus stammen. MANgehtvon etwasaus(Beispiel 138), MAN unterstelltetwas (Beispiel 139), MAN betrachtet bestimmte theoretische Positio-nen oder Werke (Beispiel 140) oder schließt sich einer Position an, indem MAN mit Bezug zur Forschungsliteratur etwasvoraussetzt(Beispiel 141).

(138) Geht manalso nicht von dem recht undeutlichen Begriff einer Steigerung der Wahrscheinlichkeit unwahrscheinlicher Kontakte mittels Liebeaus, der zudem mit keiner Statistik bei Luhmann empirisch belegt wird, sondern von der Re-produktion und damit der Übertragung von Kapitalien, wird deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit einer Beziehung der beiden auf die Macht eifersüchti-gen Eliten eine klare Veränderung der Kapitalstruktur in der Reproduktion der Macht zur Folge hatte. (Becker 2005)

(139) Dies gilt übrigens auch dann, wenn manfür die Partnerwahlen der Individu-en ein rationales Handlungskalkül unterstellt, da bei Missachtung der Nor-men Sanktionen drohen oder andere mit dem Fokus verknüpfte Handlungs-ziele nicht erreicht werden. (Stauder 2008)

(140) Betrachtet man die Ursprünge der Lebensstildiskussion vor allem in den Ar-beiten von Pierre Bourdieu, so richtet sich der theoretische Vorschlag stärker auf die Begriffe Geschmack und Habitus bei Bourdieu und weniger auf seinen Lebensstilbegriff (Bourdieu 1982; Müller 1986). (Rössel 2006)

(141) Auch wennmanmit Boudon (1998: 825) lediglichvoraussetzt, dass die indivi-duellen Gründe die Ursache einer rationalen Handlung sein sollen, so mündet das Nichtkennen von Gründen in irrationale Handlungen. (Schnabel 2005) Auch die Datenerhebung wird vereinzelt mit dem MAN dargestellt und auch hier wur-den alle 10 Beispiele im deutschen Korpus gefunwur-den.

(142) Es wird vollständig, wenn man zusätzlich die Kontaktgelegenheiten zu rele-vanten und verfügbaren Personenerfasst, die durch gemeinsame Bekannte, al-so durch Transitivität, entstehen können. (Stauder 2008)

(143) Zudem geben Jungen, wenn man sie selber fragt, männliche Lehrkräfte nicht als Vorbilder an (Zimmermann 1999). (Helbig 2010)

(144) Schließlich scheint die Erhebung einer Vielzahl von Variablen erforderlich, weil mangetreu dem Motto „Die Masse macht’s!“ Lebensstile „ganzheitlich“zu er-fassen hofft. (Otte 2005)

(145) Man kommt zu begründeteren Einschätzungen dieser Prozesse, wennman ei-nige Standards kultursoziologischer Analyseberücksichtigt, denen manche Au-toren und Studien nicht immer gerecht werden. (Schwinn 2006)

Am häufigsten wurden Handlungen der Datenanalyse mit dem unpersönlichen MAN dargestellt. Hierunter fallen insgesamt 52 der Handlungen, die nicht mit einem Mo-dalverb modifiziert wurden (vier englische, 48 deutsche).

(146) In addition to the naïve comparison, if onefits separate lines for “Republican control” states and “Democratic control” states to a plot of predicted probabili-ties derived from any of the specifications reported in table 4, it provides visual evidence of a definite (if somewhat nonlinear) interaction between Republican control and electoral competition (results available upon request). (Chen 2007) (147) A fixed-effects model, the most common type used to analyze longitudinal

da-ta with continuous outcome variables, is optimal when one is examining the consequences of events such as discrimination lawsuit filings. (Skaggs 2008) (148) MultipliziertmanNutzen und Wahrscheinlichkeit einer Konsequenz

miteinan-der, erhält man die Erwartungs-Nutzenkomponente, die sich aus der jeweili-gen Konsequenz ergibt (s. Tabelle 1 für eine Zusammenstellung des erwarteten Nutzens der einzelnen Konsequenzen). (Best 2008)

Gemeinsam mit der Analyse werden teilweise auch Ergebnisse genannt, wobei die insgesamt 10 Vorkommnisse wieder nur im deutschen Teilkorpus gefunden wurden.

(149) Vergleicht man zuerst die drei Aggregatskategorien miteinander, dann sieht man, dass ein hochkultureller Lebensstil in den EU-15-Ländern weiter verbrei-tet ist als in den Ländern der ersten und der zweiten Osterweiterung. (Gerhards 2009)

(150) Betrachtet man den Verlauf nach Geschlechtern getrennt, erkennt man zwei Entwicklungen, die sich vom Gesamtbild zum Teil deutlich unterscheiden. (Hel-big 2010)

(151) Man sieht sowohl für die Deutsch- als auch für die Mathematiknote, dass sie maßgeblich durch die Lesekompetenz bzw. Mathematikkompetenz beeinflusst werden. (Helbig 2010)

Darüber hinaus wurde das MAN, ähnlich wie das WIR und das ICH auch in reprä-sentativer Funktion eingesetzt, was unter der Rolle Andere zusammengefasst wurde.

Von den insgesamt 20 Beispielen fallen 16 auf das deutsche und vier auf das englische Korpus.

(152) This is consistent with Wolfson’s (1988) “theory of the bulge,” according to which one engages in a wider range of sociolinguistic behaviors when inter-acting with, on the one side, familiars, and on the other, complete strangers,

whereas most circumspection is exercised when interacting with those falling in between. (Gibson 2005)

(153) CM further argue that the more time one spends in poverty, the greater the neighborhood effect is likely to be, which leads them to conduct an analysis of time spent in poverty, controlling for treatment-group status and background factors. (Sampson 2008)

(154) Je mehr sich jedoch im Zeitablauf die hohe Frauenerwerbstätigkeit fest etabliert, desto höher wird ganz zwangsläufig die Zahlungsbereitschaft für Dienstleis-tungen, diemanfrüher vielleicht selbst gemacht hätte. (Nollmann 2006)

(155) Ist einem jemand sympathisch, dann istmaneher bereit zu kooperieren und ist sich seines Gewinns aus dieser Kooperation auch relativ sicher. (Schnabel 2005)

5.1.4 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden die hier relevanten Autorenrollen vorgestellt. Aus der be-stehenden Literatur, die in Kap. 3.3.1 diskutiert wurde, haben sich zwei übergeordnete Rollenkategorien ergeben, die Verfasserrolle und die Forscherrolle. Als dritte Kategorie wurden „Andere“ Handlungen zusammengefasst, die nicht in eine der beiden ersten Kategorien fallen. Diesen drei Rollenkategorien wurden weiter differenzierend Hand-lungskategorien zugeordnet. Diese HandHand-lungskategorien reflektieren reale Handlun-gen, die im Text durch das Verb in Kombination mit den untersuchten Pronomen als Agens wiedergegeben wird. Aus Effizienzgründen wurden nur diejenigen agentivi-schen Pronomen berücksichtigt, die gleichzeitig auch das syntaktische Subjekt des je-weiligen Satzes sind.

Für die erste Person Singular wurden als Ausprägungen der Verfasserrolle die Hand-lungenVerbale und graphische Darstellungen,Darstellen des Ziels bzw. des Fokus des Textes, Theoretischer Hintergrund,Terminologieklärung,TextstrukturierungundSonstige Metakom-munikation unterschieden. Die Forscherrolle zeigt sich im Fokussieren der Forschungs-frage, Darstellen von Hypothesen, Ausgangsannahmen und theoretischen Grundpositionen, Auswählen und Darstellen der Methode und Datenerhebung, Durchführen der Datenaufbe-reitung und -analyse,Darstellen der Ergebnisse,Argumentieren für den eigenen Standpunkt, Hervorbringen neuer IdeenundDanksagen. Diese Rollen wurden anhand von Beispielen dargestellt und diskutiert.

Für die erste Person Plural wurden zunächst die verschiedenen exklusiven (WIR als Autor, Autor und andere) und inklusiven (Teamwork-, Fachkreis-, Gemeinschafts-WIR) Referenzmöglichkeiten aufgezeigt sowie die pseudo-inklusive Referenz erklärt, bei der der Autor eine Handlung, die den Leser logisch nicht mit einschließen kann, trotzdem als WIR-Handlung beschreibt und dadurch der Eindruck entstehen kann, dass der Leser an der Handlung beteiligt ist. Diese Referenzkategorie hat sich in dieser

Arbeit aufgrund der besonderen Perspektive auf die vom Verb denotierten Handlun-gen im GeHandlun-gensatz zu den üblicherweise betrachteten SprechhandlunHandlun-gen ergeben (s.

auch Fløttum u. a. 2006: 98-100). Mit dem Appell an die Communityund demBezug auf Community-Wissenwurden gegenüber dem ICH zwei neue Kategorien vorgestellt.

Für das unpersönliche MAN wurden ebenfalls zunächst die unterschiedlichen Re-ferenzmöglichkeiten vorgestellt und danach beispielhaft diejenigen Gebrauchsweisen vorgestellt, die mit dem Gebrauch der ersten Person Singular und Plural vergleichbar sind. Im folgenden Abschnitt werden nun die Pronomen im Rahmen ihrer Verwen-dungsweisen zur Darstellung von Handlungen bzw. Autorenrollen quantitativ und qualitativ verglichen.